@Swen
Ich verstehe deine Sichtweise bzgl. der langen Verfahrensdauer. Dennoch habe ich in einem Bericht über das Ausscheiden lesen müssen, dass manche Verfahren länger dauern als gedacht, weil viel Zeit in Entscheidungen in Bezug auf Asyl und Bürgergeld? investiert werden mussten.
Da frage ich mich dann, ob nicht auch irgendwann die Frage erlaubt ist, ib man dann nicht das BVerfG personell aufstocken müsste, um alles in geordneten Bahnen, auch in zeitlicher Hinsicht, zurückzuführen.
Gerade ein Verfassungsorgan darf nicht als Grund "Überlastung" angeben.
P S. Zeigt deine Glaskugel wann der Artikel aus der Zeitschrift ZBR 9/25 als Einzelartikel kaufbar ist?
Du tickst damit m.E. eine wichtige Sachfrage an, Rheini. Ich schätze, dass sich die BVR nicht dagen zu Wehr setzen würden, wenn man die Zahl ihrer Wissenschaftlichen Mitarbeiter von vier auf bspw. fünf erhöhen würde. Wogegen sie sich allerdings - denke ich - mindestens weit überwiegend, wenn nicht sogar einstimmig wenden würden, wäre die Installation eines weiteren Senats, weil das die Gefahr heraufbeschwören würde, dass am Ende die Rechtsprechung dreier Senate wiederkehrend im Plenum abzustimmen wäre, was dann gerade bei strittigen (Verfassungsrechts-)Fragen zu ggf. eher noch längeren Verfahrendauern oder ggf. zu in verschiedenen Dogmatiken unterschiedlicher Rechtsgebieten nicht mehr eindeutigen Rechtsprechung führen könnte. In den 2010er Jahren gab es solch ein Problem hinsichtlich der den Gesetzgeber treffenden prozeduralen Anforderungen (die dazu geschriebene fachwissenschaftliche Literatur ist allerdings meines Wissens nicht frei online zugänglich, einen präzisen wie informativen Überblicksartikel hat bspw.
Arno Wieckenhorst, Verfassungsrechtliche Gesetzgebungslehre - Das Bundesverfassungsgericht bleibt gespalten?, in: DÖV 2018, S. 845, formuliert). Auf die Schnelle habe ich jetzt mal die Problematik an einem öffentlich zugänglichen Beitrag für ein anderes Rechtsgebiet recherchiert, also hier:
https://www.rewi.hu-berlin.de/de/lf/oe/hfr/deutsch/1998-01.pdfWürden also nun drei statt bislang zwei Senate rechtskräftig das Verfassungsrecht auslegen, dürfte das in einem wiederkehrend höheren Maße zu Problemen führen als zwischen derzeit zweien. Insofern könnte die Erweiterung der Anzahl von Wissenschaftlichen Mitarbeiter tatsächlich wohl eher Abhilfe schaffen - ich befürchte aber, dass das von politischer Seite eher nicht in allen Fällen ebenfalls so gesehen wird.
