Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2638930 times)

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3120 am: 21.02.2022 07:32 »
@ST
...auch wenn diese teilweise komplett aus dem Kontex gerissen wurde....eine Zitatsammlung aus den letzten 2 1/2 Jahren?...

...unglaublich, welche Aufmerksamkeit du mir schenkst! ;D ;D (bestimmt hast du auch regelmäßig Einträge in deinem Klassenbuch über mich - schade, dass es kein Tadel und Verweis mehr gibt)

Es sind Zitate mit dem Abstand von 2 1/2 Tagen (s. die ersten vier Seiten dieser Seite), nicht 2 1/2 Jahren. Und wie gehabt, geht's Dir auch hier nicht um Inhalte, sondern wie gehabt nur um's Persönliche.

Und nun rufe schön weiter als Einsamer im Wald.

was_guckst_du

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3121 am: 21.02.2022 07:50 »
..zur Abwechslung hier mal ein Zitat von dir aus den angesprochenen Seiten:

"Die Umsetzung von BVerfG-Beschlüssen hat noch nie lange gedauert"

 ;D ;D ;D



Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3122 am: 21.02.2022 15:26 »
..zur Abwechslung hier mal ein Zitat von dir aus den angesprochenen Seiten:

"Die Umsetzung von BVerfG-Beschlüssen hat noch nie lange gedauert"

 ;D ;D ;D

Und der nächste Satz, den du offensichtlich nicht verstanden hast. Die Passage lautete:

"Die Umsetzung von BVerfG-Beschlüssen hat noch nie lange gedauert - nicht zuletzt, weil das BVerfG grundsätzlich in entsprechenden Fällen - wie auch jetzt - klare Daten setzt, bis zu denen ein verfassungskonformer Zustand herzustellen ist. Wenn Du Dich ein wenig ins Thema einlesen würdest, lieber was_guckst_du, würdest Du zugleich feststellen, dass es hier nicht um Glaskugeln geht; die juristische Literatur zum Thema ist recht umfangreich. Wenn es Dich interessiert, gebe ich Dir gerne ein paar Literaturempfehlungen.

Richtig ist, dass die Landesregierungen mit Blick auf die A-Besoldung noch nicht tätig werden müssen, da zwar in den Eckpunkten für die R-Besoldung die letztlich identischen Regelungen wie für die A-Besoldung gelten, das BVerfG nun aber de jure noch keine Entscheidung zur A-Besoldung vorgelegt hat."

Über Halbwahrheiten und Verdrehungen schaffst du es leider nicht hinaus - oder vielleicht bist du tatsächlich nicht in der Lage, mehr als einen Satz sinnverstehend zu durchdringen. Aber das ist auch egal; es lohnt sich nicht, sich mit deiner verdrehten Waldruferei zu beschäftigen. Ich würde sagen: Ob Wald oder Wüste, hauptsache Italien.
« Last Edit: 21.02.2022 15:36 von SwenTanortsch »

clarion

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3123 am: 21.02.2022 16:10 »
Hallo Swen,

ich habe noch einmal eine Verständnisfrage und sehe es mir bitte nach, dass die Urteile nicht alle selbst studiert habe. Selbst hier in diesem Thread halbswegs auf dem Laufenden zu bleiben, fordert mich zeitlich schon heraus.

Es wurd fetsgetsellt, dass die R Besoldung verfassungsgemäß zu niedrig ist. Wie kann das sein. Die R-Besoldung fängt in Etwa auf dem finanziellen Niveau von A13 an, und wird man doch auch in den unteren Besoldungsstufen 15 % über den Hartz IV Satz liegen, oder?

Gruß
Clarion

was_guckst_du

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3124 am: 21.02.2022 16:17 »
der Fußballer ST würde dazu sagen: ob R oder A...Hauptsache Italien ;D ;D ;D
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

xap

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3125 am: 21.02.2022 16:25 »
Hallo Swen,

ich habe noch einmal eine Verständnisfrage und sehe es mir bitte nach, dass die Urteile nicht alle selbst studiert habe. Selbst hier in diesem Thread halbswegs auf dem Laufenden zu bleiben, fordert mich zeitlich schon heraus.

Es wurd fetsgetsellt, dass die R Besoldung verfassungsgemäß zu niedrig ist. Wie kann das sein. Die R-Besoldung fängt in Etwa auf dem finanziellen Niveau von A13 an, und wird man doch auch in den unteren Besoldungsstufen 15 % über den Hartz IV Satz liegen, oder?

