Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 6768687 times)

beamtenjeff

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #17805 am: 25.08.2025 15:12 »
. Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Dein Vorschlag ist so einfach wie effektiv. Ich finde, man sollte dieses Prinzip für sämtliche Posten des Haushaltes anwenden, egal ob Bürgergeld, Rente oder Beamtenbesoldung. Und man sollte das Ergebnis dann mitteln mit ein paar anderen relevanten Faktoren, z.B. Erwerbstätigkeitsquote, Arbeitslosenquote und so weiter. All das sind Indikatoren, wie gesund eine Nation aufgestellt ist. Und daraus lässt sich stets ein fairer Betrag x für jede Gruppe ableiten.

Bei Steuern das gleiche: Einkommen die eine potentiell positive Einflussgröße gegenüber BIP darstellen, müssen weniger besteuert werden als andere Einkommen. Letztlich ist es die Wirtschaft die das Geld erwirtschaftet und nicht Beamte, Rentner oder Arbeitslose.

Stattdessen unterliegt allem idiologischer Murks und wenig Rationalität.

Durgi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #17806 am: 25.08.2025 15:18 »
Ich folge dieser spannenden Debatte jetzt schon seit ein paar Monaten mit und langsam scheint es ja etwas Bewegung zu geben. Das gibt mir zumindest schon mal Hoffnung, dass dieses Thema ggf. nächstes Jahr dann durch ist.

Ich komme jedoch noch immer nicht ganz hinterher mit dem Gedanken, dass die Besoldung 2020 schon verfassungswidrig war und dies jetzt ausgeglichen werden soll. Zwischen 2020 und 2025 gab es ja einige Jahre an Inflation und ungenügende Besoldungsanpassungen. Da müsste man die Inflation seit 2020 ausgleichen (ca. 10-15% nach Übernahme der TvÖD Tarifergebnisse) + x% vom Status Quo 2020, als die Besoldung als verfassungswidrig eingestuft wurde. Da kommen wir ja locker auf ca. 20% zur Basisbesoldung, wenn das BVerfG "kaltblütig" und unpolitisch entscheiden würde, um eine verfassungsgerechte Besoldung herzustellen. So sehr ich die Hoffnung habe, bezweifle ich sehr, dass wir mehr als 10% sehen werden.

Was hier bis jetzt noch nicht betrachtet wurde, ist nicht nur die Anpassung der Besoldung zur aA, sondern wie die aA zukünftig auch sichergestellt wird. Für mich kommt das Konzept, das Tarifergebnis des TvÖD auf die Beamten zu übertragen, mathematisch nicht infrage. Dann haben wir in 15-20 Jahren wieder das Problem der amtsangemessenen Alimentation und die gleiche Diskussion beginnt erneut. Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Dein Lösungsansatz, die Besoldung direkt an die Inflationsrate zu koppeln, klingt logisch/toll und würde das Problem der dauerhaften Unteralimentation entschärfen. Allerdings stößt das auf zwei Probleme:

Systematik der Alimentation: Beamtenbesoldung ist verfassungsrechtlich an die „amtsangemessene“ Versorgung gekoppelt – die hängt nicht nur an der Inflation, sondern auch am Abstand zu Tarifangestellten und am Abstand zur Grundsicherung. Eine reine Indexierung an den Verbraucherpreisindex würde diesen mehrdimensionalen Maßstab verengen.

Politische Steuerbarkeit: Die Politik will sich ungern dauerhaft selbst fesseln. Eine automatische Inflationskopplung wäre im Kern ein Ausstieg aus der politischen Besoldungshoheit. Das BVerfG wird so etwas vermutlich auch nicht vorgeben, sondern immer nur Mindestabstände einfordern und den Gesetzgeber zur aktiven Anpassung verpflichten.

SumUp:
Dein Mechanismus würde technisch die Unteralimentation verhindern, verfassungsrechtlich und politisch ist er aber nicht ohne weiteres haltbar. karlsruhe wird voraussichtlich auf die bisherigen Leitplanken pochen (Abstand zur Grundsicherung, Quervergleich zum TVöD, Abstand zwischen den Besoldungsgruppen).

