Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 8167082 times)

superdive91

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 7
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19530 am: 17.10.2025 06:25 »
Die Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung (Bund) steht am Freitag, 17. Oktober 2025, auf der Tagesordnung des Bundestages. Nach einstündiger Debatte soll die Unterrichtung mit dem Titel „Für ein schnelles, digitales und handlungsfähiges Deutschland“ (21/2150:
Tabellenreform der Besoldung – Die Besoldungstabelle soll nach einheitlichen Maßstäben neu
justiert sowie das Leistungsprinzip gestärkt werden
(24 Monate)
– Die Besoldung des Bundes wird grundlegend modernisiert
und weiterentwickelt (24 Monate)
– Ziel ist es, den Bund sowohl für die dort Beschäftigten als
auch für die Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung
attraktiver zu machen (24 Monate)

xap

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,354
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19531 am: 17.10.2025 06:52 »
Ja, das ist ja spannend. Oder auch nicht. Sollen lieber den neuen Entwurf vorlegen statt irgendeine alberne Agenda zu diskutieren.

Lichtstifter

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 182
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19532 am: 17.10.2025 08:17 »
Meine Spekulation:

Leistung wird wohl auch über Wochenstunden (mehr davon) und Dienstzeit (länger machen) und über Aufgabenerweiterung (- übernahme) aufgrund der Demographie, indem man frei werdende Stellen nicht mehr neu besetzt, abbilden. Wo es geht, wird man KI die Vorgänge übernehmen lassen.

Mal ein Blick Richtung Baltikum:

"Estlands Beamtenwesen ist durch eine starke Digitalisierung geprägt, bei der 99 % der Behördengänge online abgewickelt werden und Bürger ihre Daten selbst verwalten können. Das System wurde jedoch während der Finanzkrise 2008 drastisch reduziert, wobei über 30 % der Stellen abgebaut wurden, was zu einer effizienteren und schlankeren Verwaltung führte."

Dort werden die Beamten darin sozusagen unterstützt sich künftig überflüssig zu machen.

Neuer12

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 241
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19533 am: 17.10.2025 08:24 »
Meine Spekulation:

Leistung wird wohl auch über Wochenstunden (mehr davon) und Dienstzeit (länger machen) und über Aufgabenerweiterung (- übernahme) aufgrund der Demographie, indem man frei werdende Stellen nicht mehr neu besetzt, abbilden. Wo es geht, wird man KI die Vorgänge übernehmen lassen.

Mal ein Blick Richtung Baltikum:

"Estlands Beamtenwesen ist durch eine starke Digitalisierung geprägt, bei der 99 % der Behördengänge online abgewickelt werden und Bürger ihre Daten selbst verwalten können. Das System wurde jedoch während der Finanzkrise 2008 drastisch reduziert, wobei über 30 % der Stellen abgebaut wurden, was zu einer effizienteren und schlankeren Verwaltung führte."

Dort werden die Beamten darin sozusagen unterstützt sich künftig überflüssig zu machen.

Was ist in diesen Fall falsch daran?
Das Problem ist, dass die Verwaltung oft versucht sich selbst zu erhalten und es nicht un den ursprünglichen zweck geht.
Auch deswegen wird die Bürokratie immer mehr.

Dunkelbunter

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 169
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19534 am: 17.10.2025 08:32 »
Meine Spekulation:

Leistung wird wohl auch über Wochenstunden (mehr davon) und Dienstzeit (länger machen) und über Aufgabenerweiterung (- übernahme) aufgrund der Demographie, indem man frei werdende Stellen nicht mehr neu besetzt, abbilden. Wo es geht, wird man KI die Vorgänge übernehmen lassen.

Mal ein Blick Richtung Baltikum:

"Estlands Beamtenwesen ist durch eine starke Digitalisierung geprägt, bei der 99 % der Behördengänge online abgewickelt werden und Bürger ihre Daten selbst verwalten können. Das System wurde jedoch während der Finanzkrise 2008 drastisch reduziert, wobei über 30 % der Stellen abgebaut wurden, was zu einer effizienteren und schlankeren Verwaltung führte."

