Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 6329407 times)

waynetology

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16155 am: 17.01.2025 10:30 »
Was macht dieser Richter Dr. Ulrich Maidowski eigentlich? Treibt der sich irgendwo in Thailand rum auf Pataya?  :o

Kann dem mal einer n Arschtritt verpassen damit der und sein Senat mal in die Puschen kommen  ???

Dr. Maidowski wird spätestens zum 01.11.2026 in den Ruhestand versetzt, weil er dann die Altersgrenze erreicht hat. Daher ändert sich schon jetzt die Zuständigkeit für Neueingänge, da er diese absehbar nicht entscheiden können wird.

Das zu erwartende Urteil wird sicherlich sein Abschiedsgeschenk. Ob es noch dieses Jahr kommt oder erst im nächsten Jahr bleibt abzuwarten. Es gibt jedoch zumindest begründete Hoffnung, dass das Urteil noch im Jahre 2025 kommen wird, nachdem sich Dr. Maidowski von seiner schweren Erkrankung erholt haben soll und seine Arbeit wieder aufgenommen haben soll. Die Erkrankung und die vielen Organklagen der AfD, die den zweiten Senat überlastet haben, dürften auch die wesentlichen Gründe sein, warum sich "unser" Verfahren so lange hinzieht.

Genauso dürfte es sein - zugleich sind mit den langen Verfahrensdauern sachliche Probleme verbunden, die für eine zentrale Gelenkstelle von Verfahren in einem Beitrag in der ZBR betrachtet werden, der Ende des Jahres dort erscheinen wird. Man kann es also durchaus kritisch sehen, dass der Senat seit Mai 2020 und der Veröffentlichung der beiden betreffenden Entscheidungen keine weiteren mehr gefällt hat. Die Gründe, weshalb dem so sein dürfte, habe ich in der Vergangenheit ja bis etwa Anfang 2024 wiederholt dargelegt.

Wenn man die Entäußerungen aus Karlsruhe liest, die auf Anfragen hin gegeben werden, dann darf man davon ausgehen, dass sich das Bundesverfassungsgericht darüber im Klaren ist, dass wir im Besoldungsrecht eine schwärende Wunde des Verfassungsrechts vorfinden. Auch dürfte man in Karlsruhe den sich seit dem März des letzten Jahres abzeichnenden fundamentalen Rechtsprechungswandel des Bundesverwaltungsgerichts zur Kenntnis nehmen. Darüber hinaus haben beide Senats sicherlich ein offensichtliches Interesse, die von den 17 Besoldungsgesetzgeber konzertiert angekratzte Autorität wieder herzustellen - dieses Interesse bezieht sich dabei nicht nur auf den nationalen bundesdeutschen Rahmen, sondern muss gleichfalls im europäischen Kontext verortet werden, da sich Karlsruhe hier - insbesondere hinsichtlich der in Deutschland  im europäischen Kontext viel zu niedrigen Grundbesoldung in der Besoldungsordnung R - unter einem erheblichen Rechtfertigungsdruck wiederfinden dürfte, und zwar nicht zuletzt mit Blick auf die Streikverbotsentscheidung von 2018, der der EMGR sachlich unlängst weitgehend gefolgt ist.

Karlsruhe sollte sich hier also entsprechend in einer spezifischen "Bringschuld" sehen, die da lautet: Die R-Besoldung hat im Rahmen der besonderen Verfasstheit von Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 33 Abs. 5 GG, die zusammengenommen eben eine spezifisch bundesdeutsche Besonderheit ergeben, nun Anhebungen zu erfahren oder aber die europäische Rechtsprechung sollte der Karlsruher Linie alsbald nicht mehr folgen (können), was eben mit einem gehörigen Autoritätsverlust verbunden wäre.

Der langen Rede kurzer Sinn: Der Senat hat offensichtlich im letzten Jahr nicht wenige Vorbereitungen getroffen, um nach Abschluss der angekündigten Berliner Pilotverfahren weitere anhängige Verfahren wie angekündigt schneller zu einem Ende zu bringen. Dass diese Vorarbeiten in Angriff genommen worden sind, kann man daran erkennen, dass Karlsruhe Verfahrensbeteiligten verschiedener Rechtskreise im letzten Jahr die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt hat, und zwar das in einem erheblich größerem Maße als in den Jahren davor. Darüber hinaus sollte der Senat heute mit einiger Wahrscheinlichkeit in die Beratung der Pilotverfahren eingetreten sein - und hier nun die Schwierigkeit vor sich sehen, sowohl den Berliner und damit aber ebenfalls auch alle anderen 16 Besoldungsgesetzgeber wieder zurück auf den Boden der Verfassung zu bewegen, und zwar das in nicht allzu langer Zeit, weil das eben die maßgeblichen europäischen Gerichte sicherlich nicht mehr allzu lange akzeptieren würden.

Genau deshalb - dazu ist ja hier und an anderer Stelle wiederkehrend geschrieben worden - sollten 2024 die niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Verfahren zugunsten der Berliner zurückgestellt worden seien. Karlsruhe wird hier einen spezifischen "Zwang" ausüben, um also hier den Hebel anzusetzen, der in anderen Verfahren offensichtlich so nicht so ohne Weiteres angesetzt werden könnte. Dabei darf man in Rechnung stellen, dass auch der Senat aus der seit 2020 deutlichen Entwicklung der Missachtung der eigenen Rechtsprechung gelernt haben dürfte - alles andere wäre erstaunlich.

Wie gesagt, die langen Verfahrensdauern sind zunehmend kritisch zu sehen, worüber sich der Senat bewusst ist, wie er das ja im Dezember 2023 selbst in Gestalt des Berichterstatters thematisieren musste. Auch diese Thematisierung setzt den Senat, davon darf man sachlich ausgehen, nun weiterhin unter Druck.

