Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 6269067 times)

HochlebederVorgang

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15870 am: 08.12.2024 07:45 »
@ Swen

Ich werde weitere Gedankenanstöße liefern. Es tun sich immer wieder neue Punkte auf. Ein Zeichen dafür, dass die Besoldungssystematik eigentlich keine mehr ist. Es gibt dort viel zu tun, und damit meine ich nicht die Ausgestaltung der Mindestalimentation.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15871 am: 08.12.2024 09:17 »
(was ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, da die Kläger das nicht substantiiert haben)
Das hat Swen in seinem letzten Beitrag geschrieben.
Könnten wir einmal stichpunktartig zusammentragen, was derzeit alles in einer Klage substantiiert werden sollte. oder vielleicht gibt es so etwas schon.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15872 am: 08.12.2024 14:12 »
Es ist zunächst einmal einfach das dreistufige bundesverfassungsgerichtliche "Pflichtenheft" abzuarbeiten, wie es seit 2015 vorliegt und seitdem vom Senat weiter konkretisiert worden ist, lotsch, wobei dabei in unseren Fällen ggf. die lange Verfahrensdauer zu betrachten wäre, was aber bislang m.W. noch kein Verwaltungsgericht in Betracht gezogen hat. Deshalb gilt es, wie ich das kurz angerissen habe, diese mit ihren Folgen zu betrachten, sofern das eine Rolle spielen sollte und also genau diese Folgen zu substantiieren.

Darüber hinaus muss weiterhin betrachtet werden, ob mit den jeweils angegriffenen gesetzlichen Regelungen Verletzungen weiterer Verfassungsnormen einhergehen, also insbesondere hinsichtlich von Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 33 Abs. 5 GG, jeweils ggf. im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG, also ob evidente Verletzungen des Leistungsgrundsatzes, des Alimentationsprinzips oder des allgemeinen Gleichheitssatzes begründet werden können. Hinsichtlich der "Herdprämien" einführenden Normen dürfte ebenso zu prüfen bzw. begründen sein, ob bzw. dass evidente Verletzungen von Art. 3 Abs. 2 GG und ggf. auch von Art. 6 Abs. 1 GG sowie Art. 6 Abs. 4 GG gegeben sind.

Ein allgemeiner "Fahrplan" über das "Pflichtenheft" hinaus lässt sich dabei nicht festlegen; vielmehr gilt es die jeweilige bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu den genannten Verfassungsnormen hinreichend zu betrachten und dann eben deren jeweilige evidente Verletzung sachgerecht zu begründen.

In für die jeweilige Stellungnahme notwendigen Teilen ist das bspw. hier vorgenommen worden, wobei zu beachten bleibt, dass es sich jeweils um eine Stellungnahme in einem Gesetzgebungsverfahren handelt und nicht um die Begründung einer Klage (für diese werden hier also ggf. nur Vorarbeiten getätigt, die aber zunächst einmal im Kontext des Gesetzgebungsverfahrens erfolgt sind):

https://bdr-hamburg.de/wp-content/uploads/Gutachterliche-Stellungnahme-Besoldungsstrukturgesetz-Drs.-22-1272.pdf

https://bdr-hamburg.de/wp-content/uploads/Gutachterliche-Stellungnahme-Besoldungsstrukturgesetz-Drs.-22-1272.pdf

Letztlich gilt es, die Begründung möglichst zu konkretisieren, und zwar nach Möglichkeit an der dafür beachtlichen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Je konkreter sie ausfällt - das kann man als Faustregel festhalten -, desto wahrscheinlicher dürfte es sein, dass sie in der gerichtlichen Prüfung und Kontrolle heranzuziehen ist.

Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung führt das Bundesverfassungsgericht bspw. hier aus:

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2010/01/rk20100105_1bvr298306.html

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/11/rk20161117_1bvr247212.html

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/10/rk20171002_1bvr157417.html

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2024/07/rk20240723_2bvr055719.html?nn=68080

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15873 am: 08.12.2024 14:54 »
@Swen, vielen Dank, dass du gestern noch mal schön den Unterschied zwischen (a) einer unmittelbar verfassungswidrigen Unteralimentation aufgrund einer unmittelbaren Verletzung des Mindestabstandsgebots sowie (b) einer mittelbar verfassungswidrigen Besoldung aufgrund der Verletzung weiterer Bedingungen erläutert hast.