Gruß
Clarion

Ich denke nicht, dass festgestellt wurde, dass die R Besoldung den Abstand von 15% zur Grundsicherung nicht einhalten würde. Allerdings muss die niedrigste Besoldungsgruppe (hier A4) den 15% Abstand zur Grundsicherung herstellen. Anschließend kann man unter Berücksichtigung des Abstandsgebotes zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen von A4 zu A5 usw. die R Besoldung hochrechnen. Wird A4 erhöht, muss auch A5 erhöht werden usw.

A4 liegt eben nicht 15% über dem Grundsicherungsniveau. Die untersten R-Besoldungsstufen natürlich schon. Das tut aber mit Hinblick auf den 15% Abstand nichts zur Sache, jedenfalls nicht direkt.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3126 am: 21.02.2022 17:10 »
Hallo Swen,

ich habe noch einmal eine Verständnisfrage und sehe es mir bitte nach, dass die Urteile nicht alle selbst studiert habe. Selbst hier in diesem Thread halbswegs auf dem Laufenden zu bleiben, fordert mich zeitlich schon heraus.

Es wurd fetsgetsellt, dass die R Besoldung verfassungsgemäß zu niedrig ist. Wie kann das sein. Die R-Besoldung fängt in Etwa auf dem finanziellen Niveau von A13 an, und wird man doch auch in den unteren Besoldungsstufen 15 % über den Hartz IV Satz liegen, oder?

Gruß

Clarion

Hallo Clarion,
alles gut, es gibt keine doofen Fragen und deutlich(er) werdende Antworten bekommen von mir nur die, die hier selbst wiederkehrend unfreundlich agieren und/oder wiederkehrend zeigen, dass sie keine Ahnung haben, aber sich entsprechend so gerieren, als hätten sie welche - und beide Gruppen von entsprechenden Schreibern bekommen sie von mir in der Regel auch erst nach einer gewissen Anzahl an Wiederholungen des entsprechenden Schreibens. Darüber hinaus ist Deine Frage, finde ich, schlüssig und dürfte ihre Ursache darin finden, dass wir hier vielfach nur den Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau betrachten - so wie das unlängst beispielsweise auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof getan hat, da eine Verletzung des Mindestabstandsgebots einen Einschnitt in den absoluten Alimentationsschutz bedeutet, sodass mindestens in der untersten Besoldungsgruppe keine amtsangemessene Alimentation gegeben sein kann - der VGH hat, da er begründet davon ausgeht, dass der Einschnitt in den absoluten Alimentationsschutz materiell so tief geht, dass davon das ganze Besoldungsgefüge betroffen ist, von einer weiteren Prüfung abgesehen und das Gesetz entsprechend als verfassungswidrig betrachtet und also einen Vorlagebeschluss gefasst.

Das Bundesverfassungsgericht ist aber auch in dem Verfahren 2 BvL 4/18 entsprechend seines Prüfhefts vorgegegangen und hat also noch einmal - sicherlich auch (aber nicht nur) der Anschauung halber - das gesamt Prüfprogramm vollzogen, also zunächst die erste Stufe der Prüfsystematik betreten. Hier hat es die Verletzung des ersten Parameters, des Vergleichs des Anstiegs der R-Besoldung und des Anstiegs der Tarifverdienste im öffentlichen Dienst (vgl. die Zusammenfassung in Rn. 129-131), des dritten Parameters, des Vergleichs des Anstiegs der R-Besoldung und der Verbraucherpreise (zusammengefasst Rn. 137-139), und des Mindestabstandsgebots festgestellt (zusammengefasst in Rn. 144 f., 149 f. und 153 f.). Am Ende der ersten Prüfungsstufe hat es das Ergebnis noch einmal insgesamt festgehalten (Rn. 157-159). Es ist auf dieser Basis zu dem Schluss gekommen, dass die erste Prüfungsstufe die Vermutung einer verfassungwidrigen Unteralimentation indiziert hat, da drei der fünf Parameter der ersten Prüfungsstufe in diese Richtung, und zwar zum Teil deutlich in diese Richtung, deuten (vgl. Rn. 160 ff.). Daraufhin hat es eine Gesamtabwägung im Sinne der zweiten Prüfungsstufe vorgenommen und hier festgestellt, dass sämtlich hier betrachteten Parameter die Vermutung erhärten: die qualitätssichernde Funktion war von der Besoldungshöhe nicht mehr gewährleistet, vergleichbare Berufsgruppen außerhalb des öffentlichen Diensts - hier hinsichtlich des jeweils betrachteten Richteramts - verfügten in der Privatwirtschaft in einem hohen Maße über ein deutlich besseren Verdienst und in der Vergangenheit hatte es maßgebliche Einschnitte in die Beihilfe und Versorgung gegeben  (Rn. 168 ff.). Damit ergibt sich auf der zweiten Prüfungsstufe, "dass die Bemessung der Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppen R 1 bis R 3 in Berlin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht mehr amtsangemessen war", (Rn. 176), was Deine Frage beantwortet.