GeBeamter

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« Antwort #17807 am: 25.08.2025 15:29 »
Ich folge dieser spannenden Debatte jetzt schon seit ein paar Monaten mit und langsam scheint es ja etwas Bewegung zu geben. Das gibt mir zumindest schon mal Hoffnung, dass dieses Thema ggf. nächstes Jahr dann durch ist.

Ich komme jedoch noch immer nicht ganz hinterher mit dem Gedanken, dass die Besoldung 2020 schon verfassungswidrig war und dies jetzt ausgeglichen werden soll. Zwischen 2020 und 2025 gab es ja einige Jahre an Inflation und ungenügende Besoldungsanpassungen. Da müsste man die Inflation seit 2020 ausgleichen (ca. 10-15% nach Übernahme der TvÖD Tarifergebnisse) + x% vom Status Quo 2020, als die Besoldung als verfassungswidrig eingestuft wurde. Da kommen wir ja locker auf ca. 20% zur Basisbesoldung, wenn das BVerfG "kaltblütig" und unpolitisch entscheiden würde, um eine verfassungsgerechte Besoldung herzustellen. So sehr ich die Hoffnung habe, bezweifle ich sehr, dass wir mehr als 10% sehen werden.

Was hier bis jetzt noch nicht betrachtet wurde, ist nicht nur die Anpassung der Besoldung zur aA, sondern wie die aA zukünftig auch sichergestellt wird. Für mich kommt das Konzept, das Tarifergebnis des TvÖD auf die Beamten zu übertragen, mathematisch nicht infrage. Dann haben wir in 15-20 Jahren wieder das Problem der amtsangemessenen Alimentation und die gleiche Diskussion beginnt erneut. Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Dein Lösungsansatz, die Besoldung direkt an die Inflationsrate zu koppeln, klingt logisch/toll und würde das Problem der dauerhaften Unteralimentation entschärfen. Allerdings stößt das auf zwei Probleme:

Systematik der Alimentation: Beamtenbesoldung ist verfassungsrechtlich an die „amtsangemessene“ Versorgung gekoppelt – die hängt nicht nur an der Inflation, sondern auch am Abstand zu Tarifangestellten und am Abstand zur Grundsicherung. Eine reine Indexierung an den Verbraucherpreisindex würde diesen mehrdimensionalen Maßstab verengen.

Politische Steuerbarkeit: Die Politik will sich ungern dauerhaft selbst fesseln. Eine automatische Inflationskopplung wäre im Kern ein Ausstieg aus der politischen Besoldungshoheit. Das BVerfG wird so etwas vermutlich auch nicht vorgeben, sondern immer nur Mindestabstände einfordern und den Gesetzgeber zur aktiven Anpassung verpflichten.

SumUp:
Dein Mechanismus würde technisch die Unteralimentation verhindern, verfassungsrechtlich und politisch ist er aber nicht ohne weiteres haltbar. karlsruhe wird voraussichtlich auf die bisherigen Leitplanken pochen (Abstand zur Grundsicherung, Quervergleich zum TVöD, Abstand zwischen den Besoldungsgruppen).

Der Vorschlag an die Verbraucherpreisindizes zu koppeln, springt in meinen Augen auch deshalb zu kurz, weil sich die aA dann über die Jahre womöglich bei guter Konjunktur von der allgemeinen Lohnentwicklung etwas abkoppelt. Daher würde ich dafür plädieren, dass die Beamtenbesoldung auf eine verfassungskonforme Grundlage gesetzt wird und dann der gleiche Mechanismus wie bei den Diätenerhöhungen eingeführt wird, dass die Besoldung anhand einer Formel aus Preisindex und allgemeiner Lohnentwicklung steigt.

regas

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #17808 am: 25.08.2025 16:04 »
Ich folge dieser spannenden Debatte jetzt schon seit ein paar Monaten mit und langsam scheint es ja etwas Bewegung zu geben. Das gibt mir zumindest schon mal Hoffnung, dass dieses Thema ggf. nächstes Jahr dann durch ist.

