Guten Morgen,
vielen Dank für deine Ausführungen , Swen. Wie immer sehr informativ. Was mich immer an den beispielhhaft genannten Kreditsummen stört, dass es im hiesigen Raum nicht mal ansatzweise ein Häuschen für 550.000€ zu kaufen gibt. Für ein neu gebautes Reihenhaus mit ca. 140 qm Wohnfläche und ca. 250 qm Grundstück wird hier mal locker 1,25 Mio. € aufgerufen. Um in dem genannten Bespiel zu bleiben, wären also 750.000 € Eigenkapital notwendig.
Du hast völlig Recht, PolareuD; zwar liegt meiner Grundannahme eine willkürliche Setzung zugrunde, nämlich die Annahme einer Kreditsumme von 300.000,- €, die 2004 ggf. überdurchschnittlich war (auch diese und die weitere Aussage bleibt mit einiger Wahrscheinlichkeit willkürlich), da mir keine Informationen über das durchschnittliche Verhältnis von Eigenkapital und Kreditaufnahmesumme vorliegen. Zugleich geht es mir hier offensichtlich nicht um den individuellen Fall, wie er dankenswerter Weise von Ge dargestellt wird, der sich anders als wir alle anderen ermutigt gefühlt hat, seine monetären Verhältnisse offenzulegen, sodass sich in Teilen eine interessante Diskussion ergeben konnte und kann, die für mich insbesondere dann interessant ist, wenn es uns hier im Forum gelingt, nicht vor allem unsere je eigenen Wertevorstellungen den eigenen Reaktionen zugrundezulegen, die meistens - was auch für meine Werteentscheidungen gilt, also auch für diese Aussage - im schriftlichen Kontext eines sozialen Mediums eher kaum weiterführen, da sie nicht hinreichend genug dargelegt werden können und so wiederkehrend gerne zu eher aufgeladenen Diskussionen führen. Die von mir herangezogene Statistik lässt darüber hinaus ja ebenso eine Betrachtung von Wachstumsregionen zu. Nehmen wir mal als Setzung, dass hier die Preise 2004 um 25 % oberhalb des Durchschnitts gelegen haben und nehmen so eine Kreditsumme von 375.000,- € zur Grundlage, dann sieht die Entwicklung hier wie folgt aus:
In den Wachstumsregionen erreichte bereits im zweiten und dritten Quartal 2010 nach einer leicht unterdurchschnittlichen Entwicklung das Preisniveau jenes aus dem ersten Quartal 2004. Ein Immobilienkäufer zu Beginn des Jahres 2004 musste bei einer Abtragung von zwei % eine monatliche Summe von 2.190,- € aufbringen. 2010 lag der Zinssatz bei rund vier %, was zu monatlichen Kosten von 1.875,- € führte, die also um rund 14 % geringer waren als noch 2004.
Bis zum ersten Quartal 2015 waren in den Wachstumsregionen die Immobilienpreise gegenüber 2004 um 23 % gestiegen, sodass eine vergleichbare Kreditaufnahme von 461.250,- herangezogen werden kann, was mit dem gestern Nacht zugrunde gelegten Zinssatz von 1,6 %, vergleichbare monatliche Kosten von rund 1.380,- € ergibt, was gegenüber 2004 um mehr als ein Drittel geringer war und gegenüber 2010 um mehr als ein Viertel.
Bis zur Zinswende am Beginn des Jahres 2022 hatten sich die Immobilienpreise in den Wachstumsregionen gegenüber 2004 faktisch verdoppelt (+ 99 %), was in unserem Beispiel zu einem vergleichbaren Kredit in Höhe von 746.250,- € führen sollte, während der Bauzinssatz für eine zehnjährige Zinsbindung nun bei rund einem % lag. Im Ergebnis schlug das unter den genannten Bedingungen mit monatlichen Kosten von 1.865,- € zu Buche, also nun noch rund 15 % geringeren Kosten als im Jahr 2004, weitgehend denselben Kosten wie 2010 und jedoch mehr als ein Drittel höheren Kosten als noch 2015. Die von 2015 nach 2021 massive Preissteigerung von Immobilien zeigte nun also auch hier eine zunehmende Wirkung, die entsprechend nicht mehr von den Niedrigzinsen kompensiert werden konnte, jedoch den Erwerb von Eigentum nach wie vor signifikant attraktiver erscheinen ließ als noch 2004.