Denn auf der dritten Prüfungsstufe hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass kollidierendes Verfassungsrecht die Unteralimentation nicht rechtfertigen konnte: "Insbesondere hat das Land Berlin weder im Ausgangsverfahren noch in seiner Stellungnahme dargetan, dass die teilweise drastische Abkopplung der Besoldung der Richter und Staatsanwälte von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin, wie sie nicht zuletzt in den Tarifabschlüssen zum Ausdruck gekommen ist, Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung gewesen wäre, bei dem die Einsparungen – wie es mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG geboten ist (vgl. BVerfGE 149, 382 <395 Rn. 19>) – gleichheitsgerecht erwirtschaftet werden sollten" (Rn. 177), was es im Anschluss noch argumentativ vertieft hat (Rn. 178 f.).

Als Folge hat das Bundesverfassungsgericht dargelegt (Rn. 181-183), dass der verfassungswidrige Zustand für den Kreis der tatsächlich Betroffenen bis zum 01.07.2021 durch eine verfassungskonforme Regelung zu heilen sei (vgl. im Tenor).

Ich hoffe, damit ist der typische Weg der gerichtlichen Prüfung deutlich geworden, innerhalb dessen die Prüfung des Mindestabstandsgebots nur ein kleiner (aber dabei substanzieller) Teil darstellt.

clarion

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3127 am: 21.02.2022 19:53 »
Hallo,

Ist denn das Mindesrabstandsgebot irgendwie quantifiziert? Die niedrigste Besoldungsgruppe muss in der untersten Stufe über dem Hartz IV liegen. Wie bemessen sich danach die Mindestabstände zwischen den Besoldungsgruppen aufbauend bis in A-16?

emdy

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3128 am: 21.02.2022 20:15 »
Hallo,

Ist denn das Mindesrabstandsgebot irgendwie quantifiziert?

Leider nicht in dieser eindeutigen Weise. Die Kontrolle des BVerfG beschränkt sich auf die Feststellung einer evidenten Sachwidrigkeit der gewährten Alimentation. Es macht also keine prozentuale oder absolute Vorgabe für den Abstand sondern nur für dessen Abschmelzung und formuliert im Beschluss 2 BvL 4/18

Ein im Rahmen der Gesamtabwägung zu gewichtendes Indiz für eine unzureichende Alimentation liegt [nicht erst bei Einebnung des Abstandes sondern] vielmehr bereits dann vor, wenn die Abstände um mindestens 10 % in den zurückliegenden fünf Jahren abgeschmolzen wurden

Das bezieht sich auf zwei beliebige zu vergleichende Besoldungsgruppen.  :o

Zu verstehen ist das am besten als Schutz vor willkürlichem Zusammenstauchen der Besoldungstabelle.  8)

Also:
Die Mindestalimentation muss erhöht werden. Die Abstände müssen prozentual halbwegs gleich bleiben. Jegliche Zuschläge müssen ihrer Höhe nach als Detailregelung erkennbar bleiben.  :)
« Last Edit: 21.02.2022 20:28 von emdy »

sapere aude

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« Antwort #3129 am: 21.02.2022 21:03 »
der Fußballer ST würde dazu sagen: ob R oder A...Hauptsache Italien ;D ;D ;D

Besoldungsgesetzgebung ist wie Schach nur ohne Würfel!

lumer

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3130 am: 21.02.2022 21:05 »
Wie emdy richtig sagt, leider nicht. Aber das BVerwG scheint einen Abstand von 2% zwischen zwei Besoldungsgruppen für zu niedrig zu halten ( BVerwG v . 22.09.2017, 2 C 56.16, Rn. 121).

clarion

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3131 am: 21.02.2022 23:27 »
In einigen BL wurde die unterste Besoldungsgruppe und auch einige Stufen in die nächsthöhere übergeleitet. Eine derartige Maßnahme kann natürlich  das 15 % Problem beheben.  Warum ist diese Maßnahme  Eurer Ansicht nach ebenfalls  verfassungswidrig? Inwieweit sind darüber liegende Besoldungsgruppen beschwert, wenn andere Leute nicht mehr ganz so arm wie vorher sind?

