@ Bundi
Ab und an schreibe ich ein wenig außerhalb des Forums zum Thema, sodass ich hier wiederkehrend auch auf Material zurückgreifen kann, dass bereits abgelegt vorliegt. Das macht die Sache einfacher oder schneller, wie auch immer (außerdem habe ich ab und an mal Schlafstörungen - manche zählen dann Schäfchen und schlafen nicht wieder ein; ich rechne dann und schlafe auch nicht wieder ein...).
Darüber hinaus interessieren mich grundsätzlich aus meiner akademischen Sozialisation heraus, wie sich thematisch Mythen entwickeln, also nicht belegbare, aber häufig gesellschaftlich tief verankerte Vorstellungen - dazu habe ich relativ lange gearbeitet, sodass ich methodisch auf das Mythenprogramm der Besoldungsgesetzgeber oder Dienstherrn vorbereitet bin und ich es besonders interessant finde. Eines dieser Mythen ist die prinzipielle Unvergleichbarkeit der Bruttobesoldung von Beamten und Tarifbeschäftigten - oder genauer: prinzipiell besteht eine solche Unvergleichbarkeit. Aber in der Realität wird der Unterschied deutlich größer aufgebauscht, eben weil die, die das tun, also insbesondere die Dienstherrn, ihre Interessen damit verfolgen. Schauen wir uns doch mal den Fall genauer an:
Unser Bauarbeiter verfügt mit dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn in Höhe von 23,26 € bei monatlich 160 Stunden multipliziert mit dem Faktor 13 / 12 (jenen Faktor hatte ich schon zuvor eingefügt, xap) über ein monatlichen Bruttolohn von 4.031,73 €, was im Jahr zu 48.381 € führt. Gibt man diesen Wert in einen der Rechner ein, die neben der steuerlichen Veranlagung ebenso auch die Sozialabgaben betrachten, dann kommt er auf ein monatliches Nettoeinkommen von 2.557,93 € (vgl.
https://www.brutto-netto-rechner.info/). Nehmen wir nun einen Beamten und gehen davon aus, dass er über die identische Bruttobesoldung in Höhe von monatlich 4.031,73 € verfügt sowie PKV-Kosten von monatlich 260,- € mit einem BEG-Wert in Höhe von 209,60 hat, dann kommen wir auf einen steuerlichen Abzug von 9.406,- € (vgl.
https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2023/resultbl2023.xhtml?acckey=true). Damit hätten wir gemeinsam mit den PKV-Kosten in Höhe von 3.120,- € eine vergleichbare Nettoalimentation in Höhe von 2.987,92 €. Damit haben wir einen Unterschied von fast 17 %, was nicht wenig ist, jedoch eben nicht so gewaltig, dass nun keine Vergleichbarkeit gegeben wäre. Denn wir könnten ja mal wieder unsere baden-württembergischen Kollegen heranziehen (mit denen hatte ich mich vor geraumer Zeit beschäftigt, sodass ich keine neuen Berechnungen vornehmen muss). Aber spannender finde ich jetzt gerade - wir sind auf der Seite des Bunds - die Bundesbeamten. Also berechnen wir das mal anhand eines 30-jährigen Bundesbeamten, mitsamt der allgemeinen Stellen- und Amtszulagen der jeweiligen Besoldungsgruppen sowie mit den genannten PKV-Werten anhand des Besoldungsrechners und des Steuerrechners des BMF. Damit vergleichen wir wieder das Jahresende 2021 mit dem heutigen Datum. Der entsprechend durchschnittliche Beschäftigte im Baugewerbe verfügte damals wie gezeigt über ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.557,93 €. Wie sieht's nun bei den unverheirateten und kinderlosen Bundesbeamten (Stichwort: nicht unteralimentierter "Single-Beamter") aus? Wie verhälts sich nun mit dem gezeigten Bruttofehlbetrag in der Realität. Welcher Nettofehlbetrag resultiert am Ende des Monats aus ihm?
Jährliche Bruttobesoldung steuerlicher Abzug PKV-Kosten Monatsnetto Fehlbetrag (%)
A 2/1: 27.935,88 € 3.056,- € 3.120,- € 1.813,32 € 29,1 %
A 3/1: 28.985,04 € 3.343,- € 3.120,- € 1.876,84 € 26,6 %
A 4/1: 29.580,36 € 3.507,- € 3.120,- € 1.912,78 € 25,2 %
A 5/1: 30.085,92 € 3.648,- € 3.120,- € 1.943,16 € 24,0 %
A 6/1: 30.176,16 € 3.673,- € 3.120,- € 1.948,60 € 23,8 %
A 7/1: 31.377,48 € 4.012,- € 3.120,- € 2.020,46 € 21,0 %
A 8/1: 33.194,16 € 4.535,- € 3.120,- € 2.128,26 € 16,8 %
A 9/1: 35.950,20 € 5.353,- € 3.120,- € 2.289,77 € 10,5 %
A 10/1: 38.471,64 € 6.127,- € 3.120,- € 2.435,39 € 4,8 %
A 11/1: 43.831,32 € 7.854,- € 3.120,- € 2.738,11 €
In A 11/1 verfügen Bundesbeamten heute also über eine um etwa sieben % höhere Nettoalimentation als das durchschnittliche Nettoeinkommen im niedersächsischen Baugewerbe Ende 2021. Heftig, wie sehr Bundesbeamten überalimentiert werden - das kann man der Bevölkerung gar nicht oft genug erzählen: also die vielen Privilegien der Beamten, die hohen Pensionen erst, eben auf Grundlage der fürstlichen Besoldung usw. usf. Da kann man es insbesondere als Dienstherr der Bevölkerung nicht erklären, dass den Beamten schon wieder das Geld in offenen Koffern hinterhergeworfen wird. Maßhalten ist die Devise - die hohen Personalausgaben auf Grundlage der deutlich besseren Brutto- wie Nettobesoldung der Beamten sind immer im Augen zu behalten. Ansonsten wird das ob der heute fürstlichen Besoldung ganz schnell unbezahlbar. Jeder Bundesbeamte bis A 10 sollte sich klar machen, er verfügt sicherlich nicht über die Qualifikation eines Bauarbeiters und sollte deshalb kleine Brötchen backen (obgleich er ganz sicher auch nicht über die Qualifikation eines Bäckers verfügt).
Also, unverheiratete und kinderlose Kolleginnen und Kollegen des Bunds bis einschließlich A 10, wie wär's? Das niedersächsische Baugewerbe ist wirklich schön: viel frische Luft, tolles Baumaterial, das eigentlich nie ausgeht, Aufstiegsmöglichkeiten, insbesondere im Hochbau, und eine adäquate Entlohnung, die euer Bauherr ähhh Dienstherr nicht zu zahlen bereit ist. Ihr müsste dabei aber bedenken, dass der niedersächsische Bauarbeiter im Durchschnitt mindestens einen Bachelorabschluss hat (RTL-geprüft), promovierte Bauarbeiter werden darüber hinaus in Niedersachsen bevorzugt eingestellt, insbesondere im Trockenbau.
Ach so, ja, WasDennNun, "Da ist Brutto schnuppe, denn hinten kackt die Ente". Als Praktiker und Realist willst Dich nicht vielleicht auch hier als Bauarbeiter bewerben - ist schön hier. Noch Fragen?