Dort werden die Beamten darin sozusagen unterstützt sich künftig überflüssig zu machen.

Ich sehe es nicht als "überflüssig" zu machen, sondern effektiver.
Bei uns ist es doch auch so, dass Bundesbeamte fehlen beim Zoll, Bundespolizei usw.
Wenn man nun die KI effektiv einsetzt, dann kann man an bestimmten Stellen Personal sparen, welches man effektiv wieder woanders einsetzen kann.
Als Beispiel:
- Warenabfertigung Zoll: Wenn da die KI Zollanträge bearbeitet, bei denen ein sehr geringes Risiko besteht (Waren mit Ursprung Schweiz oder Waren an vertrauenswürdige Empfänger usw.), dann braucht es keinen Beamten der sowas durchklickt.
Also kann man diesen Beamten dort einsetzen, wo keine KI helfen kann, wie z.B. der Außendienst bei FKS, Zollfahndung oder auch Innendienst, wo man tatsächlich noch Unterlagen gegen prüfen muss (Strafsachen, Ermittlungen usw.)


Rheini

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 505
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19535 am: 17.10.2025 08:41 »
Effizienz setzt bei mir auch ganz stark bei den gesetzlichen Regelungen an. Deutschland hat die Tendenz, ganz viele Einzelfälle zu regeln.

Vor kurzem war in einer Talkshow eine Journalistin die als Begründung das die geplanten Regelungen bei der Grundsicherung nicht kommen sollten ausführte,  dass falls jemand der einen Unfall hätte und ins Koma fällt, evtl. die drei Termine verpassen würde und dann, wenn sie aus dem KH kommt, Obdachlos sei.

Solange man auf diesem Niveau diskutiert und Regelungen versuchen auch solche Fälle abzufangen, brauchen wir über andere Dinge gar nicht anzufangen zu diskutieren.

Durgi

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 53
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19536 am: 17.10.2025 08:51 »

Das BMI schreibt, ein Widerspruch sei „nicht erforderlich“. Juristisch sauber wäre: nicht erforderlich für den künftigen Vollzug der Neuregelung, aber sehr wohl relevant für rückwirkende Ansprüche.
Diese Differenz verschweigt das Ministerium natürlich (ggf. um die Welle an Widersprüchen kleinzuhalten)

Die Linie des BVerfG ist da eindeutig: Rückwirkung nur für die, die sich zeitnah gewehrt haben.
Das steht in jeder Entscheidung seit 2015 sinngemäß gleich. Und das BVerwG legt nach:

„Besoldung ist jahresbezogen, der Anspruch entsteht mit der jeweiligen Haushaltsperiode.“

Heißt: Das BMI kann schreiben, was es will – die Rechtsprechung wird es im Zweifel überholen.
Man sollte also den BMI-Hinweis nicht als rechtliche Garantie, sondern als politisch motivierte Beruhigungspille lesen.

Wenn Karlsruhe die Unteralimentation auch für den Bund bestätigt, wird das Finanzministerium sich auf genau dieses Argument berufen: „Nur die, die rechtzeitig widersprochen haben, kommen zum Zug – alle anderen nicht.“
Und dann hilft dir kein Satz auf einer Webseite oder einem Rundschreiben.

Kurz gesagt:
Der BMI-Text richtet sich an die Ruhe der Belegschaft, nicht an die Logik der Gerichte.
Wer auf Nummer sicher gehen will, legt Widerspruch ein – einmal pro Jahr, fertig. Danach kann man getrost abwarten, wie sich Karlsruhe entscheidet.
Jetzt verbreite mal keine Panik.
Der Durchschnittsbeamte ist kein Jurist.
Es gab ein Rundschreiben vom Bmi.
Es gibt eine aktuelle Zusage des Bmf und Bmi das dieses Rundschreiben erstmal weiterhin gültig ist, auch im Bezug zu den Nachzahlungen.
Wenn der DH wollte. Weil er nicht will das es Nachzahlungen für Beamte gibt, bräuchte er nur jeden Widerspruch  ablehnen.
Dann hast du genau einen Monat Zeit Klage einzureichen.
Die Ruhestellung deines Widerspruch ist auch nur ein freiwilliges entgegen kommen wie das Rundschreiben.

