Bevor ich hier wegen eines Eingriffs für eine gewisse Zeit in die Sendepause gehe, eine Art kurze Zusammenfassung: Eine sachgerechte Besoldungsgesetzgebung ist tatschlich eine recht einfache Sache, da der Besoldungsgesetzgeber bei der Beachtung seiner aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur (Wieder-)Herstellung einer amtsangemessenen Alimentation über einen weiten Entscheidungsspielraum verfügt. Er besitzt also das Recht, eine breite Palette an sachlichen Möglichkeiten zu nutzen - jedoch muss er dabei beachten, dass die einzige Motivation, mittels einer fiskalpolitisch motivierten Besoldungsgesetzgebung (Personal-)Kosten zu sparen, kein sachlicher Grund ist. Verfügt er über einen sachlichen Grund und beinhaltet dieser zugleich, dass damit (Personal-)Kosten eingespart werden können, ist es dem Besoldungsgesetzgeber nicht verwehrt, eine entsprechende Entscheidung zu vollziehen - sofern diese Entscheidung sich nicht in einem Konzert weiterer Entscheidungen oder Maßnahmen befindet, die zwar ebenfalls materiell sachgerecht sind, jedoch allesamt oder weit überwiegend ungenügend prozeduralisiert wären, sollte die von ihm vollzogene Besoldungsgesetzgebung verfassungsrechtlich möglich sein.
Die Besoldungsrechtsprechung und insbesondere die neue Dogmatik des Bundesverfassungsgerichts mit der Präzisierung der prozeduralen und materiellen Anforderungen, der eine Besoldungsgesetzgebung unterworfen ist, dient dabei nicht dazu, den Besoldungsgesetzgeber in seiner Gesetzgebung anzuleiten - denn das würde seinen weiten Entscheidungsspielraum über Gebühr einschränken -, sondern die von ihm vollzogene Besoldungsgesetzgebung hinsichtlich ihres amtsangemessenen und damit mit der Verfassung in Einklang stehenden Gehalts zu überprüfen.
Wenn also die Besoldungsgesetzgeber regelmäßig versuchen, anhand der Prüfsystematik des Bundesverfassungsgerichts eine gerade noch "amtsangemessene" Alimentation berechnen zu wollen, unterliegen sie regelmäßig einem Kategorienfehler - denn dafür ist die (neue) Besoldungsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts, wie gerade dargelegt, nicht gemacht, da, wie gesagt, das Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich nicht über den Auftrag verfügt und ob der Gewaltenteilung über ihn auch nicht verfügen kann, dem Besoldungsgesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung vorzuschreiben - es ist nicht einmal, und kann so verstanden auch nicht seine Aufgabe (also die des Bundesverfassungsgerichts) sein, zu prüfen, ob der Besoldungsgesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung vollzieht. Denn jener hat das Recht, nicht die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung zu wählen, solange er dabei eine amtsangemessene Alimentation gewährt. Er hat dabei allerdings zu beachten, dass ausnahmslos jede Beamtin und jeder Beamte über das grundgesetzgleiche Recht auf eine amtsangemessene Alimentation verfügt. Eine utilitaristische Besoldungsgesetzgebung würde gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstoßen und ist dem Gesetzgeber in keinem Fall gestattet.
Mit einer Ausnahme - hierzu hatte ich in der Vergangenheit schon mehrfach geschrieben -, nämlich dem Mindestabstandsgebot, weisen die fünf Parameter der ersten Prüfungsstufe nur eine indizielle Bedeutung auf, d.h., der Besoldungsgesetzgeber darf durchaus die Abstände zwischen Besoldungsgruppen einschmelzen, sofern er begründen kann, dass das sachlich nicht nur geboten, sondern auch statthaft ist - sofern sich diese Entscheidung also sachlich begründen lässt und sich also zugleich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt. Schmilzt er insofern die Abstände zwischen zwei Besoldungsgruppen ein - also beispielsweise zwischen der untersten und der obersten, indem er die unterste ersatzlos streicht und die entsprechend davon betroffenen Beamtinnen und Beamten in die nächst höhere überführt -, dann ist das im Prüfverfahren auf der ersten Prüfungsstufe, sofern das Einschmelzen mehr als zehn Prozent in fünf Jahren beträgt, als ein Indiz für eine eventuell nicht mehr verfassungskonforme Alimentation zu betrachten. Da diese Prüfung allerdings erst im Nachhinein durch die Gerichte erfolgt, sollte der Besoldungsgesrtzgebung innerhalb seiner Prozeduralisierungspflicht im Vorhinein eine schlüssige sachliche Begründung dafür ausweisen, also in der Sprache des Bundesverfassungsgerichts die Herstellung seiner Entscheidungen begründen oder das dann allerspätestens im jeweiligen Gerichtsverfahren sachlich einleuchtend erklären können. Denn er hat ja als Gesetzgeber ob seines weiten Entscheidungsspielraum alle Mittel in der Hand, die Gesetzgebung so zu vollziehen, dass sie am Ende verfassungskonform ist.