Mir ist klar dass es eine Differenzierung geben muss, sonst hängt weitergedacht die Besoldung eines Tages nur noch von Umständen ab, die nichts mit dem ausgeübten Amt zu tun haben. Aber ist die Streichung der untersten Besoldungsgruppe, die zahlenmäßig  wahrscheinlich auch sowieso  nur schwach vertreten ist, verfassungswidrig?

NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3132 am: 22.02.2022 01:19 »
In einigen BL wurde die unterste Besoldungsgruppe und auch einige Stufen in die nächsthöhere übergeleitet. Eine derartige Maßnahme kann natürlich  das 15 % Problem beheben.  Warum ist diese Maßnahme  Eurer Ansicht nach ebenfalls  verfassungswidrig? Inwieweit sind darüber liegende Besoldungsgruppen beschwert, wenn andere Leute nicht mehr ganz so arm wie vorher sind?

Mir ist klar dass es eine Differenzierung geben muss, sonst hängt weitergedacht die Besoldung eines Tages nur noch von Umständen ab, die nichts mit dem ausgeübten Amt zu tun haben. Aber ist die Streichung der untersten Besoldungsgruppe, die zahlenmäßig  wahrscheinlich auch sowieso  nur schwach vertreten ist, verfassungswidrig?

Ich denke, da kann man sich nicht sicher sein, wann die Grenze der Verfassungswidrigkeit überschritten wird. Schon in Vorjahren wurden ja untere Besoldungsgruppen gestrichen. Schnell nachvollziehbar ist, dass das nicht ewig so weitergehen kann, denn wenn irgendwann (zugespitzt) alle A16 sind, ist der Schulleiter eines Gymnasiums in der untersten Besoldungsklasse - und damit in der gleichen wie ein Justizvollzugsangestellter in diesem Gedankenspiel. Das wäre ein glasklarer Verstoß gegen die amtsangemessene Besoldung.

Soweit sind wir natürlich längst nicht. Aber in ersten Bundesländern wird nun schon A6 als unterste Gruppe diskutiert. Wo genau ist die Grenze, was ist noch tolerabel und was nicht mehr? Da muss das BVerfG letztlich eine Grenze der Verfassungswidrigkeit definieren. Ich kann aber gut verstehen, wenn bisherige A6-Beamte ihr Abstandsgebot verletzt sehen, wenn alle darunterliegenden Besoldungsgruppen einfach aufgehoben werden.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3133 am: 22.02.2022 06:11 »
Bevor ich hier wegen eines Eingriffs für eine gewisse Zeit in die Sendepause gehe, eine Art kurze Zusammenfassung: Eine sachgerechte Besoldungsgesetzgebung ist tatschlich eine recht einfache Sache, da der Besoldungsgesetzgeber bei der Beachtung seiner aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur (Wieder-)Herstellung einer amtsangemessenen Alimentation über einen weiten Entscheidungsspielraum verfügt. Er besitzt also das Recht, eine breite Palette an sachlichen Möglichkeiten zu nutzen - jedoch muss er dabei beachten, dass die einzige Motivation, mittels einer fiskalpolitisch motivierten Besoldungsgesetzgebung (Personal-)Kosten zu sparen, kein sachlicher Grund ist. Verfügt er über einen sachlichen Grund und beinhaltet dieser zugleich, dass damit (Personal-)Kosten eingespart werden können, ist es dem Besoldungsgesetzgeber nicht verwehrt, eine entsprechende Entscheidung zu vollziehen - sofern diese Entscheidung sich nicht in einem Konzert weiterer Entscheidungen oder Maßnahmen befindet, die zwar ebenfalls materiell sachgerecht sind, jedoch allesamt oder weit überwiegend ungenügend prozeduralisiert wären, sollte die von ihm vollzogene Besoldungsgesetzgebung verfassungsrechtlich möglich sein.

