Ich hatte mir das schon gedacht, Anwender - die "Gefangenschaft" liegt ja genau darin begründet, dass sich der Dienstherr das Sonderrechtsverhältnis zunutze macht, dem der Beamte unterliegt, ohne die damit verbundenen Kompensationsleistungen zu gewähren, entsprechend gibt es hier ja tatsächlich Überschneidungen zwischen beiden Rechtsgebieten. Denn der Gefangene unterliegt ebenfalls einem Sonderrechtsverhältnis, das allerdings verfassungsrechtlich ganz anders geartetet ist, worauf das Bundesverfassungsgericht in der von Dir hervorgehobenen Entscheidung an einer Stelle explizit abhebt: In dem Sonderrechtsverhältnis des Beamten sind unmittelbar aus der Verfassung entspringende (Leistungs-)Rechte angelegt, wie sie sich hinsichtlich der Besoldung aus Art. 33 Abs. 5 GG ergeben, während das hinsichtlich der Vergütung von Gefangenenarbeit nicht der Fall ist. Entsprechend finden wir hier zwei unterschiedliche Rechtsgebiete vor. In diesem Sinne hebt das Bundesverfassungsgericht nun in der von Dir genannten Entscheidung hervor und kommt dabei auf die verfassungsrechtlich enge Parallelität der Begründungspflichten hinsichtlich der Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation und der Bemessung eines sachgerechten Maßes der Parteienfinanzierung (hinsichtlich der Parteien betrachtet Art. 21 GG ihren Verfassungsstatus) zurück, die es hier nicht explizit hätte nennen müssen (nicht umsonst werden hier zwei Beispiele von einigen möglichen genannt), die es aber offensichtlich hinsichtlich der den Gesetzgeber treffenden prozeduralen Pflichten hier nennen wollte, und zwar mit erneutem Verweis auf die neue Rechtsprechung zur Parteienfinanzierung, wie sie in dem Verfahren 2 BvF 2/18 Ende Januar gefällt worden ist - entsprechend ist die nachfolgende Passage auch und gerade für unser Thema interessant, da das Bundesverfassungsgericht hier auch den Besoldungsgesetzgeber - implizit und hier "ohne Not" - an die Beachtung seiner Begründungspflichten erinnert:
"Besondere prozedurale Anforderungen an das Gesetzgebungsverfahren mit entsprechenden Begründungslasten des Gesetzgebers bestehen im vorliegenden Zusammenhang dagegen nicht. Soweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Beispiel bei Besoldungsfragen (vgl. BVerfGE 130, 263 <300 ff.>; 139, 64 <126 f. Rn. 129 f.>; 140, 240 <296 Rn. 112 f.>; 145, 1 <13 Rn. 28 f.>; 145, 304 <326 Rn. 68>; 149, 382 <395 f. Rn. 21>; 155, 1 <48 Rn. 97>) oder bei der Parteienfinanzierung (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Januar 2023 - 2 BvF 2/18 -, Rn. 129 f. – Parteienfinanzierung - Absolute Obergrenze) besondere Anforderungen an die Begründungslast im Gesetzgebungsverfahren gestellt hat, betraf dies typischerweise die gesetzliche Ausgestaltung in der Verfassung selbst angelegter (Leistungs-)Rechte, die ohne entsprechende Anforderungen an die Ermittlung und Begründung der Regelungsgrundlagen leerzulaufen drohen (vgl. BVerfGE 150, 1 <90 f. Rn. 178 m.w.N.>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Januar 2023 - 2 BvF 2/18 -, Rn. 131). Das ist bei der Bestimmung der Vergütung von Gefangenenarbeit nicht der Fall." (Rn. 256 -
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/06/rs20230620_2bvr016616.html).