Das ist richtig...niemand soll hier Panik verbreiten.
Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, ein Rundschreiben mit einer rechtsverbindlichen Zusage zu verwechseln.

Ein Rundschreiben ist verwaltungsinterne Kommunikation, keine Rechtsquelle und schon gar keine Zahlungsanweisung. Es entfaltet keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Beamten (§ 44 VwVfG). Es beschreibt lediglich, wie eine Behörde momentan gedenkt zu handeln.
Das kann morgen wieder geändert oder aufgehoben werden – ohne Rechtsmittelmöglichkeit.

Ein paar nüchterne Beispiele, um euch das Ausmass zu belegen:

Nach dem BVerfG-Urteil 2012 zur Professorenbesoldung (2 BvL 4/10) erklärten mehrere Länder in Rundschreiben, dass „eine Nachzahlung sichergestellt“ sei. Tatsächlich erfolgte sie erst nach erneuten Verfahren, teilweise mit mehrjähriger Verzögerung und nur für diejenigen, die rechtzeitig Widerspruch eingelegt hatten.

Ähnlich bei der Familienzuschlagsentscheidung 2020 (2 BvL 6/17 ff.): Das BMI-Rundschreiben vom Juni 2021 kündigte eine „Rückabwicklung im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten“ an. Trotzdem verweigerte das BMF zunächst jede Auszahlung, bis entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt waren – und zwar nur für anerkannte Fälle (so langsam sollte ein Muster erkennbar sein...)

Auch das Niedersachsen-Urteil 2023,
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.07.2023 – 5 LA 114/21: Das Gericht lehnte die Berufung eines Beamten ab, der ohne vorherigen Widerspruch rückwirkende Nachzahlung wegen vermeintlicher Unteralimentation verlangte. Begründung: Eine rückwirkende Korrektur kommt nur für Beamte in Betracht, die ihren Anspruch zeitnah mit statthaftem Rechtsbehelf geltend gemacht haben; die Besoldung sei zudem jahresbezogen. Damit bestätigte das OVG die ständige Linie von BVerwG und BVerfG, wonach ein bloßes Vertrauen auf ministerielle Rundschreiben keine rechtlich gesicherte Nachzahlungsgrundlage schafft)
zeigte, wie trügerisch solche Schreiben sind: Das dortige Finanzministerium hatte in einem Erlass zugesichert, rückwirkend „alle Ansprüche zu prüfen“. In der Praxis wurden aber nur die berücksichtigt (wie o.a.), die Widerspruch eingelegt hatten – alle anderen gingen leer aus.

Juristisch gesehen ist ein Rundschreiben also kein Anspruchsgrund. Es ersetzt keine Entscheidung, keine Festsetzung, keinen Verwaltungsakt und keine Auszahlungsermächtigung. Es schafft allenfalls Vertrauen, aber kein Recht.

Und zur Ruhendstellung:
Richtig, das ist eine freiwillige Geste der Verwaltung. Sie hat aber keine rechtssichernde Wirkung. Wenn sich die Rechtslage oder die Haushaltslage ändert, kann die Behörde das Ruhen jederzeit beenden. Nur ein laufender Widerspruch hält den Anspruch offen.

Kurz gesagt:
Ein Rundschreiben mag beruhigen...aber ausgezahlt wird erst, wenn eine gesetzliche oder gerichtliche Verpflichtung besteht.
Darauf zu vertrauen, dass ein Ministerium „schon zahlen wird“, hat in der Vergangenheit regelmäßig zu langen Gesichtern geführt.

GoodBye

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 194
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19537 am: 17.10.2025 08:51 »
Da kommt halt der Preuße durch.

Wenn man sich rechtshistorisch mal das Allgemeine Preußische Landrecht angeschaut hat, zum Umfallen. Über 19.000 Vorschriften, Einzelfallregelungen ohne Ende.

