Um nun übrigens, nachdem wir von 0 nach 1 gegangen sind, nun nach 2 zu gehen:
Wollte das Bundesverfassungsgericht nun den Kontrollmaßstab zur Prüfung des Mindestabstandsgebot von der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie auf die dreiköpfige Alleinverdienerfamilie verändern, weil das bspw. Dienstherrrn fordern wollten, wäre die Folge, dass nun das zweite (und natürlich dann auch genauso das dritte und alle weiteren Kinder) Kind so zu betrachten wäre wie derzeit unter dem Kontrollmaßstab der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie das dritte und alle weiteren Kinder.
Das "Umschalten" auf einen Kontrollmaßstab der dreiköpfigen Alleinverdienerfamilie würde also besagen, dass es dem Beamten mit einem Kind zuzumuten wäre, die Unterhaltslast, die ihm aus jenem Kind entspringt, auch weiterhin weit überwiegend aus dem Grundgehalt zu entrichten (so wie das ihm derzeit für seine ersten beiden Kinder zuzumuten ist), das ihm das aber ab seinem zweiten Kind (so wie jetzt ab dem dritten Kind) nicht mehr zuzumuten wäre.
Den Beamten mit zwei Kindern dürfte ein solcher Kontrollmaßstab offensichtlich auf den ersten Blick freuen, schätze ich (und den Dienstherrn nur umso mehr, da dann heutige Höhen, wie sie in Teilen der Länder für das zweite Kind gewährt werden, mit einem mal sachgerecht wären). Denn das Bundesverfassungsgericht würde so sagen, dass davon auszugehen sein müsste, dass der Dienstherr die Grundbesoldung seiner Beamten nicht mehr so ausgestalten würde, dass damit eine bis zu vierköpfige, sondern nur noch eine bis zu dreiköpfige Beamtenfamilie amtsangemessen alimentiert werden würde. Wir würden dann also ab dem zweiten Kind Familienzuschläge in der Höhe als sachgerecht betrachten müssen, wie sie es jetzt ab dem dritten Kind sind.
Folge wäre, dass nun neben dem Grundgehalt und ggf. einem Verheiratetenzuschlag weiterhin noch ein verhältnismäßig geringfügiger Kinderzuschlag für das erste Kind zu gewähren wäre, während der nun alimentationsrechtliche Mehrbedarf des zweiten Kinds voll auszugleich wäre (entsprechend mindestens um 15 % oberhalb der Grundsicherungsleistung für ein entsprechendes Kind liegen müsste) und also dazu führte, dass die Nebenkomponente der Familienzuschläge nun für die vierköpfige Familie kaum mehr eine solche wäre. Denn nun wäre es sachgerecht, solche Zuschläge wie jetzt für das dritte ab jetzt auch ab dem zweiten Kind zu gewähren.
Und spielen wir den Gedanken weiterhin durch und würden die zweiköpfige Alleinverdienerfamilie zum Kontrollmaßstab machen, dann würde der Dienstherr die volle Unterhaltslast des Beamten für seine Kinder - also weitgehend bedarfsgerecht - durch entsprechende Familienzuschläge ausgleichen, was diese erst recht nicht mehr ob ihrer Höhe als Zuschläge erkennbar machte, da dann dem Beamten mit zwei Kindern der Höhe nach ein "Nebengehalt" gewährt werden würde, das sich erst recht nicht gegenüber dem Leistungsprinzip rechtfertigen ließe (das würde unter der - weiterhin nicht sachgerechten - Prämisse, dass die Mindestalmentation eine Art "archimedischer Punkt der Besoldungsbemessung" wäre, den Dienstherrn nur umso mehr freuen).
Wollte Karlsruhe hingegen den ledigen Alleinverdiener zum Kontrollmaßstab machen, wäre wir da, wo ich meinen letzten Beitrag gestartet hätte. Der Beamte ohne und der Beamte mit zehn oder mehr Kindern wäre identisch zu alimentieren, was sich haushaltsrechtlich nicht rechtfertigen ließe (und also den Dienstherrn nun mit einem Mal gar nicht mehr freute) und in der Bevölkerung zurecht auf völliges Unverständnis stieße. Der Staatsdienst wäre nun nicht mehr attraktiv, weil die Berufstätigkeit und der Gemeinwohlgedanke attraktiv wären, sondern weil wir alsbald das Rentenproblem qua deutlich erhöhter Nachwuchszahlen gelöst hätten.
Der lange Rede kurzer Sinn: Den Kontrollmaßstab der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie im Rahmen der heutigen tatsächlichen Verhältnisse und des gewachsenen Beamtenrechts ändern zu wollen, würde erstaunliche Blüten treiben.
Diesen Beitrag wollte ich schon lange schreiben. Er geht aber nur, wenn wir, nachdem "1" durchdrungen worden ist, bei 2 angekommen sind. Denn er zeigt, dass sich das Bundesverfassungsgericht 1977, als es den Maßstab der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie in seine Besoldungsrechtsprechung eingeführt hat, um so die sachgerechte Höhe des alimentationsrechtlichen Mehrbedarfs ab dem dritten Kind bemessen zu können, einige Gedanken auch um das Leistungsprinzip gemacht haben wird, um jenen Maßstab der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie zum Maßstab zu machen. Die drei- oder zweiköpfige Alleinverdienerfamilie hätte zu einer schwierigen Schieflage hinsichtlich des Leistungsprinzips geführt (als sich damals also langsam ein Mindestabstandsgebot abzuzeichnen begann); eine Alleinverdienerannahme hätte sich haushaltsrechtlich nicht rechtfertigen lassen.
Der Alleinverdiener war hingegen als Teil des Maßstabs notwendig, da ansonsten - wenn privatrechtliche Unterhaltsleistungen des Ehepartners anrechenbar wären - gar keine fester Maßstab mehr möglich wäre.
@ Callisto
Du hast eine Behauptung aufgestellt, was legitim ist. Du müsstest sie nun aber auch argumentativ begründen, was Dir - denke ich - deutlich leichter fallen dürfte, wenn Du meine Argumentation Punkt für Punkt widerlegst. Denn eine Widerlegung ist in der Regel einfach als eine eigene (verfassungsrechtliche) Begründung.
Ergo: Falls das Bundesverfassungsgericht die Passage so gemeint hat, wie Du meinst, muss sich das aus seiner bisherigen Rechtsprechung rechtfertigen lassen, weil es sich dann in diese einfügen müsste. Ich zeige, dass dem nicht so ist, indem ich die Begründung angeführt habe, die ich angeführt habe.
Wie in den letzten Tagen dargelegt und begründet, sehe ich Spekulationen auf Grundlage von zitierten Halb- oder ganzen Sätzen als nicht weiterführend an. Eine Betrachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bedarf der Betrachtung der für eine Dogmatik grundlegenden Systematik. Ansonsten verbleiben wir hier regelmäßig bei 0 und kommen ggf. selten mal nach 1, aber fast nie nach 2.