In den Beratungen wird es also darum gehen - ggf. auch im Kontext des nun noch einmal gehörig schärferen Schwerts der Bindungswirkung eigener Entscheidungen, die nun anders als in der Vergangenheit Verfassungsrang genießt -, durch die Pilotverfahren das anstehende notwendige Druckpotenzial zu entfalten, das notwendig sein wird, um für eine Rückkehr der Besoldungsgesetzgeber auf den Boden der Verfassung zu sorgen, die allerdings am Ende ausschließlich die Besoldungsgesetzgeber selbst und kein anderer vollziehen können. An dieser komplexen Aufgabe dürfte man in Karlsruhe seit spätestens Anfang 2023 feilen, zunächst hinsichtlich insbesondere von Niedersachsen und Schleswig-Holstein, seit Ende 2023 hinsichtlich der Berliner Normenkontrollverfahren, die nun zu Pilotverfahren gemacht worden sind - und das ist ein sachlich komplexes Feld, was mit dazu führt, dass es dauert. Karlsruhe hat heute keine "Freischüsse", sondern der nächste muss sitzen und ein Blattschuss sein, was dort in beiden Senaten bekannt sein dürfte. Denn alles andere dürfte mit einem erheblichen Autoritätsverlust verbunden sein, den man sich im Rahmen unserer Verfassungswirklichkeit nicht wird leisten können und der im europäischen Kontext über kurz oder lang zu erheblichen Verschiebungen hinsichtlich der eigenen Autorität führen würde.

Ergo sollte man sich in einem Dilemma sehen: Je länger die angekündigten Entscheidungen in den Pilotverfahren auf sich warten lassen, je mehr Vorlagen zugleich in Karlsruhe anhängig werden, desto mehr kratzt das am Vertrauen und der Autorität Karlsruhes - je schneller man allerdings entschiede und dabei dann das maßgebliche Ziel verfehlte, die Besoldungsgesetzgeber nun in den Rahmen der Verfassung zurückzubewegen, desto noch einmal viel größer wäre dann der Autoritätsverlust. Der Senat dürfte also ein Interesse an einer möglichst raschen und ein noch größeres Interesse an einer möglichst effektiven Entscheidung haben, über die man nun mit einiger Wahrscheinlichkeit zwischenzeitlich in die Beratung eingetreten sein sollte.

Wie genau meinst du das mit dem Autoritätsverlust?

Wenn ich es richtig verstehe, ist der Wirkungskreis doch sehr klein, sodass die wenigsten davon windbekommen. Gleichzeitig ist garantiert die hälfte des bereits kleines Teils froh darüber, dass gerade bei den Beamten nichts passiert.

Malkav

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16156 am: 17.01.2025 10:42 »
Dass diese Vorarbeiten in Angriff genommen worden sind, kann man daran erkennen, dass Karlsruhe Verfahrensbeteiligten verschiedener Rechtskreise im letzten Jahr die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt hat, und zwar das in einem erheblich größerem Maße als in den Jahren davor.
Obwohl ich diese "Vorarbeiten" jetzt auch nicht überbewerten wollen würde. Denn rein formal hat der BVR wohl nur folgendes in die Akte geschrieben:

Vfg

1. Vorlagebeschluss an Beteiligte des Ursprungsverfahrens m.d.B. um Stellungnahme bis xx.xx.xxxx per ZU/eEB
2. Vorlagebeschluss an Personen A, B, C ... als sachkundige Dritte gem. § 27 BVerfGG m.d.B. um Stellungnahme bis xx.xx.xxxx
3. SE-Kontrollfrist: 6 Monate; selbst. Erinnerung sodann
4. Wvl: 9 Monate

Typischer Ablauf in jedem größeren gerichtlichen Verfahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor Eingang der Stellungnahmen bereits eine vertiefte Beschäftigung mit der Materie erfolgt. Das alles könnte man formal am Tag des Eingangs erledigen bzw. (außer der konkreten Benennung anzuhörenden der sachkundigen Dritten) durch den zuständigen Senatsrechtspfleger erledigen lassen.

[...] je mehr Vorlagen zugleich in Karlsruhe anhängig werden, desto mehr kratzt das am Vertrauen und der Autorität Karlsruhes [...].


Wobei die allermeisten VGs fast alle Fälle ruhen lassen. Man stelle sich mal vor die würden anfangen alle Fälle gleichmäßig zu bearbeiten und jeden Fall nach Karlsruhe zu schicken. Zum Glück hat das BVerfG den elektronischen Rechtsverkehr eröffnet, sonst bräuchten die bald ein weiteres Archivgebäude nur für die Besoldungsakten.

Obwohl ... ein paar mehr Vorlagen täten vielleicht ganz gut. Ich glaube Karlsruhe hat mittlerweile gar keine Vorstellung davon wie viele Verfahren in der ersten Instanz rumliegen. Innerhalb der Fachgerichtsbarkeiten gibt es halbjährliche Präsidentenkonferenzen an denen auch das jeweilige oberste Bundesgericht vertreten ist. Ich weiß aber nicht, ob sowas auch zwischen den PräsBGH, PräsBVerwG, PräsBSG, PräsBAG, PräsBFH und PräsBVerfG formalisiert stattfindet.

Swen,wie schätzt du die Möglichkeit der "Abkopplung" der R-Besoldung von der A-Besoldung ein? Ich habe es für mich so abgespeichert, dass die Schnittstelle in etwa bei R1/A15 liegt.

In der Theorie hinsichtlich der Richter sicherlich denkbar. Bei den Staatsanwälten als weisungsgebundene Beamte wird es da schon schwieriger. Und ich behaupte mal, dass die Justizministerien sich eher das linke Bein abhacken, als sowas zu unterstützen.

Diese rekrutieren Ihr eigenes Personal (wie alle Ministerien) sehr häufig aus dem eigenen nachgeordneten Bereich. Wenn nun jeder Richter am Amtsgericht mit irgendetwas in Höhe z.B. von B 3 anfängt, findet sich doch niemand mehr für den höheren Dienst im Ministerium unterhalb der Abteilungsleisterebene.

Und im gleichen Zug müssten ja auch die Besoldungen der Gerichtsleitungen angepasst werden. Ich glaube nicht, dass sich das Verhältnis RiAG (R 1 ) zu PräsOLG (R 8 ) wesentlich verschieben würde. Bei einer deutlichen Anhebung von R 1 wäre das neue R 8 dann monetär in Bereichen jenseits der (an der Besoldungsordnung B orientierten) Minister oder gar Ministerpräsidenten/Kanzler und damit auch im Verhältnis zu anderen Behördenleitungen jenseits von Gut uns Böse.

