Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 7027592 times)

SwenTanortsch

  • Moderator
  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,695
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18075 am: 02.09.2025 15:19 »
In Deutschland werden im nächsten Jahr mehr Karotten angebaut, damit man die weiterhin den Beamten vor die Nase halten kann ....

Das aber wäre gefährlich, jedenfalls spätestens dann, wenn sich die Beamten die Karotte regelmäßig schnappten, weil sich so ggf. ihre Sehstärke verbesserte, was es aus Dienstherrnsicht zu vermeiden gelten sollte...

BVerfGBeliever

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 756
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18076 am: 02.09.2025 15:24 »
@Swen, ich bin schon sehr gespannt auf deine Studie!

Ich hatte ja spaßeshalber vor einiger Zeit auch mal eine zeitgenössische "Analyse" der Besoldung zwischen 1897 und 1924 zitiert, siehe hier: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg375047/topicseen.html#msg375047

Wie erwähnt passen die damaligen Sätze auch einhundert Jahre später wie die Faust aufs Auge:

- "Die Bezüge der Beamten der mittleren und oberen Besoldungsgruppen sind sowohl seit 1897 wie auch seit 1913 erheblich weniger aufgebessert worden als die der unteren Besoldungsgruppen. Infolgedessen ist bei den Grundgehältern und noch mehr bei den Gesamtbezügen eine Zusammenrückung der Spannungen zwischen den Bezügen der Beamten eingetreten, d. h. bessere Vorbildung und Leistungen von größerer Tragweite und mit größerer Verantwortlichkeit werden im Verhältnis zu einfacherer Vorbildung und Leistungen von weniger großer Bedeutung geringer entlohnt als früher." (S. 19)
- "Die Spannungen, die in der Privatwirtschaft zwischen den Bezügen der verschiedenen Klassen von Angestellten bestehen, sind größer als die Spannungen zwischen den Bezügen der Reichsbeamten. Die Privatwirtschaft bezahlt ihre gut vorgebildeten und in leitender, verantwortlicher Stellung befindlichen Angestellten verhältnismäßig erheblich besser als das Reich seine vergleichbaren Beamten, während dies bei den den Beamten der unteren Besoldungsgruppen vergleichbaren Angestellten nicht der Fall ist." (S. 19)


Und nur noch mal zur Klarstellung:

- 2025 bekommen "obere" A-Beamte rund das 2,3-fache (A15) bzw. 2,9-fache (A16) von "unteren" A-Beamten.
- 1957 lag der entsprechende Faktor bei ca. 4,3 bzw. 5,0.
- 1924 war es rund das 6,8-fache.
- 1913 war der Faktor noch höher (und es gab keinerlei Familienzuschläge!).
- 1897 war der Faktor nochmals höher.

SwenTanortsch

  • Moderator
  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,695
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18077 am: 02.09.2025 15:48 »
Die Denkschrift des Reichsministers der Finanzen ist von grundlegender Bedeutung, will man die Entwicklung der Reichsbesoldung vor und nach 1918 verstehen. Zugleich zeigt sie - trotz aller auch sie prägenden fiskalischen Interessen - einen maßgeblichen Unterschied im Selbstverständnis. Denn sie orientiert sich grundlegend an den tatsächlichen Verhältnissen, was sich in der Bundesrepublik zum Glück genauso fortgesetzt hat, sodass man das auch noch in den 1960er Jahren nachweisen kann.

clarion

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 3,059
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18078 am: 02.09.2025 19:21 »
Die Spanne zwischen einfachen Arbeiter und leitenden Angestellten in einer Firma im mittleren Management dürften in 1957 ebenfalls erheblich höher gewesen sein als jetzt.

Rheini

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 334
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18079 am: 02.09.2025 20:11 »
Die Spanne zwischen einfachen Arbeiter und leitenden Angestellten in einer Firma im mittleren Management dürften in 1957 ebenfalls erheblich höher gewesen sein als jetzt.

Auch zwischen dem einfachen Arbeiter und einem Vorstandsmitglied?

netzguru

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 26
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18080 am: 02.09.2025 20:57 »
Hallo zusammen,

was ist mit den Pensionären?

Müssen die Pensionäre nicht auch auf Bürgergeld höhe + XXX sein?

z.b.: durch einen Dienstunfall DDU mit 75% im Ruhestand.

Bei einer 4k Familie.

Ist etwas für die Pensionären vorgesehen?

gruß
netzguru

clarion

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 3,059
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18081 am: 03.09.2025 07:30 »
@Rheini, die Ebene der Vorstände Isuzu einem Selbstbedienungsladen geworden. Milliongehälter für teils mäßige Leistung, aber dieser Exkurs tut hier nichts zur Sache.