Die ehemaligen BVR berichten darüber hinaus nach ihrem Ausscheiden regelmäßig von der wiederkehrend hohen (Mehr-)Belastung, die sich ohne vorheriges eigenes Tun einstellen kann. Ich halte es für wahrscheinlich, dass davon auch Susanne Baer in ihrem neuen Buch berichten wird:
https://media.herder.de/leseprobe/978-3-451-07406-6/index.html (es ist bei mir zum nächsten Lesen vorgemerkt). Ich könnte mir vorstellen, dass sich in letzter Zeit dem Dezernat des nun ehemaligen BVR Maidowski einige Eilentscheidungen in Form von Verfassungsbeschwerden hinsichtlich des Asylrechts zur Bearbeitung gestellt hatten werden, da jenes Rechtsgebiets ja ihm und seinem Dezernat unterfiel (vgl. nur:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/bvg25-091.html) und da hier politisch in den letzten Monaten recht viel los war. Da es hier im Einzelfall um Leib und Leben geht, wird sich ein BVR in der Güterawägung sachlich immer gezwungen sehen müssen, diesen Entscheidungen in seinem Dezernat eine hohe sachliche (und damit fast zwangsläufig zeitliche) Priorität zuzumessen, um sich nicht in die Gefahr zu begeben, sich sachlich angreifbar zu machen. Hier liegt dann also keine eigene persönliche Priorisierung vor (also nach dem Motto, dass dieses oder jenes Thema für einen selbst eben wichtiger sei), sondern die Sachlage fordert die Priorisierung, was geplante zeitliche Abläufe - so gilt es zu vermuten - regelmäßig durcheinanderwirbeln sollte. Da der nun ehemaige BVR hier also in einer Stellungnahme darauf aufmerksam gemacht hat -
https://www.dbb-sh.de/aktuelles/news/verfahren-zur-alimentation-werden-fortgesetzt/ -, dürfte man das als das lesen, wie es wohl (denke ich, ich kenne ja die gesamte Stellungnahme nicht, sondern nur das, was der Link hervorhebt) gemeint ist, nämlich als eine nun abschließende Mahnung an die Politik, in komplexen Sachfragen ein politisches Handeln zu zeigen, dass nach Möglichkeit Eindeutigkeit nicht vermeiden muss, sodass die Anzahl an notwendigen bundesverfassungsgerichtlichen Eilentscheidungen sich beträchtlich verringern könnte, was wiederum die Möglichkeit der Arbeit an regelmäßigen Sachfragen signifikant erhöhen sollte. Dabei wird sich der zu jener Zeit noch nicht ehemalige BVR sicherlich darüber bewusst gewesen sein, dass er damit kaum etwas an der politischen Gestaltung ändern wird, die sich ja regelmäßig veranlasst sieht, sachlicher Eindeutigkeit nicht in ausnahmslos allen Fällen immer regelmäßig den absoluten und vollständigen Vorrang zu geben, sondern durchaus in einer gewissen Zahl an Fällen (die bestimmt überschaubar bleibt, wenn ich zum Himmel schaue, finde ich den auch regelmäßig überschaubar, und zwar je überschaubarer, je tiefer die Wolken hängen) auch mal etwas uneindeutiger zu handeln (um's so auszudrücken - vor meinem Fenster hängen die Wolken im Moment sehr tief, was an der Jahreszeit liegen könnte, die wiederum ja die der Reformen ist, weil jeder weiß, dass nach dem Herbst immer der Winter Einzug hält). Der langen Rede kurzer Sinn: Mich dünkt, der BVR Maidowski wird sich nicht in jedem Fall seiner Entäußerungen immer einer gewissen Prise Sarkasmus enthalten können.
Wieso der Verlag seit geraumer Zeit die Einzelartikel nicht über click and buy zur Verfügung stellt, weiß ich auch nicht. Eventuell würde ich den Verlag einfach entsprechend anmailen. Darüber hinaus besteht m.W. die Möglichkeit, ein Probeheft kostenlos zu bestellen, um daran zu prüfen, ob man die Zeitschrift abonnieren möchte. (Der aktuelle Beitrag in der ZBR, um den es hier geht, ist dabei, wie ich schon nach dem ersten Lesen festgestellt habe, nicht besonders spektakulär, um nicht zu sagen, eigentlich geradezu langweilig, wobei es aber das Thema selbst wohl eher nicht ist, wenn ich richtig verstanden habe, worum es geht).
@ Bernd
Genauso wie auch bei Rheinis Post volle Zustimmung! In der letzten Fettmarkierung des Zitats liegt die sachliche Begründung für das, was ich gerade geschrieben habe (und zwar in den heutigen rechtlichen Regelungen). Ich kann dabei nicht abschätzen, welche Priorisierung tatsächlich sachgerecht ist - wie gesagt, es kann ja um Leib und Leben gehen -; aber zu erwarten sein sollte, dass politische Verantwortungträger egal welcher Partei die Konsequenzen ihres Handelns umfassend im Blick behielten. Das dürfte gerade beim Thema Asyl besonders im Blick zu behalten bleiben, da es politisch und gesellschaftlich bekanntlich hoch aufgeladen ist. Das Thema sollte eigentlich weiterhin als ein maßgeblich gesellschaftliches ein vordringlich politisches und eben kein vor allem juristisches bleiben. Denn Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG führt ja aus: "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit." Daraus ist nicht zu schließen, dass am Ende die Gerichte für die politische Willensbildung des Volkes die eigentliche Verantwortung übernehmen sollten, denke ich.