Wie genau meinst du das mit dem Autoritätsverlust?

Wenn ich es richtig verstehe, ist der Wirkungskreis doch sehr klein, sodass die wenigsten davon windbekommen. Gleichzeitig ist garantiert die hälfte des bereits kleines Teils froh darüber, dass gerade bei den Beamten nichts passiert.

Die Judikative hat keine eigenen Machtinstrumente wie die Exekutive (Polizei etc.) und Legislative (Budgetrecht/Untersuchungsausschüsse/Abwahl der Regierung). Sie ist nur so stark wie die anderen Gewalten und das diese kontrollierenden Volk ihr erlauben zu sein. Wenn die Exekutive nun merkt, dass Sie damit durchkommt dem BVerfG in einem politisch unliebsamen Thema auf der Nase herumzutanzen, merkt man sich das auf allen Seiten für die Zukunft.

Zukünftige AfD-Kanzlerin:

Zitat
"Schönes Urteil zum Adoptionsrecht homosexueller Paare/Staatsbürgerschaftsrecht/Beamtenrecht habt ihr da. Wäre ja eine Schande, wenn dies jemand einfach missachten würde und auch die ordnungegemäßen Adoptionen/Einbürgerung/Ernennung rückwirkend für unwirksam erklären würde."

"Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums"-reloaded ick hör dir trapsen  ???

HochlebederVorgang

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16157 am: 17.01.2025 10:59 »
Man wird dementsprechend wohl mit einer stärkeren Spreizung der A-und B-Besoldung im höheren Dienst rechnen müssen, so man denn die Europäischen Vorgaben zur Richterbesoldung umsetzen möchte.

Das Problem hierbei dürfte der große Personalkörper im Bereich A13/A14 sein.

A9A10A11A12A13

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16158 am: 17.01.2025 11:17 »
Dr. Maidowski wird spätestens zum 01.11.2026 in den Ruhestand versetzt, weil er dann die Altersgrenze erreicht hat. ...
Falsch. §4 (3) BVerfGG ist eine unverbindliche Altersempfehlung.

Die nachfolgenden Regelungen eröffnen das Festhalten auf unbestimmte Zeit, denn es muss erst eine Wachablösung bestimmt werden. (Mal sehen wann die Regelung auf eine Nachfolge vergeblich warten zu müssen, um die Entlassurkunde zu erhalten auf alle Beamten ausgeweitet wird)

Die offizielle Untätigkeit betrifft derzeit BVR Christ und das BVerfG hat bereits zuvor beklagend mitgeteilt, dass sie sich dann in solchen Fällen automatisch in den Status von Wachkoma versetzt.

BVR Christ selbst macht weiterhin Dienst nach Vorschrift, die da heisst: Mach was du willst, solange du das beim Harbarth durchsetzen kannst. Die EU-Arbeitszeiterfassungspflicht kannst du ignorieren.
Also die von ihm zu betreuende und vom BVerfG genannte Beispielfälle blieben allesamt unerledigt liegen.

Allerdings stieg damit seine Bezüge gegenüber seinen erwarteten Pensionsansprüchen damit derzeit deutlich als Karlsruhestandsbeamter.
 
« Last Edit: 17.01.2025 11:36 von A9A10A11A12A13 »

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16159 am: 17.01.2025 11:30 »
Dass diese Vorarbeiten in Angriff genommen worden sind, kann man daran erkennen, dass Karlsruhe Verfahrensbeteiligten verschiedener Rechtskreise im letzten Jahr die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt hat, und zwar das in einem erheblich größerem Maße als in den Jahren davor.
Obwohl ich diese "Vorarbeiten" jetzt auch nicht überbewerten wollen würde. Denn rein formal hat der BVR wohl nur folgendes in die Akte geschrieben:

Vfg

1. Vorlagebeschluss an Beteiligte des Ursprungsverfahrens m.d.B. um Stellungnahme bis xx.xx.xxxx per ZU/eEB
2. Vorlagebeschluss an Personen A, B, C ... als sachkundige Dritte gem. § 27 BVerfGG m.d.B. um Stellungnahme bis xx.xx.xxxx
3. SE-Kontrollfrist: 6 Monate; selbst. Erinnerung sodann
4. Wvl: 9 Monate

Typischer Ablauf in jedem größeren gerichtlichen Verfahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor Eingang der Stellungnahmen bereits eine vertiefte Beschäftigung mit der Materie erfolgt. Das alles könnte man formal am Tag des Eingangs erledigen bzw. (außer der konkreten Benennung anzuhörenden der sachkundigen Dritten) durch den zuständigen Senatsrechtspfleger erledigen lassen.

[...] je mehr Vorlagen zugleich in Karlsruhe anhängig werden, desto mehr kratzt das am Vertrauen und der Autorität Karlsruhes [...].


Wobei die allermeisten VGs fast alle Fälle ruhen lassen. Man stelle sich mal vor die würden anfangen alle Fälle gleichmäßig zu bearbeiten und jeden Fall nach Karlsruhe zu schicken. Zum Glück hat das BVerfG den elektronischen Rechtsverkehr eröffnet, sonst bräuchten die bald ein weiteres Archivgebäude nur für die Besoldungsakten.

Obwohl ... ein paar mehr Vorlagen täten vielleicht ganz gut. Ich glaube Karlsruhe hat mittlerweile gar keine Vorstellung davon wie viele Verfahren in der ersten Instanz rumliegen. Innerhalb der Fachgerichtsbarkeiten gibt es halbjährliche Präsidentenkonferenzen an denen auch das jeweilige oberste Bundesgericht vertreten ist. Ich weiß aber nicht, ob sowas auch zwischen den PräsBGH, PräsBVerwG, PräsBSG, PräsBAG, PräsBFH und PräsBVerfG formalisiert stattfindet.

Swen,wie schätzt du die Möglichkeit der "Abkopplung" der R-Besoldung von der A-Besoldung ein? Ich habe es für mich so abgespeichert, dass die Schnittstelle in etwa bei R1/A15 liegt.

