Ein interessantes Beispiel ist die vom Land Berlin eingeführte Hauptstadtzulage, bebolus, die eigentlich wie ein Hauptstadtzuschlag hätte geplant werden können (schätze ich; das ist allerdings in einem Stadtstaat ein komplexes Unterfangen), am Ende aber als Hauptstadtzulage vom VG Berlin in einem Vorlagebeschluss vom 4.12.2023 - 5 K 77/21 -, https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/NJRE001560268, als verfassungswidrig betrachtet wurde, weil die Zulage an das statusrechtliche Amt anknüpft, sodass der Besoldungsgesetzgeber nach Ansicht der Kammer das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen hätte hinreichend beachten müssen, was er ihrer Ansicht nach getan habe, indem er die Besoldungsgruppen ab A 14 aufwärts von ihr ausgeschlossen hat, um so die Abstände zwischen den Besoldungsgruppe A 13 und A 14 über Gebühr abzuschmelzen. Die entsprechende Begründung, die auf der Linie meiner Interpretation liegt, findet sich ab der Rn. 68, und zwar explizit in der Rn. 76. Um sich einen Überblick über die Entscheidung zu verschaffen, ist es sinnvoll, zunächst die Leitsätze zu lesen.
Aber in deinem Urteil steht ja unter RN 79 explizit.
Zitat:"Vor diesem Hintergrund sind beispielsweise familienbezogene Bestandteile der Besoldung, (gegebenenfalls) Ortszulagen oder Erschwerniszulagen abstandsgebotsneutral. Sie knüpfen in erster Linie nicht an die Wertigkeit des Statusamts an, sondern an den Familienstand des Amtsträgers, dessen Wohnort oder außergewöhnliche Belastungen der Dienstverrichtung."
Sie müssen natürlich für alle gleich sein, ohne Rückgriff auf Besoldungsgruppen oder Abschmelzungsbeiträge, wobei auch hier ja dem Dienstherr Regelungen in Engen Grenzen möglich wären.
Wobei ab Kind drei das Netto des Kinderzuschlages gleich sein müsste, also je höher die Besoldung um so höher der Kinderzuschlag wg. Steuerprogression, wenn man den Vorgaben des Gerichtes folgen würde.
Die Diskussion finde ich sachlich sinnvoll, weil wir jetzt von 0 nach 1 und von dort darüber hinausgelangen können, um so die Systematik zu betrachten.
Dazu kurz vorweg: Die Gesetzgeber halten
sprachlich nicht immer die von mir getätigten Unterscheidung von "Zulagen" als an das statusrechtliche Amt gebunden und "Zuschlägen" als auf (zeitweise bestehende) Bedarfe zurückzuführen durch. Also ggf. werden "Zuschläge" mal als "Zulagen" bezeichnet und umgekehrt, das ändert aber nichts an der Systematik, die die beiden Formen unterscheidet. Entsprechend ist die Begrifflichkeit unerheblich, erheblich ist der jeweilige Zweck. Im Sinne der Systematik ist es m.E. aber sinnvoll, den jeweiligen Zweck durch eine präzise begriffliche Unterscheidung zu kennzeichnen. Denn das erleichtert oder präzisiert die Formengebung.
Dröseln wird das also noch einmal möglichst kurz auf, um zu sehen, wo uns das hinführt. Dabei müssen wir die beiden Zweckstellungen der amtsangemessenen Alimentation auf der einen Seite und des alimentationsrechtlichen Mehr
bedarfs ab dem dritten Kind auf der anderen unterscheiden. Zugleich macht die Begrifflichkeit des "Mehr
bedarfs" bereits systematisch deutlich, dass es sich hier nicht um eine Zulage handeln kann, der entsprechende
Zuschlag also an einem Bedarf anschließt, der zeitweise besteht.