Ich komme jedoch noch immer nicht ganz hinterher mit dem Gedanken, dass die Besoldung 2020 schon verfassungswidrig war und dies jetzt ausgeglichen werden soll. Zwischen 2020 und 2025 gab es ja einige Jahre an Inflation und ungenügende Besoldungsanpassungen. Da müsste man die Inflation seit 2020 ausgleichen (ca. 10-15% nach Übernahme der TvÖD Tarifergebnisse) + x% vom Status Quo 2020, als die Besoldung als verfassungswidrig eingestuft wurde. Da kommen wir ja locker auf ca. 20% zur Basisbesoldung, wenn das BVerfG "kaltblütig" und unpolitisch entscheiden würde, um eine verfassungsgerechte Besoldung herzustellen. So sehr ich die Hoffnung habe, bezweifle ich sehr, dass wir mehr als 10% sehen werden.

Was hier bis jetzt noch nicht betrachtet wurde, ist nicht nur die Anpassung der Besoldung zur aA, sondern wie die aA zukünftig auch sichergestellt wird. Für mich kommt das Konzept, das Tarifergebnis des TvÖD auf die Beamten zu übertragen, mathematisch nicht infrage. Dann haben wir in 15-20 Jahren wieder das Problem der amtsangemessenen Alimentation und die gleiche Diskussion beginnt erneut. Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Systematik der Alimentation: Beamtenbesoldung ist verfassungsrechtlich an die „amtsangemessene“ Versorgung gekoppelt – die hängt nicht nur an der Inflation, sondern auch am Abstand zu Tarifangestellten und am Abstand zur Grundsicherung. Eine reine Indexierung an den Verbraucherpreisindex würde diesen mehrdimensionalen Maßstab verengen.

Politische Steuerbarkeit: Die Politik will sich ungern dauerhaft selbst fesseln. Eine automatische Inflationskopplung wäre im Kern ein Ausstieg aus der politischen Besoldungshoheit. Das BVerfG wird so etwas vermutlich auch nicht vorgeben, sondern immer nur Mindestabstände einfordern und den Gesetzgeber zur aktiven Anpassung verpflichten.

SumUp:
Dein Mechanismus würde technisch die Unteralimentation verhindern, verfassungsrechtlich und politisch ist er aber nicht ohne weiteres haltbar. karlsruhe wird voraussichtlich auf die bisherigen Leitplanken pochen (Abstand zur Grundsicherung, Quervergleich zum TVöD, Abstand zwischen den Besoldungsgruppen).

Natürlich würde das funktionieren, und im Vergleich zu Tarifangestellten wäre es möglich, wenn der Wille da ist. Man müsste halt nur wollen, dass die Tarifverhandlungen nun nicht mehr "korrupt" mit der Ver.di ablaufen können, dessen Spitzenvertreter zufällig Mitglieder in gewissen Parteien sind. Ohne Unterstellungen tätigen zu wollen ist das Verhalten der letzten Tarifverhandlungen in meinen Augen mehr als suspekt, aber das ist ein anderes Thema. Wäre der Wille vorhanden könnte man auch hier langfristig eine gute Lösung finden.

Und hier noch eine unpopuläre Meinung: Die Besoldung der Beamten sollte nicht politisch steuerbar, sondern gesetzlich festgelegt sein. Der Sparkurs der Politik bei seinen Beamten beweist seit den letzten 15 Jahren deutlich, dass eine politische Steuerbarkeit der Besoldung nicht im Interesse der Beamten wäre - sonst wären wir nicht in diesem Debakel rund um die amtsangemessene Besoldung und die 5+ jährige Untätigkeit zu dem Thema.