Der Deutsche regelt gerne.

GoodBye

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 194
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19538 am: 17.10.2025 08:54 »

Das BMI schreibt, ein Widerspruch sei „nicht erforderlich“. Juristisch sauber wäre: nicht erforderlich für den künftigen Vollzug der Neuregelung, aber sehr wohl relevant für rückwirkende Ansprüche.
Diese Differenz verschweigt das Ministerium natürlich (ggf. um die Welle an Widersprüchen kleinzuhalten)

Die Linie des BVerfG ist da eindeutig: Rückwirkung nur für die, die sich zeitnah gewehrt haben.
Das steht in jeder Entscheidung seit 2015 sinngemäß gleich. Und das BVerwG legt nach:

„Besoldung ist jahresbezogen, der Anspruch entsteht mit der jeweiligen Haushaltsperiode.“

Heißt: Das BMI kann schreiben, was es will – die Rechtsprechung wird es im Zweifel überholen.
Man sollte also den BMI-Hinweis nicht als rechtliche Garantie, sondern als politisch motivierte Beruhigungspille lesen.

Wenn Karlsruhe die Unteralimentation auch für den Bund bestätigt, wird das Finanzministerium sich auf genau dieses Argument berufen: „Nur die, die rechtzeitig widersprochen haben, kommen zum Zug – alle anderen nicht.“
Und dann hilft dir kein Satz auf einer Webseite oder einem Rundschreiben.

Kurz gesagt:
Der BMI-Text richtet sich an die Ruhe der Belegschaft, nicht an die Logik der Gerichte.
Wer auf Nummer sicher gehen will, legt Widerspruch ein – einmal pro Jahr, fertig. Danach kann man getrost abwarten, wie sich Karlsruhe entscheidet.
Jetzt verbreite mal keine Panik.
Der Durchschnittsbeamte ist kein Jurist.
Es gab ein Rundschreiben vom Bmi.
Es gibt eine aktuelle Zusage des Bmf und Bmi das dieses Rundschreiben erstmal weiterhin gültig ist, auch im Bezug zu den Nachzahlungen.
Wenn der DH wollte. Weil er nicht will das es Nachzahlungen für Beamte gibt, bräuchte er nur jeden Widerspruch  ablehnen.
Dann hast du genau einen Monat Zeit Klage einzureichen.
Die Ruhestellung deines Widerspruch ist auch nur ein freiwilliges entgegen kommen wie das Rundschreiben.

Das ist richtig...niemand soll hier Panik verbreiten.
Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, ein Rundschreiben mit einer rechtsverbindlichen Zusage zu verwechseln.

Ein Rundschreiben ist verwaltungsinterne Kommunikation, keine Rechtsquelle und schon gar keine Zahlungsanweisung. Es entfaltet keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Beamten (§ 44 VwVfG). Es beschreibt lediglich, wie eine Behörde momentan gedenkt zu handeln.
Das kann morgen wieder geändert oder aufgehoben werden – ohne Rechtsmittelmöglichkeit.

Ein paar nüchterne Beispiele, um euch das Ausmass zu belegen:

Nach dem BVerfG-Urteil 2012 zur Professorenbesoldung (2 BvL 4/10) erklärten mehrere Länder in Rundschreiben, dass „eine Nachzahlung sichergestellt“ sei. Tatsächlich erfolgte sie erst nach erneuten Verfahren, teilweise mit mehrjähriger Verzögerung und nur für diejenigen, die rechtzeitig Widerspruch eingelegt hatten.

Ähnlich bei der Familienzuschlagsentscheidung 2020 (2 BvL 6/17 ff.): Das BMI-Rundschreiben vom Juni 2021 kündigte eine „Rückabwicklung im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten“ an. Trotzdem verweigerte das BMF zunächst jede Auszahlung, bis entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt waren – und zwar nur für anerkannte Fälle (so langsam sollte ein Muster erkennbar sein...)

