@boysetsfire: Danke für das Dokument!
Ich habe mir den Spaß (Anpassung Besoldung in SH) mal angeschaut und finde einige interessante Punkte darin, insbesondere in der Gesetzesbegründung.
So wird recht viel Zeit darauf verwendet, zu argumentieren, warum es sinnvoll erlaubt, in gewissem Sinne gar geboten, das Bild der Alleinverdiener-Familie weiterzuentwickeln und "in die Zeit zu stellen". Es wird etwa auf die Entwicklung des Unterhaltsanspruchs via BGB in einer Ehe abgestellt, welcher sich von einer "Hausfrauenehe" (in der der Ehemann seiner Ehefrau unterhaltspflichtig war, während diese den Haushalt zu führen hatte; und bis in die 1970er der Ehemann eigenmächtig die Erwerbstätigkeit der Ehefrau fristlos kündigen konnte) hin zu einer gleichberechtigten Ehe (in der beide füreinander und die Familie unterhaltspflichtig sind, während, sollte die private Entscheidung zur Haushaltsführung durch eine Eheperson führen, diese dadurch ihren Unterhaltspflichten schon ausreichend nachkommt) abgestellt. Historisch hätten sich bis dahin die Ausgestaltung familienbezogener Anteile Beamtenbesoldung sowie die Sozialgesetzgebung im Kaiserreich, der Weimarer Republik und der frühen Bundesrepublik parallel entwickelt, während an dieser Stelle in den 70ern zwar die Sozialgesetzgebung, nicht aber die Beamtenbesoldung weiterentwickelt wurde. Insbesondere deshalb sieht man -- wie auch das BVerfG auch -- die Bemessung an der vierköpfigen-Alleinverdiener Ehe nicht als Teil der garantierten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. (Weiterhin wird auch m.E. schlüssig darauf hingewiesen, dass eine Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten, die etwa in die Grundsicherung Aufnahme bekommen haben, damit auch Personen mit Kindern einer Berufstätigkeit nachgehen können, wenig Sinn ergibt, wenn man von einer Betreuung durch einen nicht-erwerbstätigen Ehepartner ausgeht, der den Haushalt führt und Kinderbetreuung übernimmt.)
Die Autoren des Entwurfs formulieren deutlich, dass ihr Vorgehen keine Abkehr oder Schlechterstellung der Alleinverdiener-Ehe sei, da ja in solchen Konstellationen die entsprechenden Familienzuschläge die Differenz des Netto-Haushaltseinkommens zu den geforderten 115% der Grundsicherung ausgleichen würden. Es spiegele die reale Situation aber besser wider, wenn auch -- sofern vorliegend -- das Einkommen des Ehepartners Berücksichtigung finde. Dies sei etwa deshalb relevant, da auch verheiratete Frauen mittlerweile fast so häufig einer Arbeitstätigkeit nachgehen würden wie Männer, sodass die Alleinverdiener-Ehe nicht mehr die einzig relevante Familienkonstellation ist. Da insbesondere beide Ehepartner unterhaltspflichtig ihren Kindern gegenüber sind, ist bei der Betrachtung der Bedarfe der Kinder also auch ein ggf. vorhandenes Einkommen des Ehepartners einzubeziehen.
Weiterhin heißt es zur Begründung der Differenzierung zwischen Familien mit ein bzw. zwei Einkomensbeziehern:
"Diese Differenzierung ist auch deshalb geboten, um kaum mehr zu vermittelnde Verwerfungen innerhalb des Besoldungssystems insgesamt, aber auch im Verhältnis zu den Tarifbeschäftigten zu vermeiden. Denn außerhalb des beamtenrechtlichen Besoldungsrechts spielt die jeweilige Familiensituation für die Bezahlung überhaupt keine Rolle. Wie weiter oben unter Ziffer 1 ausgeführt, ist der nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts notwendige Korrekturbedarf bei der Alimentation von Beamtinnen und Beamten mit Familie und Kindern erheblich, obwohl schon nach gegenwärtigem Recht über die Familienzuschläge Gehaltskomponenten beträchtlichen Umfangs gewährt werden, die es wie gesagt außerhalb des Beamtenrechts nicht gibt. Ein Ausgleich des Fehlbetrags in der Alimentation nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts muss zwangsläufig zu Spannungen innerhalb der Beamtenschaft insgesamt als auch insbesondere im Verhältnis zu den Tarifbeschäftigten führen, weil die Höhe der Zuschläge, deren einziges Anknüpfungsmerkmal das Vorhandensein von Kindern ist, schwerlich zu vermitteln ist. Denn außerhalb des Beamtenrechts wird die persönliche Entscheidung für Kinder und die damit einhergehenden finanziellen Belastungen dem Bereich der Privatsphäre zugeordnet."
Dann folgt eine recht ausführliche Beschreibung, wie man die Bedarfe ermittelt hat. Das dürfte dann wohl der vom BVerfG geforderten Begründungsnotwendigkeit doch Genüge tun. Interessant finde ich, dass man sich nicht nur auf den Bedarf einer vier-köpfigen Familie (plus ggf. weitere Kinder) beschränkt, sondern auch auf den Fall einer Familie mit nur einem Kind schaut; und auch hier bei den unteren Besoldungsgruppen eine zu geringe Besoldung feststellt.
Bei der Ermittlung des Fehlbetrags bei der derzeitigen Besoldung für das dritte Kind (und weitere) wird übrigens auf einen Beamten nach A13 abgestellt, da dies die größte Beamtengruppe sei. Nach meinem Verständnis führt dies aber dazu, dass für höhere Besoldungsgruppen ein zu geringer steuerlicher Abzug berücksichtigt wird, sodass Netto ein zu geringer Betrag für Kind Nr. 3 + übrig bleibt. (Wie viel das ausmacht, habe ich aber nicht durchgerechnet. All zu viel wird es wohl nicht sein.)
Bei den Wohnkosten ist man (beim Mehrbedarf für kinderreiche Familien) von Mietstufe IV ausgegangen und hat einen 10% Sicherheitsaufschlag draufgepackt. (Bei der 4K-Familie orientiert man sich am 95% der Statistik der Bundes-Arbeits-Agentur.)
So viel dazu. Ich mag ja als Mathematiker in juristischen Fragen des Beamtenrechts nicht so bewandert zu sein wie manch anderer hier. Für mich hört sich das aber durchaus nachvollziehbar an...