So ist das Spielchen.
Das BVerfG hält sich an die Regeln und beachtet wie verfassungsrechtlich vorgesehen möglichst streng den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Nichtsdestotrotz stellt es für die Nutzung dieses weiten Gestaltungsspielraums mehr oder weniger klare Regeln und Anforderungen auf. Ich habe es bereits geschrieben, dass System liegt in weiten Teilen wie ein offenes Buch vor einem, man muss es nur lesen wollen.
Ich erinnere eine Regel aus dem Studium: Schauen Sie immer im Gesetz eine Seite davor und danach, lesen Sie mindestens immer den Satz vor und nach dem Satz, aus dem Sie Ihre Schlüsse ziehen wollen sowie den gesamten Absatz.
Für das was die Gesetzgeber hier tun, würde es mitnichten den kleinen Schein geben. Maximale Verdrehung von Wortlaut, Systematik und Sinnzusammenhang.
Das ist sehr schön zusammengefasst, GoodBye. Und neben der Seite davor und danach sowie dem Satz vor und nach dem Satz, aus dem man Schlüsse ziehen will, sowie den gesamten Absatz ist - das weißt Du, aber nicht jeder andere hier (das soll nicht als Zurechtweisung formuliert sein, sondern als ein wichtiger Hinweis, der einem das konkrete Verstehen einer jeweiligen Passage einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erleichtert) - immer auch der vom Bundesverfassungsgericht prinzipiell in Klammern gesetzte Verweis auf seine eigene Rechtsprechung aus der Vergangenheit heranzuziehen. Denn dann geht einem regelmäßig noch einmal viel mehr als nur ein Licht auf. In der aktuellen Entscheidung wird auf diese beiden Entscheidungen verwiesen
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv117330.htmlhttps://www.servat.unibe.ch/dfr/bv107218.htmlLiest man nach, was das Bundesverfassungsgericht in den von ihm angeführten Passagen in dem von mir angebrachten Zitat schreibt, wird noch einmal klarer, was dem Gesetzgeber erlaubt und was ihm nicht erlaubt ist.
Da die Juristen in den Dienstrechtsministerien diese Passagen ebenfalls lesen und also wissen, was Sache ist, daraufhin aber dennoch Regelungen wie die bayerische und nordrhein-westfälische Gesetzeskraft erlangen, sprichst Du zurecht von Verdrehung von Wortlaut, Systematik und Sinnzusammenhang. Das ist heute leider eher der Regel- als ein Ausnahmefall im Besoldungsrecht, weshalb ich vom Besoldungsrecht als eine schwärende Wunde des Verfassungsrechts sprechen. Das Bundesverfassungsgericht in seiner Gänze muss jedes Interesse daran haben, dass sie geschlossen wird, da schwärende Wunden bekanntlich die Angewohnheit haben, sich auszubreiten.
@ abi
De facto bis 1973, de jure bis 1994 hat es ab 1873 im Reich und später Bund zunächst einen Wohnungsgeldzuschuss, später (und von 1920 bis 1924 zwischenzeitlich) einen Ortszuschlag gegeben, der regelmäßig - was die Ortsklassen anbelangte - an den tatsächlichen Verhältnissen geprüft worden ist, wozu vom Reichs- und später Bundesgesetzgeber umfangreiche empirische Untersuchungen angestellt wurden. Die Tarifklassen waren darüber hinaus regelmäßig an die Höhe der gewährten (Grund-)Besoldung gekoppelt, also leistungsorientiert. Dagegen konnte es nach 1949 verfassungsrechtlich keine Bedenken geben, insbesondere weil der Bundesgesetzgeber das 1957 dreigeteilten Ortsklassensystem 1964 auf zwei Ortsklassen reduziert hat, um es 1973 in ein einklassiges System zu überführen, weshalb so dann de facto kein (besoldungsdifferenzierender) Ortszuschlag mehr gewährt worden ist. Der Bundesgesetzgeber hat 1964 und 1973 darauf reagiert, dass die tatsächlichen Verhältnisse sich zu jener Zeit, was die Lebenshaltungskosten in Stadt und Land anbelangte, zunehmend angeglichen haben. All das stand mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang.
Heute sind - wie oben dargelegt - die Mietkosten nicht nur zwischen Stadt und Land, sondern ebenso in enger lokaler Nähe zum Teil erheblich gespreizt, was die Möglichkeit der Besoldungsdifferenzierung anhand von (Orts-)Zuschlägen erheblich einengt, da auch weiterhin Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten ist. Das nimmt der Gesetzgeber in Bayern und NRW aber gar nicht zur Kenntnis, da er die tatsächlichen Verhältnisse nicht in den Blick nimmt, sondern ausgehend von der abstrakten Grenze zur Unteralimentation, die sachlich unmittelbar nichts mit einer amtsangemessenen Alimentation zu tun hat, irgendwelche monetären Abstufungen in einer viele Ortsklassen betrachtenden Systematik ins Blaue hinein vornimmt. Allein das ist bereits ein offensichtlich erheblicher Bruch mit den Traditionen des deutschen Ortszuschlagswesens, um nicht zu sagen, hier liegt eine erhebliche Verzeichnung dessen vor, was vom Besoldungsgesetzgeber zu erwarten wäre.