Ich folge dieser spannenden Debatte jetzt schon seit ein paar Monaten mit und langsam scheint es ja etwas Bewegung zu geben. Das gibt mir zumindest schon mal Hoffnung, dass dieses Thema ggf. nächstes Jahr dann durch ist.
Ich komme jedoch noch immer nicht ganz hinterher mit dem Gedanken, dass die Besoldung 2020 schon verfassungswidrig war und dies jetzt ausgeglichen werden soll. Zwischen 2020 und 2025 gab es ja einige Jahre an Inflation und ungenügende Besoldungsanpassungen. Da müsste man die Inflation seit 2020 ausgleichen (ca. 10-15% nach Übernahme der TvÖD Tarifergebnisse) + x% vom Status Quo 2020, als die Besoldung als verfassungswidrig eingestuft wurde. Da kommen wir ja locker auf ca. 20% zur Basisbesoldung, wenn das BVerfG "kaltblütig" und unpolitisch entscheiden würde, um eine verfassungsgerechte Besoldung herzustellen. So sehr ich die Hoffnung habe, bezweifle ich sehr, dass wir mehr als 10% sehen werden.
Was hier bis jetzt noch nicht betrachtet wurde, ist nicht nur die Anpassung der Besoldung zur aA, sondern wie die aA zukünftig auch sichergestellt wird. Für mich kommt das Konzept, das Tarifergebnis des TvÖD auf die Beamten zu übertragen, mathematisch nicht infrage. Dann haben wir in 15-20 Jahren wieder das Problem der amtsangemessenen Alimentation und die gleiche Diskussion beginnt erneut. Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.
Systematik der Alimentation: Beamtenbesoldung ist verfassungsrechtlich an die „amtsangemessene“ Versorgung gekoppelt – die hängt nicht nur an der Inflation, sondern auch am Abstand zu Tarifangestellten und am Abstand zur Grundsicherung. Eine reine Indexierung an den Verbraucherpreisindex würde diesen mehrdimensionalen Maßstab verengen.
Politische Steuerbarkeit: Die Politik will sich ungern dauerhaft selbst fesseln. Eine automatische Inflationskopplung wäre im Kern ein Ausstieg aus der politischen Besoldungshoheit. Das BVerfG wird so etwas vermutlich auch nicht vorgeben, sondern immer nur Mindestabstände einfordern und den Gesetzgeber zur aktiven Anpassung verpflichten.
SumUp:
Dein Mechanismus würde technisch die Unteralimentation verhindern, verfassungsrechtlich und politisch ist er aber nicht ohne weiteres haltbar. karlsruhe wird voraussichtlich auf die bisherigen Leitplanken pochen (Abstand zur Grundsicherung, Quervergleich zum TVöD, Abstand zwischen den Besoldungsgruppen).
Natürlich würde das funktionieren, und im Vergleich zu Tarifangestellten wäre es möglich,
wenn der Wille da ist. Man müsste halt nur wollen, dass die Tarifverhandlungen nun nicht mehr "korrupt" mit der Ver.di ablaufen können, dessen Spitzenvertreter zufällig Mitglieder in gewissen Parteien sind. Ohne Unterstellungen tätigen zu wollen ist das Verhalten der letzten Tarifverhandlungen in meinen Augen mehr als suspekt, aber das ist ein anderes Thema. Wäre der Wille vorhanden könnte man auch hier langfristig eine gute Lösung finden.
Und hier noch eine unpopuläre Meinung: Die Besoldung der Beamten sollte nicht politisch steuerbar, sondern gesetzlich festgelegt sein. Der Sparkurs der Politik bei seinen Beamten beweist seit den letzten 15 Jahren deutlich, dass eine politische Steuerbarkeit der Besoldung nicht im Interesse der Beamten wäre - sonst wären wir nicht in diesem Debakel rund um die amtsangemessene Besoldung und die 5+ jährige Untätigkeit zu dem Thema.
Der Vorschlag an die Verbraucherpreisindizes zu koppeln, springt in meinen Augen auch deshalb zu kurz, weil sich die aA dann über die Jahre womöglich bei guter Konjunktur von der allgemeinen Lohnentwicklung etwas abkoppelt. Daher würde ich dafür plädieren, dass die Beamtenbesoldung auf eine verfassungskonforme Grundlage gesetzt wird und dann der gleiche Mechanismus wie bei den Diätenerhöhungen eingeführt wird, dass die Besoldung anhand einer Formel aus Preisindex und allgemeiner Lohnentwicklung steigt.
Genau das ist doch der Punkt. Einmalig eine amtsangemessene Alimentation definieren, sie an einem sinnvollen Mechanismus koppeln, welches den gesetzlichen Rahmen zur Steigerung der Besoldung bildet. Dann gibt es eben (gute) Jahre, bei der die Besoldung nur um 1% steigt. Gleichzeitig gibt es (schlechte) Jahre, bei denen die Besoldung eben um 4% steigt. Man kann nicht nur die positive Seite der Medaille wollen und die negativen Aspekte ignorieren.
Rückblickend auf die letzten 20 Jahre wäre diese Entwicklung in meinen Augen fair und realistisch. Tarifangestellte bekommen in guten Jahren mehr Geld, Beamte bekommen in schlechten Währungsjahren aufgrund gesetzlicher Grundlage mehr Geld.