Bisher haben sich sowohl die Besoldungsgesetzgeber als auch die über das Thema berichtenden Medien quasi ausschließlich auf Punkt (a) konzentriert, also die Tatsache, dass eine vierköpfige Beamtenfamilie mindestens 15% mehr als eine vierköpfige Bürgergeldfamilie bekommen muss.

Und klar, wenn man möglichst "billig" die Verletzung des Mindestabstandsgebots heilen möchte, kommt man eben auf solche abstrusen Ideen wie den AEZ, der durch die Mietstufen-Differenzierung und die Abschmelzung in höheren Besoldungsgruppen quasi das alleinige Ziel hat, jede Beamtenfamilie (egal wo sie wohnt und welches Amt bekleidet wird) gerade so über die 115%-Grenze zu hieven, aber keinen Millimeter höher. Dass der aktuelle Bundes-Entwurf selbst dieses Minimalziel noch meilenweit verfehlt, macht natürlich umso sprachloser.


Aus meiner Sicht ist Punkt (b) aber mindestens genauso relevant und wichtig. Natürlich verletzt ein A16-, B- oder R-Besoldeter (zumindest noch ;-) nicht unmittelbar das Mindestabstandsgebot zur Grundsicherung. Trotzdem ist in meinen Augen auch hier die Besoldung nahezu überall mittelbar verfassungswidrig, wie ja ausführlichst in diesem und anderen Threads diskutiert.

Somit bin ich sehr gespannt, ob das BVerfG auch zu Punkt (b) demnächst etwas mehr "Guidance" bereitstellen wird, nachdem es vor einigen Jahren Punkt (a) konkretisiert und "quantifiziert" hat..

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15874 am: 08.12.2024 15:31 »
An einer Stelle muss ich Dich formell korrigieren, BVerfGBeliever, wenn ich Dir in den anderen Punkten allerdings Recht gebe: Es gibt keine "mittelbar verfassungswidrige Besoldung", sondern der Fall a) führt wegen der Verletzung des hergebrachten Grundsatzes des Mindestabstandsgebots materiell-rechtlich für die von der Verletzung unmittelbar betroffenen Besoldungsgruppen zur Verfassungswidrigkeit der Norm. Sie sind also in jedem Fall in nicht amtsangemessener Weise unteralimentiert. Dahingegen - hier die Korrektur - ist die unmittelbare Verletzung des Mindestabstandsgebots in den unter(st)en Besoldungsgruppen für die höheren Besoldungsgruppen, die nicht unmittelbar die Mindestalimentation unterschreiten, nur ein Indiz, das mit der Schwere der Verletzung in die Betrachtung der fünf Parameter der ersten Prüfungsstufe im Zuge der Gesamtbetrachtung und Gesamtabwägung in das Prüferverfahren einzustellen ist.

Entsprechend finden wir die von mir regelmäßig betonte "Zwitterfunktion" der Mindestalimentation: Materiell-rechtlich bedeutet die Unterschreitung der Mindestalimentation eine Verletzung des Alimentationsprinzips für die davon unmittelbar betroffenen Besoldungsgruppen, die für sie zwangsläufig zur Verfassungswidrigkeit der davon unmittelbar betroffenen Alimentation führt; indiziell muss die Verletzung des Mindestabstandsgebots für die davon nicht unmittelbar betroffenen Besoldungsgruppen mit der Schwere der Verletzung in das weitere Prüfverfahren eingestellt werden. Entsprechend führt das Bundesverfassungsgericht in den Rn.48 f.  der aktuellen Entscheidung aus (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html; Hervorhebungen durch mich):

"Wird bei der zur Prüfung gestellten Besoldungsgruppe der Mindestabstand zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht eingehalten, liegt allein hierin eine Verletzung des Alimentationsprinzips. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation einer höheren Besoldungsgruppe, bei der das Mindestabstandsgebot selbst gewahrt ist, lässt sich eine solche Schlussfolgerung nicht ohne Weiteres ziehen. Eine Verletzung des Mindestabstandsgebots betrifft aber insofern das gesamte Besoldungsgefüge, als sich der vom Besoldungsgesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist. Das für das Verhältnis zwischen den Besoldungsgruppen geltende Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber dazu, bei der Ausgestaltung der Besoldung ein Gesamtkonzept zu verfolgen, das die Besoldungsgruppen und Besoldungsordnungen zueinander in Verhältnis setzt und abhängig voneinander aufbaut. Erweist sich die Grundlage dieses Gesamtkonzepts als verfassungswidrig, weil für die unterste(n) Besoldungsgruppe(n) die Anforderungen des Mindestabstandsgebots missachtet wurden, wird der Ausgangspunkt für die darauf aufbauende Stufung in Frage gestellt. Der Besoldungsgesetzgeber ist danach gehalten, eine neue konsistente Besoldungssystematik mit einem anderen Ausgangspunkt zu bestimmen.

