Danke.
Warum bist du dir aber so sicher, dass das BVG nicht irgendwann zugunsten der Länder/des Bundes entscheidet?
Dann hätten sie ja alles richtig gemacht.
Z.b. ist der unsägliche Tarifabschluss letztes Jahr dann eigentlich eindeutig verfassungswidrig, da der Abstand nach unten dadurch kleiner wird.
Trotzdem haben sie diesen Abschluss gemacht.
Das Bundesverfassungsgericht ist seit 2012 dabei, eine neue Besoldungsdogmatik zu entwickeln, da es seit spätestens 2007 davon ausgeht, dass in Deutschland Beamtengruppen oder womöglich auch alle Beamte nicht mehr amtsangemessen alimentiert werden. Es hat den Besoldungsgesetzgeber seitdem unter anderem dazu verpflichtet, sein entsprechendes Gesetz bereits im Verfahren realitäts- und sachgerecht zu begründen - das sind dessen prozeduralen Verpflichtungen -, was es unter anderem daraus ableitet, dass der einzelne Beamte über ein grundgesetzgleiches Recht auf eine amtsangemessene Alimentation verfügt und dass seine Besoldung innerhalb des besonderen Gewaltverhältnis, dem er unterliegt, nur gesetzlich geregelt werden kann. Dahinter kann (und will) es nicht mehr zurück, da das sich kaum verfassungsrechtlich begründen ließe.
2015 hat es dann direktiv ein umfassendes Prüfungsheft entwickelt, anhand dessen gerichtlich zu prüfen ist, ob eine Alimentation materiell amtsangemessen ist oder nicht. Dieses aus drei Prüfungsschritten bestehende Verfahren wird es ggf. präzisieren und auch in Teilen, falls notwendig, der jeweiligen Gesetzgebung anpassen - dazu besteht aber derzeit kein Anlass, da es ja gerade erst entwickelt worden ist, und eine ggf. vorgenommene Anpassung würde das Prüfverfahren nicht prinzipiell ändern, da auch hier eine Traditionslinie entworfen worden ist, die eine andere Begründung kaum zuließe, ohne zu argumentativen Widersprüchen zu führen.
Innerhalb dessen hat es 2015 das 15 %ige Abstandsgebot zur Grundsicherung als die dem absoluten Alimenationsschutz, wie er sich aus dem grundgesetzgleichen Recht des Beamten ergibt, unterworfene Mindestalimentation verfügt. Einschnitte in die Mindestalimentation sind verfassungsrechtlich nicht möglich, eben durch den absoluten Alimentationsschutz verhindert. Auch das kann und wird das Bundesverfassungsgericht als materielle Marke kaum mehr aufgeben - jedenfalls solange sich die Sozialgesetzeslage nicht grundlegend ändert - die Marke als solche - 15 % Abstand zur Grundsicherung - ist dabei ebenso aus der Tradition der eigenen Entscheidungen entstanden, also lange vor 2015.
2020 hat es nun direktiv verfügt, wie sowohl das Grundsicherungsniveau als daraus folgend auch die Mindestalimentation realitätsgerecht zur Prüfung des verfassungsrechtlichen Gehalts einer Alimentation zu bemessen ist, sowie entsprechend auch die Nettoalimentation eines vergleichbaren Beamten. Damit hat es die 2012 begonnene Ausformung der neuen Besoldungsdogmatik weiterhin präzisiert. Auch davon wird das Bundesverfassungsgericht nicht mehr so ohne Weiteres abweichen, da auch das nur argumentativ widersprüchlich möglich wäre.
Denn insgesamt hat es nicht nur das grundgesetzgleiche Recht des Beamten auf eine amtsangemessene Alimentation im Blick, sondern es betrachtet ebenso die qualitätssichernde Funktion einer amtsangemessenen Alimentation für die Funktionstüchtigkeit des öffentlichen Diensts - und diese sieht es als gefährdet an, wenn die Alimentation nicht mehr amtsangemessen ist. Auch davon wird es nicht so ohne Weiteres mehr abrücken, da in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eher damit zu rechnen ist, dass auch der öffentliche Dienst den mehr und mehr spürbar werdenden Fachkräftemangel zu spüren bekommen wird, so wie das jetzt schon vielfach der Fall ist.
Der langen Rede kurzer Sinn: Das Bundesverfassungsgericht folgt eigenen Traditionslinien und kommt dabei grundsätzlich nur selten zu Kontinuitätsbrüchen. Es betrachtet die vorhandene Gesetzeslage aus dieser Tradition heraus und hat dabei gleichfalls keine Veranlassung, seine Rechtsprechung zu ändern, solange es keine grundlegend neue - also diskontinuierliche - Gesetzeslage gibt, wie sie beispielsweise die Abschaffung der Hartz-Gesetze und ein neues Bürgergeld darstellen können. Sofern sich hier eine neue Sozialgesetzgebung entspannen würde, würde auch das Bundesverfassungsgericht - sofern es angerufen werden würde - prüfen, ob die neue Sozialgesetzgebung Folgen für das Besoldungsrecht ermöglichen würde oder zeitigen müsste. Es wird dabei aber seine Sorge, dass die Alimentation die qualitätssichernde Funktion des öffentlichen Diensts zu sichern habe, nicht abstreifen - insbesondere weil es gerade erst zurecht seine Überzeugung vertreten hat, dass es in Deutschland eine mindestens "teilweise drastische Abkopplung der Besoldung" von den wirtschaftlichen Entwicklungen gibt (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 177).