Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3923609 times)

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5805 am: 29.04.2023 09:14 »
Hey, ich bin neu hier im Forum und seit 2019 beim Bund. Ich habe die letzten Tage mal alles Grob überflogen und muss sagen der Entwurf war etwas zu viel.

Ich wollte fragen ob ich das soweit grob richtig verstanden habe.

1.Wir wurden seit 2020 zu wenig bezahlt und unser Gehalt soll ab Juli 2023 laut Entwurf angepasst werden mit einem AEZ ( welcher sich danach richtet wo man wohnt und in welcher Besoldungsgruppe man sich befindet).

2. Eine Nachzahlung für 21/22 und bis 23 Juli soll als Einmalzahlung steuerfrei irgendwann überwiesen werden?

3.Inwiefern hat das Tarifergebniss einfluss auf die Anpassung die noch im Entwurf ist?

4.Abschmelzungsbetrag heißt dieser wird abgezogen? Heißt man hat im Endeffekt als nicht verheirateter mit einem Kind weniger Familienzuschlag als vorher?

5. Heißt für mich als A6 Stufe 2 ledig mit einem Kind, Wohnmietgruppe IV (Familienzuschlag/Kindergeldberechtigt) Große Nachzahlung, da stark unter der Mindestlebensunterhalsgrenze? + der AEZ welche wenn ich mich nicht verlesen habe auch sehr hoch sein soll und wie lange bezahlt werden soll?

Reden wir da von einer Nachzahlung im 5 stelligem Bereich für die Jahre und einer Gehaltsanpassung durch den Zuschlag um mehrere Hundert euro plus die Tarifeinigung nächstes Jahr?

Oder bin ich komplett an der Realität vorbeigezogen?  ;D

Danke fürs lesen und ich hoffe ich hab nicht all zu viele dumme Fragen gestellt, aber ich versuche das alles nur etwas besser zu verstehen. :-X

Es ist traurig, aber mit einen zusätzlichen Kind und Harz4 fährst du besser.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5806 am: 29.04.2023 10:04 »
Wegen dieser wiederkehrenden Diskussion habe ich die letzten Tage länger auf Rentenonkel geantwortet: Es muss grundsätzlich zwischen der gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive und dem verfassungsgerichtlichen Prüfunngs- und Kontrollauftrag unterschieden werden (vgl. die Nr. 5738, 5743 und 5754). Diesen Unterschied zu durchdringen, ist wichtig, um zu verstehen, was hinsichtlich des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens schiefläuft. Ich versuche es hier noch einmal konzentriert:

a) Die auf evidente Sachwidrigkeit beschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle

Es ist grundsätzlich so, dass das Bundesverfassungsgericht die jeweilig geltende Gesetzeslage hinsichtlich des jeweils zu kontrollierenden Jahres prüft. Von daher sollten wir uns, da wir hier die Rechtslage betrachten und nicht wissen, wie es weitergeht, für 2023 an der heute bestehenden Rechtslage orientieren (die sich noch ändern kann). Für die vergangenen Jahre ist dann ebenfalls die jeweils geltende Rechtslage zu prüfen. Die Prüfung erfolgt - wie die Tage dargelegt - auf evidente Sachwidrigkeit hin und betrachtet, ob die gewährte Nettoalimentation ggf. evident unzureichend ist. In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass das Bundesverfassungsgericht eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle durchführt (LS. 3 der aktuellen Entscheidung, hierbei handelt es sich um eine ständige Rechtsprechung).

b) Der den Gesetzgeber treffende verfassungsrechtliche Gestaltungsauftrag

Der Gesetzgeber wiederum hat eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren. Dass er eine amtsangemessene Alimentation gewährt, hat er im Gesetzgebungsverfahren sachgerecht zu begründen, da eine amtsangemessene Alimentation der Verfassung nicht unmittelbar, als fester und exakt bezifferbarer Betrag zu entnehmen ist (Rn. 26 der akutellen Entscheidung, hierbei handelt es sich ebenfalls um eine ständige Rechtsprechung). Er hat dafür grundsätzlich einen verfassungsrechtlich weiten Entscheidungsspielraum, weshalb das Bundesverfassungsgericht nicht kontrollieren kann, ob der Gesetzgeber dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (Rn. 27, ebenfalls ständige Rechtsprechung). Der weite Entscheidungsspielraum gilt sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung. In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines „amtsangemessenen“ Unterhalts lediglich eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive darstellt, wie sie aus Art. 33 Abs. 5 GG resultiert (Rn. 26, ebenfalls ständige Rechtsprechung). Innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums muss der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen. Die von ihm jeweils gewählte Lösung – hinsichtlich Struktur und Höhe der Alimentation – unterliegt allerdings der gerichtlichen Kontrolle (ebd., gleichfalls ständige Rechtsprechung).

