Wenn Du also die Grundgehaltssätze in den oberen Besoldungsgruppen deutlich erhöhen willst (denn darum geht es ja), die unteren aber nicht oder nicht anteilsmäßig, dann verschiebst Du das Besoldungsgefüge - und dafür benötigst Du, da das nicht willkürlich geschehen darf, einen sachlichen Grund.
Bezogen auf die Richter etc. könnte ja ein Sachgrund sein, dass die Einkommen in dieser Welt (also privat Wirtschaft Kanzleien) ebenfalls stärker gestiegen sind als in der Welt der Sachbearbeiter und man wg. Bestenauslese, da nicht mehr nachkommt. Wohingegen, die Besoldung der Sachbearbeiter ja durchaus noch Konkurrenzfähig ist.
Das wäre, wenn es sich für beide Gruppen so (a) betrachten und (b) belegen ließe, offensichtlich ein sachlicher Grund. Allerdings beinhaltet (a) die Betrachtung der Verbindung von A- und R-Besoldung wiederum eine Problematik, die sich nicht so einfach bzw. offensichtlich gar nicht auflösen lässt:
Wie schon einmal festgestellt, liegen die bei den Abständen notwendigerweise (jedoch nicht automatisch hinreichend) zu betrachtenden Endstufengehälter in den Besoldungsgruppen
A 15, B 1 und R 1 sowie
A 16, B 2 und R 2
eng beieinander, da die Wertigkeit jener Ämter besoldungsrechtlich bislang als ähnlich anzusehen ist. Hier haben wir wieder eine der gewachsenen Kontinuitäten - und die kann man nicht so einfach auflösen.
Wenn Du nun also die Grundgehälter in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 mit dem genannten Grund deutlich erhöhst, musst Du das gleichfalls mit den Besoldungsgruppen A 15 und A 16 (und B 1 und B 2) tun. Und dann stehen wir wieder genau da, wo wir am Anfang standen: Das Grundgehalt in den höheren Besoldungsgruppen kann nicht deutlich erhöht werden, ohne dass nicht auch eine anteilig entsprechende Erhöhung der Grundgehälter der unteren Besoldungsgruppen erfolgt.
Darüber hinaus ist (b) Dein zweiter Punkt - dass also im vormals einfachen und mittleren Dienst die Grundbesoldung hinreichend sei - unter Beachtung der Realität ebenfalls nicht haltbar, also nicht zu belegen. So ist das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise im Parallelverfahren zur Berliner Beamtenbesoldung mit Blick auf die betrachtete Besoldungsgruppen A 10 unter Verwendung der für das Verfahren vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellten Daten zu folgendem Schluss gekommen, "dass im Jahr 2006 breits 96 % aller vergleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft mehr verdient haben, als ein Berufsanfänger der Besoldungsgruppe A 10 im beklagten Land. Der Wert stieg auf 97 % im Jahr 2008 und auf 98 % im Jahr 2014. Gemessen an der Endstufe aus A 10 haben im Jahr 2006 bereits 67 % der vergleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft mehr verdient als der Vergleichsbeamte, im Jahr 2010 sind es 75 % und im Jahr 2014 liegen 81 % der vergleichbaren Beschäftigten in der Privatwirtschaft über der Besoldung des Beamten mit dem Endgrundgehalt aus A 10." (Beschluss vom 22.09.2017 - 2 C 4.17 - Rn. 81)
Für die Besoldungsgruppe A 9 sehen die Zahlen wie folgt aus, "dass im Jahr 2006 bereits 95 % der vergleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft mehr verdient haben als ein Berufsanfänger der Besoldungsgruppe A 9; im Jahr 2014 sind es sogar 98 % und damit fast alle. Gemessen an der Endstufe aus A 9 haben im Jahr 2006 immerhin noch 73 % der vergleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft mehr verdient, im Jahr 2014 sind es sogar 84 %." (ebd., Rn. 85)
Diese Zahlen zeigen nicht nur, dass Deine Vorstellung mit Blick auf die A-Besoldung nicht korrekt ist und dass es eben auch nicht um die massive Erhöhung der Familienzuschläge gehen kann, sondern mit Blick auf diese Realität sind eben sämtliche Grundgehaltssätze sämtlicher Beamten in extremer Form abgekoppelt und müssen deshalb deutlich erhöht werden, so wie es beide Gerichte - BVerwG und BVerfG - einheitlich sehen:
"Diese Diskrepanz ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten. Sie liegen sogar über den bereits vom Bundesverfassungsgericht als 'deutliche Diskrepanz' und verfassungswidrig eingestuften Vergleichzahlen des Bundesland Sachsen." (ebd., Rn. 82)
Weitere Folge ist der zunehmende Qualitätsverlust, von dem beide Gerichte für Berlin sprechen und die mit der Thematik beschäftigten Verwaltungsgerichte einheitlich auch für die anderen betrachteten Länder festgehalten haben - egal, ob nun für die Besoldungsgruppen des ehemals höheren, gehobenen, mittleren oder einfachen Dienstes.
So hat beispielsweise das VG Halle für das Jahr 2014 festgestellt, dass der Durchschnittsverdienst der Privatwirtschaft bei gleicher Qualifikation und Verantwortung „im Jahr 2014 in der Besoldungsgruppen A 6 nie, in der Besoldungsgruppe A 7 in Stufe 7 – also nach einer Erfahrungszeit von 19 Jahren – und in der Besoldungsgruppe A 8 in Stufe 4 – also nach einer Erfahrungszeit von 8 Jahren – erreicht“ werde. Letzteres sei „allerdings ein Wert, der kaum Aussagekraft hat, weil das zweite Beförderungsamt in dieser Zeit kaum erreichbar“ sei (VG Halle: Beschluss der Fünften Kammer vom 11.07.2017 – A 111/16 - Rn. 242). In diesem Sinne hebt - als weiteres Beispiel - das Schleswig-Holsteinische VG für den Justizvollzugsdienst - hier konkret mit Blick auf die Besoldungsgruppe A 7 - hervor: "Schulabgänger und -abgängerinnen würden sehr selten eingestellt. In den letzten Jahren sei festzustellen, dass sich mehr nicht geeignete Personen bewerben würden, weshalb die Durchfallquote hoch sei. [...] Aus Sicht der Kammer erhärten diese Angaben den Verdacht der Unteralimentation, da es offensichtlich nicht gelingt, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten trotz gesenkter Anforderungen für die Tätigkeit im Justizvollzug zu gewinnen." (Vorlagebeschluss vom 20.09.2018 – 12 69/18 - Rn. 175 f.)
Wie gesagt, Deine Prämissen sind falsch, was Deine Schlussfolgerungen nicht richtiger macht. Es tut mir leid, dass ich das so deutlich schreiben muss - aber praktisch alle Besoldungsgesetzgeber haben die ihnen ab 2006 ermöglichte Ermächtigung zur konkurrenzlosen Gesetzgebungskompetenz über das Besoldungs- und Versorgungsrecht dazu genutzt, über massive Alimentationseinsparungen ihre Haushaltskonsolidierungen voranzutreiben - und da das im Lichte des aktuellen Verfassungsgerichtsbeschluss offensichtlich vielfach verfassungswidrig geschah, fällt es ihnen das nun vor die Füße... Und das wurde auch Zeit, wenn man einige der Begründungen der aktuellen Besoldungsgesetze liest, deren Prozeduralisierungen vorgenommen wurden, als gäbe es kein gestern, heute und morgen...