Diese Frage lässt sich tatsächlich nicht hinreichend beantworten, Reisinger. Halten wir erst einmal fest, was sich beantworten lässt:
1. Zu Niedersachsen sind zunächst einmal die Verfahren 2 BvL 9/17 bis 11/17 als Vorlagebeschlüsse des OVG Niedersachsen, die Besoldungsgruppen A 8, A 11 und A 13 im Jahr 2013 betreffend, anhängig.
2. Ebenso ist das Verfahren 2 BvL 10/18 als Vorlagebeschluss des VG Osnabrück, die Besoldungsgruppe R 1 in den Jahren 2009 bis 2013 sowie 2016 betreffend, anhängig.
3. Darüber hinaus ist das weitere Verfahren 2 BvL 5/19 als Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts, die Besoldungsgruppen A 8 und A 11 in den Jahren 2005 bis 2012 sowie A 9 und A 12 2014 bis 2016 betreffend, anhängig.
4. Insbesondere das Bundesverwaltungsgericht hat in dem unter Nr. 3 genannten Vorlagebeschluss vom 30.10.2018 - 2 C 32.17 -,
https://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/301018B2C32.17.0.pdf, Rn. 80 ff. umfangreiche Bemessungen zur Betrachtung des Mindestabstandsgebots vollzogen, die sich allerdings inbesondere hinsichtlich der Kosten der Unterkunft im Gefolge der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als nicht realitätsgerecht erwiesen haben, also offensichtlich zu gering ausfallen. Der jährliche Fehlbetrag zwischen der Mindest- und gewährten Nettoalimentation stellte sich dem Bundesverwaltungsgericht in der Rn. 121 wie folgt dar:
2005 3.724,- €
2006 3.968,- €
2007 3.466,- €
2008 3.518,- €
2009 4.077,- €
2010 3.662,- €
2011 3.703,- €
2012 3.509,- €
2013 3.498,- €
2014 3.617,- €
2015 3.184,- €
2016 5.314,- €
5. In der DÖV ist 2022 eine realitätsgerechtere Bemessung auf Grundlage der entsprechenden bundesverfassungsgerichtlichen Direktiven erfolgt, die allerdings hinsichtlich der Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie des monetären Gegenwerts der Sozialtarife zu gering ausfällt. Die jährlichen Fehlbeträge stellen sich hier für den streitgegenständlichen Zeitraum wie folgt dar (S. 206):
2008 8.031,- €
2010 5.248,- €
2015 6.898,- €
2016 6.623,- €
6. In den streitgegenständlichen Jahren muss also von erheblichen Fehlbeträgen in der Betrachtung des Mindestabstandsgebots auszugehen sein.
7. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Vorlagebeschluss den ersten Parameter (Vergleich der Besoldung mit den Tarifentgelten im öffentlichen Dienst) in den Jahren 2005 bis 2014 mit Werten zwischen 7,5 und 8,66 sehr deutlich und den dritten Parameter (Vergleich der Besoldung mit der Verbraucherpreisentwicklung) zwischen 2006 und 2014 mit Werten zwischen 6,52 und 12,76 deutlich bis sehr deutlich die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation indizierend für die Besoldungsgruppen A 8, A 9, A 11 und A 12 betrachtet (vgl. die Rn. 68).
8. Sofern das Bundesverfassungsgericht nun der Vorlage hinsichtlich der Nr. 7 folgt und hinsichtlich der Nr. 5 zu ähnlichen Beträgen kommt, sollte es in der Gesamtabwägung mit den Parametern der zweiten Prüfungsstufe die Verfassungswidrigkeit der Norm feststellen und den Besoldungsgesetzgeber verpflichten, hinsichtlich der genannten Besoldungsgruppen für den streitgegenständlichen Zeitraum für eine amtsangemessene Alimentation zu sorgen und also sachgerechte Nachzahlungen in einem Reparaturgesetz für die jeweils betroffenen Beamten zu gewähren.
9. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich der niedersächsische Landtag dann verfassungsrechtlich gezwungen sehen sollte, auch den weiteren nach der Besoldungsordnung A besoldeten Beamten entsprechende Nachzahlungen zu gewähren, diese also ebenfalls in dem Reparaturgesetz zu regeln.
10. Dabei sieht sich der niedersächsische Landtag dann in der Pflicht, die Höhe der Nachzahlung in den jeweiligen Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen sachgerecht zu begründen, sie also entsprechend zunächst einmal zu ermitteln. Hierbei verfügt er weiterhin über einen weiten Entscheidungsspielraum, sodass er bspw. Jahr für Jahr einen einheitlichen prozentualen Erhöhungswert ermitteln oder eben Jahr für Jahr für jede einzelne Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe entsprechende Nachzahlungsbeträge konkretisieren kann.
11. Da er dabei weiterhin die Grenze zur Unteralimentation für den verheirateten Musterbeamten mit zwei Kindern zu beachten hat, sollte man davon ausgehen, dass sich die Nachzahlungen in den unteren Besoldungsgruppen am Ende ggf. höher darstellen (lassen) als in den höheren - da wir aber diesbezüglich bislang keine bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung vorliegen haben, bleibt diese These nur eine Vermutung.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich kann hier nur die Rahmung darstellen. Wohin am Ende die Reise gehen wird, ist komplex. Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat bspw. auf Grundlage der aktuellen Entscheidung folgende Nachzahlungsregelungen getroffen:
Erhöhung der Grundgehälter und Amtszulage in der Besoldungsgruppe R 1 bis R 3:
R 1 R 2 R 3
2009 um 1,70 % 1,82 %
2010 um 3,38 % 3,47 %
2011 um 6,82 % 6,94 %
2012 um 6,72 % 6,84 %
2013 um 7,45 % 7,57 %
2014 um 7,24 % 7,36 %
2015 um 4,73 % 4,85 % 5,24 %
(vgl. § 2 RBes2009/15RepG BE v. 23.06.2021 (GVBl. 2021 S. 678) unter:
https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-RBes2009_15RepGBEpP2; vgl. auch die Gesetzesbegründung unter:
https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-3745.pdf)
Hier war als Besonderheit zu beachten, dass sich die Parameterwerte der ersten Prüfungsstufe - anders als bislang in Niedersachsen - unterschieden und für die höheren Besoldungsgruppen eine jeweils höhere Unteralimentation indiziert hatten (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 155 ff.;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html).
Der Landesverband des DRB hat die Nachzahlungsregelung scharf kritisiert und als nicht ausreichend betrachtet, vgl. nur:
https://www.drb-berlin.de/themen-und-positionen/besoldung-und-beihilfe/aktuelles/aktuelles/1669.
So in etwa lässt sich heute die Sachlage zusammenfassen, aus der man nun Schlüsse für Niedersachsen ziehen kann, ohne diese allerdings - denke ich - im Sinne Deiner Frage hinreichend konkretisieren zu können.