Im zweiten Quartal des aktuellen Jahrs zeigen sich die Immobilienpreise in den Wachstumsregionen genau dort, wo sie Ende 2021 gestanden hatten. In unserem Beispiel sollte nun von einer vergleichbaren Kreditaufnahme von 746.250,- € auszugehen sein. Der Zinssatz lag bei rund 3,6 %, was bei einer Abtragung von zwei % zu monatlichen Kosten von 3.483,- € führt, einer Erhöhung gegenüber 2004 um knapp 60 %, gegenüber 2010 um rund 86 %, gegenüber 2015 um rund 150 % und gegenüber dem Jahresbeginn 2022 um rund 87 %. Am Ende verbleiben deshalb weitgehend dieselben Schlussfolgerungen zu ziehen wie in der letzten Nacht, sie zeigen sich aber insgesamt hier nur noch extremer, nämlich wenn man die realen Beträge der jeweiligen Kosten zu den verschiedenen Zeiten nebeneinanderstellt:
Deutschland gesamt Wachstumsregion Differenz (€) Differenz (%)
1/2004 1.750,- € 2.190,- € 440,- € 25,1 %
2010 1.875,- €
1/2012 1.200,- €
1/2015 1.035,- € 1.380,- € 345,- € 33,3 %
1/2022 1.365,- € 1.865,- € 500,- € 36,6 %
2/2024 2.576,- € 3.483,- € 907,- € 35,5 %
Die absolute Differenz verdeutlicht, wieso es dem Dienstherrn gestattet ist, die die Beamten in seinem Rechtskreis treffenden Unterkunftskosten differenziert zu betrachten und also unter sachgerechter Betrachtung einen (Orts-)Zuschlag in Regionen mit höheren Unterkunftskosten zu gewähren. Zugleich zeigt sich ebenso die Folge, wenn dem jeweiligen (Orts-)Zuschlag keine sachgerechte, sondern eine Betrachtung zugrundegelegt wird, die ausschließlich der sachwidrigen Kostenminimierung dient. Denn sachgerecht sollte es ebenfalls sein, den (Orts-)Zuschlag mit steigender Kinderzahl gleichfalls differenzieren zu dürfen. Jedoch binden die Besoldungsgesetzgeber in den Rechtskreisen die betreffenden Zuschläge regelmäßig ausschließlich an die Kinderzahl, nicht selten sogar erst ab dem zweiten Kind. Damit aber wird gezielt und sachwidrig ausgeklammert, dass die kreditfinanzierten Unterkunftskosten für alle Beamten seit Mitte der 2010er Jahre und in extremer Form seit Anfang 2022 gestiegen sind, sofern ein Immobilienkauf in der Finanzierung oder Anschlussfinanzierung auf Kreditbasis erfolgt, wie das in allgemeiner Form auch noch von dieser Statistik gezeigt wird (
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/70265/umfrage/haeuserpreisindex-in-deutschland-seit-2000/). Entsprechend lässt sich das ebenso - wenn auch nicht von den starken Schwankungen gezeichnet - anhand des Mietpreisindex betrachten (vgl.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/70132/umfrage/mietindex-fuer-deutschland-1995-bis-2007/).
@ Jeff
Genauso ist es: Wenn ich mich so als nicht mehr ganz junger Mann umschaue, dann mache ich mir verstärkt Sorgen um eure Generation und die hinter euch nachwachsenden Generationen. Ich hatte nicht nur das Glück, nach dem Ende des Kalten Kriegs in einer langen Zeit des - scheinbar - ewigen Friedens leben zu dürfen, in dem es mir und einem Großteil meiner und der ältern Generation "gelungen" ist, die Vorboten der heutigen Zeit wiederkehrend auszublenden (das meine ich als eine weitgehende, wenn auch allgemeine, Tatsachenbeschreibung, die keine moralischen Implikationen beinhalten soll; das jeweils einzelne Individuum steht seit jeher der politischen Großwetterlage mit offenem Mund gegenüber, und um nicht Halsschmerzen wegen Maulstarre zu bekommen, macht es die Klappe deshalb eventuell lieber öfter zu, als es müsste - aber Halsschmerzen sind zugleich auch unangenehm).
@ lotsch
Ich habe mich über Deine Worte gefreut: Dank Dir!