Das BVerfG hat in seiner Rechtsprechung Parameter aufgestellt, die eine verfassungswidrige Alimentation indizieren.
Diese Parameter haben zumindest Orientierungscharakter. Einen solchen würde ich mir zumindest bei der Frage des Verhältnisses von leistungslosen Komponenten wünschen, um eine bessere Orientierung zu erhalten.
Meine Befürchtung ist folgende: Solange hier keine objektiven Parametern aufgestellt wird, die eine Verfassungswidrigkeit indizieren können, wird der Besoldungsgesetzgeber die familienbezogenen Bestandteile nach der Salami Taktik solange reduzieren, bis das BVerfG es nicht mehr rügt.
Ein solche, absolute Grenze dürfte in meinen Augen, so wie Du es bereits erwähnt hast, die Höhe des normierten Bedarfes sein. Mehr als den Bedarf, so denke ich auch, darf durch leistungslose Komponenten in keinem Fall gedeckt werden. So verstanden würde demnach ein Familienzuschlag, der höher als der Bedarf des Kindes wäre, in jedem Fall materiell rechtlich zur Verfassungswidrigkeit des Zuschlages (also ähnlich wie bei dem Mindestabstandsgebot) führen.
Aber auch unter dem Begriff "weit überwiegend" dürfte aus meiner Sicht verstanden werden, dass eben auch der gesamte Bedarf zuviel ist. Hier wäre ein Hinweis, eine Verfassungswidrigkeit des Familienzuschlages ist zumindest indiziert, wenn es bspw mehr als 40 % des Bedarfes deckt, schon aus meiner Sicht mehr als hilfreich. Hierbei kann es natürlich auch zu rechtfertigende Ausnahmen geben, die dann prozedual seitens des Gesetzgebers begründet werden müssten und ebenfalls der gerichtlichen Kontrolle unterliegen würden.
Auch wäre es aus meiner Sicht hilfreich, wenn zur Klarstellung der Hinweis käme, ob sich das BVerfG bei den möglichen Familienzuschläge an den Werten der Düsseldorfer Tabelle oder des SGB II orientiert.
Alles in allem erhoffe ich mir keine exakte oder genaue Zahl, allerdings weitere Prüfparameter, um den Spielraum der Besoldungsgesetzgeber weiter einzuengen, als es bisher der Fall ist.
Ich denke, weitere Prüfparameter wird der Senat mindestens auf der ersten Prüfungsstufe nicht einführen, da sie offensichtlich gemeinsam mit denen der zweiten Prüfungsstufe hinreichend sind, um den notwendigen Abwägungsprozess zu vollziehen. Zugleich würde eine wie auch immer geartete Festlegung oder eine in diesem Sinne zu interpretierende Direktive zum Verhältnis von leistungsbezogenen und leistungslosen Besoldungskomponenten offensichtlich unverhältnismäßig in den weiten Entscheidungsspielraum eingreifen, über den der Gesetzgeber verfügt, nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass der zukünftige Besoldungsgesetzgeber in bspw. zwanzig Jahren nichts dafür kann, dass die heutigen Besoldungsgesetzgeber sich allesamt vom Boden des Grundgesetzes absentieren. Entsprechend wird der Hüter der Verfassung andere Mittel und Wege finden müssen, um den Besoldungsgesetzgeber jenen Weg zurück in die Bundesrepublik Deutschland zu weisen, denke ich.
Hinsichtlich der Parameter auf der ersten Prüfungsstufe finden wir letztlich in den ersten drei Parametern und bis zu einem gewissen Grad hinsichtlich des Mindestabstandsgebots volkswirtschaftliche Indizien als Vergleichsgegenstand vor, was aber für das Verhältnis von Besoldungskomponenten zueinander nicht der Fall wäre. Insofern stände ein solcher Parameter über das hinaus, was ich gerade ausgeführt habe, quer zur entwickelten Prüfsystematik.
Anders sieht das allerdings hinsichtlich der Betrachtung tatsächlicher Bedarfe aus, die das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit bereits insbesondere mit der Düsseldorfer Tabelle konkretisiert hat, sodass der Senat daran anschließen könnte, was m.E. nicht gänzlich unwahrscheinlich dann der Fall sein wird, wenn es konkret eine der betreffenden gesetzlichen Regelungen, wie sie seit 2021/22 zunehmend vollzogen worden sind, zu prüfen haben wird. Dabei können wir davon ausgehen, dass das Bundesverfassungsgericht nicht
konkret sagen wird (wie gesagt, das wäre unverhältnismäßig und darin zugleich hinsichtlich möglicher gesellschaftlicher Veränderungen auch zu starr), welches Verhältnis noch sachgerecht wäre, sondern vielmehr entscheiden wird, dass das jeweils betrachtete sich nicht sachlich rechtfertigen lässt. Daraus kann man dann weitere Schlüsse ziehen. Das ist zumindest ein typischer Weg, den Karlsruhe geht.
