Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 4016782 times)

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8835 am: 08.12.2023 19:27 »
Im BW Messenger gibt es eine Gruppe zur Amtsangemessenen Alimentation. Da hat jemand den Widerspruch für 2023 eingestellt.

Was ist der "BW Messanger"

Eine Bundeswehr interne chat software.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8836 am: 08.12.2023 22:14 »
Letztlich wird es m.E. im Bund und in den Ländern vor allem auf drei Sachverhalte ankommen, wie sich das Thema verfassungswidrige Unteralimentation zukünftig entwickelt:

1. Wie wird das Thema verfassungwidrige Haushaltsgesetzgebung und ihre Folgen in den nächsten Monaten weiterverfolgt? Je länger es in den Medien präsent bleibt, einen

2. desto fruchtbaren Boden werden die drei angekündigten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vorfinden, so dass sie dann deutlich eher aufgenommen werden und ggf. mediale Resonanz entfalten können, und zwar

3. desto deutlicher sowie umso präziser und verständlicher die Entscheidungsbegründung in den Kontext der verfassungswidrigen Haushaltsgesetzgebung des Zweiten Senats medial eingebunden werden kann.

Es wäre offensichtlich für die, die von der für 2024 angekündigten Gesetzgebung profitiert hätten - also insbesondere für Beamte mit Kindern, für die weiterhin familienbezogene Besoldungskomponenten gewährt werden -, bitter, wenn nun die für das Frühjahr 2024 angekündigte Gesetzgebung erneut auf unbestimmte Zeit verschoben werden sollte, und zwar unabhängig davon, dass die geplanten Regelungen, wie alle wissen, in extremer Form verfassungswidrig ausgestaltet sind.

Auf der anderen Seite sollte man sich von Regierungseite darüber im Klaren sein, dass man noch medial die Möglichkeit hat, dass Thema ggf. noch eher unbeachtet von den Medien über die Bühne zu bekommen. Wenn die vom Zweiten Senat angekündigten Entscheidungen vor dem Vollzug der geplant verfassungswidrigen Novellierung kommen, dürfte sich - sofern die o.g. Prämissen gegeben wären - die Situation auch für den Bundesgesetzgeber deutlich schwieriger gestalten. Das dürfte übrigens - je nach der weiteren Entwicklung der drei oben genannten Prämissen - für alle ab Beginn des nächsten Jahres anstehenden Besoldungsgesetzgebungen gelten.

Da nach der letzten Information des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile 52 Entscheidungen dort anhängig sind und seitdem weitere hinzugekommen sind, wird sich das Bundesverfassungsgericht in absehbarer Zeit sachlich gezwungen sehen, weitere Entscheidungen auch über die drei angekündigten hinaus zu fällen - und wenn ich verschiedene seiner letzten Entscheidungen richtig lese, dann zeigt sich darin durchaus auch neben dem Sachzwang ein eigenes Interesse, seine eigene Entscheidungstätigkeit hinsichtlich der anhängigen Verfahren zu beschleunigen. Schauen wir also mal, was sich in den ersten zwei bis drei Monaten des neuen Jahres tun wird.

DerAlimentierte

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8837 am: 08.12.2023 23:44 »
Warum tun die Gewerkschaften eigentlich nichts - außer ab und an eine aktuelle Meldung herauszugeben, in der lediglich mitgeteilt wird, dass das BMI / Gesetzgebungsverfahren nur sehr langsam voranschreitet?

Und was sollen die Gewerkschaften ganz konkret machen außer Information der Mitglieder, Öffentlichkeitsarbeit und Hintergrundgespräche in den Ministerien, Parteien und Parlamenten? Die Verwaltungsgerichte und das BVerfG werden es sich verbitten von (formell unbeteiligten) Dritten in den jeweiligen Verfahren behelligt zu werden.

Zum Beispiel genau das machen, was du hier aufgezählt hast?

