Ja, hast Du, Rentenonkel, zugleich sind Deine Gedanken und Fragen auch hier schlüssig, aber am Ende nur bedingt weiterführend, weil Du auch ohne Betrachtung der Mindestalimentation den Weg der sachgerechten Besoldungsbemessung mehr oder minder unmittelbar am Sozialrecht ausrichtest - oder mit der Düsseldorfer Tabelle am Familienrecht -, was aber am Ende nur bedingt weiterführen kann, da der Senat regelmäßig den qualitativen Unterschied zwischen der Grundsicherung, die als staatliche Sozialleistung den Lebensunterhalt von Arbeitsuchenden und ihren Familien sicherstellt, und dem Unterhalt, der erwerbstätigen Beamten und Richtern geschuldet ist, hervorhebt (so wie es ebenfalls einen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem öffentlichen Dienstrecht und dem zivilrechtlichen Familienrecht gibt). Dabei ist zunächst einmal klar, dass Sozialleistungen
nicht unmittelbar zur Bemessung der amtsangemessenen Alimentation herangezogen werden dürfen - auch und gerade deshalb erachtet das Bundesverfassungsgericht einen 15 % oberhalb des realitätsgerechten Grundsicherungsniveaus liegenden Betrag als Grenze zur Unteralimentation. Denn damit führt es also eine
mittelbare sozialrechtliche Schranke in die Prüfung und Kontrolle des Besoldungsrechts ein und macht zugleich klar, dass sie prinzipiell ungeeignet ist, um allein Aussagen über die amtsangemessene Höhe der zu gewährenden Nettoalimentation zu machen.
Am Ende ist es dem Besoldungsgesetzgeber verboten, sich bei der Besoldungsbemessung am jeweiligen Alimentationsbedürfnis des Beamten und seiner Familie zu orientieren, da die Bemessung der Besoldung nach den konkreten Bedürfnissen und Vermögensverhältnissen der Beamtenfamilie, die die privatrechtlichen Unterhaltsverpflichtungen beeinflussen, nicht mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zu vereinbaren ist. Denn nicht seine Bedürfnisse, sondern das Amt im statusrechtlichen Sinne ist der sachliche Maßstab zur Bemessung der amtsangemessenen Alimentation - und genau daran zeigt sich der qualitiative Unterschied zwischen der Alimentation des sich stets mit seiner gesamten Arbeitskraft für seinen Dienstherrn einsetzenden Beamten und der Hilfebedürftigen in Deutschland leistungslos gewährten sozialen Sicherung. Denn letztere ist an realitätsgerecht bemessenen Bedarfen auszurichten, da nur so - nicht zuletzt steuerrechtlich - ein Existenz
minimum bestimmt werden kann. Diese Maßstäbe können aber nicht unmittelbar auf den eine Beschäftigung nachgehenden Beamten übertragen werden, der mit der Übertragung eines Amts in ein auf gegenseitige Treue angelegten Dienstverhältnis eintritt, welches (das Amt) ihm (dem Beamten) Leistungen von je unterschiedlicher Wertigkeit abverlangt, welche (die Leistungen) gänzlich unabhängig von seinem Familienstand und seiner Kinderzahl sind, während das Sozialrecht regelmäßig gerade den Familienstand und die Kinderzahl im Blick zu behalten hat, also insbesondere, wenn es darum geht, die Höhe staatlicher Leistungen für Hilfebedürftige sachgerecht zu bemessen, und während das Familienrecht per definitionem den Familienstand und die Kinderzahl als seinen Gegenstand vorfindet.
Am Ende hat also der Dienstherr als "Korrelat" dafür, dass der Beamte ihm mit der Berufung in das Beamtenverhältnis als Pflicht und unter Einsatz der ganzen Persönlichkeit – grundsätzlich auf Lebenszeit – die volle Arbeitskraft zur Verfügung stellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen die Dienstpflichten nach Kräften erfüllt, jenen Beamten und seine Familie lebenslang amtsangemessen zu alimentieren, wobei das mit dem Recht des Dienstherrn verbunden ist, die Besoldung des Beamten mit Familienzuschlägen zu differenzieren, diese aber kein Teil des Alimentationsprinzips sind und deshalb keinen wesentlichen Betrag zur amtsangemessenen Alimentation beitragen können.
Lässt man nun also seinen Verstand nicht mit dem Mittel unserer Sprache verhexen, wendet also den Blick ab von der Medusa der Mindestalimentation, die keinerlei Zusammenhang mit einer amtsangemessenen Alimentation aufweist, gibt es kein Problem der sachgerechten Höhe von Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder. Denn schon der Bundesgesetzgeber des Jahres 1957 hat mit dem Bundesbesoldungsgesetz aus jenem Jahr und danach kontinuierlich bis heute in seinen jeweiligen Neufassungen keinen Anlass zur Vermutung gegeben, dass die von ihm geregelten Familienzuschläge hier in Form und Höhe nicht sachgerecht seien würden. Wieso sollte er also von dieser Praxis abweichen, da es dafür doch gar keinen sachlichen Grund gibt - und wenn er am Ende die ehebezogenen Familienzuschläge abschaffen wollte, weil er ein Doppelverdienermodell heranziehen wollte, wäre auch ihm das jederzeit gestattet, solange er Sorge dafür trägt, dass auch ohne diesen Familienzuschlag der Beamte und seine (bis zu vierköpfige) Familie amtsangemessen alimentiert wäre. Ebenso wäre es ihm auch unter derselben Prämisse nicht zu verbieten, die kinderbezogenen Familienzuschläge abzuschaffen.