Allerdings hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, wie er bei der Festsetzung der Bezüge den Anforderungen des Gebotes eines Mindestabstands zum Grundsicherungsniveau Rechnung trägt. Neben der Anhebung der Grundgehaltssätze und Veränderungen im Beihilferecht kommt insbesondere auch eine Anhebung des Familienzuschlags in Betracht (vgl. BVerfGE 140, 240 <287 Rn. 94>). Ob eine zur Behebung eines Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot erforderliche Neustrukturierung des Besoldungsgefüges zu einer Erhöhung der Grundgehaltssätze einer höheren Besoldungsgruppe führt, lässt sich daher nicht mit der für die Annahme eines Verfassungsverstoßes erforderlichen Gewissheit feststellen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist umso größer, je näher die zur Prüfung gestellte Besoldungsgruppe selbst an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt. Je deutlicher der Verstoß ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter dem Mindestabstandsgebot zurückbleiben, desto eher ist damit zu rechnen, dass es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen muss, um die gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen wahren zu können. Die Verletzung des Mindestabstandsgebots bei einer niedrigeren Besoldungsgruppe ist daher (nur) ein Indiz für die unzureichende Ausgestaltung der höheren Besoldungsgruppe, das mit dem ihm nach den Umständen des Falles zukommenden Gewicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist."

Genau deshalb ist - der Senat spricht in der Hervorhebung von der Mindestbesoldung und nicht von der Mindestalimentation, führt hier also den indiziellen Teil der "Zwitterfunktion" ins Feld - das indizielle Mittel des Grundgehaltsäquivalents entwickelt worden, das also den jeweiligen Verletzungsgrad einer Besoldungsordnung bestimmt, sodass er dann mit der ihm zukommenden Schwere in den am Ende vom Gesetzgeber bzw. Gericht durchzuführenden Abwägungsprozess eingestellt werden kann (vgl. die ZBR-Beiträge aus den Jahren 2022 und 2023: www.zbr-online.de/click_buy/2022/schwan.pdf und www.zbr-online.de/click_buy/2023/schwan.pdf).

Wenn sich nun bspw. 30 bis 60 oder mehr % der Tabellenfelder einer Besoldungsordnung A als indiziell unmittelbar verletzt zeigen, dürfte es m.E. sachlich - also auf Basis des Zitats - nicht mehr gerechtfertigt werden können, nicht signifikant die Grundgehaltssätze, sondern vor allem familienbezogene Besoldungskomponenten extensiv anzuheben. Genau das wird in den beiden genannten ZBR-Beiträgen begründet.

Entsprechend wäre es m.E. begrüßenswert, wenn der Senat in der aktuellen oder einer späteren Entscheidung genau solche methodische Verfahren, wie sie in den beiden Beiträgen entwickelt werden, in das Prüf- bzw. Kontrollverfahren aufnehmen würden. Denn dann hätte wir die m.E. notwendige Verbindung von an Indizien angelehnter Prüfung und Kontrolle mit den prozeduralen Anforderungen, die den Besoldungsgesetzgeber in Form von Begründungspflichten treffen. Er sähe sich dann also gezwungen, anhand des konkretisierten Verletzungsgrads einer Besoldungssystematik sachgerechte Entscheidungen zu fällen und diese dann hinreichend zu begründen.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15875 am: 09.12.2024 09:23 »
Dennoch, so denke ich, lässt sich aus Deinen Ausführungen auch nicht entnehmen, dass eine auch stärkere Anhebung der familienbezogenen Anteile generell ausgeschlossen ist.

Vielmehr stellt sich mir, und wie ich denke auch vielen anderen im Forum, die Frage, ab wann eine zu exzessive und somit verfassungswidrige Anhebung der familienbezogenen Bestandteile vorliegt und was gerade noch so verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden wäre.

