Ich hatte mir die Tage auch Gedanken über eine Abkopplung des R- von der A-Besoldung gemacht und bin zu ähnlichen Schlüssen wie Swen gekommen.
Zudem muss man noch eins faktisch beachten: Wenn auf einmal Richter doppelt so viel verdienen wie Staatsanwälte, hätte das unfassbare Sprengkraft innerhalb der Justiz. Nicht umsonst ist es vorgesehen, dass Assessoren vor ihrer Vorplanung sowohl in der Staatsanwaltschaft als auch in den Gerichten arbeiten. Es soll Durchlässigkeit herrschen. Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten täglich miteinander, verrichten ähnliche Arbeit auf vergleichbarem Niveau.
Verdienen nun die einen doppelt so viel wie die anderen, würde ich doch meinen, dass sich kein vernunftbegabter Mensch, der die Grundrechenarten beherrscht (davon kann man selbst bei Volljuristen ausgehen) bei der Staatsanwaltschaft verplanen lassen würde. Es wäre eine unfassbare "Landflucht" hin zu den Gerichten versucht, die aber gar nicht genug Stellen hätten. Was würde das für die Qualität des Nachwuchses bei den StAen bedeuten? Wirklich gute, junge Leute würden mit dem Anspruch in die Justiz gehen, dass sie entweder Richter werden - oder eben nicht in die Justiz gehen oder aus ihr ausscheiden, sobald klar wird, dass sie "nur" eine Aussicht auf eine Stelle als Staatsanwalt haben. Aus meiner Sicht wäre das für die Strafverfolgung eine absolute Katastrophe.
[Die Annahme des doppelten Verdienstes habe ich dabei aus der Besoldung bspw. der Niederlande oder Dänemark entnommen, die ähnliche Ausbildungssysteme haben und bei denen das Einstiegsgehalt eben doppelt so hoch ist wie hierzulande... So viel auch zum europäischen Vergleich.]
Das, was Du schreibst, empfinde ich als sachlich sehr einleuchtend, Dogmatikus. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in einer Grundsatzentscheidung BVerfGE 26, 141 - Richterbesoldung I - Ende der 1960er Jahre bereits mit der Frage nach einer eigenständigen Besoldung von Richtern beschäftigt und war damals in dieser Frage gespalten. Ich zitiere einfach mal die gesamte Passage ab der Rn. 26 (die Randnummerzählung stimmt nicht mit der der amtlichen Sammlung überein:
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv026141.html)
" 1. Art. 98 Abs. 1 und 3 GG fordert, daß die Rechtsstellung der Richter des Bundes und der Länder durch besondere Gesetze zu regeln sind.
a) Nach Auffassung von vier Richtern des Senats fordert Art. 98 Abs. 1 und 3 GG nicht, daß auch die Besoldung und Versorgung der Richter in besonderen Gesetzen geregelt wird. Eine Trennung des richterlichen Besoldungsrechts vom Besoldungsrecht für Beamte wäre nur sinnvoll, wenn die Regelungen nach verschiedenen Prinzipien angelegt werden müßten, wenn sie sich also grundlegend nach Aufbau und Struktur unterscheiden müßten. Das fordert aber das Grundgesetz nicht. Art. 98 Abs. 1 und 3 GG fordert besondere Gesetze nicht um der bloß formalen Sonderung des Richterrechts vom Beamtenrecht willen, sondern um den besonderen Status des Richters in Rücksicht auf seine besondere Aufgabe und die im Grundgesetz betonte Eigenart der rechtsprechenden Gewalt als der 'Dritten Gewalt' im Staate hervorzuheben.
