Im Gutachten von Battis für den TBB bin ich auf Seite 2/Punkt 3 auf folgende Formulierung gestoßen:
"Entgegen der Annahme des Thüringer Finanzministeriums ist außerdem von einer Verletzung des besoldungsinternen Abstandsgebotes infolge der Abschaffung des einfachen Dienstes in 2015 auszugehen."
Interpretiere ich das richtig, dass die Abschaffung des einfachen Dienstes ohne Neustrukturierung ebenfalls eine Verletzung des Abstandsgebotes darstellt bzw. die Streichung der unteren Besoldungsgruppen den Zustand der Abstandsverletzung zur Grundsicherung nicht heilt, da es einer Einebnung der Besoldungsstrukturen gleichkommt?
Gibt es dazu tiefergehende Aufsätze oder Ausführungen? Für mich ist/war das ein neuer Aspekt in der Diskussion, da dies analog für viele weitere BL gelten würde, in denen der einfache Dienst abgeschafft wurde, ohne eine neue Besoldungsordnung zu schaffen.
Im Sinne Deiner ersten Frage wird das offensichtlich interpretiert - offensichtlich gibt es dazu bislang aber keinen systematischen Beitrag (mir ist jedenfalls keiner bekannt). Da sich durch das Streichen unterer Besoldungsgruppen das prozentuale Verhältnis der anderen nicht ändert, dürfte die Argumentation über die Wertigkeit der Ämter vollzogen werden, schätze ich. Da jedem Amt als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums eine bestimmte Wertigkeit innewohnt, diese aber offensichtlich verschoben wird, wenn beispielsweise nach A 2 eingruppierte Beamte durch Streichung dieser und der nächsten nach A 4 übergeleitet werden, ohne dass sie im Anschluss eine höherwertige Leistung als zuvor erbringen, kann man das eventuell als einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG interpretieren, da ihnen anders als den weiteren Beamten (mit gewisser Ausnahme gegenüber jenen der vormaligen Besoldungsgruppe A 3) bei gleichwertiger Leistung wie zuvor ein höherwertiges Gut gewährt wird als zuvor, was letztlich - ich denke, das wird die Interpretation sein - ggf. als Verstoß gegen das Abstandsgebot gewertet werden könnte. Nicht umsonst führt das BVerfG regelmäßig aus: "Die Amtsangemessenheit der Alimentation der Richter und Staatsanwälte bestimmt sich auch durch ihr Verhältnis zur Besoldung und Versorgung anderer Beamtengruppen [...]. Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Gleichzeitig kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Die Wertigkeit wird insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die 'amts'-angemessene Besoldung ist notwendigerweise eine abgestufte Besoldung [...]. Die Organisation der öffentlichen Verwaltung stellt darauf ab, dass in den höher besoldeten Ämtern die für den Dienstherrn wertvolleren Leistungen erbracht werden. Deshalb muss im Hinblick auf das Leistungs- und das Laufbahnprinzip mit der organisationsrechtlichen Gliederung der Ämter eine Staffelung der Gehälter einhergehen." (vgl. die Rn. 43 der aktuellen Entscheidung)
Im Sinne einer solchen Argumentation kann eventuell noch eine Streichung der kaum oder gar nicht besetzten unteren Besoldungsgruppe ohne Verschiebung von Wertigkeiten vollzogen werden. In Thüringen wurde aber bis zum 31.08.2015 noch A 3/1 mit einem Grundgehaltssatz von 1.924,40 € als die niedrigeste Besoldungseingruppierung geführt bzw. entsprechend besoldet. Ab dem 01.09.2015 war es dann A 6/1 mit dem Grundgehaltssatz von 2.066,01 €. Der gesetzlich vollzogene Grundgehaltssatz hat sich insofern hier um rund 7,4 % erhöht, während der allgemeine Erhöhungswert der anderen Besoldungsgruppen bei 2,1 % lag. Im Sinne der skizzierten Argumentation könnte man das offensichtlich als eine entsprechende Einschmelzung der systeminternen Abstände interpretieren.
Da der systeminterne Abstandsvergleich im Sinne des vierten Parameters der ersten Prüfstufe an der Endstufe zu vollziehen ist, fallen die Werte dann noch einmal entsprechend höher aus - A 3/7 als Endstufe wurde bis zum 21.08.2015 mit 2.199,89 € besoldet, A6/7 mit 2.381,80 € und A 6/9 als Endstufe mit 2.499,86. Zwischen A 3/7 und A 6/7 herrschte ein Unterschied von rund 8,3 % - zugleich konnte der entsprechend übergeleitete Beamte seine Grundbesoldung nun im Verlauf der nächsten Jahre über die vormalige Endstufe hinaus vergrößern, was den Beamten der anderen Besoldungsgruppen so nicht möglich war (und ist). Auch hier ist also zu fragen, ob das mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang zu bringen wäre. Denn jener übergeleitete Beamte wird am Ende nach Erreichen der vormals so nicht möglichen neuen Endstufe eine systematisch um 13,6 % höhere Besoldung erreichen als in seiner vormaligen.