Dabei sind die Parameter des bundesverfassungsgerichtslichen Prüfungshefts methodisch ungeeignet, die Höhe eine amtsangemessenen Alimentation mathematisch zu bestimmen, da die Begründungspflicht des Gesetzgebers sich nicht auf mathematische Operationen erstrecken kann, sondern eine sachgerechte Betrachtung beinhalten muss - denn es liegt ob des weiten Entscheidungsspielraums, über den er verfügt, in seiner eigenen Hand, die Gesetzeslage so zu verändern, wie er das für sachgerecht hält. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn das Bundesverfassungsgericht hervorhebt: "Die Parameter sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen." (Rn. 30)

c) Folgen

Es ist letztlich völlig unerheblich - auch wenn das die Besoldungsgesetzgeber weiterhin in der Regel nicht zur Kenntnis nehmen -, ob der Gesetzgeber innerhalb des Begründungsverfahrens mit welchen Mitteln auch immer zu einem mathematischen Ergebnis gelangt, das zeigte, dass die zu gewährende Nettoalimentation am Ende in der untersten Besoldungsgruppe mindestens 15 % oberhalb des Grundsicherungsniveaus läge. Denn wie gerade zitiert und zuvor dargelegt, ist auch der vierte Parameter der ersten Prüfungsstufe des bundesverfassungsgerichtlichen Prüfungshefts nicht geeignet, hinreichende Aussagen über die zukünftig vorzunehmende Gestaltung einer amtsangemessenen Alimentation zu machen. Es dient vielmehr nur der nachträglichen Prüfung und Kontrolle des ggf. amtsangemessenen Gehalts vonseiten der Gerichtsbarkeit.

In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass der wiederkehrende Versuch der Gesetzgeber, sich an die Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation mittels der Mindestalimentation heranzurechnen, regelmäßig die aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierende Gestaltungsperspektive verfehlt, nämlich das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Die Pflicht des Dienstherrn in seiner Gestalt als Besoldungsgesetzgebers ist es hingegen

- Beamte, Richtern und Staatsanwälte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (Rn. 23, st.Rspr.)

- dabei den Bezug der Besoldung sowohl zu der Einkommens- und Ausgabensituation der Gesamtbevölkerung als auch zur Lage der Staatsfinanzen, das heißt zu der sich in der Situation der öffentlichen Haushalte ausdrückenden Leistungsfähigkeit des Dienstherrn, herzustellen (ebd., st.Rspr.)

- zugleich im Rahmen seiner Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentation auch (a) die Attraktivität der Dienstverhältnisse von Beamten, Richtern und Staatsanwälten für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, (b) das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, (c) die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen (Rn. 25, st.Rspr.)

- innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen.

Sofern der Gesetzgeber also bspw. untere Besoldungsgruppen streichen will (wie nun ebenso der Bund), dann kann er das nicht mit dem Ziel rechtfertigen, damit in der untersten Besoldungsgruppe eine amtsangemessene Alimentation gewähren zu wollen - denn das ist kein innerdienstliches, unmittelbar amtsbezogenes Kriterium, das der Dienstherr aber als Folge aus Art. 33 Abs. 2 - dem Leistungsprinzip - zu beachten hat, um zu garantieren, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind (Rn. 43, st.Rspr.).

Entsprechend könnte er ein solches Streichen sachlich mit bspw. gestiegenen Anforderungen an das Amt oder der Attraktivität der Dienstverhältnisse von Beamten für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte begründen. Dabei hätte er dann allerdings gleichfalls zu beachten, dass die prägenden Strukturmerkmale des Berufsbeamtentums nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern eng aufeinander bezogen sind (Rn. 24, st.Rspr.). Eines dieser Strukturmerkmale ist der zu beachtende hergebrachte Grundsatz des Abstandsgebots zwischen den Besoldungsgruppen (Rn. 45). Sofern der Gesetzgeber untere Besoldungsgruppen streicht, hat er zu berücksichtigen, dass er damit die Besoldungssystematik verändert und dass er dabei entsprechend das Leistungsprinzip zu beachten hat. Denn für die entsprechend übergeleiteten Beamten wirkt ein solches Streichen wie ein Beförderungserfolg - der Gesetzgeber hat von daher in diesen Fällen regelmäßig sachgerecht zu begründen, dass diese Überleitung innerhalb der Rechtslage keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG beinhaltet.