Mit einiger Wahrscheinlichkeit dürfte zu vermuten sein, dass in den angekündigten Entscheidungen zu den ausgewählten "Pilotverfahren" erste entsprechende allgemeine Ausführungen - eher randständig - zu finden sein werden. "Eher randständig" deshalb, weil sich die aktuelle Problematik für den zu behandelnden Entscheidungszeitraum nicht nachweisen lässt. Allerdings hat der Berichterstatter angekündigt, dass der Senat in Pilotverfahren Leitlinien entwickeln würde, anhand derer die zahlreichen Vorgänge einer zügigeren Beendigung zugeführt werden könnten. Die "zahlreichen Vorgänge" dürften bspw. gleichfalls die mittlerweile über 8.000 aktuell vor dem VG Hamburg anhängigen Verfahren mit einschließen, denke ich. Entsprechend kann der Senat kaum davon absehen, was sich in den letzten rund vier Jahren als Kirmes im Besoldungsrech abgespielt hat, ohne dass dieser Kirmes im Mittelpunkt stehen könnte, da er noch nicht Thema der konkreten Normenkontrollverfahren ist.
@ lotsch
Als Beamter kenne ich keine "Verfassungsprosa", sondern nur Recht und Gesetz, denen ich qua Eid verpflichtet bin, nachdem ich geschworen habe, "das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Niedersächsische Verfassung und die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen". Insofern kann ich mit solchen unsere Verfassung herabwürdigenden Begrifflichkeiten wenig anfangen, egal, ob sie von Dir oder den Besoldungsgesetzgebern so formuliert werden. Der Verfassungspatriot, als den ich mich begreife, lehnt solche Begrifflichkeiten und Vorstellungen ab. Unsere Verfassung ist keine Prosa, sondern jede einzelne Verfassungsnorm setzt das Recht, die allesamt zu wahren, anzuwenden und zu schützen, ich mich verpflichtet sehe. Ansonsten würde ich nicht die Zeit, Arbeit und Kraft in das Thema investieren, die ich investiere.
Udo de Fabios Darlegungen zeigen sich entsprechend ebenfalls nicht als "Verfassungsprosa". Vielmehr erinnert er den Gesetzgeber in Nordrhein-Westfalen an seine Bindungen, die er nicht abschütteln kann und die es weiterhin anzuerkennen und zu schützen gilt. Ich will - das ist ein weiterer Grund dafür, dass ich mich hier regelmäßig engagiere - nicht ins verfassungsrechtliche Ausland, da sich mir die dortigen Aussichten als zu trüb darstellen. Da können uns die Besoldungsgesetzgeber noch so viele schöne Ansichtkarten von dorther schreiben. Irgendwann werden sie wieder in die Bundesrepublik zurückkehren müssen. Dafür gilt es zu arbeiten.
@ Knecht
Das Ende des besoldungsrechtlichen Interregnums ist in Sicht. Es wird dabei allerdings mit einiger Wahrscheinlichkeit noch einiger Zeit und nicht minder einiger gerichtlicher Entscheidungen bedürfen, bis es tatsächlich endet. Die letzte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat ihr Ziel, die Rückkehr zu einer amtsangemessenen Alimentation in Deutschland, grundlegend verfehlt, hat aber eine zentrale Etappe erreicht, nämlich dass wir heute in der untersten Besoldungsgruppe für die vierköpfige Alleinverdienerfamilie mit Ausnahme des Saarlands ein beträchtlich höheres Besoldungsniveau vorfinden. Denn im Saarland ist das entsprechende Besoldungsniveau nur um 12,4 % gestiegen. Dahingegen liegt es bspw. in NRW in der Mietenstufe VI heute bei 50.952,96 € (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/nw?id=beamte-nrw&g=A_5&s=1&f=3&fstand=v&mst=VI&zulageid=10.2&z=100&fz=100&zulage=&stkl=1&r=0&zkf=2). 2019 hat derselbe Beamte noch über ein Besoldungsniveau in Höhe von 32,665,68 € verfügt (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/nw/a?id=beamte-nrw-2019&g=A_5&s=1&f=3&z=100&fz=100&zulageid=10.2&zulage=&stj=2024&stkl=1&r=0&zkf=2&pvk=2u). Sein Bruttogehalt ist entsprechend in den letzten fünf Jahren um über 18.000,- € gestiegen (+ 56 %).
Insofern - das habe ich hier in der Vergangenheit bereits wiederholt tiefgehender dargelegt, weshalb ich das hier nicht wiederholen muss - haben die Besoldungsgesetzgeber seit 2020 bereits die erste Kröte geschluckt, nämlich ein im Einzelnen beträchtlich höheres Besoldungsniveau in den untersten Besoldungsgruppen. Ein so sicherlich eher nicht formuliertes - aber grundlegend vom Senat anvisiertes - Ziel der angekündigten Entscheidungen dürfte sein, das deutlich höhere Besoldungsniveau nun über die untersten Besoldungsgruppen hinauszutragen - das dürfte danach ein gleichfalls durchaus mühevoller und langwierigerer Prozess werden. Aber eines ist sicher: Den entsprechend besoldeten Beamten in NRW (und entsprechend in den anderen Rechtskreisen) kann man nicht wieder auf 36.716,- € zurücksetzen (das wäre die Steigerung um 12,4 %, wie wir sie im Saarland vorfinden). Denn das sollte selbst gegenüber jenen Medien nicht mehr gerechtfertigt werden können, die Beamten gegenüber nicht unendlich positiv eingestellt sind.
Ergo: Das Ende ist in Sicht. Aber auch hier gilt: step by step. Es wird auch ab der zweiten Jahreshälfte des nächsten Jahres noch genug zu tun geben, denke ich.