Erwähnenswert finde ich die Einordnung der zeitnahen Geltendmachung als materiellen Ausschlussgrund, der durch das Gericht von Amts wegen zu beachten ist. Grundsätzlich steht dieser damit nicht zur Disposition des Dienstherrn. Seine Geltendmachung kann nach Ansicht des Gerichts aber aufgrund des besonderen Treueverhältnisses wiederum ausgeschlossen sein. Ggf. ist der Sachverhalt Rundschreiben des BMI für Bundesbeamte ebenfalls so zu betrachten.
Persönliche Ansicht: Ich würde es aus reiner Vorsicht nicht darauf ankommen lassen!
M.E. kann man der Situation aktiv entgegentreten, wenn man die Einsprüche noch zeitnah nachholt, ggf. verbunden mit dem Wort Wiedereinsetzung, da man aufgrund des Schreibens davon ausgehen konnte, dass eine zeitnahe Geltendmachung nicht erforderlich sei und man sich darauf aufgrund des besonderen Treueverhältnisses verlassen habe.
Genau diesen Weg habe ich beschritten und eine Eingangsbestätigung sowie die Zusage das Verfahren ruhend zu stellen und auf Einrede der Verjährung zu verzichten erhalten In Anlehnung an die Ausführungen in der Urteilsbegründung zur Beschränkung des Ausschlussgrundes sollte man in diesem Fall noch höheren Vertrauensschutz genießen.
M.E. ist die Argumentation des Gerichts bzgl. der zeitnahen Geltendmachung jedoch kein Selbstgänger, dazu werde ich morgen etwas schreiben.
Sehr gut und Danke, GoodBye, Du wirst damit vielen Bundesbeamten eine wirkliche Hilfe liefern. Hilfreich dürfte es sein, dass Du Deine Ausführungen zur Wiedereinsetzung hier als eine Art Vorlage postest. Die umfangreiche Begründung der Kammer im Kontext der speziellen Situation in Hamburg, die offensichtlich nicht so ohne Weiteres auf die des Bundes übertragen werden kann, zeigt ja die Komplexität der Problematik. Der LS 3
"Eine verspätete Geltendmachung eines Alimentationsdefizits durch einen Beamten ist gemessen an der Funktion des Erfordernisses zeitnaher Geltendmachung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausnahmsweise unschädlich, wenn die konkret eingetretene Verzögerung im Einzelfall zurechenbar durch die Dienstherrin veranlasst wurde"
ist darüber hinaus noch nicht rechtskräftig und wird am Ende auch - davon dürfen wir ausgehen - das Bundesverfassungsgericht mit einigen Worten beschäftigen, sobald er die Vorlage aufrufen wird. Ob dann die komplex begründete oder anvisierte Rechtsfigur der Kammer Bestand haben wird und welche Schlüsse der Senat in diesem Fall daraus ziehen würde, ist bislang unklar, sofern er sich überhaupt der Ansicht der Kammer anschließt, die ja zugleich nur einen insgesamt sehr engen Korridor beschreibt und so begründet, in dessen Rahmen nach ihrer Ansicht eine Ausnahme von der strikt an das jeweilige Haushaltsjahr geknüpften Rügeobliegenheit des Beamten geben kann. Auch hier dürfte es mit einiger Wahrscheinlichkeit - sofern sich der Senat der Begründung in Teilen oder als Ganzes anschließen sollte - um die
Konkretisierung gehen, dass die eingetretene Verzögerung
im Einzelfall zurechenbar durch die Dienstherrin veranlasst wurde. Denn nur dann, wenn es in jedem einzeln zu betrachtenden Fall evident sein dürfte, dass die eingetretene Verzögerung konkret und also ihr zurechenbar von ihr
veranlasst worden sei, könnte die anvisierte Rechtsfigur überhaupt vertretbar sein, denke ich.
Da aber genau das, eine dem Gericht aufgebürdete Einzelfallbetrachtung mit einem hohem Aufwand verbunden sein kann - wie im Fall von der Kammer gezeigt -, das jeweilige Vorverfahren mit seinen klaren zeitlichen Umgrenzungen aber genau das unterbinden und damit die Gerichte von ggf. entsprechend umfassend nötigen Einzelfallbetrachtungen entlasten soll, begibt sich die Kammer offensichtlich auf durchaus dünnes Eis und wird weder das Bundesverwaltungsgericht (sofern es irgendwann mit einem solchen Fall beschäftigt sein sollte) noch das Bundesverfassungsgericht ein größeres grundsätzliches Interesse haben oder eine jeweilige unendliche Notwendigkeit sehen wollen, den engen Korridor, der jetzt von der Kammer zumindest ein wenig ausgeweitet werden soll, über Gebühr auszuweiten.
Denn die Folge wäre, dass alsbald danach wiederkehrend Klagen die Verwaltungsgerichtsbarkeit fluten könnten, deren Kläger allesamt ebenfalls ohne rechtzeitige Geltendmachung und mit Bezug auf die höchste Rechtsprechung nachträglich eine amtsangemessene Alimentation begehrten. An dieser möglichen Flut aber, die letztlich in den allermeisten Fällen von Vornherein keine Chance auf Erfolg haben würde, hat zur Aufrechterhaltung des effektiven Rechtsschutzes niemand ein Interesse. Von daher wird es interessant werden, wie sich das Bundesverfassungsgericht zu dieser Vorlage stellen wird.