Das BMI schreibt, ein Widerspruch sei „nicht erforderlich“. Juristisch sauber wäre: nicht erforderlich für den künftigen Vollzug der Neuregelung, aber sehr wohl relevant für rückwirkende Ansprüche.
Diese Differenz verschweigt das Ministerium natürlich (ggf. um die Welle an Widersprüchen kleinzuhalten)
Die Linie des BVerfG ist da eindeutig: Rückwirkung nur für die, die sich zeitnah gewehrt haben.
Das steht in jeder Entscheidung seit 2015 sinngemäß gleich. Und das BVerwG legt nach:
„Besoldung ist jahresbezogen, der Anspruch entsteht mit der jeweiligen Haushaltsperiode.“
Heißt: Das BMI kann schreiben, was es will – die Rechtsprechung wird es im Zweifel überholen.
Man sollte also den BMI-Hinweis nicht als rechtliche Garantie, sondern als politisch motivierte Beruhigungspille lesen.
Wenn Karlsruhe die Unteralimentation auch für den Bund bestätigt, wird das Finanzministerium sich auf genau dieses Argument berufen: „Nur die, die rechtzeitig widersprochen haben, kommen zum Zug – alle anderen nicht.“
Und dann hilft dir kein Satz auf einer Webseite oder einem Rundschreiben.
Kurz gesagt:
Der BMI-Text richtet sich an die Ruhe der Belegschaft, nicht an die Logik der Gerichte.
Wer auf Nummer sicher gehen will, legt Widerspruch ein – einmal pro Jahr, fertig. Danach kann man getrost abwarten, wie sich Karlsruhe entscheidet.
Jetzt verbreite mal keine Panik.
Der Durchschnittsbeamte ist kein Jurist.
Es gab ein Rundschreiben vom Bmi.
Es gibt eine aktuelle Zusage des Bmf und Bmi das dieses Rundschreiben erstmal weiterhin gültig ist, auch im Bezug zu den Nachzahlungen.
Wenn der DH wollte. Weil er nicht will das es Nachzahlungen für Beamte gibt, bräuchte er nur jeden Widerspruch ablehnen.
Dann hast du genau einen Monat Zeit Klage einzureichen.
Die Ruhestellung deines Widerspruch ist auch nur ein freiwilliges entgegen kommen wie das Rundschreiben.
Das ist richtig...niemand soll hier Panik verbreiten.
Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, ein Rundschreiben mit einer rechtsverbindlichen Zusage zu verwechseln.
Ein Rundschreiben ist verwaltungsinterne Kommunikation, keine Rechtsquelle und schon gar keine Zahlungsanweisung. Es entfaltet keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Beamten (§ 44 VwVfG). Es beschreibt lediglich, wie eine Behörde
momentan gedenkt zu handeln.
Das kann morgen wieder geändert oder aufgehoben werden – ohne Rechtsmittelmöglichkeit.
Ein paar nüchterne Beispiele, um euch das Ausmass zu belegen:
Nach dem BVerfG-Urteil 2012 zur Professorenbesoldung (2 BvL 4/10) erklärten mehrere Länder in Rundschreiben, dass „eine Nachzahlung sichergestellt“ sei. Tatsächlich erfolgte sie erst nach erneuten Verfahren, teilweise mit mehrjähriger Verzögerung und
nur für diejenigen, die rechtzeitig Widerspruch eingelegt hatten.
Ähnlich bei der Familienzuschlagsentscheidung 2020 (2 BvL 6/17 ff.): Das BMI-Rundschreiben vom Juni 2021 kündigte eine „Rückabwicklung im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten“ an. Trotzdem verweigerte das BMF zunächst jede Auszahlung, bis entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt waren –
und zwar nur für anerkannte Fälle (so langsam sollte ein Muster erkennbar sein...)
Auch das Niedersachsen-Urteil 2023,
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.07.2023 – 5 LA 114/21: Das Gericht lehnte die Berufung eines Beamten ab, der ohne vorherigen Widerspruch rückwirkende Nachzahlung wegen vermeintlicher Unteralimentation verlangte. Begründung: Eine rückwirkende Korrektur kommt nur für Beamte in Betracht, die ihren Anspruch zeitnah mit statthaftem Rechtsbehelf geltend gemacht haben; die Besoldung sei zudem jahresbezogen. Damit bestätigte das OVG die ständige Linie von BVerwG und BVerfG, wonach ein bloßes Vertrauen auf ministerielle Rundschreiben keine rechtlich gesicherte Nachzahlungsgrundlage schafft)
zeigte, wie trügerisch solche Schreiben sind: Das dortige Finanzministerium hatte in einem Erlass zugesichert, rückwirkend „alle Ansprüche zu prüfen“. In der Praxis wurden aber nur die berücksichtigt (wie o.a.), die
Widerspruch eingelegt hatten – alle anderen gingen leer aus.Juristisch gesehen ist ein Rundschreiben also kein Anspruchsgrund. Es ersetzt keine Entscheidung, keine Festsetzung, keinen Verwaltungsakt und keine Auszahlungsermächtigung. Es schafft allenfalls Vertrauen, aber kein Recht.
Und zur Ruhendstellung:
Richtig, das ist eine freiwillige Geste der Verwaltung. Sie hat aber keine rechtssichernde Wirkung. Wenn sich die Rechtslage oder die Haushaltslage ändert, kann die Behörde das Ruhen jederzeit beenden. Nur ein laufender Widerspruch hält den Anspruch offen.
Kurz gesagt:
Ein Rundschreiben mag beruhigen...aber ausgezahlt wird erst, wenn eine gesetzliche oder gerichtliche Verpflichtung besteht.
Darauf zu vertrauen, dass ein Ministerium „schon zahlen wird“, hat in der Vergangenheit regelmäßig zu langen Gesichtern geführt.