In der Theorie hinsichtlich der Richter sicherlich denkbar. Bei den Staatsanwälten als weisungsgebundene Beamte wird es da schon schwieriger. Und ich behaupte mal, dass die Justizministerien sich eher das linke Bein abhacken, als sowas zu unterstützen.

Diese rekrutieren Ihr eigenes Personal (wie alle Ministerien) sehr häufig aus dem eigenen nachgeordneten Bereich. Wenn nun jeder Richter am Amtsgericht mit irgendetwas in Höhe z.B. von B 3 anfängt, findet sich doch niemand mehr für den höheren Dienst im Ministerium unterhalb der Abteilungsleisterebene.

Und im gleichen Zug müssten ja auch die Besoldungen der Gerichtsleitungen angepasst werden. Ich glaube nicht, dass sich das Verhältnis RiAG (R 1 ) zu PräsOLG (R 8 ) wesentlich verschieben würde. Bei einer deutlichen Anhebung von R 1 wäre das neue R 8 dann monetär in Bereichen jenseits der (an der Besoldungsordnung B orientierten) Minister oder gar Ministerpräsidenten/Kanzler und damit auch im Verhältnis zu anderen Behördenleitungen jenseits von Gut uns Böse.

Wie genau meinst du das mit dem Autoritätsverlust?

Wenn ich es richtig verstehe, ist der Wirkungskreis doch sehr klein, sodass die wenigsten davon windbekommen. Gleichzeitig ist garantiert die hälfte des bereits kleines Teils froh darüber, dass gerade bei den Beamten nichts passiert.

Die Judikative hat keine eigenen Machtinstrumente wie die Exekutive (Polizei etc.) und Legislative (Budgetrecht/Untersuchungsausschüsse/Abwahl der Regierung). Sie ist nur so stark wie die anderen Gewalten und das diese kontrollierenden Volk ihr erlauben zu sein. Wenn die Exekutive nun merkt, dass Sie damit durchkommt dem BVerfG in einem politisch unliebsamen Thema auf der Nase herumzutanzen, merkt man sich das auf allen Seiten für die Zukunft.

Zukünftige AfD-Kanzlerin:

Zitat
"Schönes Urteil zum Adoptionsrecht homosexueller Paare/Staatsbürgerschaftsrecht/Beamtenrecht habt ihr da. Wäre ja eine Schande, wenn dies jemand einfach missachten würde und auch die ordnungegemäßen Adoptionen/Einbürgerung/Ernennung rückwirkend für unwirksam erklären würde."

"Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums"-reloaded ick hör dir trapsen  ???

Das, was Du zu Beginn schreibst, kann ich gut nachvollziehen, Malkav - auf der anderen Seite sieht sich der Senat spätestens durch die Stellungnahme von BVR Maidowski in der Pflicht, eine Beschleunigung der anhängigen Verfahren zu vollziehen. Denn weitere Kläger können sich nun auf seine Ausführungen beziehen. Da der Senat erst jetzt in die Beratung der Pilotverfahren eintritt, diese aber bis in den Spätsommer insofern noch offener geblieben sind, da noch die Stellungnahmen der Beteiligten nicht abgeschlossen waren, wird die Zwischenzeit ab dem Jahresbeginn 2024 mit der Versendung der Möglichkeit zur Stellungnahme und deren Sichtung nach dem Eingang verbracht worden sein. Nicht umsonst ist dafür ja ein weiterer Wissenschaftlicher Mitarbeit abgestellt worden.

Entsprechend wird das passiert sein, was in der Stellungnahme vom Dezember 2023 angekündigt worden ist: Es wird eine Systematisierung vollzogen worden sein, die dazu dienen soll, nach den Pilotverfahren weitere Verfahren schneller zu vollziehen. Man wird in Karlsruhe also die zentralen Systematisierungen zur Abstimmung der weiteren Verfahren in Angriff genommen haben, was nach meiner Erfahrung recht zeitaufwändig ist: also weitere Kategorienbildung, Abgleichungen, Querverbindungen usw. Das sollten unabdingbare Voraussetzungen zur weiteren Ausformung der neuen Besoldungsdogmatik sein und am Ende nicht zuletzt dem übergeordneten Ziel der Beschleunigung dienen - ohne diese Arbeiten sollte keine Beschleunigung möglich sein, weil ja Karlsruhe regelmäßig die Verfassung als Ganze im Blick behält und behalten muss, was in Anbetracht der "Hybridbildung" im Besoldungsrecht nun nur noch mehr zu fordern sein wird, so bspw. hinsichtlich der Eigentumsgarantie und dem besonderen Schutz von Ehe und Familie. Hier dürfte erhebliche Mehrarbeit notwendig sein, die die spezifischen gesetzlichen Neuregelungen nun in der Prüfung fordern - und genau dafür, so sollte man begründet vermuten, sollte beträchtliche Zeit in Anspruch genommen worden sein. Denn ohne sie kann es keine sichtbare Beschleunigung der anhängigen Verfahren geben.

@ HochlebederVorgang

Auch hier ist es so, wie Malkav schreibt, wobei ergänzend hinzugefügt werden kann (dazu habe ich im Forum in der Vergangenheit ja bereits ausführlich geschrieben): Der Senat hat schon in den 1960er Jahren ausgeführt, dass man die Besoldung von Staatsanwälten gleichfalls in einer anderen als der Besoldungsordnung R regeln könnte, hat aber zugleich dafür keine sachliche Veranlassung gesehen. Es sollte also den Besoldungsgesetzgebern unbenommen bleiben, die Besoldung von Staatsanwälten bspw. innerhalb der Besoldungsordnung A zu regeln - nur wäre das zunächst einmal offensichtlich nicht mit einer Ämterneubewertung des Richteramts verbunden, die aber notwendig wäre, um nun die Richtergehälter deutlich anzuheben, die davon dann abgekoppelten Gehälter der Staatsanwälte aber innerhalb der Besoldungsordnung A nicht. Hier läge dann offensichtlich also eine Verletzung des Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen vor.