An alle, sind die Streichung der unteren Besoldungsgruppen nicht sachlich begründet mit gestiegenen Anforderungen? Wo gibt es denn noch einfache Tätigkeiten, die nicht an externe Dienstleister ausgelagert sind?

SwenTanortsch

  • Moderator
  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,695
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18082 am: 03.09.2025 08:10 »
@Rheini, die Ebene der Vorstände Isuzu einem Selbstbedienungsladen geworden. Milliongehälter für teils mäßige Leistung, aber dieser Exkurs tut hier nichts zur Sache.

An alle, sind die Streichung der unteren Besoldungsgruppen nicht sachlich begründet mit gestiegenen Anforderungen? Wo gibt es denn noch einfache Tätigkeiten, die nicht an externe Dienstleister ausgelagert sind?

Die Begründung mag im Einzelfall auf höhere Anforderungen abgestellt haben, hätte dann aber immer noch die Forderungen, wie sie sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben, in den Blick zu behalten (gehabt). Darüber hinaus ist die Streichung unterer Besoldungsgruppen und niedriger Erfahrungsstufen regelmäßig als zur Beachtung des Mindestabstandsgebots notwendig in den Gesetzesbegründungen angeführt worden, was aber m.E. kein sachlicher Grund ist, da ja die Mindestalimentation keinerlei Zusammenhang mit der amtsangemessenen Alimentation hat, sondern allein die Grenze zur Unteralimentation darstellt. Entsprechend dürften so vorgenommene Streichungen von unteren Besoldungsgruppen und niedrigen Erfahrungsstufen ohne sachlichen Grund erfolgt sein, was dem Besoldungsgesetzgeber aber verboten ist.

Haushaltshilfe

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 85
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18083 am: 03.09.2025 08:15 »

Und nur noch mal zur Klarstellung:

- 2025 bekommen "obere" A-Beamte rund das 2,3-fache (A15) bzw. 2,9-fache (A16) von "unteren" A-Beamten.
- 1957 lag der entsprechende Faktor bei ca. 4,3 bzw. 5,0.
- 1924 war es rund das 6,8-fache.
- 1913 war der Faktor noch höher (und es gab keinerlei Familienzuschläge!).
- 1897 war der Faktor nochmals höher.

Anbei mal eine kurze Übersicht der letzten Jahre:


 
JahrUnterste Besoldungsgruppe oberste StufeFaktorA16 oberste Stufe FaktorA15 oberste Stufe
20243.046,422,86148.716,972,57567.846,32
20222.693,092,99968.078,222,69267.251,40
20212.645,472,99967.935,382,69267.123,18
20202.614,102,99967.841,282,69267.038,72
20192.485,153,12227.759,032,80266.964,89
20182.410,663,12227.526,462,80266.756,13
20172.340,673,12227.307,952,80266.559,99
20162.286,933,12227.140,162,80266.409,37
20152.237,703,12226.986,462,80266.271,40
20142.189,533,12226.836,072,80266.136,40
2013b2.103,743,16106.649,872,83755.969,26
2013a2.078,793,16106.571,022,83755.898,48
2012b2.054,143,16106.493,102,83755.828,54
2012a1.988,523,16106.285,672,83755.642,34
2011b1.941,163,16106.135,952,83755.507,95
2011a1.935,353,16106.117,602,83755.491,48
20101.923,813,16106.081,112,83755.458,73
20091.842,353,18155.861,482,85595.261,58
20081.792,173,18155.701,832,85595.118,27
20061.688,283,24615.480,392,91094.914,37
2004b1.688,283,24615.480,392,91094.914,37
2004a1.671,563,24615.426,132,91094.865,71
20031.655,013,24615.372,412,91094.817,53
20021.544,303,39735.246,493,04644.704,62
20012.955,363,397310.040,363,04659.003,37
19992.903,103,39739.862,833,04658.844,17

 


Ozymandias

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,268
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18084 am: 03.09.2025 08:20 »
99 und 2001 sind noch in DM, falls jemand so verwirrt ist wie ich 😉

BVerfGBeliever

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 756
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18085 am: 03.09.2025 08:35 »
Mit anderen Worten: Wenn die Faktoren zumindest seit der Euro-Einführung konstant geblieben wären (so wie es beispielsweise bei den EU-Beamten gehandhabt wurde und wird), dann bekäme ein A16 heute 10.350 € statt 8.717 € und ein A15 bekäme 9.281 € statt 7.846 €..