Der Vorschlag an die Verbraucherpreisindizes zu koppeln, springt in meinen Augen auch deshalb zu kurz, weil sich die aA dann über die Jahre womöglich bei guter Konjunktur von der allgemeinen Lohnentwicklung etwas abkoppelt. Daher würde ich dafür plädieren, dass die Beamtenbesoldung auf eine verfassungskonforme Grundlage gesetzt wird und dann der gleiche Mechanismus wie bei den Diätenerhöhungen eingeführt wird, dass die Besoldung anhand einer Formel aus Preisindex und allgemeiner Lohnentwicklung steigt.

Genau das ist doch der Punkt. Einmalig eine amtsangemessene Alimentation definieren, sie an einem sinnvollen Mechanismus koppeln, welches den gesetzlichen Rahmen zur Steigerung der Besoldung bildet. Dann gibt es eben (gute) Jahre, bei der die Besoldung nur um 1% steigt. Gleichzeitig gibt es (schlechte) Jahre, bei denen die Besoldung eben um 4% steigt. Man kann nicht nur die positive Seite der Medaille wollen und die negativen Aspekte ignorieren. Rückblickend auf die letzten 20 Jahre wäre diese Entwicklung in meinen Augen fair und realistisch. Tarifangestellte bekommen in guten Jahren mehr Geld, Beamte bekommen in schlechten Währungsjahren aufgrund gesetzlicher Grundlage mehr Geld.

GoodBye

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« Antwort #17809 am: 25.08.2025 16:20 »
Spannend ist hinsichtlich der Inflation, was amtsangemessen im engeren Sinne ist. Deshalb sprechen einige ja auch von einer kompletten Entkoppelung.

Da die Mindestalimentation sich nach der Bürgergeldfamilie richtet und der Gesetzgeber, wenn überhaupt, nur das Mindestmögliche zugrunde legen wird, kann man einen Inflationsausgleich für die vergangenen Jahre plus Behebung des Zustandes, der vor der starken Inflation bereits verfassungswidrig war, vergessen.

Jedes Jahr des Zuwartens spielt dem Gesetzgeber damit noch mehr in die Hände, da man allenfalls den Abstand zur Grundsicherung wiederherstellen wird. Der Kaufkraftverlust der letzten Jahre wird bleiben.


MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #17810 am: 25.08.2025 16:43 »
Sorry für die Warenkorbdebatte. Die möglichen 10% Grundgehaltserhöhung sind viel spannender. 😂

Dass der Warenkorb einer empirisch durchdachten und gefestigten Methodik unterliegt, wollte ich nicht in Frage stellen. Er hat aber mindestens ein massives strukturelles Problem. Bei den Wohnkosten wird nicht zwischen dem Bestandsniveau und dem aktuellen Niveau (Neuvermietung) unterschieden. Beides fließt in die durchschnittlichen Aufwendungen der Bürger ein. Das ist genauso absurd wie bei den Lebensmitteln teilweise Preise von vor 10 Jahren einzubeziehen.

Oder irre ich mich an der Stelle?
Ja. Gewaltig. Denn die aktuelle Miete, die man zahlt ist die aktuelle Miete, die man zahlt und es ist nicht die Miete von vor 10 Jahren, als man dort eingezogen ist. Es wird die aktuelle Miete in die Inflation einbezogen wird.
Worin liegt also der Unterschied zwischen der Bevölkerung die weniger oft umziehen und in ihrer Bestandsimmobilien wohnen und die die gerade umgezogen sind? Beide sind Teil der Inflationsberechnung.
Der eine zieht um und muss plötzlich statt 20% 40% für Wohnung/Wasser/Strom/Gas ausgeben, der andere zieht um (oder schuldet um) und zahlt plötzlich statt 35% 10% und der dritte bekommt alle 3 Jahre 15% Aufschlag in seiner Bestandsimmobilie, dass ist halt so vielfältig, wie der eine raucht und der andere lebt von Lachsschnittchen.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #17811 am: 25.08.2025 16:54 »
Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Nein, das wäre ein sehr schlechter "Deal" für uns.

