Bei den sachlich offenen Flanken, die - wie kaum anders zu erwarten - weiterhin zu bestehen scheinen und zugleich in den letzten Monaten wie gestern dargelegt offensichtlich sachlich noch weiter zugespitzt worden sind, wäre es in Anbetracht der Kreise ziehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein reines Hasard, einen solchen Entwurf als Vorlage der Bundesregierung im nächsten Frühjahr, also rund anderthalb Jahre vor den nächsten Bundestagswahlen, ins Parlament einzubringen, wie das bislang geplant war bzw. so mitgeteilt worden ist. Denn in Anbetracht der nun deutlich über den EKF hinausgehenden Debatte um die generelle Haushaltsfondspolitik der Bundesregierung muss man kein Prophet sein, um auch noch im nächsten Frühjahr wiederkehrende Debatten über die kommende Haushaltspolitik im Zuge eines alsbald zu planenden Nachtragshaushalts zu erwarten, die grundsätzlich auch auf die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurückgeführt werden werden: Die Auswirkungen der aktuellen Entscheidung werden also, da insbesondere wichtige Teile der Wirtschaft(spolitik) von ihr betroffen sein werden - die Dimensionen der betroffenen Felder sind heute also offensichtlich noch gar nicht absehbar, was sich in den nächsten Wochen und Monaten kaum ändern wird -, wiederkehrend auch medial thematisiert werden; dann wie gestern im Haushaltsausschuss deutlich geworden ist, gehen die Kreise nun deutlich über den EKF hinaus, was sich politisch kaum mehr abstellen lassen wird, denke ich.
Die Darlegung der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird sich dabei zwar ritualisieren, was medial kaum anders möglich wäre. Allerdings zeichnet sich die Form dieser ritualisierten Berichterstattung ja heute bereits ab. Damit wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch deshalb die schwere sachliche Niederlage, die die Bundesregierung und Regierungsfraktionen im Bundestag gerade vor dem Bundesverfassungsgericht erlitten haben, bis zum Ende der Legislaturperiode in Erinnerung bleiben, denn die Haushaltsfondspolitik war ja auf Langfristigkeit angelegt und ist also nicht auf das aktuelle Jahr beschränkt worden.
In diesem Kontext ein sachlich bereits nicht zuletzt vom DRB in umfassender Form als prinzipiell verfassungswidrig nachgewiesenen Gesetzentwurf aktiv weiterzuverfolgen - und zwar im Kontext der in den Medien sicherlich ebenfalls in den nächsten Monaten weiterlaufenden Debatte um Einkommens- und Lohngerechtigkeit in der bundesdeutschen Gesellschaft -, der darüber hinaus offensichtlich schon einmal im Kabinett nicht zu finalisieren gewesen ist, wäre erstaunlich und dürfte als Kampfansage an die Gewerkschaften und Verbände gelesen werden, die sich bislang deutlich gegen eine solche gesetzliche Regelung wie die geplante gerichtet haben und also als ein unmittelbarer Aufruf an sie, sich auch medial gegen diesen Entwurf sachlich in Stellung zu bringen - es sei denn, die Gewerkschaften und Verbände einigten sich nun darauf, doch besser den Spatz in der Hand zu ergreifen bzw. würden vonseiten der Regierung im politischen Aushandlungsprozess dazu bewogen werden können. Es dürfte dann allerdings, sofern solche internen politischen Aushandlungen einsetzten, für sie reichlich schwierig werden, eine solche Position gegenüber ihren Mitgliedern zu rechtfertigen, da große Teile derer von einem solchen Aushandlungsprozess keinerlei Vorteile hätten; der DRB wird darüber hinaus seine Position so oder so nicht ändern, da ausnahmslos alle seine Mitglieder keine indivduellen Verbesserungen von einer solchen Aushandlung zu erwarten hätten.
Also selbst, wenn solche Aushandlungsprozesse nun einsetzten und aus Sicht der Regierung am Ende politisch zum Erfolg einer Art Stillhaltung führen würden, bliebe sachlich das hohe Risiko der extremen sachlichen Unausgegorenheit und also offensichtlichen Verfassungswidrigkeit des Entwurfs bestehen, nicht zuletzt, weil die bisherigen Stellungnahmen ja öffentlich nachlesbar sind und bereits mit wenigen Blicken erkennbar werden dürfte, dass sie auch für den sich nun abzeichnenden Entwurf einige sachliche Relevanz behalten werden. In Anbetracht der in den beiden vorherigen Absätzen dargelegten und also zu erwartenden fortgesetzten Probleme in Haushalts-, Finanz- und Wirtschaftspolitik, die alle politischen Felder tangieren werden, und der sich abzeichnenden ritualisierten Berichterstattung ihrer unmittelbaren Ursache - die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom letzten Mittwoch - würden das BMI und das Kabinett ein hohes Risiko gehen, wenn sie den Entwurf in dieser Form weiterverfolgen würden. In Anbetracht ihrer schweren politischen Niederlage in Hessen, die kaum zu einer Stärkung sowohl ihrer Hausmacht als auch ihrer Stellung im Kabinett geführt haben dürfte, müsste die Bundesinnenministerin von schlechten Beratern umgeben sein, wenn sie den Entwurf weiterverfolgen ließe und nicht Mittel und Wege fände, ihn politisch möglichst geräuschlos von der zurzeit noch eher kleinen Bühne verschwinden zu lassen.
Das politisch komplizierte Thema ist seit letzten Mittwoch nur noch komplizierter geworden. Die Bundesregierung hat sich mit ihrem bisherigen Handeln im Laufe der Legislaturperiode, wie sich spätestens jetzt zeigt, ein schönes Kuckucksei ins Nest gelegt - mal schauen, wie es weiter ausgebrütet werden wird und wie am Ende der schlüpfende Kuckuck aussehen wird: Vielleicht mutiert er ja noch zum Spatz und also zu einer Lebendgeburt. Zurzeit hielte ich es eher für wahrscheinlich, dass dieser Kuckucksentwurf nun vor seiner Totgeburt politisch abgeräumt werden wird - alles andere wäre, wie eingangs betont, politisch offensichtlich ein reines Hasard.