Und auch wenn man bisher hier keine konkrete Zahl oder Prozentzahl benennen kann, so wird auch dieses Verhältnis zur Grundbesoldung oder die Höhe der noch gerade irgendwie zu rechtfertigenden Familienzuschläge irgendwann vom BVerfG konkretisiert werden müssen, um zu vermeiden, dass der Gesetzgeber sich durch diese exzessiven Familienzuschläge um die verfassungsrechtlich gebotene Anhebung der Grundbesoldung weiter drücken kann.

Und an dieser Stelle, so denke ich, wird es ähnlich wie bei der Mindestbesoldung irgendwann einen wie auch immer gearteten Bezug zum sozialen Existenzminimum geben müssen, weil nach meinem Verständnis dort die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen anzusehenden Beträge zu finden sind, auch wenn ich an dieser Stelle gegenüber den Vertretern der Düsseldorfer Tabelle eine Mindermeinung vertrete.  :D

Für mich scheint das jedenfalls noch eine offene Rechtsfrage zu sein, deren Beantwortung alleine in der Verantwortung des BVerfG zu sein scheint und wir einfach warten müssen, bis es von dort eine belastbare Antwort geben wird.

HochlebederVorgang

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15876 am: 09.12.2024 09:53 »
Wenn man - wie das BVerfG es ausdrücklich tut - der Besoldung eine qualitätssichernde Funktion zuspricht, verbietet sich ein ausufernder Familienzuschlag bereits systematisch.

https://www.azur-online.de/gehalt/einstiegsgehaelter/

Ich habe keine Spalte für Boni abhängig vom Familienstand gefunden.


Yasper

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15877 am: 09.12.2024 10:11 »
Wenn man - wie das BVerfG es ausdrücklich tut - der Besoldung eine qualitätssichernde Funktion zuspricht, verbietet sich ein ausufernder Familienzuschlag bereits systematisch.

https://www.azur-online.de/gehalt/einstiegsgehaelter/

Ich habe keine Spalte für Boni abhängig vom Familienstand gefunden.

Natürlich gibt es in der freien Wirtschaft für Juristen keine Boni, die abhängig vom Familienstand sind, da die Gehälter ausreichend hoch sind um Personal dieser Art einzustellen.

Man muss allerdings auch bedenken, dass die Kanzleien hierfür meistens auch ein Doppelprädikat erwarten und 80 % der Juristen hierfür nicht in Frage kommen. Daher halte ich ein derartiges Argument für nicht stichhaltig.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15878 am: 09.12.2024 10:25 »
Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Mindestabstandsgebot als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums verfassungsrechtlich festgelegt, dass der 15 %ige Abstand zum Grundsicherungsniveau die Grenze zur Unteralimentation darstellt und diese anhand der Mindestalimentation indiziert - dabei sollte man sich klar machen, dass die Mindestalimentation zuvörderst ein Parameter innerhalb des dreistufigen "Pflichtenheft" ist und eigentlich auch nicht mehr, da wir ja verfassungsrechtlich weiterhin nach Art. 20 Abs. 3 GG davon ausgehen müssen, dass der Gesetzgeber regelmäßig eine amtsangemessene Alimentation gesetzliche regelt, sodass die gewährte Alimentation in allen Fällen regelmäßig das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß einer amtsangemessenen Alimentation übersteigt und so im Einklang mit dem Alimentationsprinzip nach Art. 33 Abs. 5 GG steht.

Das ist die verfassungsrechtliche Ausgangslage, die allenthalben gerne vergessen wird, weil sie - wie nun ebenfalls das Bundesverwaltungsgericht in seiner aktuellen Rechtsprechung als Rechtsprechungswandel feststellt - nicht mehr regelmäßig vorausgesetzt werden kann. Nichtsdestotrotz bleibt sie die zugrunde gelegte verfassungstheoretische Ausgangslage, weshalb das Bundesverfassungsgericht u.a. nicht davon wird abweichen können, dass der gerichtliche Kontrollauftrag sich ausnahmslos darauf beschränkt, eine evident sachwidrige von einer (ggf. gerade noch eben) als sachgerecht zu betrachtenden Alimentation zu unterscheiden, nicht aber zu prüfen, ob der Gesetzgeber dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Denn eine solche Prüfung bleibt in unserer Verfassungsordnung der legislativen in ihrem Spannungsfeld zur exekutiven Gewalt vorbehalten, ist also keine juristische, sondern eine politsiche Frage. Entsprechend der Gewaltenteilung wird das Bundesverfassungsgericht also von dem je eigenen Verfassungauftrag, der sich den Gewalten stellt, nicht abweichen können, da es damit seine Kompetenz überschreiten müsste - Ausnahme bleibt als Ultima Ratio die Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG, die aber eben nur einen letzten Sonderfall regelt und damit nicht als regelmäßiger verfassungsmäßiger Gang im Verhältnis der drei Gewalten betrachtet werden kann.