- Das nominale BIP je Einwohner ist von 19.902 Euro im Jahr 1991 auf 51.833 Euro im Jahr 2024 gestiegen.
- Das reale BIP je Einwohner in 2020er-Preisen (also unter Herausrechnung der Inflation) ist von 30.429 Euro im Jahr 1991 auf 43.118 Euro im Jahr 2024 gestiegen.

Mit anderen Worten: Durch "uns", also ganz Deutschland, wurde 2024 nominal pro Einwohner rund das 2,6-fache im Vergleich zu 1991 "erwirtschaftet". Und selbst real (also preisbereinigt!) betrug der Zuwachs immerhin noch rund 41,7%.

Auch "wir", also der öffentliche Dienst, sind Teil von Deutschland und haben (hoffentlich) zumindest implizit zum genannten Wirtschaftswachstum beigetragen. Somit denke ich, dass sich dieses Wachstum zumindest anteilig auch auf unseren Besoldungsabrechnungen wiederfinden lassen sollte..

Organisator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #17812 am: 25.08.2025 16:58 »
Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Nein, das wäre ein sehr schlechter "Deal" für uns.

- Das nominale BIP je Einwohner ist von 19.902 Euro im Jahr 1991 auf 51.833 Euro im Jahr 2024 gestiegen.
- Das reale BIP je Einwohner in 2020er-Preisen (also unter Herausrechnung der Inflation) ist von 30.429 Euro im Jahr 1991 auf 43.118 Euro im Jahr 2024 gestiegen.

Mit anderen Worten: Durch "uns", also ganz Deutschland, wurde 2024 nominal pro Einwohner rund das 2,6-fache im Vergleich zu 1991 "erwirtschaftet". Und selbst real (also preisbereinigt!) betrug der Zuwachs immerhin noch rund 41,7%.

Auch "wir", also der öffentliche Dienst, sind Teil von Deutschland und haben (hoffentlich) zumindest implizit zum genannten Wirtschaftswachstum beigetragen. Somit denke ich, dass sich dieses Wachstum zumindest anteilig auch auf unseren Besoldungsabrechnungen wiederfinden lassen sollte..

So siehts aus. Der öffentliche Dienst sollte an der Produktivität des gesamten Landes teilhaben, da er die Grundlage dafür schafft. Ist eine nachvollziehbare Form von Gerechtigkeit, wenn es allen Beteiligten gleich besser geht.

Rheini

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« Antwort #17813 am: 25.08.2025 17:03 »
. Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Dein Vorschlag ist so einfach wie effektiv. Ich finde, man sollte dieses Prinzip für sämtliche Posten des Haushaltes anwenden, egal ob Bürgergeld, Rente oder Beamtenbesoldung. Und man sollte das Ergebnis dann mitteln mit ein paar anderen relevanten Faktoren, z.B. Erwerbstätigkeitsquote, Arbeitslosenquote und so weiter. All das sind Indikatoren, wie gesund eine Nation aufgestellt ist. Und daraus lässt sich stets ein fairer Betrag x für jede Gruppe ableiten.

Bei Steuern das gleiche: Einkommen die eine potentiell positive Einflussgröße gegenüber BIP darstellen, müssen weniger besteuert werden als andere Einkommen. Letztlich ist es die Wirtschaft die das Geld erwirtschaftet und nicht Beamte, Rentner oder Arbeitslose.

Stattdessen unterliegt allem idiologischer Murks und wenig Rationalität.

"Letztlich ist es die Wirtschaft die das Geld erwirtschaftet und nicht Beamte, Rentner oder Arbeitslose.".

Diesen Standpunkt lese ich häufiger und der mag auf den ersten Blick richtig sein. Wenn das aber der alleinige oder der wesentliche Maßstab ist dann verkennst Du, dass politische Stabilität, juristische Stabilität usw. wesentliche Faktoren sind, damit eine Wirtschaft die Möglichkeiten hat, sich zu entfalten.