Also zunächst
zur amtsangemessenen Alimentation und hier die Familien
zuschläge und der Orts
zuschlag. Der verfassungsrechtliche Gedanke, der hinter ihnen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht, ist, dass sie keinen eigentlichen Beitrag zur amtsangemessenen Alimentation leisten. Denn das können sie nicht, da sie an Bedarfen anknüpfen, nicht aber das Leistungsprinzip beachten. Sie können aber, sofern ein sachlicher Grund gegeben ist - die Anzahl der Kinder, empirisch oder individuell nachweisbare unterschiedliche Unterkunftskosten -, differenziert werden. Der Betrag dieses jeweiligen Zuschlags ist dabei, da sie keinen eigentlichen Beitrag zur amtsangemessenen Alimentation leisten, nur in begrenzter Höhe möglich. Bis Ende 2019 haben bspw. die familienbezogenen Besoldungskomponenten für einen verheirateten Beamten mit zwei Kindern in den 16 Länderrechtskreisen die jeweilige (dort ebenfalls unterschiedliche) Grundbesoldung zwischen 16,7 % und 21,5 % angehoben. Damit sind die Beträge weiterhin in ihrer Höhe erheblich unter den Beträgen geblieben, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden, sodass sie den Besoldungsgesetzgebern in dieser Form und Höhe offensichtlich gestattet worden sind, da sie weiterhin nur als Detailregelung zu betrachten waren.
Entsprechend ist - da ja die Bedarfe eines Beamten, der höherwertige Tätigkeiten verrichtet, größer sind als die eines Beamten, der niedrigerwertige Tätigkeiten verrichtet - eine weitere Differenzierung zwischen den verschiedenen Ämtern möglich, die häufig zwischen dem mittleren und gehobenen Dienst vollzogen wird, weil sich das ob des unterschiedlichen Qualifikationsniveau sachlich rechtfertigen lässt. Der Unterschiedbetrag bleibt dabei aber sachgerecht eher gering, da der (Mehr-)Betrag ja weiterhin nur auf Grundlage einer Detailregelung gewährt wird.
Zentral bleibt dabei weiterhin der Gedanke, dass diese Art der
Zuschläge abstandsneutral wirken, da ja (zeitweilige) Bedarfe als Folge eines sachlichen Grunds ausgeglichen werden und sie ob ihrer geringen Höhe keine abstandsverringernde Wirkung haben können. Deshalb können sie eben auch nur in verhältnismäßig geringer Höhe gewährt werden.
Ab dem dritten Kind ist nun ein alimentationsrechtlicher
Mehrbedarf zu gewährleisten, der sich wiederum als erheblich höher darstellen muss, um nicht das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen zu verletzten. Denn da das Abstandsgebot ja durch die familienbezogenen Zuschläge, die einer bis zu vierköpfigen Familie gewährt werden, weiterhin gewährleistet ist (sie spielen hier ob ihrer verhältnismäßig geringen Höhe keine Rolle), müsste, wenn der kinderbezogene Zuschlag ab dem dritten Kind nicht erheblich höher liegen würde als der für die ersten beiden, der betreffende Beamte ja zum Unterhalt seines dritten und jedes weiteren Kinds auf die familienneutralen Gehaltsbestandteile zurückgreifen, was diese auszehren müsste und so de facto abstandsverringernd wirken würde.
Von daher geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass ein auch hier 15 % oberhalb des realitätsgerecht bemessenen Grundsicherungsniveaus liegender Betrag für alle dritten Kinder hinreicht, um die amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten. Denn da ja die amtsangemessene Alimentation der vierköpfigen Beamtenfamilie wie eben gezeigt gewährleistet und dabei ebenfalls das Abstandsgebot sichergestellt ist, ist das entsprechend ebenfalls durch den so betrachtete alimentationsrechtlichen Mehrbedarf gewährleistet. Dass am Ende - wegen der unterschiedlichen Steuersätze - der Beamte in einem höherwertigen Amt de facto einen geringeren Netto(mehr)betrag vorfindet als der in einem niedrigerwertigen, betrachtet das Bundesverfassungsgericht als eine ihm zumutbare Härte, da diese Nettodifferenzbetrag sich nicht so ohne Weiteres berechnen lässt und weil er ja durch seine amtsangemessene Alimentation und dem mindestens weitgehend ausgeglichen alimentationsrechtlichen Mehrbedarf hinreichend instandgesetzt ist, auch seine Familie amtsangemessen zu unterhalten. Sofern er als freie Werteentscheidung eine Familie mit mehr als zwei Kindern gründen möchte, ist ihm diese offensichtlich stark abgemilderte Härte (also die ggf. gegebene Ungleichbehandlung) zuzumuten. Das Abstandsgebot kann dabei nicht verletzt sein, da ja der jeweilige Familien
zuschlag als solcher auch ab dem dritten Kind nicht abstandsverringernd wirken kann.
So lässt sich der Regelungskontext systematisch erklären.