So verstanden kommt die "Zwitterfunktion" der Mindestalimentation nur deshalb zustande, weil seit geraumer Zeit ein verfassungsrechtlich nicht vorgesehener Ausnahmezustand im Besoldungsrecht zu verzeichnen ist, erhält also die Mindestalimentation als eigentlich indizieller Parameter innerhalb des gerichtlichen Kontrollverfahrens mittlerweile regelmäßig eine in der Praxis weitgehend auch materiell-rechtliche Bedeutung, die sie aber verfassungsrechtlich regelmäßig an sich gar nicht haben kann, da ja davon auszugehen ist, dass auch der Besoldungsgesetzgeber sich regelmäßig im Rahmen unserer verfassungsmäßigen Ordnung bewegt.

Der langen Rede kurzer Sinn: Die Hoffnung, die hier viele haben, dass das Bundesverfassungsgericht am Ende eine Art "mathematisiertes" Besoldungsgesetzgebungsverfahren wird fördern werden, ist trügerisch und wird sich nicht erfüllen. Denn dazu hat das Bundesverfassungsgericht regelmäßig das verfassungsrechtlich Notwendige gesagt und es in der aktuellen Entscheidung in der Rn. 30 ein für allemal klipp und klar festgehalten: "Die Parameter sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen." (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html)

Es ist folglich nicht die Aufgabe des Bundesverfassungegerichts, das so eng zu tun, was Du Dir erhoffst, Rentenonkel, und es wäre zugleich ggf. bereits eine verfassungsrechtliche Übergriffigkeit, so zu verfahren. Denn das Bundesverfassungsgericht hat verfassungsrechtlich nicht die Aufgabe, zu einer Art "Ersatzbesoldungsgesetzgeber" zu werden und kann also eine solche Funktion innerhalb des ihm zugewiesenen Kompetenzrahmens nicht ausfüllen, ohne damit seinen Auftrag als Hüter der Verfassung zu verletzen, also eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle zu vollziehen.

Die Besoldungsgesetzgeber allein werden am Ende wieder zu einer verfassungsrechtlich sachgerechten Besoldung und Alimentation als Regelfall zurückkehren müssen und damit zeigen, dass sie auch im Besoldungsrecht auf dem Boden der Verfassung stehen; diesen verfassungsrechtlichen Auftrag kann ihnen keiner abnehmen. Das Bundesverfassungsgericht kann hingegen nur auf Basis der überkommenen Besoldungsdogmatik, die seit 2012 durch den damals eingeleiteten (und seit Mitte der 2000er Jahre vorbereiteten) Rechtsprechungswandel eine umfassende Erweiterung erfahren hat, "nur" seinen Kontrollauftrag nachkommen, was es tun wird und tun muss, da zurzeit 64 anhängige Normenkontrollverfahren aus zwölf Bundesländern anhängig sind und davon auszugehen ist, dass in der nächsten Zeit beständig weitere hinzukommen werden.

Innerhalb dieses Rahmens heißt also Rückkehr in den Rahmen der Verfassung für den Besoldungsgesetzgeber: sachgerecht seine Entscheidungen zu begründen - das aber ist kein mathematisches Verfahren, sondern eine prozdurale Anforderung. Die exorbitanten familienbezogenen neuen Besoldungskomponenten lassen sich dabei weder vor dem Alimentationsprinzip noch vor dem Leistungsgrundsatz rechtfertigen, wie das der im nächsten Heft der ZBR erscheinende Beitrag - ich hoffe - zur Genüge zeigen sollte.