Würde man nun aber die Besoldung von Staatsanwälten innerhalb der Besoldungsordnung A regeln und sie nun deutlich höher besolden als bislang, dürfte davon nun ebenfalls das Abstandsgebot hinsichtlich der höheren Besoldungsgruppen ab A 14 und der Besoldungsordnung B betroffen sein. Ergo ginge auch das nicht ohne eine Ämterneubewertung des Amts des Staatsanwalts - nur liegt für diese aber kein sachlicher Grund vor, da sich die Aufgaben von Staatsanwälten in den letzten Jahren nicht grundlegend gewandelt hätten, das Amt also weiterhin kaum hinreichend neu zu bewerten sein sollte (oder falls doch, dann würde das weitgehend auch für vergleichbare Ämter gelten, die innerhalb der Besoldungsordnung A besoldet werden).

Entsprechend sollte es also nicht möglich sein, nun Richter substanziell höher zu besolden, um die übrigen Bediensteten weiterhin wie bislang zu besolden.

@ wayne

Der Autoritätsverlust wäre ein mindestens doppelter:

1. Zunächst einmal sollten sich die Gesetzgeber eher aufgefordert sehen, auch in anderen Rechtsgebieten die Rechtsprechung Karlsruhes nicht mehr als für sie bindend zu betrachten (zu wollen), wenn es ihnen gelänge, das dauerhaft nach deutlich klarstellenden Entscheidungen aus Karlsruhe aufrechtzuerhalten. Das wäre ein erheblicher Autoritätsverlust im nationalen Rahmen der Bundesrepublik. Das neue scharfe Schwert des Verfassungsgrundsatzes der Rechtsbindung der Verfassungsorgane an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht gibt jenem nun eine so starke Waffe in die Hand, dass es Karlsruhe nun mittel- und langfristig deutlich leichter fallen sollte, eigenen Entscheidungen Geltung zu verschaffen. Das wird dem möglichen Autoritätsverlust entgegenwirken, der darin zu finden wäre, dass sich Verfassungsorgane nicht hinreichend gebunden sehen und also die Rechtsprechung missachten würden, wie das heute explizit im Besoldungsrecht der Fall ist.

2. Darüber hinaus genießt Karlsruhe innerhalb der Familie der europäischen (und darüber hinaus auch in der der Welt) Verfassungsgerichtsbarkeit einen exellenten Ruf und eine hohe Reputation sowie daraus folgend einen erheblichen Einfluss auf die entsprechende Rechtsprechung über Deutschland hinaus. Das zeigt sich gerade wieder in der weitgehenden Bestätigung des Streikverbots im nationalen Rahmen der Bundesrepublik durch das EGMR. Gelänge es nun Karlsruhe nicht, dafür zu sorgen, dass die Richterbesoldung in der Bundesrepublik beträchtlich steigt, würden alsbald europäische Gerichte dafür sorgen müssen, dass dem so kommt. Das aber würde bedeuten, dass sich Karlsruhe als hilflos zeigen würde, selbst für die Geltung der Verfassung in der Bundesrepublik zu sorgen - und das müsste einen erheblichen Reputationsverlust im europäischen Rahmen zur Folgen haben, der dann einen entsprechenden Autoritätsverlust nach sich zöge.

Hans Werner Mangold

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16160 am: 17.01.2025 12:18 »
Welche Besoldungsgesetzgeber wurden bezüglich einer Stellungnahme angeschrieben? Ich habe jetzt mal was vom saarländischen Richterbund gefunden. Also müsste mal das Saarland dabei gewesen sein.

https://www.richterbund-saar.de/fileadmin/Saarlaendischer-Richterbund/Stn_BVerfG_10_2024.pdf

Pendler1

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16161 am: 17.01.2025 15:08 »
Hallo Kolleginnen und Kollegen,

das Ganze wird doch nix mehr – egal ob durchgewunken oder mit der neuen Regierung nochmal durchgearbeitet.

Alleine schon die fast kafkaeske Idee des virtuellen Partnereinkommens ist doch so blöde, das es fast wehtut.

Aber gut, ich bin (war -jetzt Pension) ja kein „richtiger“ Beamter, sondern nur technischer Bundesbeamter (Flugsicherung). Darum verstehe ich dieses neue Besoldungs -Gesetzvorhaben  wohl nicht so richtig, bin halt zu dumm.
Aber, ich habe ja prominente Unterstützung:

Print Ausgabe der Augsburger Allgemeinen vom 15.01.2025, Seite 11 „Die CSU und die Stunde des „S“.

Anlässlich der CSU Klausurtagung äußert sich der ehemalige Präsident des Bundessozialgerichtes, Professor Rainer Schlegel zum Sozialstaat (zu dem wir Beamte als 100% staatsabhängige ja gehören):

„Das System ist so komplex, dass es niemand mehr durchschaut!“

Ob er da wohl recht hat? Vielleicht ist der auch etwas zu dumm? Man weiß es nicht.😁


SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16162 am: 17.01.2025 17:00 »
Welche Besoldungsgesetzgeber wurden bezüglich einer Stellungnahme angeschrieben? Ich habe jetzt mal was vom saarländischen Richterbund gefunden. Also müsste mal das Saarland dabei gewesen sein.

https://www.richterbund-saar.de/fileadmin/Saarlaendischer-Richterbund/Stn_BVerfG_10_2024.pdf

Es ist noch weiteren Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden, Hans Werner, die darüber aber offensichtlich nicht öffentlich berichten wollen (aus welchen Gründen auch immer), sodass wir uns öffentlich weiterhin nur auf das beziehen können, was öffentlich zugänglich ist wie bspw. die Stellungnahme des saarländischen Richterbunds. Andere Akteure veröffentlichen ihre Stellungnahme nicht, auch wenn sie nicht dafür bekannt sind, zu Geheimniskrämerei zu neigen (das kann bspw. ebenfalls mit dem Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht zu tun haben) wie bspw. der Berliner Richterbund, der wiederum auf eine umfangreiche Stellungnahme des DRB hinweist, ohne dass auch diese m.W. öffentlich zugänglich wäre (https://www.drb-berlin.de/themen-und-positionen/justizthemen/justizthema/news/ihr-drb-vor-dem-bverfg-in-sachen-besoldung)