Ansonsten würde die Wirtschaft in ganz anderen Ländern produzieren.
« Last Edit: 25.08.2025 17:11 von Rheini »

Rheini

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« Antwort #17814 am: 25.08.2025 17:10 »
Ich folge dieser spannenden Debatte jetzt schon seit ein paar Monaten mit und langsam scheint es ja etwas Bewegung zu geben. Das gibt mir zumindest schon mal Hoffnung, dass dieses Thema ggf. nächstes Jahr dann durch ist.

Ich komme jedoch noch immer nicht ganz hinterher mit dem Gedanken, dass die Besoldung 2020 schon verfassungswidrig war und dies jetzt ausgeglichen werden soll. Zwischen 2020 und 2025 gab es ja einige Jahre an Inflation und ungenügende Besoldungsanpassungen. Da müsste man die Inflation seit 2020 ausgleichen (ca. 10-15% nach Übernahme der TvÖD Tarifergebnisse) + x% vom Status Quo 2020, als die Besoldung als verfassungswidrig eingestuft wurde. Da kommen wir ja locker auf ca. 20% zur Basisbesoldung, wenn das BVerfG "kaltblütig" und unpolitisch entscheiden würde, um eine verfassungsgerechte Besoldung herzustellen. So sehr ich die Hoffnung habe, bezweifle ich sehr, dass wir mehr als 10% sehen werden.

Was hier bis jetzt noch nicht betrachtet wurde, ist nicht nur die Anpassung der Besoldung zur aA, sondern wie die aA zukünftig auch sichergestellt wird. Für mich kommt das Konzept, das Tarifergebnis des TvÖD auf die Beamten zu übertragen, mathematisch nicht infrage. Dann haben wir in 15-20 Jahren wieder das Problem der amtsangemessenen Alimentation und die gleiche Diskussion beginnt erneut. Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Systematik der Alimentation: Beamtenbesoldung ist verfassungsrechtlich an die „amtsangemessene“ Versorgung gekoppelt – die hängt nicht nur an der Inflation, sondern auch am Abstand zu Tarifangestellten und am Abstand zur Grundsicherung. Eine reine Indexierung an den Verbraucherpreisindex würde diesen mehrdimensionalen Maßstab verengen.

Politische Steuerbarkeit: Die Politik will sich ungern dauerhaft selbst fesseln. Eine automatische Inflationskopplung wäre im Kern ein Ausstieg aus der politischen Besoldungshoheit. Das BVerfG wird so etwas vermutlich auch nicht vorgeben, sondern immer nur Mindestabstände einfordern und den Gesetzgeber zur aktiven Anpassung verpflichten.

SumUp:
Dein Mechanismus würde technisch die Unteralimentation verhindern, verfassungsrechtlich und politisch ist er aber nicht ohne weiteres haltbar. karlsruhe wird voraussichtlich auf die bisherigen Leitplanken pochen (Abstand zur Grundsicherung, Quervergleich zum TVöD, Abstand zwischen den Besoldungsgruppen).

Natürlich würde das funktionieren, und im Vergleich zu Tarifangestellten wäre es möglich, wenn der Wille da ist. Man müsste halt nur wollen, dass die Tarifverhandlungen nun nicht mehr "korrupt" mit der Ver.di ablaufen können, dessen Spitzenvertreter zufällig Mitglieder in gewissen Parteien sind. Ohne Unterstellungen tätigen zu wollen ist das Verhalten der letzten Tarifverhandlungen in meinen Augen mehr als suspekt, aber das ist ein anderes Thema. Wäre der Wille vorhanden könnte man auch hier langfristig eine gute Lösung finden.

Und hier noch eine unpopuläre Meinung: Die Besoldung der Beamten sollte nicht politisch steuerbar, sondern gesetzlich festgelegt sein. Der Sparkurs der Politik bei seinen Beamten beweist seit den letzten 15 Jahren deutlich, dass eine politische Steuerbarkeit der Besoldung nicht im Interesse der Beamten wäre - sonst wären wir nicht in diesem Debakel rund um die amtsangemessene Besoldung und die 5+ jährige Untätigkeit zu dem Thema.