Es bedarf dafür also keine Erweiterung der heute vorliegenden bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Besoldungsrecht. Denn anhand dieser lässt sich m.E. zweifelsfrei der evident sachwidrige Gehalt der heute in allen 17 Rechtskreisen gewährten Besoldung und Alimentation nachweisen. Wir haben also kein Problem nicht hinreichender Rechtsprechung, sondern ein Problem der Umsetzung dieser Rechtsprechung. Dieses Problem kann aber am Ende nicht Karlsruhe aus der Welt schaffen, sondern können nur die 17 Besoldungsgesetzgeber lösen, indem sie das tun, wofür sie in unserer Rechtsordnung gewählt werden: die verfassungsmäßige Ordnung zu garantieren und damit den Rechtsstaat zu erhalten, was bedeutet, die Besoldungsgesetzgebung im Rahmen des heute ausformulierten Verfassungsrechts sachgerecht zu vollziehen oder eben die verfassungsrechtliche Rechtsordnung im Rahmen der ihnen gegebenen Kompetenzen so zu ändern, dass dann ebenfalls wieder eine amtsangemessene Alimentation gewährt wird, was letztlich auf dasselbe hinausläuft, nämlich auf die Anwendung der ihnen gegebenen Gesetzgebungskompetenz, sei es mit einfacher oder mit qualifizierter Mehrheit.

HochlebederVorgang

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15879 am: 09.12.2024 10:39 »
Wenn man - wie das BVerfG es ausdrücklich tut - der Besoldung eine qualitätssichernde Funktion zuspricht, verbietet sich ein ausufernder Familienzuschlag bereits systematisch.

https://www.azur-online.de/gehalt/einstiegsgehaelter/

Ich habe keine Spalte für Boni abhängig vom Familienstand gefunden.

Natürlich gibt es in der freien Wirtschaft für Juristen keine Boni, die abhängig vom Familienstand sind, da die Gehälter ausreichend hoch sind um Personal dieser Art einzustellen.

Man muss allerdings auch bedenken, dass die Kanzleien hierfür meistens auch ein Doppelprädikat erwarten und 80 % der Juristen hierfür nicht in Frage kommen. Daher halte ich ein derartiges Argument für nicht stichhaltig.

Unabhängig davon, dass auch viele im ÖD/Justiz es fest erwarten und es auch einige haben: Nein!

Dies rührt allein schon daher, dass der Anteil der Juristen, die pro Jahr ein Doppelprädikat erzielen, sich im allenfalls mittleren dreistelligen Bereich befindet. Daraus bedienen sich Kanzleien, Unternehmen, ÖD, Justiz etc.. Man kann auch mit zweimal 8 Punkten ein 6-stelliges Jahresgehalt erzielen. Der Wettbewerb ist schlimmer, als viele es hier denken.

Was man diskutieren kann - und da sind wir bei der Besoldungssystematik an sich - ist, ob man jeden Sachgebietsleiter/Referenten/etc.-Posten überqualifiziert mit Juristen besetzen muss.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15880 am: 09.12.2024 11:56 »
Das BVerfG hat in seiner Rechtsprechung Parameter aufgestellt, die eine verfassungswidrige Alimentation indizieren.

Diese Parameter haben zumindest Orientierungscharakter. Einen solchen würde ich mir zumindest bei der Frage des Verhältnisses von leistungslosen Komponenten wünschen, um eine bessere Orientierung zu erhalten.

Meine Befürchtung ist folgende: Solange hier keine objektiven Parametern aufgestellt wird, die eine Verfassungswidrigkeit indizieren können, wird der Besoldungsgesetzgeber die familienbezogenen Bestandteile nach der Salami Taktik solange reduzieren, bis das BVerfG es nicht mehr rügt.

Ein solche, absolute Grenze dürfte in meinen Augen, so wie Du es bereits erwähnt hast, die Höhe des normierten Bedarfes sein. Mehr als den Bedarf, so denke ich auch, darf durch leistungslose Komponenten in keinem Fall gedeckt werden. So verstanden würde demnach ein Familienzuschlag, der höher als der Bedarf des Kindes wäre, in jedem Fall materiell rechtlich zur Verfassungswidrigkeit des Zuschlages (also ähnlich wie bei dem Mindestabstandsgebot) führen.

Aber auch unter dem Begriff "weit überwiegend" dürfte aus meiner Sicht verstanden werden, dass eben auch der gesamte Bedarf zuviel ist. Hier wäre ein Hinweis, eine Verfassungswidrigkeit des Familienzuschlages ist zumindest indiziert, wenn es bspw mehr als 40 % des Bedarfes deckt, schon aus meiner Sicht mehr als hilfreich. Hierbei kann es natürlich auch zu rechtfertigende Ausnahmen geben, die dann prozedual seitens des Gesetzgebers begründet werden müssten und ebenfalls der gerichtlichen Kontrolle unterliegen würden.

