Der Zweite Senat hat hinsichtlich der Wohngeldstufen des WoGG alles, was nötig ist, bereits gesagt, nämlich in der aktuellen Entscheidung dreierlei:
1. Ein
unmmitelbarer Wohngeldbezug ist mit der amtsangemessenen Beamtenalimentation nicht vereinbar:
"Eine Übernahme der in den Existenzminimumberichten angewandten Methode [zur Bemessung der Wohnkosten, um ein realitätsgerechtes Grundsicherungsniveau und daraus abgeleitet die Höhe der Mindestalimentation zu bestimmen; ST] kommt nicht in Betracht. Im streitgegenständlichen Zeitraum wurden darin neben dem gesamtdeutschen Mietenniveau der Wohngeldempfänger der für die Mietenstufen I bis IV nach Fallzahlen gewichtete Durchschnittswert zugrunde gelegt (vgl. BTDrucks 16/11065, S. 3; BTDrucks 18/3893, S. 4; nunmehr aber BTDrucks 19/5400, S. 5) und damit gerade die Mieten der (damals) höchsten Mietenstufen V und VI nach § 12 WoGG außer Ansatz gelassen (vgl. Modrzejewski, Existenzsicherung in Ehe und Familie im Einkommensteuerrecht, 2018, S. 138). Dass die Auffassung der Bundesregierung, diese Methodik sei auch für die Bestimmung der Mindestalimentation heranzuziehen, nicht zutreffen kann, folgt schon daraus, dass sie in ihrer Stellungnahme die Beamten ausdrücklich auf den Wohngeldbezug verweist. Der Besoldungsgesetzgeber kann sich seiner aus dem Alimentationsprinzip ergebenden Verpflichtung aber nicht mit Blick auf Sozialleistungsansprüche entledigen; die angemessene Alimentation muss durch das Beamtengehalt selbst gewahrt werden (vgl. BVerfGE 44, 249 <269 f.>; 70, 69 <81>)." (Rn. 56)
Direktiv wird eingangs zunächst festgestellt, dass ein nur Teile der Wohngeldstufen beachtender Blick zur genannten Bemessung der sachgerechten Mindestalimentation nicht hinreicht und also ein solcher Wohngeldbezug nicht vollzogen werden darf. Im Anschluss wird jeder
unmittelbare Rückbezug auf den Wohngeldbezug als sachwidrig betrachtet, da zwischen der Sozialleistung und der Beamtenalimentation ein qualitativer Unterschied besteht (vgl. Rn. 47). In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass die amtsangemessene Alimentation "durch das Beamtengehalt selbst gewahrt werden" muss.
2. Der Gesetzgeber darf den Beamten hinsichtlich des Mindestabstandsgebots generell nicht
unmittelbar auf einen Sozialleistungsbezug - wie also bspw. das Wohngeld - verweisen:
"Weil die Besoldung der Beamten und Richter nicht dem Gewährleistungsbereich des Art. 33 Abs. 5 GG entzogen werden kann, darf der Besoldungsgesetzgeber sie, wenn es um die Einhaltung der aus dem Alimentationsprinzip folgenden Mindestanforderungen geht, indes nicht auf den Bezug von Sozialleistungen verweisen. Allenfalls dürfen tatsächlich bezogene Sozialleistungen auf die Bezüge angerechnet werden (vgl. BVerfGE 44, 249 <269 f.>; 70, 69 <81>). Anderes gilt nur für das Kindergeld (vgl. BVerfGE 81, 363 <375 f.>; 99, 300 <315, 321>), weil mit ihm im Ausgangspunkt die – bei der Ermittlung des Nettogehalts ohnehin zu berücksichtigende – verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes bewirkt wird (vgl. BVerfGE 99, 246 <265>) und es daher nur in bestimmten Fällen und in unterschiedlichem Umfang den Charakter einer Sozialleistung hat (vgl. BVerfGE 82, 60 <78 f.>). " (Rn. 52)
Solange also das Mindestabstandsgebot durch die gewährte Beamtenalimentation nicht
unmittelbar gesichert wird, darf der Beamte nicht auf Sozialleistungen verwiesen werden. Damit wird implizit auf den zweiten Halbsatz des letzten Satzes des letzten Zitats verwiesen: "die angemessene Alimentation muss durch das Beamtengehalt selbst gewahrt werden". Entsprechend darf nur der Beamte
unmittelbar auf einen Sozialleistungsanspruch verwiesen werden, dessen Alimentation den vom absoluten Alimentationsschutz umfassten Betrag der zu gewährenden amtsangemessenen Alimentation übersteigt. Die Alimentation dieses Beamten liegt also zwangsläufig 15 % oberhalb des realitätsgerechten Grundsicherungsniveaus. Als Folge kann dieser Beamte nicht leistungsberechtigt sein - und sollte er doch
unmittelbar leistungsberechtigt sein, dürfte das als Folge beider Zitat ein unmittelbarer Hinweis darauf sein, dass die gewährte Alimentation nicht amtsangemessen ist. Denn die Mindestalimentation sagt ja nichts über die Höhe der amtsangemessenen Alimentation aus, sondern markiert nur den gerade benannten Betrag.