Haushaltshilfe

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 85
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18086 am: 03.09.2025 08:37 »
99 und 2001 sind noch in DM, falls jemand so verwirrt ist wie ich 😉

Ja, hätte ich als Erklärung hinzufügen sollen. Aber es geht hier ja einfach um den Faktor. 
Ich mach die anderen Jahre gleich auch mal fertig.

Haushaltshilfe

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 85
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18087 am: 03.09.2025 08:56 »
JahrUnterste BesoldungsgruppeFaktorA16 oberste StufeFaktorA15 oberste Stufe
19982.821,283,39739.584,873,04658.594,92
19972.743,923,39739.322,033,04658.359,22
19951.878,704,41948.302,683,90697.339,87
19941.820,444,41948.045,233,90697.112,27
19931.784,744,41947.887,483,90696.972,81
19921.732,754,41947.657,743,90696.769,71
19911.643,974,41947.265,403,90696.422,87
19901.513,174,52976.854,154,00446.059,31
19891.421,934,73976.739,574,19015.958,02
19881.402,294,73986.646,514,19015.875,75
19871.369,424,73986.490,734,19015.738,03
19861.324,394,73986.277,304,19015.549,35
19851.279,604,73986.065,024,19015.361,69
19831.239,924,73985.876,954,19015.195,43
19821.215,604,73985.761,714,19025.093,55
19811.173,354,73985.561,494,19024.916,55
19801.124,974,73995.332,204,19024.713,85
19791.058,294,73995.016,184,19024.434,47
19781.017,584,73994.823,254,19024.263,91
1977973,764,74304.618,554,19024.080,29
1976924,744,74004.383,234,19033.874,91
1975863,954,83194.174,504,27153.690,39
1974815,044,83193.938,204,27163.481,50
1973690,535,13803.547,924,54213.136,48
1972651,445,13803.347,094,54222.958,94
1971626,385,13803.218,354,54222.845,13
1970585,405,13803.007,804,54222.659,00
1969542,005,13842.785,004,54242.462,00
1968528,804,95882.622,204,39432.323,70
1967508,404,95892.521,104,39482.234,30
1966b508,364,95952.521,214,25742.164,29
1966a488,804,95962.424,244,25742.081,04
1964470,004,95962.331,004,25742.001,00
1963435,004,95862.157,004,25751.852,00
1961404,504,95672.004,974,25681.721,86
1960374,504,95711.856,454,25711.594,30
1957350,004,95711.735,004,25711.490,00
« Last Edit: 03.09.2025 09:05 von Haushaltshilfe »

Rheini

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 334
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18088 am: 03.09.2025 10:05 »
Fände es interessant wenn das BVerfG (irgendwann mal) sich dazu äußert, welcher Aufgabenbereich, Qualifikation bei einem Beamten vorliegen muss, für die Betrachtung des 115% Abstandes. Sofern es ausreicht unabhängig der Qualifikation eines Beamten mit der untersten Besoldungsgruppe dies zu schaffen müssen, sofern natürlich nicht andere Gründe dagegen stehen, wäre es für den DH attraktiv, die zukünftige Besoldungsgruppe weiter zu straffen.

Besonders weil ja die Arbeitsplatzbewertungen sicherlich nicht gleichermaßen gestrafft werden.

Ich habe noch mit A5/1 angefangen und ich meine das es bei der Bundespost Briefträger im einfachen Dienst gab. Somit müsste, sofern es die noch geben würde, mit A3? A4? 115% erreicht werden und ich mit meinen A5/1, irgendwo darüber. Jetzt fängt der Beamte mit 5/3?? an und diese muss nun die 115% erreichen.

Evtl. kommt der Tag wo alle im mittleren Dienst mit A9 anfangen, somit alle Aufgaben im mittleren Dienst abgedeckt sind, der Dienstherr verkauft das als was positives (hey, Du bist sofort A9 wo man früher noch 30 Jahre für brauchte) und zahlt hier die 115% und in Wirklichkeit ist es eine Reduzierung für alle Beamte.

Insofern würde ich mir hier eine Klarstellung seitens des BVerfG wünschen.

 

PublicTim

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 35
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18089 am: 03.09.2025 10:12 »
Kann das BVerfG nicht ggf, solche Faktoren im Allgemeinen festlegen. So dass stets die höchste A-Besoldung das X-fache der niedrigsten A-Besoldung, aufgrund der Verantwortung des Statusamtes etc. Gleiches gilt natürlich, dass gewisse Standardposten , wie Bürgergeld, Wohngeld und die weiteren Auflistung mit dem Faktor 100 fixiert wir und die unterste A-Besoldung, wie auch schon im GG verankert, halt der Faktor 115 ist. So dass hier eine automatische Anpassung alle 3 Jahre stattfindet???