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8838 am: 09.12.2023 06:10 »
Da ich wiederkehrend mit verschiedenen Gewerkschaften zu tun habe und selbst Gewerkschaftsmitglied bin, kriege ich ein wenig mit, wie schwierig die Arbeit für Gewerkschaften und also ihre Funktionäre ist, die engagiert sind (von den anderen kriege ich nichts mit, da die kein Interesse daran haben, mit mir zu tun zu haben), wie sehr dabei insbesondere das konkrete Engagement von einzelnen Funktionären abhängt, und zwar gerade auch im Vorstand und - bezogen auf unser Thema - wiederkehrend von den Juristen in einer Gewerkschaft. Die engagierten Gewerkschaften handeln genauso, wie Malkav das beschreibt, rennen dabei allerdings in unserem Thema keine offenen Türen ein, sondern erfahren von den (Landes-)Regierung gerade hier wiederkehrend nicht selten und insbesondere in Zeiten, wo es um die Wurst geht, einen massiven Druck, der sich insbesondere auf die über unser Thema hinausgehenden Themen erstreckt, die für die jeweilige (Fach-)Gewerkschaft von Interesse sind. Da fällt durchaus und auch nicht völlig selten der Satz (das Zitat fällt eher nicht wörtlich, aber von der Struktur her): "Wenn ihr das Besoldungsthema zu offensiv öffentlich verfolgt, dann werden wir die weiteren Themen, die für euch und eure Mitglieder von Interesse sind, genauso offensiv nicht vorantreiben."

Die engagierten Gewerkschaften, was bedeutete: deren engagierte Funktionäre, befinden sich also in einem komplexen Aushandlungsprozess, in dem von der Macht her, verändernde Entscheidungen zu treffen, die Machtverhältnisse eindeutig sind, wo also klar ist, wer Koch und wer Kellner ist. Sobald es darüber hinaus mehrere Spartengewerkschaften gibt (hier geht es also nicht nur, aber gerade auch um eher größere Gewerkschaften oder Verbände), umso mehr sind sie unter Druck zu setzen, indem man vonseiten der Politik eben deren weitere Themen bedienen oder ggf. vollständig blockieren kann; gibt es hingegen keine konkurrierende Spartengewerkschaft (oder keinen entsprechenden Verband, der die Sparte als eine von weiteren übergreifend mit vertritt, insbesondere mit vertritt im Beteiligungsverfahren, zu dem nicht alle Gewerkschaften hinzugezogen werden), vertreten sie in der Regel eine eher kleine Sparte, sodass ihre Gestaltungsmacht gegenüber der Politik realistisch betrachtet zumeist ebenfalls eher gering ist, da sie weitgehend über kein realistisches Druckpotenzial verfügen, die sich aber ebenso der Aufgabe ausgesetzt sehen, über unser Thema hinweg Verbesserungen für ihre Mitglieder auszuhandeln.

Zusammengefasst: Die engagierten Gewerkschaften tun das, was Malkav geschrieben hat, die einzelnen Funktionäre stecken dabei i.d.R. viel Zeit und Kraft in ihre Arbeit (tun sie es nicht, ist die Gewerkschaft eher nicht engagiert) und sind deshalb nur umso eher politisch "erpressbar", da die Politik jedes der "Leib- und Magenthemen" der Gewerkschaft, die also über das Besoldungsthema hinausgehen und nicht selten zentral für die jeweiligen Mitglieder sind (während sie für Gewerkschaften anderen Sparten sachlich völlig unerheblich sind), vollständig  blockieren oder eben durchaus wohlwollend nach und nach fördern kann.