Auch wäre es aus meiner Sicht hilfreich, wenn zur Klarstellung der Hinweis käme, ob sich das BVerfG bei den möglichen Familienzuschläge an den Werten der Düsseldorfer Tabelle oder des SGB II orientiert.

Alles in allem erhoffe ich mir keine exakte oder genaue Zahl, allerdings weitere Prüfparameter, um den Spielraum der Besoldungsgesetzgeber weiter einzuengen, als es bisher der Fall ist.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15881 am: 09.12.2024 12:30 »
Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Mindestabstandsgebot als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums verfassungsrechtlich festgelegt, dass der 15 %ige Abstand zum Grundsicherungsniveau die Grenze zur Unteralimentation darstellt und diese anhand der Mindestalimentation indiziert - dabei sollte man sich klar machen, dass die Mindestalimentation zuvörderst ein Parameter innerhalb des dreistufigen "Pflichtenheft" ist und eigentlich auch nicht mehr, da wir ja verfassungsrechtlich weiterhin nach Art. 20 Abs. 3 GG davon ausgehen müssen, dass der Gesetzgeber regelmäßig eine amtsangemessene Alimentation gesetzliche regelt, sodass die gewährte Alimentation in allen Fällen regelmäßig das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß einer amtsangemessenen Alimentation übersteigt und so im Einklang mit dem Alimentationsprinzip nach Art. 33 Abs. 5 GG steht.

Das ist die verfassungsrechtliche Ausgangslage, die allenthalben gerne vergessen wird, weil sie - wie nun ebenfalls das Bundesverwaltungsgericht in seiner aktuellen Rechtsprechung als Rechtsprechungswandel feststellt - nicht mehr regelmäßig vorausgesetzt werden kann. Nichtsdestotrotz bleibt sie die zugrunde gelegte verfassungstheoretische Ausgangslage, weshalb das Bundesverfassungsgericht u.a. nicht davon wird abweichen können, dass der gerichtliche Kontrollauftrag sich ausnahmslos darauf beschränkt, eine evident sachwidrige von einer (ggf. gerade noch eben) als sachgerecht zu betrachtenden Alimentation zu unterscheiden, nicht aber zu prüfen, ob der Gesetzgeber dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Denn eine solche Prüfung bleibt in unserer Verfassungsordnung der legislativen in ihrem Spannungsfeld zur exekutiven Gewalt vorbehalten, ist also keine juristische, sondern eine politsiche Frage. Entsprechend der Gewaltenteilung wird das Bundesverfassungsgericht also von dem je eigenen Verfassungauftrag, der sich den Gewalten stellt, nicht abweichen können, da es damit seine Kompetenz überschreiten müsste - Ausnahme bleibt als Ultima Ratio die Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG, die aber eben nur einen letzten Sonderfall regelt und damit nicht als regelmäßiger verfassungsmäßiger Gang im Verhältnis der drei Gewalten betrachtet werden kann.

So verstanden kommt die "Zwitterfunktion" der Mindestalimentation nur deshalb zustande, weil seit geraumer Zeit ein verfassungsrechtlich nicht vorgesehener Ausnahmezustand im Besoldungsrecht zu verzeichnen ist, erhält also die Mindestalimentation als eigentlich indizieller Parameter innerhalb des gerichtlichen Kontrollverfahrens mittlerweile regelmäßig eine in der Praxis weitgehend auch materiell-rechtliche Bedeutung, die sie aber verfassungsrechtlich regelmäßig an sich gar nicht haben kann, da ja davon auszugehen ist, dass auch der Besoldungsgesetzgeber sich regelmäßig im Rahmen unserer verfassungsmäßigen Ordnung bewegt.

Der langen Rede kurzer Sinn: Die Hoffnung, die hier viele haben, dass das Bundesverfassungsgericht am Ende eine Art "mathematisiertes" Besoldungsgesetzgebungsverfahren wird fördern werden, ist trügerisch und wird sich nicht erfüllen. Denn dazu hat das Bundesverfassungsgericht regelmäßig das verfassungsrechtlich Notwendige gesagt und es in der aktuellen Entscheidung in der Rn. 30 ein für allemal klipp und klar festgehalten: "Die Parameter sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen." (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html)

Es ist folglich nicht die Aufgabe des Bundesverfassungegerichts, das so eng zu tun, was Du Dir erhoffst, Rentenonkel, und es wäre zugleich ggf. bereits eine verfassungsrechtliche Übergriffigkeit, so zu verfahren. Denn das Bundesverfassungsgericht hat verfassungsrechtlich nicht die Aufgabe, zu einer Art "Ersatzbesoldungsgesetzgeber" zu werden und kann also eine solche Funktion innerhalb des ihm zugewiesenen Kompetenzrahmens nicht ausfüllen, ohne damit seinen Auftrag als Hüter der Verfassung zu verletzen, also eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle zu vollziehen.