Der Vorschlag an die Verbraucherpreisindizes zu koppeln, springt in meinen Augen auch deshalb zu kurz, weil sich die aA dann über die Jahre womöglich bei guter Konjunktur von der allgemeinen Lohnentwicklung etwas abkoppelt. Daher würde ich dafür plädieren, dass die Beamtenbesoldung auf eine verfassungskonforme Grundlage gesetzt wird und dann der gleiche Mechanismus wie bei den Diätenerhöhungen eingeführt wird, dass die Besoldung anhand einer Formel aus Preisindex und allgemeiner Lohnentwicklung steigt.

Genau das ist doch der Punkt. Einmalig eine amtsangemessene Alimentation definieren, sie an einem sinnvollen Mechanismus koppeln, welches den gesetzlichen Rahmen zur Steigerung der Besoldung bildet. Dann gibt es eben (gute) Jahre, bei der die Besoldung nur um 1% steigt. Gleichzeitig gibt es (schlechte) Jahre, bei denen die Besoldung eben um 4% steigt. Man kann nicht nur die positive Seite der Medaille wollen und die negativen Aspekte ignorieren. Rückblickend auf die letzten 20 Jahre wäre diese Entwicklung in meinen Augen fair und realistisch. Tarifangestellte bekommen in guten Jahren mehr Geld, Beamte bekommen in schlechten Währungsjahren aufgrund gesetzlicher Grundlage mehr Geld.

"Und hier noch eine unpopuläre Meinung: Die Besoldung der Beamten sollte nicht politisch steuerbar, sondern gesetzlich festgelegt sein. Der Sparkurs der Politik bei seinen Beamten beweist seit den letzten 15 Jahren deutlich, dass eine politische Steuerbarkeit der Besoldung nicht im Interesse der Beamten wäre - sonst wären wir nicht in diesem Debakel rund um die amtsangemessene Besoldung und die 5+ jährige Untätigkeit zu dem Thema."


Die Besoldung der Beamten ist nicht politisch steuerbar, sondern ist gesetzlich festgelegt.

Deshalb liegt die aA Alimentation ja gerade als Klage vor dem BVerfG.

Ich bin für ein ganz einfaches Verfahren. Man zahlt einfach jedes Jahr die aA Alimentation  8).

MoinMoin

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« Antwort #17815 am: 25.08.2025 17:19 »
Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Nein, das wäre ein sehr schlechter "Deal" für uns.

- Das nominale BIP je Einwohner ist von 19.902 Euro im Jahr 1991 auf 51.833 Euro im Jahr 2024 gestiegen.
- Das reale BIP je Einwohner in 2020er-Preisen (also unter Herausrechnung der Inflation) ist von 30.429 Euro im Jahr 1991 auf 43.118 Euro im Jahr 2024 gestiegen.

Mit anderen Worten: Durch "uns", also ganz Deutschland, wurde 2024 nominal pro Einwohner rund das 2,6-fache im Vergleich zu 1991 "erwirtschaftet". Und selbst real (also preisbereinigt!) betrug der Zuwachs immerhin noch rund 41,7%.

Auch "wir", also der öffentliche Dienst, sind Teil von Deutschland und haben (hoffentlich) zumindest implizit zum genannten Wirtschaftswachstum beigetragen. Somit denke ich, dass sich dieses Wachstum zumindest anteilig auch auf unseren Besoldungsabrechnungen wiederfinden lassen sollte..

So siehts aus. Der öffentliche Dienst sollte an der Produktivität des gesamten Landes teilhaben, da er die Grundlage dafür schafft. Ist eine nachvollziehbare Form von Gerechtigkeit, wenn es allen Beteiligten gleich besser geht.
Da bin ich bei euch.
von 91-24 stieg der Bruttosold des A3 Endstufe nur um 2,106fache vom A13er gar nur um 1,94fache
und das Durchschnittseinkommen (der GRVs) hat sich knapp verdoppelt.

