Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 7247802 times)

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18330 am: 12.09.2025 11:36 »
Von den Regelungskontexten

"(a) Absenkung Berechnungsgrundlage Bürgergeld (oder wie auch immer das künftig heißen mag); (b) Einführung ortsgebundener Zuschläge; (c) Erhöhung kinderbezogener Zuschläge, (d) moderate(!) Erhöhung der Bezüge; (e) Streichung von unteren Besoldungsgruppen, (f) Einberechnung eines fiktiven Partnereinkommens"

sind die Möglichkeiten (a) und (f) dem Besoldungsgesetzgeber verboten; anderes kann der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht weiterhin nicht entnommen werden. Zu (b) gibt es bereits eine vollständig ausgeführte Rechtsprechung, sodass dieser Teil des Besoldungsrechts, der keiner des Alimentationsprinzips ist, ausgeurteilt ist. Die bayerische und nordrhein-westfälische ist nicht mit dieser Rechtsprechung in Einklang zu bringen. Die Alternative (c) ist in den meisten Rechtskreisen bereits vollzogen worden und sollte sich weit überwiegend sachlich nicht vor der bisherigen Senats rechtfertigen lassen, insbesondere weil wir uns auch hier außerhalb des Alimentationsprinzips befinden. Ebenso ist bereits die Alternative (e) bereits ausnahmslos seit 2008 so vollzogen worden, was dem Besoldungsgesetzgeber gestattet ist, solange er die damit einhergehende Stauchung der Besoldungsstaffelung hinreichend beachtet, die insbesondere bei der Betrachtung des Mindestabstandsgebots nicht ausgeklammert werden kann. Auch das lässt sich der bisherigen Rechtsprechung des Senats entnehmen. Die entsprechende Rechtsprechung dürfte die meisten Besoldungsgesetzgeber alsbald vor einige Probleme stellen.

Sehr schön. Und bei (d) streichen wir noch schnell das Wort "moderat" und machen uns dann alle gemeinsam auf die (lange) Wanderung zurück zu einer verfassungsgemäßen Besoldung.

Und falls unser Besoldungsgesetzgeber weiterhin partout nicht mitwandern möchte, hat @PolareuD heute früh die entsprechende alternative Route genannt, die wir auch ohne ihn nehmen können.. ;)

Nautiker1970

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18331 am: 12.09.2025 13:36 »
Bis der in erster Instanz obsiegende Kollege sein Urteil rechtskräftig hat, ist er vermutlich Großvater...

https://www.t-online.de/finanzen/aktuelles/id_100910950/vaterschaftsurlaub-beamte-haben-anspruch-angestellte-gehen-leer-aus.html


BerndStromberg

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18332 am: 12.09.2025 13:41 »
Vielen Dank einmal für die sehr lesenswerten Beiträge der letzten Tage! Und zwar die von beiden Lagern, den „unverbesserlichen“ Optimisten, zu denen ich mich noch zähle und den über die vielen Jahre ernüchterten Pessimisten.

Noch glaube ich an ein BVerfG, dass sich - anders als der zu Tode politisierte Supreme Court in den USA- alleine an der Verfassungslage orientiert und nicht an haushaltspolitischen Machbarkeitserwägungen, wie der Hinweis von Swen auf die Entscheidung zum Coronahilfsfonds aus 2023 zeigt.

Das BVerfG hat schliesslich bereits in seiner Entscheidung aus 2015 auf der 3. Stufe mit Verweis auf die verfassungsrechtlich abgesicherte Schuldenbremse einen finanziellen „Sichelschnitt“ für alle als ultima ratio statt eines Sonderopfers nur für Beamte aufgezeigt. Sollte der Gesetzgeber also trotz aller Sondervermögen darlegen können, dass schlicht kein Geld mehr für eine auf den Stufen 1 und 2 eigentlich erforderliche massive Anhebung der Besoldung übrig wäre, könnte er schon jetzt massive finanzielle Opfer für alle durchsetzen. Da muss das BVerfG ihm gar nicht aus irgendeiner Patsche helfen.

Das wäre allerdings der vollständige haushaltspolitische Offenbarungseid a la Griechenland 2014/2015, wo plötzlich einfach mal alle Pensionen um 1/3 gekürzt wurden. Da sehe ich uns dann doch noch nicht.
« Last Edit: 12.09.2025 13:52 von BerndStromberg »

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18333 am: 12.09.2025 14:30 »
Das ist denke ich auch der Grund, warum man nun hört, dass die Besoldung für alle in irgendeiner Form angehoben werden soll. In einem Haushalt, der "freiwillige" Ausgaben wie eine Mütterrente oder eine Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie vorsieht, ist ein Sonderopfer der Beamten nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht zulässig - und wäre auch moralisch echt ein Offenbarungseid, was die Fürsorgepflicht und das besondere Dienst- und Treueverhältnis angeht.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18334 am: 12.09.2025 14:59 »
Völlig richtig. Und auch auf der Einnahmenseite gäbe es natürlich im Zweifel Optionen. Man denke z.B. nur an die "Verschonungsbedarfsprüfung" (§ 28a ErbStG) sowie weitere absurde Regelungen bei der Erbschaftssteuer..

emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18335 am: 12.09.2025 17:11 »
Wie schlecht kann es einem Land finanziell gehen, das es sich leisten kann Steuererhöhungen kategorisch auszuschließen? Und wenn es dann nächstes Jahr zu einer kleinen Erhöhung der gesamten Tabelle kommt, nimmt man das mit. Die Klage vor dem VG läuft sowieso.

Schönes Wochenende.