Dies war die Frage: Da Du die Düsseldorfer Tabelle als keinen geeigneten Maßstab ansiehst, den Grundbedarf für ein Kind im Sinne des Besoldungsrechts zu ermitteln, wie Du schreibst, wird Dir ein anderer Maßstab vorschweben. Welcher ist das?
Das ist Deine allgemeine Antwort: "Mit Rückgriff auf das Sozialrecht, wie vom BVerfG vorgenommen." Kannst Du das konkretisieren?
Das BVerfG hat in seinem Beschluss nicht auf das Unterhaltsrecht nach BGB, sondern auf das Sozialrecht nach SGB XII zurückgegriffen. Es kommt nur darauf an, die Mindestalimentation zu ermitteln. Diese variiert nach Wohnort und Zahl der Kinder. Sie richtet sich nach dem Grundsicherungsniveau zzgl. 15 Prozent. Ein gangbarer Weg ist der Rückgriff den den Kinderanteil innerhalb des Grundsicherungsniveaus zu bestimmen ist auf das Regelbedarfsermittlungsgesetz zurückzugreifen, wie im Gesetzentwurf geschehen. Demnach liegen die gewichteten Regelbedarfe für zwei minderjährige Kinder bei 629,12 Euro.
Falsch wäre zu denken, der Familienzuschlag (mit oder ohne REZ) müsse dem Regelbedarf nachbilden. Entscheidend ist, dass die Summe der Bezüge die Mindestalimentation erfüllt. REZ und FamZ bilden da regelmäßig nur einen Anteil.
Zunächst einmal ist das ein sehr verkürzter Blick auf Rn. 51 der aktuellen Entscheidung, da das BVerfG dort ja zurecht betont, dass die Leistungen nach SGB II und XII nur teilweise auf gesetzgeberische Pauschalisierungen zurückgreifen können, da der Sozialgesetzgeber auch an den tatsächlichen Bedürfnissen anknüpft, und zwar explizit mit Blick auf die Unterkunftskosten. Nur deshalb gibt es ja so etwas wie das WoGG; ansonsten könnten auch mit Blick auf die Unterkunft auf den undifferenzierten Wert des Existenzminimumberichts zurückgegriffen werden, was das BVerfG aber auch diesbezüglich nicht zulässt (vgl. in der aktuellen Entscheidung Rn. 56). Der Wert von 629,12 € ist also mit Sicherheit nicht als realitätsgerecht zu begreifen, sondern deutlich zu gering. Genau deshalb greife ich ja auf die Düsseldorfer Tabelle zurück und lege also einen deutlich höheren Wert zu Grunde, weil das offensichtlich realitätsgerechter ist.
Wenn Du diesen Wert von 629,12 € aber als realitätsgerecht begreifen möchtest, dann würde Deine ganze Argumentation aber ja nur noch mehr dafür sprechen, dass die Gesamtbeträge aus Familienzuschlägen sowie Ergänzungszuschlägen für die Familienstufe 3 unter Addition des Kindergelds in Höhe von 219,- € pro Kind evident sachwidrig wären:
I 898,16 €
II 1020,16 €
III 1.146,16 €
IV 1.293,16 €
V 1.431,16 €
VI 1.575,16 €
VII 1.741,16 €
Denn wie bereits hervorgehoben, geht das BVerfG regelmäßig davon aus, dass solange, wie eine amtsangemessene Alimentation vorliegt, der Kindesunterhalt einer Familie mit einem oder zwei Kindern ganz überwiegend aus den allgemeinen, d.h. „familienneutralen“ Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann, weshalb die hinzutretenden kinderbezogenen Gehaltsbestandteile erheblich unterhalb der Beträge bleiben können, die die Rechtsordnung als Regelsätze für den Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. März 1977 – 2 BvR 1039/75 –, Rn. 65). Die familienbezogenen Zuschläge einschließlich des Kindergelds können deshalb den zusätzlichen Bedarf, der der Beamtenfamilie beim ersten und zweiten Kind erwächst, nicht annähernd ausgleichen (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 –, Rn. 48).
Die Regelung, wie sie im Gesetzesentwurf vorgenommen wird, verstieße also, legte man den von Dir vorgeschlagenen Wert von 629,12 € zu Grunde, nur noch extremer gegen die Judikatur des BVerfG, da nun keiner der entsprechend erhöhte Familienzuschläge deutlich unter, sondern alle ausnahmslos deutlich über den Regelsätzen für den Kindesunterhalt liegen und so - wie gestern und vorgestern gezeigt - evident sachwidrig auf "familienneutrale" Gehaltsbestandteile zurückgreifen würden.