Die Besoldungsrechtsprechung und insbesondere die neue Dogmatik des Bundesverfassungsgerichts mit der Präzisierung der prozeduralen und materiellen Anforderungen, der eine Besoldungsgesetzgebung unterworfen ist, dient dabei nicht dazu, den Besoldungsgesetzgeber in seiner Gesetzgebung anzuleiten - denn das würde seinen weiten Entscheidungsspielraum über Gebühr einschränken -, sondern die von ihm vollzogene Besoldungsgesetzgebung hinsichtlich ihres amtsangemessenen und damit mit der Verfassung in Einklang stehenden Gehalts zu überprüfen.

Wenn also die Besoldungsgesetzgeber regelmäßig versuchen, anhand der Prüfsystematik des Bundesverfassungsgerichts eine gerade noch "amtsangemessene" Alimentation berechnen zu wollen, unterliegen sie regelmäßig einem Kategorienfehler - denn dafür ist die (neue) Besoldungsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts, wie gerade dargelegt, nicht gemacht, da, wie gesagt, das Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich nicht über den Auftrag verfügt und ob der Gewaltenteilung über ihn auch nicht verfügen kann, dem Besoldungsgesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung vorzuschreiben - es ist nicht einmal, und kann so verstanden auch nicht seine Aufgabe (also die des Bundesverfassungsgerichts) sein, zu prüfen, ob der Besoldungsgesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung vollzieht. Denn jener hat das Recht, nicht die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung zu wählen, solange er dabei eine amtsangemessene Alimentation gewährt. Er hat dabei allerdings zu beachten, dass ausnahmslos jede Beamtin und jeder Beamte über das grundgesetzgleiche Recht auf eine amtsangemessene Alimentation verfügt. Eine utilitaristische Besoldungsgesetzgebung würde gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstoßen und ist dem Gesetzgeber in keinem Fall gestattet.

Mit einer Ausnahme - hierzu hatte ich in der Vergangenheit schon mehrfach geschrieben -, nämlich dem Mindestabstandsgebot, weisen die fünf Parameter der ersten Prüfungsstufe nur eine indizielle Bedeutung auf, d.h., der Besoldungsgesetzgeber darf durchaus die Abstände zwischen Besoldungsgruppen einschmelzen, sofern er begründen kann, dass das sachlich nicht nur geboten, sondern auch statthaft ist - sofern sich diese Entscheidung also sachlich begründen lässt und sich also zugleich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt. Schmilzt er insofern die Abstände zwischen zwei Besoldungsgruppen ein - also beispielsweise zwischen der untersten und der obersten, indem er die unterste ersatzlos streicht und die entsprechend davon betroffenen Beamtinnen und Beamten in die nächst höhere überführt -, dann ist das im Prüfverfahren auf der ersten Prüfungsstufe, sofern das Einschmelzen mehr als zehn Prozent in fünf Jahren beträgt, als ein Indiz für eine eventuell nicht mehr verfassungskonforme Alimentation zu betrachten. Da diese Prüfung allerdings erst im Nachhinein durch die Gerichte erfolgt, sollte der Besoldungsgesrtzgebung innerhalb seiner Prozeduralisierungspflicht im Vorhinein eine schlüssige sachliche Begründung dafür ausweisen, also in der Sprache des Bundesverfassungsgerichts die Herstellung seiner Entscheidungen begründen oder das dann allerspätestens im jeweiligen Gerichtsverfahren sachlich einleuchtend erklären können. Denn er hat ja als Gesetzgeber ob seines weiten Entscheidungsspielraum alle Mittel in der Hand, die Gesetzgebung so zu vollziehen, dass sie am Ende verfassungskonform ist.

Es ist dem Besoldungsgesetzgeber in diesem Sinne durchaus gestattet, die Abstände zwischen zwei Besoldungsgruppen um mehr als zehn Prozent in fünf Jahren abzuschmelzen, sofern dafür ein sachlicher Grund gegeben ist (der also nicht allein der Kosteneinsparung dienen kann, da das kein sachlicher Grund wäre) und er damit keine verfassungswidrige Regelung trifft, also indem er damit nicht nur den sich aus Art. 33 Abs. 5 ergebenden Pflichten nachkommt, sondern ebenso gegen keine weitere verfassungsrechtlich zu beachtenden Rechte verstößt. Ein Indiz auf der ersten Prüfungsstufe bleibt erst einmal nur ein Indiz - je mehr Indizien allerdings vorliegen oder desto größer das eine Indiz ist, desto größer dürfte am Ende jedoch ebenso die Wahrscheinlichkeit sein, dass die jeweils untersuchte Gesetzgebung sich am Ende nicht mit der Verfassung in Einklang befände, soll heißen, dass am Ende die Gesamtabwägung auf der zweiten Prüfungsstufe und also an deren Ende die vormaligen Indizien den verfassungswidrigen Gehalt der Gesetzgebung bestätigen könnte - aber auch das bleibt am Ende immer eine begründende Darlegung und nie ein ausschließlich mathematisches Verfahren.