Ergo: Ohne Blick auf die Mindestalimentation stellen sich die Probleme, die Du - wie auch die Besoldungsgesetzgeber - empfinden, gar nicht, weil sie auch keine sind. Denn bis zum 4. Mai 2020 waren sie ebenfalls keine. Wieso sollten sie heute welche sein, wo sich doch hier nach dem 3. Mai 2020 nichts an der Sachlage geändert hat? Das einzige, was sich hier geändert hat, ist, dass das mehr oder minder schon 2015 ausformulierte Mindestabstandsgebot - also die Grenze zur Unteralimentation - einen Tag nach dem 3. Mai 2020 konkretisiert worden ist. Aber diese Konkretisierung hat ja wie gezeigt nichts mit der amtsangemessenen Alimentation zu tun. Ergo: Es gibt ein fiskalisches Problem der Dienstherrn - aber auch das hat nichts mit der amtsangemessenen Alimentation zu tun, sondern nur damit, dass der Haushalts- und ggf. auch der Steuergesetzgeber aus Gründen, die nichts mit der amtsangemessenen Alimentation zu tun haben, ein Ausgabe- oder Einnahmeproblem haben. Aber auch das hat jeweils nichts mit der Bemessung einer amtsangemessenen Alimentation zu tun, da ja der Maßstab der Besoldungsbemessung nicht - zumindest nicht in erster Linie - die finanziellen Möglichkeiten des Dienstherrn ist, sondern das statusrechtliche Amt, sodass auch seine Besoldung und Alimentation also regelmäßig im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des Lebensstandards zu sehen sind, was in ihrer Bemessung nicht ausgeklammert werden kann.
"Das Alimentationsprinzip wird von verschiedenen Determinanten geprägt. Es verpflichtet den Dienstherrn, Richter und Staatsanwälte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Damit wird der Bezug der Besoldung sowohl zu der Einkommens- und Ausgabensituation der Gesamtbevölkerung als auch zur Lage der Staatsfinanzen, das heißt zu der sich in der Situation der öffentlichen Haushalte ausdrückenden Leistungsfähigkeit des Dienstherrn, hergestellt" (Rn. 23 der aktuellen Entscheidung).
In wirtschaftlich guten Zeiten wird also die Besoldungsanpassung ähnlich wie die Steigerung der Nominallöhne i.d.R. erheblich größer ausfallen als in wirtschaftlich schlechten Zeiten, in denen eben die Erhöhung der Löhne in der Regel ebenfalls eher geringer ausfällt. Da nun aber von dieser Entwicklung aller Beamte und nicht nur die mit einer Familie betroffen sind, kommen wir immer wieder auf den sachlichen Maßstab zurück: nämlich das statusrechtliche Amt.
Die Familienzuschläge rücken dahingegen nur in den Fokus, wenn man die Mindestalimentation unmittelbar zur Bemessung der Besoldung heranzieht und die Mindestalimentation nun aus ausschließlich fiskalischen Gründen als eine Art scheinbaren archimedischen Punkt des Besoldungsrechts begreift, um damit in die Verhexung des Verstandes durch die Mittel unserer Sprache einzutreten. Lässt man den Verstand nicht verhexen, gibt es die Probleme nicht, die es seit 1957 zu keiner Zeit für die vierköpfige Beamtenfamilie bis heute je gegeben hätte.
Ergo: Worüber genau zerbrichst Du Dir den Kopf? Wir haben zwar im Bund ein vom Dienstherrn eingestandenes und also seit Jahr und Tag eklatant verletztes Mindestabstandsgebot. Aber die heute dem verheirateten Beamten mit bis zu zwei Kindern gewährten Familienzuschläge sind weder in ihrer Form noch in ihrer Höhe irgendwie zu beanstanden. Wer sie also beanstanden wollte, müsste das mit einem sachlichen Grund, also mittels innerdienstlichen, unmittelbar amtsbezogene Kriterien rechtfertigen. Welche sollten das aber sein, wenn die Bemessung der Besoldung nach den konkreten Bedürfnissen und Vermögensverhältnissen der Beamtenfamilie, die die privatrechtlichen Unterhaltsverpflichtungen beeinflussen, nicht mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zu vereinbaren ist?
Sobald es Dir gelingt, diese Frage sachlich zu beantworten, gibt es kein Problem mehr. Beantwortet man diese Frage unsachlich, gibt es jedoch plötzlich jede Menge Probleme, die allerdings nicht in der Sache liegen, sondern der unsachlichen Antwort ("unsachlich" meint hier also, "nicht der Sache als solcher geschuldet") geschuldet sind. Lässt man sich auf die Verhexung des Verstands durch die Mittel der Sprache der Besoldungsgesetzgeber ein, landet man entweder in einem Parlament oder bekanntlich hier:
https://www.youtube.com/watch?v=7dO9Lm_CXz0