Auch das Niedersachsen-Urteil 2023,
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.07.2023 – 5 LA 114/21: Das Gericht lehnte die Berufung eines Beamten ab, der ohne vorherigen Widerspruch rückwirkende Nachzahlung wegen vermeintlicher Unteralimentation verlangte. Begründung: Eine rückwirkende Korrektur kommt nur für Beamte in Betracht, die ihren Anspruch zeitnah mit statthaftem Rechtsbehelf geltend gemacht haben; die Besoldung sei zudem jahresbezogen. Damit bestätigte das OVG die ständige Linie von BVerwG und BVerfG, wonach ein bloßes Vertrauen auf ministerielle Rundschreiben keine rechtlich gesicherte Nachzahlungsgrundlage schafft)
zeigte, wie trügerisch solche Schreiben sind: Das dortige Finanzministerium hatte in einem Erlass zugesichert, rückwirkend „alle Ansprüche zu prüfen“. In der Praxis wurden aber nur die berücksichtigt (wie o.a.), die Widerspruch eingelegt hatten – alle anderen gingen leer aus.

Juristisch gesehen ist ein Rundschreiben also kein Anspruchsgrund. Es ersetzt keine Entscheidung, keine Festsetzung, keinen Verwaltungsakt und keine Auszahlungsermächtigung. Es schafft allenfalls Vertrauen, aber kein Recht.

Und zur Ruhendstellung:
Richtig, das ist eine freiwillige Geste der Verwaltung. Sie hat aber keine rechtssichernde Wirkung. Wenn sich die Rechtslage oder die Haushaltslage ändert, kann die Behörde das Ruhen jederzeit beenden. Nur ein laufender Widerspruch hält den Anspruch offen.

Kurz gesagt:
Ein Rundschreiben mag beruhigen...aber ausgezahlt wird erst, wenn eine gesetzliche oder gerichtliche Verpflichtung besteht.
Darauf zu vertrauen, dass ein Ministerium „schon zahlen wird“, hat in der Vergangenheit regelmäßig zu langen Gesichtern geführt.

So sieht es aus.

Und die unmittelbare Geltendmachung ist darüber hinaus ein Ausschlussgrund, den das Gericht von Amts wegen zu prüfen hat. Und zwar unabhängig davon, ob ein Verzicht erklärt wurde. Welche Verrenkungen hier nötig sind, um diesen Punkt durch Annahme von Treuwidrigkeit zu umschiffen, kann man dem letzten Hamburger Urteil entnehmen.

kommtZeitkommtRat

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 10
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19539 am: 17.10.2025 08:58 »
Ganz genau, vom Richter verschont, dort richten sie selbst!

Rheini

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 505
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19540 am: 17.10.2025 08:59 »
Im Zweifel werden diese Rundschreiben von Leuten erstellt die, wenn es dann zum tragen kommen könnte, schon lange weg sind.

Bullshit Kondensator

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 26
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19541 am: 17.10.2025 09:17 »

Das BMI schreibt, ein Widerspruch sei „nicht erforderlich“. Juristisch sauber wäre: nicht erforderlich für den künftigen Vollzug der Neuregelung, aber sehr wohl relevant für rückwirkende Ansprüche.
Diese Differenz verschweigt das Ministerium natürlich (ggf. um die Welle an Widersprüchen kleinzuhalten)

Die Linie des BVerfG ist da eindeutig: Rückwirkung nur für die, die sich zeitnah gewehrt haben.
Das steht in jeder Entscheidung seit 2015 sinngemäß gleich. Und das BVerwG legt nach:

„Besoldung ist jahresbezogen, der Anspruch entsteht mit der jeweiligen Haushaltsperiode.“

Heißt: Das BMI kann schreiben, was es will – die Rechtsprechung wird es im Zweifel überholen.
Man sollte also den BMI-Hinweis nicht als rechtliche Garantie, sondern als politisch motivierte Beruhigungspille lesen.