In diesem Sinne ist auch der Zwitterchrakter des Mindestabstandsgebot zu verstehen, über den ich hier ebenfalls schon mehrmals geschrieben habe, weil dieser Zwittergehalt zum Verstehen der Rechtsprechung gleichfalls von einiger Bedeutung ist: Das Mindestabstandsgebot markiert zum einen die Grenze des absoluten Alimentationsschutzes, da ein Einschnitt in sie verfassungsrechtlich nicht gestattet ist: Jede Beamtin und jeder Beamte hat das grundgesetzgleiche Recht, auf eine die Mindestalimentation nicht unterschreitende Alimentation. Zum anderen erfüllt die Mindestalimentation aber auch als Parameter der ersten Prüfungsstufe ihre indizielle Bedeutung, d.h., sie dient ebenfalls zur Prüfung, ob eine Alimentation noch amtsangemessen ist oder nicht - so wie das im Verfahren 2 BvL 4/18 vollzogen worden ist. Denn die R-Besoldung hat in keinem Fall die Mindestalimentation unterschritten, sodass keine Verletzung des absoluten Alimentationsschutzes vorlag - allerdings hat die unterste Besoldungsgruppe - nun kommt die A-Besoldungsordnung in Spiel - die Mindestalimentation in allen Fällen sehr deutlich nicht erreicht, was hinsichtlich der R-Besoldung für die Prüfung auf der ersten Prüfungsstufe als Indiz zu werten ist, dass die R-Besoldung eventuell nicht mehr verfassungskonform ausgestaltet sei, das also gegebenenfalls hinsichtlich der R-Besoldung ein Verstoß gegen den relativen Alimentationsschutz vorliegt. Relativer Alimentationsschutz bedeutet also: Dass oberhalb der Mindestalimentation durchaus Einschnitte in die Alimentation möglich sind - jedoch wären diese wiederum (damit schließt sich der Kreis) sachlich zu begründen, es muss also bei Einschnitten in die Alimentation grundsätzlich ein anderer, also sachlicher Grund gegeben sein, der erfüllt wäre und als dessen Folge es dann zu entsprechenden Einschnitten kommen dürfte, sofern er denn tatsächlich ein sachlicher Grund wäre und damit kein Verstoß gegen weitere Artikel des Grundgesetzes vorläge.

So in etwa sieht das entsprechende Grundgerüst des Prüferverfahrens aus. Und so verstanden ist die Besoldungsgesetzgebung tatsächlich ein sehr einfaches Unterfangen - jedenfalls solange man nicht wiederkehrend nur ein Hauptziel hat: nämlich Personalkosten zu sparen und solange man als Besoldungsgesrzgeber sicherstellt, dass in keinem Fall der absolute Alimentationsschutz verletzt wird, solange also die der untersten Besoldungsgruppe gewährte Nettoalimentation deutlich über der Mindestalimentation liegt.

Dass das allerdings seit Jahr und Tag nicht mehr der Fall ist, ist das Problem einer fiskalpolitisch motivierten Besoldungsgesetzgebung - egal, ob A-, B- oder R-Besoldung (und ebenso auch die weiteren Besoldungsordnungen), in allen Fällen ist die Verletzung der Mindestalimentation in der die Besoldungssystematik(en) grundlegenden untersten Besoldungsgruppn in einem großen Maße gegeben, sodass dies erst einmal zu heilen wäre, womit die auf der untersten Besoldungsgruppe aufbauende jeweilige Besoldungsordnung als Ganze vom Gesetzgeber in den Blick zu nehmen ist.
« Last Edit: 22.02.2022 06:17 von SwenTanortsch »

was_guckst_du

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3134 am: 22.02.2022 06:51 »
...Hauptsache, das BVerfG entscheidet -wie hier von Irgendjemanden behauptet - immer sehr schnell...


P.S.: alles Gute!
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