Hinsichtlich des Mindestabstandsgebots dürfen vom Besoldungsgesetzgeber entsprechend nur "tatsächlich bezogene Sozialleistungen auf die Bezüge angerechnet werden", was bedeutet, dass es dem Besoldungsgesetzgeber gestattet ist, zur
Bemessung der Mindestalimentation oder bei der Betrachtung der tatsächlich gewährten Alimentation
unmittelbar bezogene Sozialleistungen
mittelbar zu betrachten. Entsprechend ist auch das - offensichtlich so betrachtet die einzige Ausnahme darstellende - Kindergeld zu betrachten, da es eine Art Zwitterstellung einnimmt und also
nicht ausschließlich als Sozialleistung verstanden werden kann. Als Folge wird nach der Bemessung der Nettobesoldung das Kindergeld addiert (hier schlägt sich sowohl der mittelbare Charakter als auch die Zwitterstellung nieder, da das Kindergeld nicht nur als Sozialleistung, sondern zuletzt u.a. über Freibeträge auch steuerrechtlich zu betrachten wäre), sodass man - nach Abzug der Kosten für die die Beihilfe ergänzenden Aufwendungen für die PKV - den Betrag der gewährten Nettoalimentation erhält.
3. Die Mietenstufen des WoGG können bei der (Neu-)Einführung von Ortszuschläge eine Berücksichtigung finden:
"Insbesondere ist er frei, Besoldungsbestandteile an die regionalen Lebenshaltungskosten anzuknüpfen, etwa durch (Wieder-)Einführung eines an den örtlichen Wohnkosten orientierten (Orts-)Zuschlags (vgl. hierzu BVerfGE 117, 330 <345 ff.>), wie es derzeit regelmäßig bei einer Auslandsverwendung (vgl. § 1b Abs. 1 Nr. 1 LBesG BE i.V.m. § 52 Abs. 1 BBesG i.d.F. vom 6. August 2002) und teilweise auch innerhalb eines Landes (vgl. Art. 94 BayBesG) praktiziert wird. Eine an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufung ist mit dem Alimentationsprinzip vereinbar, sofern sie sich vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen lässt (vgl. BVerfGE 107, 218 <238, 243 ff.>; 117, 330 <350 f.>). Mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, stünde ein leicht zu handhabendes Kriterium bereit." (Rn. 61)
Sofern der Besoldungsgesetzgeber die Besoldung durch die (Wieder-)Einführung eines Ortszuschlags differenzieren will - wozu er das Recht hat -, dann stehen ihm dafür unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG bspw. die Mietenstufen zur Verfügung. Die Hervorhebung des allgemeinen Gleichheitssatzes verweist nun auf das Beispiel, das vermessen gerade angeführt hat: nämlich die Spreizung des Wohnungmarkts:
Ein nach dem Wohn- oder Dienstort differenzierter Ortszuschlag kann nur eine recht geringe Höhe aufweisen, da eng beieinander liegende Wohn- oder Dienstorte ein völlig anderes Mietniveau aufweisen. Wenn nun in dem von ihm angeführten Beispiel dem einen Beamten ein Ortszuschlag in Höhe der Mietenstufe II und dem anderen einer in Höhe der Mietenstufe V gewährt werden würde, dann läge der Unterschied für eine vierköpfige Familie laut Anlage 1 zu § 12 WoGG bei 250,- € pro Monat (
https://www.wohngeld.org/mietstufe/). Eine solch hohe Differenz wäre aber vor Art. 3 Abs. 1 GG tatsächlich nur dann zu rechtfertigen, wenn beide Beamte im Durchschnitt einen solch unterschiedlichen
tatsächlichen Bedarf aufwiesen, was aber in dem von vermessen dargelegten Beispiel nicht der Fall ist. Als Folge würde, sofern eine solch unterschiedliche Leistungshöhe des jeweiligen Ortszuschlags rechtlich festgelegt werden würde, daraus eine Verletzung der
amtsangemessenen Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG für die dasselbe Amt bekleidenden Beamten resultieren. Denn die hinsichtlich ihres tatsächlichen Bedarfs zur Bestreitung ihrer Unterkunftskosten nicht wesentlich Ungleichen würden, was ihre Alimentation betrifft, wesentlich ungleich behandelt werden, indem dem einen ein von der Höhe nicht sachgerechter Ortszuschlag gewährt und dem anderen dieser vorenthalten werden würde.
Will der Besoldungsgesetzgeber also in der von ihm zu garantierenden amtsangemessenen Alimentation auch auf die Wohngeldstufen zurückgreifen, hat er die drei genannten Punkte mitsamt ihrer direktiven Aussagekraft zu beachten, um insgesamt zu beachten zu haben, dass zur Betrachtung de realitätsgerechten Unterkunftskosten die Mietenstufen nicht sachgerecht sind, sondern dass das 95 %-Perzentil oder eine gleichwertige Methodik heranzuziehen ist, die also zu weitgehend identischen Beträgen gelangt.