Danke @Swen für den nochmaligen Hinweis auf die "noch nicht behandelten Sach- und Rechtsfragen".
Als Laie wundert man sich mit Blick auf das heutige Datum natürlich trotzdem ein wenig über folgenden Satz, ebenfalls in Rn. 8: "Die als Leitverfahren ausgewählte Gruppe von Vorlagen befindet sich in der Schlussphase der Erstellung von Senatsvoten."
Aber auch von Fußballspielen ist man schließlich gewohnt, dass die Schlussphase (inklusive Nachspielzeit) etwas länger als erwartet dauern kann, woraus dann gegebenenfalls erfreuliche Ergebnisse resultieren..
Ursache für den langen Zeitraum seit Ende 2023 war, dass der Senat offensichtlich im Herbst 2023 die Berliner "Pilotverfahren" ausgewählt hat - m.E. nicht zuletzt im Zusammenhang mit der zunehmenden Betrachtung von Partnereinkünften (das hatte ich hier schon mehrfach dargelegt) -, um damit die niedersächischen und schleswig-holsteinischen Normenkontrollverfahren zurückzustellen. Danach hat es sich verpflichtet gesehen, Stellungnahmen nicht zuletzt der Verfassungsorgane einzuholen, nicht zuletzt auch und gerade aus Berlin. Dieser Prozess der Möglichkeit zur Stellungnahme sollte sich - auch das habe ich ja schon dargestellt - etwa bis zum Herbst des letzten Jahres hingezogen haben. Danach konnte der Berichterstatter das Votum als Grundlage der Beratung fertigestellen, sodass m.E. ab dem Jahreswechsel 2024/25 - vielleicht im Januar, vielleicht im Februar - die Beratung begonnen haben sollte (auch das habe ich ja unlängst erst dargestellt). Seitdem hat sich die Beratung entfaltet und sollte spätestens nun alsbald - nachdem die drei Richterkandidaten vom Bundestag bestätigt worden sind - zu einem Ende kommen müssen, sofern sie es nicht bereits ist; auch diese meine Sichtweise habe ich ja erst unlängst begründet.
Der langen Rede kurzer Sinn: Verfassungsrechtsprechung ist ein komplexes Unterfangen, weil am Ende mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidungen gefällt werden können, was - da damit empfindlich in die Kompetenz anderer Verfassungsorgane eingegriffen werden kann - regelmäßig mit einem hohen Zeitaufwand verbunden ist.
@ GoodBye
Volle Zustimmung!
@Swen: Hältst du es für rechtlich denkbar, dass das BVerfG in Auslegung des neuen Art. 94 Abs. 4 GG nach der nächsten Entscheidung in allen weiteren Entscheidungen der übrigen Bundesländer unmittelbar die Vollstreckung anordnet, sofern die betroffenen Besoldungsgesetzgeber nicht innerhalb einer gewissen Zeit entsprechend reagieren?
Konkretes Beispiel:
Entscheidung des BVerfG für Berlin vom 29.09.2025 mit dem Leitsatz, dass die Anrechnung eines Partnereinkommens verfassungswidrig ist. Ein Jahr Frist zur Korrektur, anderenfalls Vollstreckung.
Niedersachsen berücksichtigt bei der Besoldung das Partnereinkommen und nimmt weitere zwei Jahre keine Änderung vor. BVerfG entscheidet am 29.09.2027 über die Besoldung in Niedersachsen und ordnet unmittelbar die Vollstreckung an (oder ggf. ebenfalls mit vorheriger Fristsetzung).
Nein, das halte ich für ausgeschlossen, da sich das - verfassungsrechtlich - als nicht verhältnismäßig erweisen müsste. Was aber offensichtlich wahrscheinlich ist, ist, dass das Bundesverfassungsgericht zukünftig die Folgen der Bindungswirkung weiter konkretisiert, wobei ja der § 31 Abs. 1 BVerfGG bereits eine umfassende Kommentierung erfahren hat, zu der sich folglich das Bundesverfassungsgericht nun rechtskräftig stellen kann, indem sie weiterhin konkretisiert, was die Bindungswirkung aus seiner Sicht ausmacht. Das hat es aber wiederkehrend für die jeweilige Entscheidung bereits auch dann schon getan, wenn es das als notwendig erachtet, vgl. bspw. nur die Kammerentscheidung vom 01.07.2020 - 1 BvR 2838/19 -,
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/07/rk20200701_1bvr283819.html.
Zugleich sieht sich das Bundesverfassungsgericht aber in der Pflicht, den evident sachwidrigen Gehalt einer gesetzlichen Regelung, von der sich ein vorlegendes Fachgericht überzeugt zeigt, in jedem Einzelfall zu betrachten. Es darf also nicht ohne konkrete Kontrolle davon ausgehen, dass eine gesetzliche Regelung verfassungswidrig sei. Insofern sollten wir davon ausgehen können, dass sich auch der Zweite Senat alsbald dazu berufen zeigen wird, im Rahmen der Kompetenzordnung im Besoldungsrecht zu betrachten, was daraus folgt, wenn der jeweilige Gesetzgeber sich - insbesondere wiederholt oder wiederkehrend - nicht an entscheidungstragende Gründe hält, die zwar vom Senat im Rahmen eines Verfahrens zu einem anderen Rechtskreis erlassen worden sind (also z.B. in der aktuellen Entscheidung zum Berliner Rechtskreis), die aber als entscheidungstragende Gründe ja alle Besoldungsgesetzgeber binden (also nicht nur den Berliner Rechtskreis).
Die mittlerweile seit 2020 in den meisten Rechtskreisen in den seitdem vollzogenen Anpassungsgesetzen wiederkehrende Missachtung insbesondere des Mindestabstandsgebots, das als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums zwangsläufig Bindungswirkung entfaltet, könnte also ggf. den Senat zukünftig dazu veranlassen, allen Besoldungsgesetzgebern, die es (wiederholt) offensichtlich verletzen, darzulegen, wie solche fortgesetzten Entscheidungen zukünftig vom Senat betrachtet werden könnten.
Da nun die Bindungswirkung der entscheidungstragenden Gründe bundesverfassungsgerichtlicher Entscheidungen ein Verfassungsgut ist, dürfte sich diese Bindugswirkung ggf. zukünftigals noch einmal erheblich komplexer darstellen, als sich das in einer einfachgesetzlichen Regelung dargestellt hat.
Sofern sich die Besoldungsgesetzgeber nach den angekündigten Entscheidungen nicht dazu veranlasst sehen wollten, nicht zuletzt das Mindestabstandsgebot im Rahmen der auch ihnen vorgeschriebenen Direktiven zu betrachten, sollte es nicht unwahrscheinlich sein, dass sich der Senat alsbald veranlasst sehen wird, hinreichende Konkretisierungen der Bindungswirkung seiner Entscheidungen zu explizieren. Sofern es zukünftig so vorgehen sollte, dürfte es darüber hinaus nur umso konkretere Präzisierungen geben, was die Bindungswirkung als solche im jeweils zu betrachtenden Verfahren eigentlich meint, sofern sich im Besoldungsrecht weiterhin eine offenischtlich wissentliche und willentliche, also zielgerichtete Missachtung von entscheidungstragenden Gründen durch Besoldungsgesetzgebern finden wird.