Daß Art. 98 Abs. 1 und 3 GG nur besondere Gesetze, die das Amtsrecht für Richter regeln, fordert, also Richtergesetze, wie sie im Bund und in den Ländern erlassen worden sind, ergibt sich überdies aus dem Zusammenhang, in dem die Vorschrift steht. Nicht nur die Absätze 2, 4 und 5 des Art. 98, sondern auch die Art. 95 Abs. 2, 96 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 4 sowie 97 GG enthalten ausschließlich Bestimmungen, die das Amtsrecht des Richters und seinen richterlichen Status betreffen. Auch Art. 92 GG verweist auf den Richter, dessen Stellung charakterisiert ist durch das Prinzip der sachlichen Unabhängigkeit, der Unparteilichkeit, der Unabsetzbarkeit und der Unversetzbarkeit. Schließlich besteht ein Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 5 GG; die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und des richterlichen Amtsrechts beziehen sich ebenfalls auf das 'Sonderrecht', das herkömmlicherweise in den Beamtengesetzen und für die Richter in den Richtergesetzen enthalten ist (BVerfGE 26, 141 <54>; BVerfGE 26, 141 >155>). Deshalb kann Art. 98 Abs. 1 und 3 GG nicht dahin ausgelegt werden, daß auch die Besoldung und Versorgung der Richter in besonderen Gesetzen geregelt werden müssen.
b) Demgegenüber vertreten vier Richter des Senats die Auffassung, daß Art. 98 Abs. 1 und 3 GG gebietet, auch die Richterbesoldung in besonderen Gesetzen zu regeln:
Das Grundgesetz hat stärker als die Weimarer Verfassung die rechtsprechende Gewalt als Einheit und gleichwertig neben Gesetzgebung und Regierung und Verwaltung herausgehoben und daraus die Folgerung gezogen, auch den Sonderstatus des Richters gegenüber den übrigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, insbesondere den Beamten, zu verdeutlichen. Mit dieser grundsätzlichen Entscheidung stellt das Grundgesetz nicht ab auf das, was Richtern und Beamten gemeinsam ist - der öffentliche Dienst und das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis -, sondern hält für gewichtiger die verschiedene Funktion von Beamten und Richtern und die Hervorkehrung der besonderen Bedeutung einer unabhängigen rechtsprechenden Gewalt im freiheitlichen Rechtsstaat. In dieser Sicht unterscheiden sich Richter und Beamte; ihre eigenen 'Verhältnisse', ihr besonderer Status bedürfen auch je einer besonderen gesetzlichen Regelung.
Zur Rechtsstellung des Richters gehört wesentlich auch seine angemessene 'Alimentation', und zwar in einer Ausgestaltung, die der Eigentümlichkeit des richterlichen Amtes Rechnung trägt. Seine Rechtsstellung wird nicht hinreichend fixiert durch eine Regelung, die die Voraussetzungen und die Form für die Begründung des Richteramtsverhältnisses bestimmt, die Dienstpflichten umschreibt, Vorschriften über die richterliche Unabhängigkeit, über die Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit und ihre Grenzen sowie über die Förmlichkeiten und Grenzen von Dienstaufsicht und Dienststrafverfahren enthält. Auch im Beamtenrecht gehören seit je die vermögensrechtlichen Ansprüche des Beamten zur Rechtsstellung des Beamten; es ist deshalb kein Zufall, daß selbst die Beamtengesetze darüber Bestimmungen enthalten (vgl. z.B. §§ 82, 83 BBG). Derselbe Zusammenhang wird im Deutschen Richtergesetz (BVerfGE 26, 141 <155>), BVerfGE 26, 141 <156>), das übrigens besoldungsrechtliche Vorschriften in den §§ 15 Abs. 1, 33 enthält, durch die allgemeine Verweisung in § 46 hergestellt. Davon abgesehen sind Art und Weise der Regelung von Besoldung und Versorgung des Richters von ganz erheblicher Bedeutung für das innere Verhältnis des Richters zu seinem Amt und für die Unbefangenheit, mit der er sich seine richterliche Unabhängigkeit bewahrt. Schließlich spricht der Zusammenhang, in dem Art. 98 Abs. 1 und 3 GG steht, nicht gegen, sondern für die Auffassung, daß er auch besondere Richterbesoldungsgesetze verlangt: Art. 97 Abs. 2 Satz 3 nimmt ausdrücklich - offenkundig in Rücksicht auf die Verfassungsgarantie der richterlichen Unabhängigkeit - auf den Schutz der besoldungsrechtlichen Seite der Rechtsstellung des Richters Bedacht. Und aus Art. 33 Abs. 5 GG hat der Senat schon einen die Besoldung des Richters betreffenden hergebrachten und zu beachtenden Grundsatz des Richterrechts entwickelt (BVerfGE 12, 81 <88 ff.>).