Unter einem solchen Blickwinkel betrachtet, ist das, was hier im Forum über engagierte Gewerkschaften geschrieben wird, nicht immer und in jedem Beitrag völlig treffend, wobei das konkrete Engagement selbst für die Mitglieder einer Gewerkschaft zumeist nicht erkennbar ist, da diese darüber nicht konkret mit ihren Mitgliedern sprechen können, ohne die Verhandlungen mit den politischen Verantwortungsträgern zu gefährden (in dem, was ich schreibe, muss gleichfalls bedacht werden, dass es in jedem Teilthema, das eine Gewerkschaft interessiert, "die Politik" nicht gibt, also auch hier kein monolithischer Block vorliegt, sondern dass politische Aushandlungsprozesse über verschiedene Personen und Parteien hinweg geschehen und dabei wiederkehrend auch "über Bande" geschehen (müssen)). Das bedeutet: Welche Gewerkschaft wo und wie stark wirklich engagiert ist, wird öffentlich mit sehr wenigen Ausnahmen wiederkehrend kaum deutlich, da das, was in Mitgliederinformationen mitgeteilt wird, zumeist eher allgemein bleibt und insbesondere i.d.R. kaum etwas mit den interen Aushandlungsprozessen zu tun hat (und unter den gerade genannten Prozessen auch nichts zu tun haben darf, um genau diese Prozesse nicht zu gefährden). Diese Zeilen will ich nicht als "Ehrenrettung" insbesondere von weniger bis gar nicht engagierten Gewerkschaften verstanden wissen, die es bekanntlich gibt - aber die Arbeit von engagierten Gewerkschaften und insbesondere von einzelnen Gewerkschaftsfunktionären, die - in welcher Funktion auch immer - die interne Gewerkschaftsarbeit, die insbesondere von starken internen Beratungen und Absprachen in und zwischen ihren Gremien geprägt ist, um einzelne mögliche Erfolge in Teilthemen voranzutreiben bzw. nicht zu gefährden, vorantreiben und nicht selten mit viel Kraft und Arbeit vorantreiben und dann nur umso mehr das Druckpotenzial der Gegenseite kennen, bleibt vielfach hinter den Kulissen und ist ein komplexes und also vielschichtiges Handeln.

Der langen Rede kurzer Sinn: Von außen sehen wir vielfach nicht, was innen geschieht - Gewerkschaftsarbeit ist oftmals fragiler (insbesondere auch wegen der gerade hervorgehobenen interen Abstimmungsprozesse, aber eben auch wegen dem, was ich zu einem Handeln "über die Bande" geschrieben habe) und komplexer, als wir uns das von außen manchmal vorstellen können: Kellner müssen mit vielen Gläsern und Tellern und am besten mit vielen auf einmal vor den Gästen jonglieren können; Klappern gehört zum Handwerk, solange es nicht klirrt - der Abwasch passiert aber am Ende eigentlich immer in der Küche, wo der Koch ist, oder hinter der Theke, wo aber zumeist nicht entschieden wird, was auf der Karte steht.

In dem, was ich gestern geschrieben habe, muss es in der Ziffer 3 heißen: "3. desto deutlicher sowie umso präziser und verständlicher die Entscheidungsbegründung des Zweiten Senats in den Kontext der verfassungswidrigen Haushaltsgesetzgebung medial eingebunden werden kann".

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8839 am: 09.12.2023 09:05 »
Ich finde es doch befremdlich, dass die Politik versucht  die Gewerkschaften bezgl. des Besoldungsthemas zu erpressen,  vor dem Hintergrund, dass das höchste Gericht die Besoldung als verfassungswidrig klassifiziert hat.  Genauso befremdlich ist, dass die Gewerkschaften sich erpressen lassen. Das zeigt, dass Einiges in Staat und Gesellschaft ins Rutschen gekommen ist. Die Chuzpe, mit der wissentlich verfassungswidrige Gesetze verabschiedet werden, führt dazu, dass ich mich frage,  ob ich denn der letzte Depp bin, der umfangreiche Gesetze und Verordnungen beachtet.

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8840 am: 09.12.2023 09:35 »
@clarion

Kurz und knapp könnte man dazu sagen: Scheisse fällt immer nach unten.