@ Pendler

Die offensichtlich nicht sachgerechte Regelungsdichte im Besoldungsrecht heben ebenfalls die beiden dbb-Rechtsexperten Alexia Tepke und Andreas Becker seit längerer Zeit regelmäßig hervor, wobei sie in ihrem letzten Beitrag in der ZBR noch ausgeführt hatten, dass heute kaum noch ein Beamte erkennen könne, ob die ihm gewährte Alimentation amtsangemessen sei, während sie das aktuell gleichfalls als offensichtliche Folge der seitdem vollzogenen Gesetzgebung weiter zugespitzt formulieren:

"Besoldungspraktisch kann heute kein Beamter mehr einordnen, ob die ihm gewährte Besoldung - gegebenenfalls ergänzt um einen ortsbezogenen Familien-(ergänzungs-)zuschlag - amtsangemessen ausgestaltet ist. Infolge der Intransparenz und Komplexität bereits wegen der [in den 17 Rechtskreisen; ST.] unterschiedlichen Gewichtung von familiären und/oder ortsbezogenen Elementen ist dies auch Fachleuten kaum mehr rechtssicher möglich." (S. 9)

Das deckt sich also eins zu eins mit dem, was der ehemalige Präsident des Bundessozialgerichts zu grundlegenden sozialrechtlichen Regelungen ausführt.

Derfleißige

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16163 am: 18.01.2025 14:45 »
Schaut mal::

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/thorsten-frei/fragen-antworten/warum-blockiert-die-cdu-die-umsetzung-des-bbvangg-und-somit-die-amtsangemessene-allimentation-der

Da weiß wohl die linke Hand nicht was die rechte macht.... Das alles auf den Rücken der Staatsdiener...... Dieses Puppentheater ist kaum noch zu ertragen..

Ich habe inzwischen das Gefühl, als sei der Entwurf absichtlich erst im November verkündet wurden und kurz darauf ist die Ampel geplatzt, so dass die Schuld immer auf einen anderen geschoben werden kann - wir wollten ja, aber die Ampel ist geplatzt, wir wollten ja aber die Zeit war nun zu knapp... ein Schelm, wer böses dabei denkt.....

ursus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16164 am: 18.01.2025 15:16 »
Ich poste hier mal (m)einen Beitrag aus dem "Forum öffentlicher Dienst der Länder". Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist dieser auch für Bundesbeamte lesenswert.
 
AltStrG
@Swen:

Kannst du mal bitte in zwei Sätzen zusammenfassen, wie die aktuellen Chancen für die Berliner Verfahren stehen und was "wir" realistisch zu erwarten haben?

„Erwartbar“ sind n. m. persönlichen E. noch mehr gravierende Klarstellungen durch die Pilotentscheidung(en) des BVerfG. Auf mehreren Hundert Seiten wird in diesem Forum („lediglich / nahezu ausschließlich“) über die „Mindestalimentation“ diskutiert. Diese stellt („jedoch nur“) das Fundament hin zu einer „amtsangemessenen Besoldung“ dar. Bis zu einer „tatsächlich funktionsgerechten“ Alimentation insbesondere bei der längerfristigen „Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben“ jedoch, ebenso hin zu einer „tatsächlich qualitätssichernden“ Alimentation ist es noch ein weiter Weg.  Außerdem sind die Alimentationsansprüche einer Beamt*in laut ständiger Rechtsprechung von BVerwG und BVerfG durch die Besoldungsgesetzgeber unmittelbar / jeweils gegenwärtig, so verstanden sofort, grundsätzlich bereits im jeweils laufenden Haushalts- und Kalenderjahr“ anzupassen. Hierbei sind die Prozeduralisierungs-, Gestaltungs-, Handlungs-, dezidierten und konkreten Dokumentations- und Nachbesserungspflichten „unmittelbar / unverzüglich, tatsächlich und aufgrund von jeweils gegenwärtig realitätsgerechten und tragfähigen Tatsachengrundlagen“, für das entsprechende Kalenderjahr zu erfüllen. Schließlich stellen die Alimentationsansprüche einer Beamt*in ihre jeweiligen Individualansprüche dar bezüglich derer lediglich das BVerfG eine „Normverwerfungskompetenz“ besitzt. So verstanden schließen sich Aussetzungen aus und jede berechtigte Klage muss / müsste dem BVerfG „unmittelbar“ mittels Vorlagebeschluss vorgelegt werden. Die Realität ist jedoch besoldungsgesetzgeberübergreifend und „konzertiert“ eine andere. Zu all diesen Punkten soll(ten) die erwartete(n) Pilotentscheidung(en) eine umfassende Antwort beinhalten. Auch die 3 saarländischen Vorlagebeschlüsse mit den Az.: 2 BvL 11/ 18, 2 BvL 12/ 18 und 2 BvL 14/ 18 sind im 4. Quartal 2024 durch die Präsidentin des 2. Senats des BVerfG „zugeteilt“ und den Beteiligten ist die Möglichkeit einer Stellungnahme erteilt worden. Ich wage daher zu prophezeien, dass die Verfahren aus Bremen, Berlin, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und dem Saarland (nahezu) gleichzeitig im ersten Halbjahr 2025 durch das BVerfG entschieden  und auch die zuvor aufgeworfenen Probleme einer Lösung zuführen werden die für die 17 Besoldungsgesetzgeber "erschreckend / erschütternd" sein dürfte, da sie dann von der "normativen Kraft des Faktischen" eingeholt sind.






bebolus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16165 am: 18.01.2025 15:29 »
Ich poste hier mal (m)einen Beitrag aus dem "Forum öffentlicher Dienst der Länder". Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist dieser auch für Bundesbeamte lesenswert.
 
AltStrG
@Swen:

Kannst du mal bitte in zwei Sätzen..