Ein besonderes Richterbesoldungsgesetz ist auch sinnvoll, weil nach der Vorstellung des Grundgesetzes sich das Bild des Richters von dem des Beamten unterscheiden soll.
Der Gesetzgeber hat es also bisher teilweise unterlassen, den Verfassungsauftrag des Art. 98 Abs. 1 und 3 GG zu erfüllen. Das aber stellt die Rechtsgültigkeit der gegenwärtigen für die Richter geltenden besoldungsrechtlichen Regelung nicht in Frage.
Sowohl nach der einen wie nach der anderen Auffassung können demnach die Verfassungsbeschwerden, soweit sie sich in ihrer Begründung auf Art. 98 GG beziehen, keinen Erfolg haben."
Dabei wäre zu beachten, dass die bundeseinheitliche Besoldungsordnung R für Richter und Staatsanwälte erst Mitte der 1970er Jahre eingeführt worden ist. Zuvor war deren Besoldung zumeist - wie aus der gerade zitierten Entscheidung Hessen betreffend ersichtlich - in der Besoldungsordnung A geregelt. Hessen hat erst als Folge der gerade zitierten Entscheidung Anfang der 1970er Jahre eine eigenständige R-Besoldung eingeführt, die die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten gleichermaßen regelte, wie das bis heute in allen Rechtskreisen in Fortführung der 1975 bundeseinheitlich geregelten R-Besoldung weiterhin fortgeführt worden ist. Wollte man nun die Staatsanwälte aus der Besoldungsordnung R herausnehmen, dürfte damit die von Dir genannte Sprengkraft einhergehen - und zugleich bliebe weiterhin die Frage nach dem sachlichen Grund, der m.E. allein schon wegen der von Dir plastisch dargestellten Sprengkraft kaum gefunden werden könnte - jedenfalls solange nicht auch die Gehälter von Staatsanwälten entsprechend der von Richtern angehoben werden würden. Die mittlerweile also seit mindestens fast fünfzig Jahre lang währende Regelung der Besoldung von Richtern und Staatsanwältern in einer eigenständigen Besoldungsordnung dürfte von daher das Herauslösen der Staatsanwälte kaum einfach machen, da - nicht erst seit da - vergleichbare Abstände zwischen den verschiedenen Ämtern vollzogen worden sind. Wollte man diese nun verändern, bedürfte das aber offensichtlich einer Ämterneubewertung - aber wie sollte jene aussehen, da ja die Ämterzuschreibungen nicht geändert werden sollten, sondern nur die Höhe ihrer Vergütung? Wie also sollten sich nun ggf. doppelt so hohe Richterbesoldungen gegenüber einer nicht erhöhten Besoldung von Staatsanwälten rechtfertigen lassen, wenn eine Neubewertung der Ämter sachlich nicht entsprechend möglich wäre?
Wer sich also auf ein solches Terrain wagen wollte, dürfte sachlich mit gehörigen Hürden zu rechnen haben - genau deshalb würde ich solche Ideen vonseiten des DRB-BW eher nicht einem Gesetzgeber vorschlagen, der regelmäßig gezeigt hat, dass ihm verfassungsrechtliche Bindungen im Besoldungsrecht herzlich egal sind und dem also durchaus zuzutrauen sein dürfte, dass er nun im Rahmen des von ihm allgemein angerichteten Besoldungschaos auch noch die Besoldungsordnung R zur Gestaltung einer Art Super-Chaos nutzen wollte.