Spannend ist ja auch im Sinne der Amtsangemessenheit, ob nicht auch noch weiterer Zusammenhang zwischen der leistungsgebundenen Grundbesoldung und den leistungslos gewährten sozialen Komponenten herzustellen ist. Immerhin sprechen wir hier immer nur von einem Indiz der Amtsangemessenheit der Besoldung.
Es stellt sich die Frage, ob der interne Abstand der Besoldungsgruppen aus der leistungsgebundenen Grundkomponente nicht auch auf die leistungslos gewährten sozialen Komponenten zur übertragen ist, vor allem, wenn diese einen Großteil der Besoldung ausmachen sollen. Allein aus steuerlichen Gründen müsste die soziale Komponente mit steigender Progression eigentlich in höheren Besoldungsgruppen steigen, was sie aber nicht tut.
Das ist ein nächstes zentrales Thema, um das es in dem besagten Beitrag gehen wird - wobei eine Deiner Schlussfolgerungen präzisiert werden muss: Die Höhe der gewährten sozialen Komponenten müssen nicht in den höherwertigen Ämtern ansteigen - sie können das aber, soll heißen: Da davon auszugehen ist, dass es bis auf Weiteres bei natürlicher Betrachtung einer gewissen Selbstverständlichkeit entspricht, dass bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. "familienneutralen" und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten, brauchen die familienbezogenen Besoldungskomponenten offensichtlich nicht mit aufsteigender Wertigkeit der Ämter steigen, da sie ja nur die Funktion einer "Nebenkomponente" der Besoldung haben - sie dürfen das aber, da ja davon ausgegangen werden darf, dass der tatsächliche Sonderbedarf, der dem Beamten aus seiner Familie erwächst, mit dem Aufstieg in der Ämterhierarchie ebenfalls wächst, da sich der Beamte ja gezwungen sieht, sein Leben amtsangemessen zu gestalten. So verstanden bestehen zunächst einmal keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn dieser Betrag der sozialen Besoldungskomponenten in seiner Höhe in allen Besoldungsgruppen erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden.
Was allerdings verfassungsrechtlich augenscheinlich nicht geht, da hier dann eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG zu verzeichnen wäre, ist zweierlei:
1. Die Höhe der sozialen Komponenten kann erheblich unter den Beträgen bleiben, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden; sie kann diese Höhe aber offensichtlich nicht überschreiten, da hier nun kein tatsächlicher Bedarf mehr gedeckt werden würde, sodass die Kinder von Beamten nun gegenüber allen anderen Kindern privilegiert werden würden. Denn sie - die Kinder - erbringen offensichtlich hinsichtlich des Leistungsprinzips keinen Beitrag für den Dienstherrn, der eine solche Alimentation rechtfertigen könnte. Das ist aber heute in den weit überwiegenden Rechtskreisen in den unteren Besoldungsgruppen der Fall.
2. Darüber hinaus lässt es sich ebenfalls sachlich nicht rechtfertigen, dass die Höhe der kinderbezogenen Besoldungskomponenten mit zunehmender Ämterwertigkeit immer weiter abgesenkt wird, sodass irgendwo ab dem gehobenen oder höheren Dienst keine besondere(n) Zulagen(höhe) mehr gewährt wird. Die Grundlage dieser Regelung muss sachlich sein, dass Beamten in geringerwertigen Ämtern ein höherer familienbezogener Sonderbedarf erwächst als jenen in den höherwertigen, der durch die entsprechende Regelung ausgeglichen wird. Tatsächlich ist das aber nicht der Fall; vielmehr muss wie gerade angerissen davon ausgegangen werden, dass der tatsächliche familienbezogene Sonderbedarf mit der zunehmenden Ämterwertigkeit tendenziell steigt. So verstanden findet hier eine sachlich nicht zu rechtfertigende Privilegierung von Beamtenkindern, deren Eltern in niedrigwertigeren Ämtern ihren Dienst versehen, gegenüber jenen, deren Eltern in höherwertigen Ämtern ihren Dienst versehen, statt.
In beiden Fällen finden wir also eine evidente Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG, weshalb sich entsprechende Regelungen offensichtlich nicht vor dem Grundgesetz rechtfertigen lassen.
Wenn man aber davon ausgeht, dass ein Großteil der Besoldung wie in NRW leistungslos erfolgt, so wird aber ebenfalls das Verhältnis zwischen leistungsgebundenen Komponenten und leistungslosen Komponenten stark verschoben. Dieses Verhältnis ist aber relevant für den Abstand der Besoldungsgruppen untereinander. Wenn sich das Abstandsgebot nämlich nur auf die leistungsgebundenen Komponenten bezieht, so wird ein Großteil der Besoldung, nämlich die leistungslosen Komponenten, vom Abstand ausgenommen. Auf die Gesamtbesoldung bezogen, kommt es so zu einer Einebnung des Besoldungsniveaus.