Das dürften eher zwei Seiten werden.. 😁

Hans Müller

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16166 am: 21.01.2025 13:06 »
Anbei einfach was zum Schmunzeln:

https://www.welt.de/vermischtes/meine-geschichte/article255167094/Als-die-Buerokratie-mich-10-000-Euro-kostete-war-meine-Mutter-tot.html?source=puerto-reco-2_ABC-V44.0.B_maximize_engagement

Auszug daraus, der hier vielleicht her passt:

"Michael W., 50 Jahre, Bergisch Gladbach

Als Beamter des Landes NRW hatte ich 2003 und 2004 Widerspruch gegen mein gekürztes Weihnachtsgeld eingelegt und nie wieder etwas davon gehört. Anfang 2024 erhielt ich mit der Post zwei Postzustellungsurkunden mit den Bescheiden gegen meine Widersprüche – beide wurden abgelehnt. Die Bürokratie hat also sagenhafte 20 Jahre gebraucht, um zu reagieren."

Schönen Tag noch!  :)


Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16167 am: 21.01.2025 16:18 »
Welche Besoldungsgesetzgeber wurden bezüglich einer Stellungnahme angeschrieben? Ich habe jetzt mal was vom saarländischen Richterbund gefunden. Also müsste mal das Saarland dabei gewesen sein.

https://www.richterbund-saar.de/fileadmin/Saarlaendischer-Richterbund/Stn_BVerfG_10_2024.pdf

Es ist noch weiteren Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden, Hans Werner, die darüber aber offensichtlich nicht öffentlich berichten wollen (aus welchen Gründen auch immer), sodass wir uns öffentlich weiterhin nur auf das beziehen können, was öffentlich zugänglich ist wie bspw. die Stellungnahme des saarländischen Richterbunds. Andere Akteure veröffentlichen ihre Stellungnahme nicht, auch wenn sie nicht dafür bekannt sind, zu Geheimniskrämerei zu neigen (das kann bspw. ebenfalls mit dem Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht zu tun haben) wie bspw. der Berliner Richterbund, der wiederum auf eine umfangreiche Stellungnahme des DRB hinweist, ohne dass auch diese m.W. öffentlich zugänglich wäre (https://www.drb-berlin.de/themen-und-positionen/justizthemen/justizthema/news/ihr-drb-vor-dem-bverfg-in-sachen-besoldung)

@ Pendler

Die offensichtlich nicht sachgerechte Regelungsdichte im Besoldungsrecht heben ebenfalls die beiden dbb-Rechtsexperten Alexia Tepke und Andreas Becker seit längerer Zeit regelmäßig hervor, wobei sie in ihrem letzten Beitrag in der ZBR noch ausgeführt hatten, dass heute kaum noch ein Beamte erkennen könne, ob die ihm gewährte Alimentation amtsangemessen sei, während sie das aktuell gleichfalls als offensichtliche Folge der seitdem vollzogenen Gesetzgebung weiter zugespitzt formulieren:

"Besoldungspraktisch kann heute kein Beamter mehr einordnen, ob die ihm gewährte Besoldung - gegebenenfalls ergänzt um einen ortsbezogenen Familien-(ergänzungs-)zuschlag - amtsangemessen ausgestaltet ist. Infolge der Intransparenz und Komplexität bereits wegen der [in den 17 Rechtskreisen; ST.] unterschiedlichen Gewichtung von familiären und/oder ortsbezogenen Elementen ist dies auch Fachleuten kaum mehr rechtssicher möglich." (S. 9)

Das deckt sich also eins zu eins mit dem, was der ehemalige Präsident des Bundessozialgerichts zu grundlegenden sozialrechtlichen Regelungen ausführt.

Und genau das treibt mir die Galle hoch.
Da wird auf der einen Seite von mehreren Seiten festgestellt, dass nahezu kein Beamter mehr infolge der Komplexitaet und Regelungsdichte feststellen kann ob er amtsangemessen alimentiert wird. Auf der anderen Seite wird von den, wie eben festgestellt, in diesem Punkt unwissenden Beamten aber zwingend verlangt entsprechend in dem Jahr einen Widerspruch gegen eine nicht amtsangemessene Alimentation einzulegen. Das Schreiben des BMI blende ich in diesem Zusammenhang mal aus.
Wie kann man zwingend von einem Beamten erwarten/fordern einen Widerspruch einzulegen um seine Rechte und Ansprueche zu wahren, wenn es dem Betroffenen schlicht wewg gar nicht moerglich ist zu erkennen das er nicht amtsangemessen alimentiert ist. Um Widerspruch einzulegen muss ich doch erstmal wissen das die Besoldung eben nicht amtsangemessen ist.
Dies muesste doch auch das BVerfG in dem ganzen Komplex zur Kenntnis nehmen umd dem BesGesetzgeber zukuenftig diese Option nehmen auf die nicht haushaltsnahe Geltendmachung der Ansprueche zu beharren.
Ich komme mir immer mehr vor wie in dem Haus das Verrueckte macht.

Ozymandias

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16168 am: 21.01.2025 16:31 »
In unserem Rechtsstaat muss man seine Rechte besser kennen als ein Richter, um zu seinem Recht zu gelangen.

Ist mittlerweile halt so.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16169 am: 22.01.2025 08:59 »
Ich kann Deine Empörung gut nachvollziehen, Bundi, und ich möchte sie Dir mit den nachfolgenden Worten nicht absprechen, da sie ja Folge des konzertierten Verfassungsbruchs ist, von dem Ulrich Battis begründet spricht, der in der aktuellen Form seit mindestens rund drei Jahren so, wie er sich heute darstellt, wirkt, und der also nun dazu führt, dass Alexia Tepke und Andreas Becker gleichfalls begründet davon ausgehen, dass heute keine Beamter mehr rechtssicher sagen könne, ob er noch amtsangemessen alimentiert werden würde. In einem Rechtsstaat ist es empörend, dass so mit dem Individualrecht amtsangemessener Alimentation umgegangen wird - und zwar nicht nur für den einzelnen Beamten selbst, dem entsprechend sein Recht vorenthalten wird, sondern auch für das Gemeinwesen als Ganzes, für das es nicht ohne Folge bleiben kann, dass die öffentliche Verwaltung hinsichtlich ihres Einkommens in weiten Teilen oder als Ganze faktisch rechtlos gestellt wird.