MoinMoin

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« Antwort #17816 am: 25.08.2025 17:23 »
. Ein Mechanismus, die Beamtenbesoldung an die Inflationsrate zu koppeln, scheint für mich zwingend notwendig, ⁣um die amtsangemessene Alimentation langfristig sicherzustellen.

Dein Vorschlag ist so einfach wie effektiv. Ich finde, man sollte dieses Prinzip für sämtliche Posten des Haushaltes anwenden, egal ob Bürgergeld, Rente oder Beamtenbesoldung. Und man sollte das Ergebnis dann mitteln mit ein paar anderen relevanten Faktoren, z.B. Erwerbstätigkeitsquote, Arbeitslosenquote und so weiter. All das sind Indikatoren, wie gesund eine Nation aufgestellt ist. Und daraus lässt sich stets ein fairer Betrag x für jede Gruppe ableiten.

Bei Steuern das gleiche: Einkommen die eine potentiell positive Einflussgröße gegenüber BIP darstellen, müssen weniger besteuert werden als andere Einkommen. Letztlich ist es die Wirtschaft die das Geld erwirtschaftet und nicht Beamte, Rentner oder Arbeitslose.

Stattdessen unterliegt allem idiologischer Murks und wenig Rationalität.

"Letztlich ist es die Wirtschaft die das Geld erwirtschaftet und nicht Beamte, Rentner oder Arbeitslose.".

Diesen Standpunkt lese ich häufiger und der mag auf den ersten Blick richtig sein. Wenn das aber der alleinige oder der wesentliche Maßstab ist dann verkennst Du, dass politische Stabilität, juristische Stabilität usw. wesentliche Faktoren sind, damit eine Wirtschaft die Möglichkeiten hat, sich zu entfalten.

Ansonsten würde die Wirtschaft in ganz anderen Ländern produzieren.
Dann müsste man ja Erbschaft gleich zu 100% Versteuern, da sie als Einkommen überhaupt nix zum BIP Beitragen (zynisch gesagt)
und natürlich trägt politische Stabilität, Rechtssicherheit etc. sehr viel zum BIP bei.
Während der Hobbyhandwerker ein ganz böser Mensch ist. ::)

Pacodemias

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« Antwort #17817 am: 25.08.2025 17:26 »
Es ist spannend zu verfolgen, dass es endlich vorwärts geht. Dadurch, dass immer mehr Gerüchte/Meinungen auftauchen scheint es mir so, dass bald wirklich was kommt. Ob es jetzt die 10% sind, die 2 % pro Jahr oder anderes. Auch ich habe aus (eigentlich gut informierten Verbände-Kreisen) vor 1-2 Wochen gehört, dass ein Entwurf zur aA kommen wird nach der Sommerpause. Dieser sah dem des „Seehofer-Entwurfs“ sehr ähnlich.

Egal was davon jetzt stimmt, oder ob überhaupt was davon stimmt.
Ich wäre ja schon mal zufrieden, wenn endlich was weiter geht, egal in welche Richtung.

Rheini

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« Antwort #17818 am: 25.08.2025 17:37 »
"...und natürlich trägt politische Stabilität, Rechtssicherheit etc. sehr viel zum BIP bei.
Während der Hobbyhandwerker ein ganz böser Mensch ist. ::)"

Das zählt meines Wissens nicht ins BIP ein, aber ohne dies, keine Grundlage in der eine Wirtschaft gerne tätig ist. Und warum sollte ein Hobbyhandwerker ein böser Mensch sein? Dieser Hinweis von Dir kann ich nicht nachvollziehen. Evtl. möchtest Du mir das erklären.

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #17819 am: 25.08.2025 17:40 »
Und bzgl. der Vorschläge zur aA Alimentation sehe ich das so, dass der DH in der Pflicht ist, mich aA zu besolden. Das bekommt er sicher ganz ohne meine Vorschläge hin und falls nicht, gibt es das BVerfG.