Wenn Karlsruhe die Unteralimentation auch für den Bund bestätigt, wird das Finanzministerium sich auf genau dieses Argument berufen: „Nur die, die rechtzeitig widersprochen haben, kommen zum Zug – alle anderen nicht.“
Und dann hilft dir kein Satz auf einer Webseite oder einem Rundschreiben.

Kurz gesagt:
Der BMI-Text richtet sich an die Ruhe der Belegschaft, nicht an die Logik der Gerichte.
Wer auf Nummer sicher gehen will, legt Widerspruch ein – einmal pro Jahr, fertig. Danach kann man getrost abwarten, wie sich Karlsruhe entscheidet.
Jetzt verbreite mal keine Panik.
Der Durchschnittsbeamte ist kein Jurist.
Es gab ein Rundschreiben vom Bmi.
Es gibt eine aktuelle Zusage des Bmf und Bmi das dieses Rundschreiben erstmal weiterhin gültig ist, auch im Bezug zu den Nachzahlungen.
Wenn der DH wollte. Weil er nicht will das es Nachzahlungen für Beamte gibt, bräuchte er nur jeden Widerspruch  ablehnen.
Dann hast du genau einen Monat Zeit Klage einzureichen.
Die Ruhestellung deines Widerspruch ist auch nur ein freiwilliges entgegen kommen wie das Rundschreiben.

Das ist richtig...niemand soll hier Panik verbreiten.
Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, ein Rundschreiben mit einer rechtsverbindlichen Zusage zu verwechseln.

Ein Rundschreiben ist verwaltungsinterne Kommunikation, keine Rechtsquelle und schon gar keine Zahlungsanweisung. Es entfaltet keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Beamten (§ 44 VwVfG). Es beschreibt lediglich, wie eine Behörde momentan gedenkt zu handeln.
Das kann morgen wieder geändert oder aufgehoben werden – ohne Rechtsmittelmöglichkeit.

Ein paar nüchterne Beispiele, um euch das Ausmass zu belegen:

Nach dem BVerfG-Urteil 2012 zur Professorenbesoldung (2 BvL 4/10) erklärten mehrere Länder in Rundschreiben, dass „eine Nachzahlung sichergestellt“ sei. Tatsächlich erfolgte sie erst nach erneuten Verfahren, teilweise mit mehrjähriger Verzögerung und nur für diejenigen, die rechtzeitig Widerspruch eingelegt hatten.

Ähnlich bei der Familienzuschlagsentscheidung 2020 (2 BvL 6/17 ff.): Das BMI-Rundschreiben vom Juni 2021 kündigte eine „Rückabwicklung im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten“ an. Trotzdem verweigerte das BMF zunächst jede Auszahlung, bis entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt waren – und zwar nur für anerkannte Fälle (so langsam sollte ein Muster erkennbar sein...)

Auch das Niedersachsen-Urteil 2023,
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.07.2023 – 5 LA 114/21: Das Gericht lehnte die Berufung eines Beamten ab, der ohne vorherigen Widerspruch rückwirkende Nachzahlung wegen vermeintlicher Unteralimentation verlangte. Begründung: Eine rückwirkende Korrektur kommt nur für Beamte in Betracht, die ihren Anspruch zeitnah mit statthaftem Rechtsbehelf geltend gemacht haben; die Besoldung sei zudem jahresbezogen. Damit bestätigte das OVG die ständige Linie von BVerwG und BVerfG, wonach ein bloßes Vertrauen auf ministerielle Rundschreiben keine rechtlich gesicherte Nachzahlungsgrundlage schafft)
zeigte, wie trügerisch solche Schreiben sind: Das dortige Finanzministerium hatte in einem Erlass zugesichert, rückwirkend „alle Ansprüche zu prüfen“. In der Praxis wurden aber nur die berücksichtigt (wie o.a.), die Widerspruch eingelegt hatten – alle anderen gingen leer aus.

Juristisch gesehen ist ein Rundschreiben also kein Anspruchsgrund. Es ersetzt keine Entscheidung, keine Festsetzung, keinen Verwaltungsakt und keine Auszahlungsermächtigung. Es schafft allenfalls Vertrauen, aber kein Recht.