Entsprechend ist es nun ebenfalls interessant, dass das Bundesverfassungsgericht im Vorfeld dieser Darlegung noch einmal die unterschiedlichen Anforderungen, wie sie den Gesetzgeber auf der einen Seite und die judikative Gewalt auf der anderen treffen, herausstellt und sie mit der Betrachtung der Begründungspflichten verbindet, was es beides zunächst einmal gar nicht hätte so vollziehen müssen, da es ja am Ende in der gerade zitierten Passage darauf hinweist, dass in dem betrachteten Fall zur Vergütung von Gefangenenarbeit den Gesetzgeber gar keine tiefergehenden Begründungspflichten treffen - entsprechend darf man die Passage ab der Rn. 248, die in den gerade zitierten Ausführungen mündet wohl ebenfalls als das verstehen, was sie wohl
auch (aber nicht nur) sein soll: ein über Bande gespielter Ball, den man auf den Besoldungsgesetzgeber zurollen lässt. Nicht umsonst hebt das Bundesverfassungsgericht nun in der Rn. 252 hervor, dass der Gesetzgeber als Folge des weiten Entscheidungsspielraums, über den er verfügt, unterschiedliche Konzepte erproben darf (ohne dass das hier genannt wird, könnte man hinsichtlich der Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation als ein solches Konzept die Doppelverdienerfamilie verstehen, aber ebenso auch deutlich höhere oder neue familienbezogene Besoldungskomponenten), um zugleich aber die damit verbundenen Pflichten, denen er in diesen Fällen unterworfen ist, noch einmal zu konkretisieren:
"Der Gesetzgeber darf Konzepte erproben, muss ein Gesetz aber bei Fehlprognosen (vgl. BVerfGE 57, 139 <162>; 89, 365 <378 ff.>; 113, 167 <234>; 150, 1 <90 Rn. 176>) oder dann nachbessern, wenn die Änderung einer zunächst verfassungskonform getroffenen Regelung erforderlich ist, um diese unter veränderten tatsächlichen Bedingungen oder angesichts einer veränderten Erkenntnislage mit der Verfassung im Einklang zu halten. Eine zunächst verfassungskonforme Regelung kann unter veränderten Umständen verfassungswidrig werden, sofern der Gesetzgeber dem nicht durch Nachbesserung entgegenwirkt (vgl. BVerfGE 116, 69 <91>; 132, 334 <358 Rn. 67 m.w.N.>; 143, 216 <245 Rn. 71>; 150, 1 <90 Rn. 176>)."
Dabei enthält sich das Bundesverfassungsgericht nicht der Erinnerung daran, dass eine geplante gesetzliche Regelung grundsätzlich auf die Zukunft ausgerichtet ist (während die gerichtliche Kontrolle grundsätzlich nur vergangenheitsbezogen erfolgen kann; hier liegt einer der zentralen Unterschiede, die sich den unterschiedlichen Gewalten aus den verschiedenen Verfassungsaufträgen stellen) und dass die im Gesetzgebungsverfahren verpflichtend zu vollziehenden Betrachtungen realitätsgerecht zu erfolgen haben, dass sich der Gesetzgeber in seiner Gesetzgebung nicht zuletzt auf wissenschaftlicher Basis als lernfähig zu erweisen hat, der ständigen Prüfungspflicht unterliegt, das Ziel dabei nicht aus den Augen verlieren darf, in Abhängigkeit vom Verfassungsrang der zu betrachtenden Maßnahmen ggf. zu Nachbesserungen verpflichtet ist und ebenso nachträglich erkennbar gewordene Zweifel nicht abtun kann, sondern sie aktiv aufnehmen muss, um - zusammengefasst - sein Gesamtkonzept regelmäßig auf Tragfähigkeit und Zielerreichung zu überprüfen. All das wird nicht zuletzt hinsichtlich des Resozialisierungsauftrags formuliert, dürfte aber eben gleichfalls auch bis zu einem gewissen Grad über Bande gespielt sein. Entsprechend dürfte sich zumindest auch diese Passage so lesen lassen - ich würde sie zumindest als Besoldungsgesetzgeber so lesen, sofern es mir ein Anliegen wäre, eine rechtssichere und also amtsangemessene Alimentation zu gewähren -; nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht ja den Gesetzgeber mittlerweile wiederholt daran erinnert, dass eine Verfehlung der den Gesetzgeber treffenden prozeduralen Anforderungen für sich betrachtet bereits zur Verfassungswidrigkeit der Norm führen kann:
"Die Verpflichtung, der gesetzlichen Ausgestaltung des Vollzugs möglichst realitätsgerechte Annahmen und Prognosen zugrunde zu legen, wirkt auch in die Zukunft. Der Gesetzgeber muss daher sich selbst und den mit der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen befassten Behörden die Möglichkeit sichern, aus Erfahrungen mit der jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung des Vollzugs und der Art und Weise, in der die gesetzlichen Vorgaben angewendet beziehungsweise umgesetzt werden, und dem Vergleich mit entsprechenden Erfahrungen außerhalb des eigenen Kompetenzbereichs, etwa in anderen Ländern oder im Ausland (s.o. Rn 15 bis 22), zu lernen. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Erhebung aussagefähiger, auf Vergleichbarkeit angelegter Daten geboten, die bis auf die Ebene der einzelnen Anstalten eine Feststellung und Bewertung der Erfolge und Misserfolge des Vollzugs – insbesondere der Rückfallhäufigkeit – sowie die gezielte Erforschung der hierfür verantwortlichen Faktoren einschließlich des Einflusses der Gefangenenarbeit und ihrer Entlohnung ermöglichen. Solche Daten dienen wissenschaftlicher und politischer Erkenntnisgewinnung sowie einer öffentlichen Diskussion, die die Suche nach den besten Lösungen anspornt und demokratische Verantwortung geltend zu machen erlaubt (vgl. BVerfGE 116, 69 <91>).