Dennoch gehe ich eher davon aus, dass Karlsruhe nicht die von Dir anvisierten Folgerungen zieht: Denn letztlich kann es rechtsstaatlich nicht sein, dass das konzertierte Handeln der Dienstherrn mitsamt der Beschädigung des Rechts dazu führt, das öffentliche Dienstrecht nun auch von judikativer Seite abzubauen. Vielmehr wird sich Karlsruhe veranlasst sehen müssen, das öffentliche Dienstrecht im Rahmen seiner gesetzlichen Ausformung wieder zu stärken, um so dem einzelnen Bediensteten zu seinem Recht im Sinne des effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG zu verhelfen.

Dabei bleibt unter anderem weiterhin handlungsleitend, dass der Beamte aus seiner Bindung an das geltende Recht nicht nur die Pflicht zur Remonstration gegen ihm gegebene Anweisungen hat, sofern er sich sicher ist, dass diese Anweisung gegen geltendes Recht verstößt, sondern dass er bereits schon dann zu remonstrieren hat, wenn er sich unsicher ist, ob die Anweisung mit geltendem Recht in Einklang steht. Damit wird der Vorgesetzten, der sich nicht minder qua Amt und Eid an das geltende Recht gebunden sieht und so übergeordnet die staatliche Gewalt in der Bundesrepublik zur Wahrung der demokratischen Ordnung in die Pflicht genommen, die Anweisung zu prüfen. Dazu sind beide in ihren Dienstgeschäften verpflichtet.

Als weitgehend nichts anderes stellt sich nun der Widerspruch gegen die dem Beamten gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze dar, den er aus vor allem haushaltsrechtlichen Gründen regelmäßig zeitnah zu führen hat: Der Beamte hat nicht nur dann Widerspruch gegen die ihm gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze zu führen, wenn er sich sicher ist, dass er nicht amtsangemessen alimentiert wird, sondern auch schon dann, wenn er sich unsicher ist, ob er amtsangemessen alimentiert wird; es ist so verstanden beamtenrechtlich unerheblich, ob er sich nicht mehr in der Lage sieht, die Höhe der ihm gewährten Alimentation selbst als amtsangemessen betrachten zu können oder nicht (unabhängig davon, dass es rechtsstaatlich zumindest im höchsten Maße irrtierend sein sollte, dass dem so sei). Denn mit seinem Widerspruch gibt er der öffentlichen Verwaltung die von jener dann zwingend durchzuführende Möglichkeit, festzustellen, ob sie sich mit der Alimentierung des jeweiligen Bediensteten im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung bewegt oder nicht, kommt also im Zuge dessen ihrer rechtsstaatlichen Pflicht nach.

Daran wird sich allein schon deshalb nichts ändern - denke ich -, weil das Haushaltsrecht sich aus anderen Rechtsquellen speist als das Beamtenrecht und sich dieses Beamtenrecht wiederum hinsichtlich von Verwaltungsakten kaum anders darstellen kann als das Verwaltungsrecht insgesamt, soll heißen, der Beamte kann verwaltungsrechtlich offensichtlich kaum besser gestellt werden als die anderen Normunterworfenen, ohne privilegiert zu werden - und zwar unabhängig davon, ob nun der Dienstherr in Gestalt des Gesetzgebers regelmäßig im Besoldungsrecht die Verfassung bricht oder nicht; denn verfassungsrechtlich kann ein solcher Bruch nur die nicht vorgesehene Ausnahme von der Regel sein.

Genau deshalb bahnt sich nun allerdings in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein fundamentaler Rechtsprechungswandel an, wenn es im Urteil vom 21. März 2024 - 5 C 5.22 -, https://www.bverwg.de/de/210324U5C5.22.0, Rn. 14 ausführt (Hervorhebung durch ST.), dass angesichts erfolgreicher Klagen von Beamten auf Feststellung mangelnder Amtsangemessenheit ihrer Alimentation nicht mehr selbstverständlich davon ausgegangen werden könne, die Alimentation übersteige regelmäßig das nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 5 GG gebotene Besoldungsniveau.

Denn damit wird ein möglicher Zustand angezeigt, der im Besoldungsrecht alsbald ggf. als ein verfassungsrechtlicher Ausnahmezustand interpretiert werden könnte - und das nun dürften dann juristisch nicht ohne Folgen bleiben können. Entsprechend finden wir zurzeit noch einen Dissens zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesverfassungsgericht, das bislang regelmäßig ausgeführt:

"Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf" (vgl. nur in der aktuellen Entscheidung die Rn. 47; Hervorhebungen durch ST.)

Es wird interessant werden, ob Karlsruhe in Anbetracht von heute 64 Vorlagen aus zwölf Bundesländern nun weiterhin davon ausgeht, dass es an gegenteiligen Anhaltspunkt mangle, die also hinreichend darauf hindeuteten - denn genau das tun offensichtlich Anhaltspunkte -, dass die verfassungsrechtlich zu erwartende Regelhaftigkeit heute nicht mehr hinreichend gegeben sei. Kommt Karlsruhe nun nicht zu diesem Schluss, schließt sich also der sich nun abzeichnenden Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts an, dürfte das dann nicht ohne Folgen für seine Rechtsprechung bleiben können - und ließe der Senat den sich abzeichnenden Dissens zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehen, dürften wir damit rechnen, dass Leipzig seine Sicht auf die Dinge zukünftig weiter ausführen würde, um sie so zu begründen. Der Dissens dürfte sich dann also sukzessive vergrößern, wobei wir dann davon ausgehen können dürften - denke ich -, dass hier das Bundesverwaltungsgericht mit jeder weiteren hinzukommenden Vorlage die schlagenderen Argumente auf seiner Seite haben dürfte: Das Bundesverfassungsgericht müsste sich dann also mindestens dazu aufgefordert sehen, zukünftig schnellere Entscheidungen zu treffen, um die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zu entkräften - auch hier sehen wir folglich im Dissens den effektiven Rechtsschutz walten, der jedoch als Mühle der Justiz langsam mahlt.

Ergo: Auch (und gerade hier) liegt ein interessantes Feld vor uns, nach dem man in der schriftlichen Begründung der angekündigten Entscheidung fahnden kann (und sollte), wenn sie denn dann vorliegt.