Wie gesagt, Du versuchst krampfhaft einen Entwurf zu verteidigen, der nicht zu verteidigen ist, weil er vielfach gegen die Judikatur des BVerfG verstößt. Deine Verteidigung des Entwurfs ist also nur möglich, wenn Du wiederkehrend genauso vorgehst wie jener Entwurf. Nicht umsonst wirst Du für Deine abschließende Darlegung in der Judikatur des BVerfG keinen Beleg finden: "Falsch wäre zu denken, der Familienzuschlag (mit oder ohne REZ) müsse dem Regelbedarf nachbilden. Entscheidend ist, dass die Summe der Bezüge die Mindestalimentation erfüllt. REZ und FamZ bilden da regelmäßig nur einen Anteil."
Denn erstens geht es um keine "Nachbildung" und zweitens sind eben die Regelsätze des Kindesunterhalt bei der Bemessung einer amtsangemessenen Alimentation zu beachten, wie die beiden gerade genannten Entscheidungen des BVerfG es fordern.
Eine Übernahme der in den Existenzminimumberichten angewandten Methode kam deshalb nicht in Betracht, weil dort die Mietenstufen ab V und höher nicht betrachtet wurden.
Im zitierten Beschluss von 1977 spricht das BVerfG davon, dass nicht festgeschrieben sei, dass bei Familien mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. "familienneutralen" und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann. Dies merkt man natürlich nicht, wenn man nur in das von mir kritisierte Gutachten von Schwan guckt. Ein Blick in die Entscheidungen des BVerfG würde gut tun. Dies ist aber offensichtlich nicht erfolgt, da die von Schwan falsch zitierten Randnummern in deinem Beitrag übernommen wurden. Auch beim Beschluss von 1990 sind die Randnummern falsch zitiert (so falsch wie im Schwan-Gutachten, des unabhängigen "Sachverständigen" ohne nachgewiesene Sachkenntnis). Insofern bin ich mir nicht sicher, ob es für mich den Aufwand lohnt, mit dir noch weiter in der Sache zu diskutieren.
Die Antwort auf die Frage, wer krampfhaft versucht, den Gesetzentwurf schlechtzureden bzw. zu verteidigen und wer sich eingängiger mit der von dir viel zitierten "Judikatur" beschäftigt hat, überlasse ich den übrigen Lesern.
Nun ja, das ist jetzt nicht gerade sehr schön, anderen ohne Beleg zu unterstellen, sie würden Zitate fälschen. In der von Dir genannten Untersuchung wird auf der S. 38 in der Fußnote 208 korrekt auf BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. März 1977 – 2 BvR 1039/75 – Rn. 65 verwiesen (das kann hier jeder nachprüfen:
https://www.berliner-besoldung.de/aktuelles/gutachten-bestaetigt-berlbvanpg-2021-vorsaetzlich-verfassungswidrig/). Auch ich habe hier durchgehend von jener BVerfG-Entscheidung sowie der Rn. 65 gesprochen und jene wie folgt zusammengefasst:
"Denn wie bereits hervorgehoben, geht das BVerfG regelmäßig davon aus, dass solange, wie eine amtsangemessene Alimentation vorliegt, der Kindesunterhalt einer Familie mit einem oder zwei Kindern ganz überwiegend aus den allgemeinen, d.h. „familienneutralen“ Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann, weshalb die hinzutretenden kinderbezogenen Gehaltsbestandteile erheblich unterhalb der Beträge bleiben können, die die Rechtsordnung als Regelsätze für den Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. März 1977 – 2 BvR 1039/75 –, Rn. 65)."
Das BVerfG hat das in der genannten Rn. 65 1977 wie folgt formuliert, was ebenfalls jeder öffentlich nachlesen kann (vgl. hier:
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv044249.html):
"Legt man etwa das gegenwärtige System der Besoldungsstruktur zugrunde, das, wie dargelegt, verfassungsrechtlich nicht festgeschrieben ist, so entspricht es bei natürlicher Betrachtung einer gewissen Selbstverständlichkeit, daß bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. "familienneutralen" und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten. In diesem Fall bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn dieser Betrag in seiner Höhe erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden."
Ich kann nicht erkennen, dass ich hier irgendetwas gezielt falsch darstellen würde. Darüber hinaus zeigt der gesamte Kontext, in den dieses Zitat eingebettet ist (vgl. dort die Rn. 60-65), das genau das gemeint ist, was ich hier aussage und was im Kontext auch der weiteren genannten BVerfG-Entscheidungen nicht anders zu verstehen ist.
Kannst Du mir mal sagen, was das soll, anderen mit falschen Angaben letztlich Fälschungen zu unterstellen?