Ich spreche hier für die höheren Besoldungsgruppen, deshalb habe ich Indiz (in Bezug auf Verfassungsmäßigkeit der Alimentation) geschrieben. Verfassungsgemäß im Sinne des Abstandgebotes zur Grundsicherung mag die Besoldung dann vielleicht sein, aber unter drastischer Verletzung des internen Abstandsgebotes.
Man kommt dann im weiteren eigentlich zu dem Problem, dass in höheren Besoldungsgruppen zur Wahrung des Abstandes die Zuschläge über den Werten der Düsseldorfer Tabelle liegen müssten, da die Grundbesoldung im Verhältnis zu niedrig ist. Eine sog. Privilegierung der Beamtenkindern findet dann also aus dem Grund statt, weil deren Eltern hinsichtlich ihrer Grundbesoldung unterprivilegiert sind.
Es wird insoweit klar ersichtlich, dass die Leistungsbezogene Komponente in Betrachtung höherer Besoldungsgruppen zu niedrig ausfällt. Die Diskussion, dass die Familien von Beamten in höheren Besoldungsgruppen und damit auch deren Kinder i.d.R. auch einen höheren Lebensstandard haben, fange ich garnicht erst an.
Ich habe ja die beiden verfassungsrechtlichen Probleme hinsichtlich des Art. 3 Abs. 1 GG dargelegt. Ebenso kann man nun die hinsichtlich der Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 33 Abs. 5 GG zu betrachtenden Probleme in den Blick nehmen, auf die Du anspielst. Das möchte ich hier nicht (bzw. später nur en passant an einem Beispiel) tun, da sich das - denke ich - in dem genannten Beitrag alsbald nachlesen lässt.
Unabhängig von der Einebnung von Besoldungsunterschieden, die Du sachlich zurecht anführst und die eher Folge als Ursache der spezifischen Neuregelungen ist, kann man die beiden vorhin von mir genannten Kritikpunkte an der Höhe familienbezogener Besoldungskomponenten am Beispiel Nordrhein-Westfalen kurz skizzieren.
Im gesamten Jahr 2023 sind einem verheirateten Beamten mit zwei Kindern in einer der Mietenstufe VI unterliegenden Region, in der dritten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe A 5 neben einem Grundgehalt in Höhe von 2.621,19 € familienbezogene Besoldungskomponenten von 1.360,83 € gewährt worden (vgl.
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/nw?id=beamte-nrw-2023&g=A_5&s=1&f=3&fstand=v&mst=VI&z=100&fz=100&zulageid=10.2&zulage=&stj=2024&stkl=1&r=0&zkf=2&pvk=2u). Das Grundgehalt ist so um 51,9 % angehoben worden. Die monatliche Bruttobesoldung betrug 3.982,02 €, die Nettobesoldung 3.654,75 € (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/nw?id=beamte-nrw-2023&g=A_5&s=1&f=3&fstand=v&mst=VI&z=100&fz=100&zulageid=10.2&zulage=&stj=2024&stkl=1&r=0&zkf=2&pvk=2u). Sie und nicht die Nettoalimentation wird nachfolgend zugrunde gelegt.
Betrachtet man nun die Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2023, dann ist von einem monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 652,- € auszugehen (
https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2023/Duesseldorfer-Tabelle-2023.pdf). Subtrahiert man davon entweder den gesamtne oder halben Kindergeldbetrag, findet man einen tatsächlichen Bedarf von 402,- € bzw. 527,- € pro Kind und Monat. Tatsächlich wurde aber ein Betrag von 605,95 € gewährt. Hierin zeigt sich nun die Privilegierung von Beamtenkindern, die sich verfassungsrechtlich nicht darstellen lässt (vgl. die vorhin von mir ausgeführte Nr. 1).
Darüber hinaus wurden dem nach A 16 besoldeten Beamten 595,26 € kinderbezogene Besoldungskomponenten pro Kind und Monat gewährt (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/nw?id=beamte-nrw-2023&g=A_16&s=1&f=3&fstand=v&mst=VI&z=100&fz=100&zulageid=10.2&zulage=&stj=2024&stkl=1&r=0&zkf=2&pvk=2u). Die Differenz beider Beträge ist nun mit rund 10,- € in Nordrhein-Westfalen nicht allzu groß. Entsprechend lässt sich so betrachtet ggf. keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG konstatieren, wobei es ggf. doch zu rechtfertigen wäre, dass der in der untersten Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung A eingruppierte Beamte hinsichtlich der tatsächlichen Sonderbedarfe, die ihm aus seinen Kindern erwachsen, übealimentiert wird, während das für den nach A 16 besoldeten Beamten im signifikanten Maße nicht der Fall ist. Denn seine Nettobesoldung beträgt 6.162,08 € (
https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2023_01/resultbl2023_01.xhtml?acckey=true). Damit erwächst ihm ein Sonderbedarf von 855,67 € pro Kind. Unabhängig davon, ob man nun den gesamten oder den halben Kindergeldsatz abzieht, unterschreitet der gewährte Betrag der kinderbezogenen Besoldungskomponenten nun nicht den Bedarfssatz, was für sich betrachtet offensichtlich nicht zu beanstanden wäre, jedoch im Vergleich zunächst einmal eine Ungleichbehandlung signalisiert. Diese kann ggf. gerechtfertigt werden, da der nach A 16 besoldete Beamte über ein erheblich höheres Grundgehalt verfügt - nichtsdestotrotz hat auch der ehemalige BVR Huber im letzten nordrhein-westfälischen Gesetzgebungsverfahren festgestellt:
"Mir ist aufgefallen, dass dieser Familienzuschlag umso stärker zu-
rückgeht, je höher die Besoldungsgruppen sind. In der Begründung habe ich das Wort
'Nivellierungsverbot' nicht gefunden. Einer der hergebrachten Grundsätze des Berufs-
beamtentums ist aber, dass der Abstand zwischen den unterschiedlichen Besoldungs-
gruppen nicht durch die Besoldung eingedampft und letztlich nivelliert werden kann.
