Hallo Swen, schön wieder von Dir zu lesen. Bei dem Vergleich zu den niedersächsischen Zuschläge für Kinder und dem Bezug zur Düsseldorf Tabelle müsste doch noch Berücksichtigung finden, dass die zuschlagsbeträge Bruttobeträge darstellen und der tatsächliche Unterhalt (vom) Netto zu gewähren ist, oder betrachte ich hierbei etwas falsch? LG
Eventuell verstehe ich nicht, was Du tatsächlich meinst, Tom. Hinsichtlich der Düsseldorfer Tabelle ist zunächst festzuhalten, dass sie keine Gesetzeskraft aufweist, sondern nur eine Richtline darstellt (vgl. dort die Anm. 1 unter
https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2024/2023_12_11_Duesseldorfer_Tabelle_-2024.pdf). Ebenso weist sie den monatlichen Unterhaltsbedarf auf, der nicht identisch mit dem Zahlbetrag ist, wie das an derselben Stelle ausgeführt wird. Der tatsächliche Zahlbetrag ist am Ende nicht zuletzt in Unterhaltsprozessen auch unter Heranziehung der weiteren Anmerkungen vom Gericht individuell zu ermitteln. Eine individuelle Ermittlung ist aber in unserem Fall nicht möglich. Insofern dient die Düsseldorfer Tabelle nur dazu, die niedersächsische Regelung der Familienalimentation sachlich einzuordnen, indem sie pauschalisierend herangezogen wird. Sie dient also als Analyseinstrument und kann genauso wenig wie die Parameter des bundesverfassungsgerichtlichen "Pflichtenhafts" zur Bestimmung der sachgerechten Höhe von Besoldungskomponenten herangezogen werden, die sich nicht exakt berechnen, sondern nur sachgerecht begründen lassen.
Der Referententwurf weist auf der S. 18 einen Nettofamilienverdienst in Höhe von 46.913,53 € auf; ihn lege ich zur Betrachtung der Nettoalimentation des bediensteten Alleinverdieners zugrunde. Gegebenenfalls in einem Unterhaltsprozess heranzuziehende individuelle Verhältnisse können hier nicht zugrunde gelegt werden (vgl. in der Düsseldorfer Tabelle die Anm. 3 ff.). In einem Unterhaltprozess wird sich auf Basis der genannten Anmerkungen die monatliche Nettoalimentation in Höhe von rund 3.910,- € als zu hoch erweisen, sodass sich ebenso die Richtsätze als ggf. zu hoch erweisen sollten.
Diese Richtsätze würden nun auf Basis der tatsächlichen Lebensbedingungen des Beklagten dem Gericht dazu dienen, den tatsächlichen Unterhaltssatz zu bestimmen. Diesen anhand der individuellen Lebenssituation des Beklagten bestimmten Unterhaltssatz müsste am Ende dieser Beklagte dem Kläger regelmäßig zahlen, sofern das Gericht so entschiede. Der vom Gericht bestimmte Unterhaltssatz ginge daraufhin als regelmäßige Zahlung in die Einkünfte des Klägers über, stellte sich bei ihm also als ein Bruttobetrag dar, der als Einkunft am Ende in die steuerliche Veranlagung mit einfließen würde, ohne dass sich konkret bemessen ließe, welchen "tatsächlichen" Nettobetrag die regelmäßige Zahlung des Beklagten am Einkommen des Klägers ausmachen würde (das spielte formell im Verfahren keine Rolle).
So verstanden erscheint es mir schlüssig, zur Analyse der niedersächsischen Familienalimentation die Bedarfssätze so heranzuziehen, wie ich das vollziehe. Denn alles andere ist - denke ich - nicht möglich, da ich hier zur Analyse pauschalisieren muss. Nicht umsonst würde vom Unterhalt in identischer Höhe, den ein Beklagter einem Kläger zahlen müsste, nach Steuern ein "geringer Nettobetrag" übrigbleiben, wenn dieser über deutlich höhere Einkünfte verfügte als ein zweiter Kläger, der also über deutlich geringere Einkünfte verfügte, was sich aber pauschal wie gezeigt nicht darstellen ließe. Insofern ziehe ich die Richtwerte heran, die so also genauso pauschalisiert verwendet werden wie das zugrunde gelegte Nettoeinkommen. Es bleibt deshalb - wie grundsätzlich immer in der Betrachtung der amtsangemessenen Alimentation, da diese sich nicht exakt beziffern lässt - eine Grauzone, die genauso für die Auslegung der zitierten bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung gilt: "In diesem Fall bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn dieser Betrag [der kinderbezogenen Gehaltsbestandteile; ST.] in seiner Höhe erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden." (BVerfGE 44, 240 <274 f.>;
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv044249.html). Denn was in diesem Zusammenhang "erheblich" konkret bedeutet, bleibt wiederum Auslegungssache.
Am Ende verbleibt es dabei, der Besoldungsgesetzgeber muss seine Besoldungsregelungen sachgerecht begründen; ein Kläger in einem Besoldungsrechtsverfahren sieht sich veranlasst, seine Klage sachlich zu substantiieren.