Und zur Ruhendstellung:
Richtig, das ist eine freiwillige Geste der Verwaltung. Sie hat aber keine rechtssichernde Wirkung. Wenn sich die Rechtslage oder die Haushaltslage ändert, kann die Behörde das Ruhen jederzeit beenden. Nur ein laufender Widerspruch hält den Anspruch offen.

Kurz gesagt:
Ein Rundschreiben mag beruhigen...aber ausgezahlt wird erst, wenn eine gesetzliche oder gerichtliche Verpflichtung besteht.
Darauf zu vertrauen, dass ein Ministerium „schon zahlen wird“, hat in der Vergangenheit regelmäßig zu langen Gesichtern geführt.

Exakt so und nicht anders ist das. Das weiß jeder Verwaltungswirt im (einfachen) mittleren Dienst.
Der Ursprung liegt hier:
https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__35.html

Ab hier prüft man bereits nicht weiter, weil es kein Verwaltungsakt ist und demnach auch nicht "justiziabel".
Dennoch:

Es fehlt ebenso an der hinreichenden Bestimmung: (Wer ,was, wann, wo, wieviel genau)
https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__37.html

Danke, dass du das noch weiter ausführst, doch allein die genannten Grundlagen-Paragraphen weisen schon darauf hin.

LG

Finanzer

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 794
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19542 am: 17.10.2025 09:44 »
Danke für die Auführungen Durgi.

Ich frage mich langsam, was der DH noch alles tun muss, damit das Vertrauen auch wirklich des letzten Beamten erschüttert ist.

Ozymandias

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,326
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19543 am: 17.10.2025 09:44 »
Wochenausblick nur ein anderes Verfahren über Kirchenrecht drin.

Alexander79

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 481
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19544 am: 17.10.2025 11:23 »
Ein Rundschreiben ist verwaltungsinterne Kommunikation, keine Rechtsquelle und schon gar keine Zahlungsanweisung. Es entfaltet keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Beamten (§ 44 VwVfG). Es beschreibt lediglich, wie eine Behörde momentan gedenkt zu handeln.
Das kann morgen wieder geändert oder aufgehoben werden – ohne Rechtsmittelmöglichkeit.
44VwVfG bezieht sich auf einen Verwaltungsakt, warum er nichtig ist.
Zitat:"
Hinweis: Kein Erfordernis zur Erhebung von Widersprüchen im Jahr 2024 zur Gewährleistung einer amtsangemessenen Alimentation auf Bundesebene

Es wird darauf hingewiesen, dass es für Besoldungs- oder Versorgungsberechtigte in Bezug auf die Gewährleistung einer amtsangemessenen Alimentation auf Bundesebene auch für das Jahr 2024 nicht erforderlich und auch nicht vorsorglich geboten ist, zur vollständigen Wahrung ihrer Rechtspositionen auch für vergangene Jahre Widersprüche zu erheben. Das Rundschreiben des BMI vom 14. Juni 2021 zur amtsangemessenen Alimentation betreffend den Umgang mit erhobenen Widersprüchen bzw. geltend gemachten Ansprüchen hat weiterhin Bestand. Mit ihm verzichtet der Bund seit dem Jahr 2021 fortlaufend auf das Erfordernis einer haushaltsjahrnahen Geltendmachung entsprechender Ansprüche sowie auf die Einrede der Verjährung. Das gilt uneingeschränkt fort, ungeachtet des vom Bundeskabinett am 6. November 2024 beschlossenen Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Bundesbesoldung und -versorgung (Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz – BBVAngG). Das vorgenannte Rundschreiben wird so lange in Kraft bleiben, bis gesetzliche Regelungen zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Alimentation vom parlamentarischen Gesetzgeber beschlossen und im Bundesgesetzblatt verkündet worden sind. Um Beachtung wird gebeten."
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/D3/BBVAngG.html
Selbst das, sollte schon ein Verwaltungsakt darstellen.
Kannst mir mal als technischer Beamter erklären, warum das hier "nichtig" sein soll.