Der Gesetzgeber war bereits in der Vergangenheit und bleibt auch weiterhin aufgefordert, die Bezugsgröße des monetären Teils der Vergütung sowie den Umfang des nicht monetären Vergütungsteils, etwa in Form von durch regelmäßige Arbeit zu erzielenden Freistellungstagen, einer ständigen Prüfung zu unterziehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 42, 49). Auch nachdem der Gesetzgeber Regelungen getroffen hat, denen sich nachvollziehbar ein in sich stimmiges Resozialisierungskonzept entnehmen lässt, welches den genannten Anforderungen entspricht, muss er vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebots einerseits und des sich ständig verändernden gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfelds sowie des Fortschritts in der Strafvollzugsforschung andererseits sicherstellen, dass die von ihm mit dem gewählten Konzept verfolgten Ziele auch weiterhin erreichbar sind.
Angesichts des hohen Gewichts der grundrechtlichen Belange, die im Strafvollzug berührt werden, ist der Gesetzgeber zur Beobachtung der Auswirkungen seiner Maßnahmen und gegebenenfalls zur Nachbesserung verpflichtet (vgl. zum Jugendstrafvollzug BVerfGE 116, 69 <91>). Im Zuge der Umsetzung nachträglich erkennbar gewordene Zweifel an der Eignung des Resozialisierungskonzepts können für die Zukunft etwa Vorkehrungen in Gestalt einer wissenschaftlichen Begleitung oder von Evaluationen des Gesetzesvollzugs erforderlich machen (vgl. BVerfGE 116, 69 <91>; 150, 1 <90 Rn. 176>). Der Gesetzgeber muss sein Gesamtkonzept auf dessen Tragfähigkeit und die Zielerreichung in regelmäßigen Abständen überprüfen und das Ergebnis dieser Prüfung nachvollziehbar darlegen. Hierzu gehören auch Ausführungen zu Ziel und Bemessung der Vergütung für Gefangenenarbeit." (Rn. 253 ff.)
Ergo: Auch aus diesen Passagen lassen sich - denke ich - Hinweise entnehmen, wohin das Bundesverfassungsgericht mit seinen anstehenden Entsscheidungen steuert. Da die 17 Besoldungsgesetzgeber der den letzten Zitaten zu entnehmenden Programmatik vielfach bis heute nicht entsprochen haben, darf man sich recht sicher sein, dass sich in der Begründung der anstehenden Entscheidungen ähnliche Erinnerungen finden lassen werden, so wie sich die generell weitere Verschärfung der sich dem Gesetzgeber stellenden prozeduralen Verpflichtungen dort gleichfalls finden lassen sollte, wie sie das Bundesverfassungsgericht zu Beginn des Jahres in der Entscheidung 2 BvF 2/18 ebenfalls bereits vollzogen hat. Hier zeigen sich den Besoldungsgesetzgebern von daher wohl gleichfalls die ersten Früchte, die sie sich in den letzten drei Jahren auf ihrer Art redlich verdient haben werden.