Dementsprechend bist du/sind wir die Deppen, die dann zusätzlich auch noch mit Konsequenzen leben müssten bei Nichtbeachtung. Tolles System.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8841 am: 09.12.2023 11:12 »
Politik ist leider ein knallhartes Geschäft, war es immer und wird es immer bleiben, weil es in ihr grundlegend darum geht, um Güter zu ringen, die prinzipiell immer zu knapp sind. Das kann man für befremdlich halten und das ist es wiederkehrend auch, nicht zuletzt hinsichtlich unseres Themas; aber deshalb wird sich nichts an der Struktur ändern, eben dass um immer zu knappe Güter gerungen und dass das ggf. mit harten Bandagen ausgefochten wird. Deswegen sind wir, wenn wir nicht so handeln, keine Deppen, sondern ganz einfach kein Player innerhalb der Poltikerkaste, weshalb wir das Glück haben, nicht so handeln zu müssen. Als Privatpersonen dürften die meisten Politiker auch nicht anders sein als wir - der alte Goffman hat es in seiner Rollentheorie auf den Punkt gebracht: Die Dramaturgie macht die Rolle.

Versuch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8842 am: 09.12.2023 13:33 »
Im BW Messenger gibt es eine Gruppe zur Amtsangemessenen Alimentation. Da hat jemand den Widerspruch für 2023 eingestellt.

Was ist der "BW Messanger"

Eine Bundeswehr interne chat software.

Kannst du ihn hier bitte posten?

PolareuD

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« Antwort #8843 am: 09.12.2023 15:47 »

Kannst du ihn hier bitte posten?


Der Bw Messenger kann über den jeweiligen App Store heruntergeladen werden. Nutzbar ist er aber nur für Bundeswehr-Angehörige.

https://messenger.bwi.de/bwmessenger

Einigung2023

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8844 am: 09.12.2023 16:22 »

Kannst du ihn hier bitte posten?


Der Bw Messenger kann über den jeweiligen App Store heruntergeladen werden. Nutzbar ist er aber nur für Bundeswehr-Angehörige.

https://messenger.bwi.de/bwmessenger

Ich denke, dass hier das Widerspruchsschreiben gemeint war

A9A10A11A12A13

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8845 am: 10.12.2023 18:23 »
Beamtenstreikrecht vor dem EGMR. Das Urteil wird in einigen Wochen erwartet.
Wochen? Quelle?

Andere sprechen von Monaten. Nun seit der mündlichen Verhandlung Anfang März ist die Mehrzahl von Monaten erfüllt. Aber auch eine Urteilsverkündung z.B. Ende des Jahrzehnts kann auch in Monaten angegeben werden.
Genauso könnte ich behaupten, das es nur noch wenige Tage sind.
[...]

https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/gew-versus-brd

"Das Urteil wird in einigen Wochen erwartet": 775 Wochen seit Klageereignis, 40 Wochen seit EGMR Anhörung, 5 Wochen seit Meldung, dass bei der GEW Zeiträume in Wochen statt allgemein üblich in Monaten oder Jahren abgemessen wird. (178 Monate, 10 Monate, zwei Monate).

bzgl. Karslruher Reisebüro
25.11.2023 Radio Bremen "Es ist derzeit nicht absehbar, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist. <> "mit der angekündigten Entscheidung des Bundesverfassungsgericht (SwenTanortsch zuletzt am: 08.12.2023 08:39)
10 halb Jahre seit Klageereignis, über sieben Jahre Karlsruher Reisebüro

ABER
Das IST eine angekündigte Entscheidung (19.12.2023)
Urteil steht noch nicht fest: Berlin sucht schon Wahlhelfer für Wiederholung der Bundestagswahl https://www.merkur.de/politik/bundestagswahl-berlin-wahlhelfer-wiederholungswahl-neuwahlen-zr-92718552.html

Wenn mal tatsächlich eine Besoldungsentscheidung (von einer seriösen Quelle) angekündigt wird, sind die Gesetzesentwürfe doch bereits in der Schublade, oder? Hust.

emdy

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clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8847 am: 11.12.2023 23:05 »
Und wer nimmt das Schmierenblatt noch ernst? Gibt es noch wen, der das liest?


Bastel

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« Antwort #8849 am: 12.12.2023 07:00 »
Und wer nimmt das Schmierenblatt noch ernst? Gibt es noch wen, der das liest?

Das kann manchmal ganz erheiternd sein ;)