Es ist dem Besoldungsgesetzgeber in diesem Sinne durchaus gestattet, die Abstände zwischen zwei Besoldungsgruppen um mehr als zehn Prozent in fünf Jahren abzuschmelzen, sofern dafür ein sachlicher Grund gegeben ist (der also nicht allein der Kosteneinsparung dienen kann, da das kein sachlicher Grund wäre) und er damit keine verfassungswidrige Regelung trifft, also indem er damit nicht nur den sich aus Art. 33 Abs. 5 ergebenden Pflichten nachkommt, sondern ebenso gegen keine weitere verfassungsrechtlich zu beachtenden Rechte verstößt. Ein Indiz auf der ersten Prüfungsstufe bleibt erst einmal nur ein Indiz - je mehr Indizien allerdings vorliegen oder desto größer das eine Indiz ist, desto größer dürfte am Ende jedoch ebenso die Wahrscheinlichkeit sein, dass die jeweils untersuchte Gesetzgebung sich am Ende nicht mit der Verfassung in Einklang befände, soll heißen, dass am Ende die Gesamtabwägung auf der zweiten Prüfungsstufe und also an deren Ende die vormaligen Indizien den verfassungswidrigen Gehalt der Gesetzgebung bestätigen könnte - aber auch das bleibt am Ende immer eine begründende Darlegung und nie ein ausschließlich mathematisches Verfahren.
In diesem Sinne ist auch der Zwitterchrakter des Mindestabstandsgebot zu verstehen, über den ich hier ebenfalls schon mehrmals geschrieben habe, weil dieser Zwittergehalt zum Verstehen der Rechtsprechung gleichfalls von einiger Bedeutung ist: Das Mindestabstandsgebot markiert zum einen die Grenze des absoluten Alimentationsschutzes, da ein Einschnitt in sie verfassungsrechtlich nicht gestattet ist: Jede Beamtin und jeder Beamte hat das grundgesetzgleiche Recht, auf eine die Mindestalimentation nicht unterschreitende Alimentation. Zum anderen erfüllt die Mindestalimentation aber auch als Parameter der ersten Prüfungsstufe ihre indizielle Bedeutung, d.h., sie dient ebenfalls zur Prüfung, ob eine Alimentation noch amtsangemessen ist oder nicht - so wie das im Verfahren 2 BvL 4/18 vollzogen worden ist. Denn die R-Besoldung hat in keinem Fall die Mindestalimentation unterschritten, sodass keine Verletzung des absoluten Alimentationsschutzes vorlag - allerdings hat die unterste Besoldungsgruppe - nun kommt die A-Besoldungsordnung in Spiel - die Mindestalimentation in allen Fällen sehr deutlich nicht erreicht, was hinsichtlich der R-Besoldung für die Prüfung auf der ersten Prüfungsstufe als Indiz zu werten ist, dass die R-Besoldung eventuell nicht mehr verfassungskonform ausgestaltet sei, das also gegebenenfalls hinsichtlich der R-Besoldung ein Verstoß gegen den relativen Alimentationsschutz vorliegt. Relativer Alimentationsschutz bedeutet also: Dass oberhalb der Mindestalimentation durchaus Einschnitte in die Alimentation möglich sind - jedoch wären diese wiederum (damit schließt sich der Kreis) sachlich zu begründen, es muss also bei Einschnitten in die Alimentation grundsätzlich ein anderer, also sachlicher Grund gegeben sein, der erfüllt wäre und als dessen Folge es dann zu entsprechenden Einschnitten kommen dürfte, sofern er denn tatsächlich ein sachlicher Grund wäre und damit kein Verstoß gegen weitere Artikel des Grundgesetzes vorläge.
So in etwa sieht das entsprechende Grundgerüst des Prüferverfahrens aus. Und so verstanden ist die Besoldungsgesetzgebung tatsächlich ein sehr einfaches Unterfangen - jedenfalls solange man nicht wiederkehrend nur ein Hauptziel hat: nämlich Personalkosten zu sparen und solange man als Besoldungsgesrzgeber sicherstellt, dass in keinem Fall der absolute Alimentationsschutz verletzt wird, solange also die der untersten Besoldungsgruppe gewährte Nettoalimentation deutlich über der Mindestalimentation liegt.
Dass das allerdings seit Jahr und Tag nicht mehr der Fall ist, ist das Problem einer fiskalpolitisch motivierten Besoldungsgesetzgebung - egal, ob A-, B- oder R-Besoldung (und ebenso auch die weiteren Besoldungsordnungen), in allen Fällen ist die Verletzung der Mindestalimentation in der die Besoldungssystematik(en) grundlegenden untersten Besoldungsgruppn in einem großen Maße gegeben, sodass dies erst einmal zu heilen wäre, womit die auf der untersten Besoldungsgruppe aufbauende jeweilige Besoldungsordnung als Ganze vom Gesetzgeber in den Blick zu nehmen ist.