Da ich davon ausgehe, dass die Grundbesoldung deutlich höher ist als der Familien-
zuschlag, wird das für die meisten Fälle keine Rolle spielen. Der Gesetzgeber selbst
hat aber ein bisschen ein schlechtes Gewissen. Es heißt in Anlage 13, im Einzelfall
könne es schon mal sein, dass man in der höheren Besoldungsgruppe weniger be-
komme als die niedrigere Besoldungsgruppe. Solange das wenige Ausreißer sind,
wäre dagegen vermutlich verfassungsrechtlich nichts zu sagen. Wenn das aber ein
häufigeres Phänomen werden sollte, glaube ich, muss man nachbessern. Das Nivel-
lierungsverbot steht nicht zur Disposition des Gesetzgebers."
(s. 7 unter:
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMA18-653.pdf)
Diese Ungleichbehandlung von höhere und niedrigere Ämter bekleidenden Beamten betrifft weder wenige Ausreißer noch ist sie ein häufigeres Phänomen; vielmehr ist sie die regelmäßige Konsequenz aus der so geregelten gesetzlichen Norm. Sie lässt sich darüber hinaus (weiter im Sinne der vorhin von mir genannten Nr. 2) in anderen Rechtskreisen noch einmal sehr viel extremer nachweisen, so bspw. in Rheinland-Pfalz. Hier erhält ein verheirateter Beamter mit zwei Kindern, dessen Ehepartner keine Berufstätigkeit nachgeht, in der niedrigsten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe A 5 kinderbezogene Zuschläge in Höhe von 863,54 €. (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/rp?id=beamte-rlp-2024&g=A_5&s=1&f=3&fstand=v&z=100&fz=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2024&stkl=1&r=0&zkf=2&pvk=2u). Dem in der Besoldungsgruppe A 16 eingruppierte entsprechenden Beamten werden hingegen nur entsprechende Zuschläge in Höhe von 453,24 € gewährt (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/rp?id=beamte-rlp-2024&g=A_16&s=1&f=3&fstand=v&z=100&fz=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2024&stkl=1&r=0&zkf=2&pvk=2u), was für alle Beamte ab dem gehobenen Dienst so gilt. Darüber hinaus werden bspw. dem in der niedrigsten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 7 eingruppierten entsprechenden Beamten kinderbezogene Zuschläge in Höhe von 767,24 € gewährt (
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/rp?id=beamte-rlp-2024&g=A_7&s=1&f=3&fstand=v&z=100&fz=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2024&stkl=1&r=0&zkf=2&pvk=2u). Der Dienstherr geht also davon aus, dass Beamten, deren Ehepartner keiner Beschäftigung nachgehen, mit zunehmender Leistungsfähigkeit immer geringere tatsächliche Sonderbedarfe aus ihren Kindern erwachsen, was sich in der sozialen Wirklichkeit sachlich nicht darstellen lässt und deshalb als ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu betrachten ist, da eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nicht möglich ist. Darüber hinaus sollte sich ebenfalls das sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebende Nivellierungsverbot als verletzt zeigen, worauf ebenfalls das o.g. Zitat hinweist. Denn auch hier liegt der Regelfall für alle entsprechende Beamte vor, deren Ehepartner keine Beschäftigung nachgeht.
@ PolareuD
Ohne nun jeder Deiner Darlegung so folgen zu wollen, lässt sich zumindest eines feststellen, nämlich dass ein Anteil von rund 18 % familienbezogener Besoldungskomponenten in der Vergangenheit offensichtlich sachlich zu rechtfertigen war - das bedeutet nicht, dass man deshalb Deinem Gedankengang zwangsläufig folgen müsste, schließt aber diesen ebenfalls nicht aus. Grundlage bleibt dabei regelmäßig der Vergleichsgegenstand, also wie und in welcher Höhe man die tatsächlichen (Sonder-)Bedarfe von Kindern bemisst und diese Bemessung sachlich rechtfertigt. Eine Rechtfertigung, die sich nicht als evident sachwidrig erweist, ist dem Besoldungsgesetzgeber als Folge des weiten Entscheidungsspielraums, über den er verfügt, dabei gestattet, solange sie sich die Regelung in die verfassungsmäßige Ordnung als Ganze einfindet.