Liebe Kollegen, ich verstehe hier weiterhin die Diskussion der letzten Tage nicht, da sie sowohl (1.) rechtlich als auch 2.b) monetär wenig Sinn ergibt, woraus (3.) ein Ergebnis gezogen werden kann.
1. Es ist sowohl durch das Prüfkriterium der Mindestbesoldung eindeutig geklärt, dass alle 17 Besoldungsordnungen so stark verletzt sind, dass es in allen 17 Rechtskreisen zwangsläufig zu deutlich höheren Grundbesoldungen kommen muss. Das mag einem schmecken oder nicht - aber so ist die Rechtsprechung des Bundesverfasungsgerichts zu interpretieren. Und daran gibt es rechtlich nichts zu deuteln, jedenfalls hat noch keiner in den letzten zwei Jahren sachlich etwas anderes begründen können. Wer es genauer wissen möchte, sollte das lesen, was in der ZBR im letzen Mai geschrieben worden ist oder die letzte Entscheidung des VGH Hessen oder die Stellungnahme Ulrich Battis' im aktuellen sächsischen Gesetzgebungsverfahren oder die Stellungnahmen des BRV im aktuellen bayerischen Gesetzgebungsverfahren usw. usf.
2. Wenn man von der Mindestalimentation ausgeht - was juristisch zweifelhaft ist, aber derzeit der fragliche Standard in den Gesetzgebungsverfahren der letzten zwei Jahre -, dann erhält man am Ende einen Nettowert der Alimentation, der - da vom absoluten Alimentationsschutz umfasst - nicht unterschritten werden darf. Sofern der Dienstherr diesen Wert als amtsangemessen ermitteln könnte und wir diesen Wert mit der Summe 3.009,47 € bemessen (der realitätsgerechten Mindestalimentation in Thüringen im Jahr 2020, vgl. den bekannten DÖV-Beitrag aus dem letzten Jahr, dort die S. 208), dann ist es für eine vierköpfige Familien monetär gänzlich unerheblich, ob am Ende das Grundgehalt mit 3.009,47 € und die Familienzuschläge mit 0 € bemessen werden oder das Grundgehalt mit 0 € und die Familienzuschläge mit 3.009,47 € oder das Grundgehalt mit 2.009,47 € und die Familienzuschläge mit 1.000,- € usw. usf. Rechtlich allerdings - s. die Ziff. 1 - ist es das nicht.
3. Als Ergebnis lässt sich entsprechend feststellen:
a) Die Grundbesoldung muss in allen 17 Rechtskreisen deutlich erhöht werden, da anders das Leistungsprinzip nicht gewährleistet werden kann.
b) Die Bemessung der hinreichenden Besoldung unterliegt am Ende immer einer sachgerechten Begründung. Diese muss es spätestens seit zwei Tagen ebenfalls sachlich begründen, wenn sie als Folge von einschneidenden Veränderungen der Verhältnisse eine deutliche Anhebung der familienbezogenen Besoldungskomponenten vornehmen will (vgl. meine Darlegungen und Interpretation der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2 BvF 2/18 im Länderforum vom gestrigen Tage). Die deutliche Anhebung der familienbezogenen Besoldungskomponenten wäre dann anhand eines sachlichen Grundes zu begründen.
c) Da es zur sachgerechten Wiederherstellung des Leistungsprinzips einer deutlichen Anhebung der Grundgehaltssätze bedarf, wäre eine deutliche Anhebung der familienbezogenen Besoldungskomponenten unabhängig von den Grundgehaltssätzen zu betrachten, da die Wiederherstellung des Leistungsprinzips diesbezüglich keine einschneidende Veränderung der Verhältnisse darstellt. Denn das Leistungsprinzip steht zwar mit dem Alimentationsprinzip in einem engen Verhältnis. Jedoch ist die Anzahl der Kinder verfassungsrechtlich innerhalb des Alimentationsprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG mit zu berücksichtigen, nicht jedoch als Folge des Leistungsprinzips aus Art. 33 Abs. 2 GG, das wiederum vom Dienstherrn zu beachten ist.
d) Sofern der Gesetzgeber also die zwangsläufig nötige Anhebung der Grundgehaltssätze bis mindestens zu einer solchen Höhe vornehmen würde, dass am Ende dem Leistungsprinzip wieder Genüge getan und das Alimentationsprinzip nicht mehr verletzt wäre, dürfte er ebenfalls eine moderate Erhöhung der familienbezogenen Besoldungsbestandteile vornehmen - jedoch nur im Rahmen dessen, was Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt. Kinder von Beamten können insbesondere wegen des und im Sonderrechtsverhältnis(ses), dem der Beamte unterliegt, höchstwahrscheinlich bis zu einem gewissen Grad besser gestellt werden als die anderen Kinder - aber auch das nur in einem rechtfertigungsfähigen sachlichen Rahmen. Denn das Beamtenrecht ist kein Surrogat der Sozialpolitik. Sofern also sozialpolitisch eine einschneidende Veränderung der Verhältnisse festzustellen wäre, wäre das Beamtenrecht der falsche Weg, diese einschneidende Veränderung heilen zu wollen - denn dann wären eben nicht nur Beamte mit Kindern, sondern alle Familien von der Veränderung betroffen; denn das wäre die Folge ihres einschneidenden Charakters: Entweder sind einschneidende Veränderungen gegeben, dann sind alle Familien davon betroffen; oder es sind nur die Beamtenfamilien betroffen (wie das auch immer aussehen sollte), dann könnte aber nicht von einer einschneidenden Veränderung ausgegangen werden können. Die familienbezogenen Besoldungskomponenten sind kein sachliches Mittel zur Widerherstellung des Leistungsprinzips im Besoldungsrecht. In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass das Beamtenrecht kein Surrogat der Sozialpolitik ist.
So stellt sich offensichtlich die Rechtslage dar - und um nicht missverstanden zu werden: Als jemand, der viel Zeit in seinen Leben mit recht vielen Kindern und Jugendlichen verbracht hat, von denen viele in monetär nicht gesegneten Verhältnissen aufgewachsen sind, halte ich eine das Wohl von Kinder und Jugendlichen fest im Blick nehmende oder behaltende Sozial- und Familienpolitik für nicht verhandelbar, sondern für dringend notwendig. Aber nur, weil die Dienstherrn mit dem eigentlichen Ziel, sachwidrig immense Personalkosten sparen zu wollen, mit einem Mal vorgeben, ein Herz für Beamtenfamilien entdeckt zu haben, kann ich dieses letztere Ansinnen für nicht richtig erachten - und zwar nicht, weil ich es nicht gut oder schön fände - es also unter einer moralischen und ästhetischen Betrachtung anschauen könnte -, sondern weil dieses Ansinnen rechtswidrig ist, da es sich innerhalb unserer Verfassung nicht rechtfertigen lässt.
Sobald die Dienstherrn zu einer wieder sachgerechten Betrachtung des Leistungsprinzips zurückkehren, werden sämtliche Beamtenfamilien mit Kindern im Sinne dessen, was ich oben unter der Ziff. 2 gesagt habe, ebenfalls wieder monetär deutlich besser gestellt werden - denn das wäre die Folge des Alimentationsprinzips in seinem Zusammenhang mit dem Leistungsprinzip. Entsprechend sind die sachlichen Probleme innerhalb unserer Rechtsordnung zu lösen und zu lösen heißt: sachlich zu lösen - denn das ist die Grundlage und Folge unserer verfassungsmäßigen Ordnung.