Die Besoldungsgesetzgeber allein werden am Ende wieder zu einer verfassungsrechtlich sachgerechten Besoldung und Alimentation als Regelfall zurückkehren müssen und damit zeigen, dass sie auch im Besoldungsrecht auf dem Boden der Verfassung stehen; diesen verfassungsrechtlichen Auftrag kann ihnen keiner abnehmen. Das Bundesverfassungsgericht kann hingegen nur auf Basis der überkommenen Besoldungsdogmatik, die seit 2012 durch den damals eingeleiteten (und seit Mitte der 2000er Jahre vorbereiteten) Rechtsprechungswandel eine umfassende Erweiterung erfahren hat, "nur" seinen Kontrollauftrag nachkommen, was es tun wird und tun muss, da zurzeit 64 anhängige Normenkontrollverfahren aus zwölf Bundesländern anhängig sind und davon auszugehen ist, dass in der nächsten Zeit beständig weitere hinzukommen werden.

Innerhalb dieses Rahmens heißt also Rückkehr in den Rahmen der Verfassung für den Besoldungsgesetzgeber: sachgerecht seine Entscheidungen zu begründen - das aber ist kein mathematisches Verfahren, sondern eine prozdurale Anforderung. Die exorbitanten familienbezogenen neuen Besoldungskomponenten lassen sich dabei weder vor dem Alimentationsprinzip noch vor dem Leistungsgrundsatz rechtfertigen, wie das der im nächsten Heft der ZBR erscheinende Beitrag - ich hoffe - zur Genüge zeigen sollte.

Es bedarf dafür also keine Erweiterung der heute vorliegenden bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Besoldungsrecht. Denn anhand dieser lässt sich m.E. zweifelsfrei der evident sachwidrige Gehalt der heute in allen 17 Rechtskreisen gewährten Besoldung und Alimentation nachweisen. Wir haben also kein Problem nicht hinreichender Rechtsprechung, sondern ein Problem der Umsetzung dieser Rechtsprechung. Dieses Problem kann aber am Ende nicht Karlsruhe aus der Welt schaffen, sondern können nur die 17 Besoldungsgesetzgeber lösen, indem sie das tun, wofür sie in unserer Rechtsordnung gewählt werden: die verfassungsmäßige Ordnung zu garantieren und damit den Rechtsstaat zu erhalten, was bedeutet, die Besoldungsgesetzgebung im Rahmen des heute ausformulierten Verfassungsrechts sachgerecht zu vollziehen oder eben die verfassungsrechtliche Rechtsordnung im Rahmen der ihnen gegebenen Kompetenzen so zu ändern, dass dann ebenfalls wieder eine amtsangemessene Alimentation gewährt wird, was letztlich auf dasselbe hinausläuft, nämlich auf die Anwendung der ihnen gegebenen Gesetzgebungskompetenz, sei es mit einfacher oder mit qualifizierter Mehrheit.

Das was du ausführst ist trockene, nüchterne Verfassungsprosa, die Wirklichkeit sieht wohl anders aus. Wenn man z.B. Hessen oder Berlin ansieht, sagt dort der Besoldungsgesetzgeber ganz klar, er sieht sich nicht imstande eine verfassungsmäßige Besoldung zu erstellen, ohne weitere klare Vorgaben des BVerfG zu erhalten.



Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15884 am: 09.12.2024 13:33 »
Zur Info:
https://www.dbb-nrw.de/aktuelles/news/ehemaliger-bundesverfassungsrichter-erkennt-verfassungswidrigkeit-der-beamtenbe-soldung-in-nrw/

Ist ja mittlerweile ein offenes "Geheimnis", dass auch die wenigsten abstreiten dürften.

Nur: was hilfts. Wir drehen uns hier im Kreis, seit Jahren. Kein Ende in Sicht.