Denn auch im zweiten Fall kann ich nichts von dem erkennen, was Du hier ausführst. Ich habe gestern geschrieben:
"Die familienbezogenen Zuschläge einschließlich des Kindergelds können deshalb den zusätzlichen Bedarf, der der Beamtenfamilie beim ersten und zweiten Kind erwächst, nicht annähernd ausgleichen (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 –, Rn. 48)."
In jener Entscheidung heißt es in der Rn. 48 (vgl.
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv081363.html): "denn diejenigen Zuschläge, einschließlich des Kindergeldes, um die sich die Bezüge des Beamten beim ersten und zweiten Kind erhöhen, sind nicht geeignet, den zusätzlichen Bedarf, der der Beamtenfamilie beim ersten und zweiten Kind erwächst, auch nur annähernd auszugleichen."
Auch das wird in der o.g. Untersuchung auf derselben Seite mit Beleg anhand der Fn. 209 korrekt angegeben.
Du schießt Dich hier gerade, finde ich, ganz schön aus dem Orkus raus, indem Du solch fälschliche (und auch ehrabschneidende) Aussagen tätigst, anstatt sachlich über das Thema zu diskutieren. Man kann unterschiedlicher Ansicht im Inhalt sein; aber das rechtfertigt meiner Meinung nach nicht solch sachlich falsche Unterstellungen.
Zugleich hast Du heute morgen an Fahnder die Frage gestellt, wie sich das 95 %-Perzentil zusammensetzt, weil Du nicht weißt, wie das geschieht (was übrigens ein weiteres Mal zeigen dürfte, wie wenig Du Dich bislang mit der Thematik beschäftigt hast). Am besten dürfte es sein, hier in die aktuelle Entscheidung zu schauen - in der von Dir genannten Untersuchung wird's wie folgt dargelegt (s. dort S. 25), was hier um die weiteren Werte ergänze, deren Quelle ich gestern angegeben habe:
In seiner aktuellen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Übernahme der im Existenzminimumbericht angewandten Methode zur Bemessung des Grundsicherungsniveaus für verfassungswidrig erklärt, da sie zu keinem realitätsgerechten Ergebnis führt; vgl. in der aktuellen Entscheidung Rn 56-59 sowie auch Martin Stuttmann, Die Besoldungsrevolution des BVerfG. Der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau, NvwZ-Beilage 2020, 83 (85); Torsten Schwan, Neue bundesverfassungsgerichtliche Direktiven für die Besoldungsdogmatik und ihre Folgen für das künftige Alimentationsniveau, in: DÖV, Abschnitt IV. 4 (demn.). Dahingegen sind die tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, sofern sie angemessen sind (vgl. in der aktuellen Entscheidung Rn. 57). Diese werden realitätsgerecht erfasst, wenn das sogenannte 95 %-Perzentil der von der Bundesagentur für Arbeit länderspezifisch erhobenen Daten zu Grunde gelegt wird (ebd., Rn. 59). Das bedeutet, dass die von der BfA für das jeweilige Bundesland erhobenen Daten für eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft zunächst in aufsteigender Reihenfolge festgehalten werden, um im Anschluss den Wert zu bestimmen, der 95 % der Einträge abdeckt, was verhindert, dass der entsprechend ermittelte realitätsgerechte Wert durch darüber liegende statistische Ausreißer verfälscht wird (ebd.). Diese Form der Bemessung berücksichtigt zugleich, dass Beamte auf der einen Seite in der Wahl ihres Dienst- und Wohnsitzes eingeschränkt sind, aber auf der anderen nicht verpflichtet werden können, ihren Wohnsitz dort zu wählen, wo die landesweit niedrigsten Wohnkosten anfallen (ebd., Rn. 60). Auf dieser Grundlage hat das Bundesverfassungsgericht die zu berücksichtigen Berliner Unterkunftskosten für die Jahre 2009 bis 2011 auf monatlich 900,- € und für die Jahre 2012 bis 2015 auf monatlich 950 € als realitätsgerecht festgelegt (Ebd., Rn. 145 f. Hier werden als Summe jeweils die zugrunde gelegten Unterkunfts- und Heizkosten aufgeführt. Von dieser Summe sind die berücksichtigten Heizkosten abzuziehen, um die vom Bundesverfassungsgericht als realitätsgerecht angesehenen Unterkunftskosten zu ermitteln. In der Ermittlung der realitätsgerechten Heizkosten folgt es dem Bundesverwaltungsgericht, vgl. ebd., Rn. 62 f. bzw. unten und auch Schwan, Abschnitt IV. 3). Wie gestern dargelegt, hat der Berliner Senat das Berliner 95 %-Perzentil für die Jahre 2017 und 2019 auf 1.150,- € und 1.450,- € beziffert.