Da also ein solches Streichen sachlich keinerlei Zusammenhang mit dem Mindestabstandsgebot aufweisen kann - jenes ist wie gesagt kein innerdienstlichse, unmittelbar amtsbezogenes Kriterium -, hat der Gesetzgeber, sofern er untere Besoldungsgruppen streichen wollte, darüber hinaus zu beachten, dass sich der 15 %ige Abstand zum Grundsicherungsniveau auf den einfachen Dienst bezieht, da es sich ja bei den Empfängern von Grundsicherungsleistungen um Arbeitssuchende handelt. Wenn nun also durch ein solches Streichen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen verändert werden - was zwangsläufige Folge solcher Entscheidungen ist -, dann hat der Gesetzgeber weiterhin zu garantieren, dass unter Beachtung des Leistungsprinzips jedem Beamten weiterhin eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren ist, dass also die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind, da jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss, und da die Wertigkeit insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt wird (Rn. 43).

Wenn nun also einem entsprechend übergeleiteten Beamten bei nicht veränderter Leistungsfähigkeit (eine größere Leistungsfähigkeit könnte ggf. durch Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen erzielt werden, die hier aber nicht erfolgen, da die Überleitung in diesen Fällen zwangsläufig geschehen muss) regelmäßig sowohl ein höheres Amt zugewiesen als auch damit verbunden eine höhere Besoldung gewährt wird, dann spricht vieles dafür, dass hier ein Verstoß gegen das allgemeine Abstandsgebot vorliegt, da offensichtlich kein innerdienstliches, unmittelbar amtsbezogenes Kriterium der Grund der hier nun gewährten höheren Besoldung sein kann, sondern offensichtlich wiederum der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau - und damit läge auch hier eine sachwidrige Begründung vor, da es auch hier dann erneut nur darum ginge, sich an die Mindestalimentation heranzurechnen. Eine solche "Mathematisierung" ist aber wie oben zitiert nicht sachgerecht und ebenso auch nicht hinreichend, da die Heranziehung der volkswirtschaftlichen Parameter im Prüfungsheft des Bundesverfassungsgerichts vor allem der Rationalisierung der verfassungsrechtlichen Prüfung dient und von daher eben nicht dahingehend missverstanden werden kann, dass sich die Höhe der amtsangemessenen Besoldung unter Rückgriff auf statistische Daten exakt berechnen ließe (Rn. 28).

Nun gut, das war nun wieder etwas länger - und ließe sich bspw. auch hinsichtlich der Frage nach der zugrundezulegenden Steuerklasse fortführen (das Bundesverfassungsgericht legt bei der Prüfung regelmäßig die Steuerklasse 3 zugrunde und wird das bei nicht veränderter steuerrechtlicher Gesetzgebung weiterhin nicht verändern); ich denke aber, dass deutlich wird, wieso es wichtig ist, zwischen dem bundesverfassungsgerichtlichen Prüfprogramm, das der Prüfung und Kontrolle dient, und der gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive zu unterscheiden, die dem Gesetzgeber sehr viel mehr Pflichten auferlegt, als einfach nur das Prüfprogramm im Begründungsverfahren nachzuvollziehen. Er hat jede wesentliche Veränderung des Besoldungsrecht verhältnismäßig zu den damit erzielten Ergebnissen sachgerecht zu begründen und dabei die dafür notwendigen innerdienstlichen, unmittelbar amtsbezogenen Kriterien in den Blick zu nehmen.

@ PolareuD

Hab Dank für die dargelegten Daten - ich halte es für wahrscheinlich, dass die Mietobergrenze von 1444 € sowie die Heiz- und Warmwasserkosten von 364 € nicht so ohne Weiteres heranzuziehen sein werden, da hier ggf. außergewöhnliche Höchstwerte vorlägen, die das Bundesverfassungsgericht aber ausschließen will, da es sie als ggf. nicht realitätsgerecht betrachtet, sondern als statistische Ausreißer, die auf außergewöhnlichen Lebenssituationen beruhen, weshalb es das 95 %-Perzentil für die kalten Unterkunftskosten heranzieht und die Heizspiegel für die Heizkosten (vgl. die Rn. 59; entsprechend bin ich bei meinen Berechnungen vorgegangen, wobei mir das aktuelle 95 %-Perzentil nicht vorliegt; es dürfte ggf. erst im Verlauf des nächsten Monats und dann auch nur für 2022 vorliegen). Aber die Frage zu beantworten, bliebe müßig - denn die Prüfung mit den von mir herangezogenen geringeren Beträgen zeigt schon für sich den eklatanten Gehalt der Unteralimentation - und auch darin zeigt sich der prinzipielle Unterschied zwischen der Prüfung und gerichtlichen Kontrolle auf der einen Seite und der gesetzgeberischen Gestaltungsperspektive auf der anderen. Denn sofern selbst bei nicht hinreichender Datenlage die Kontrolle zu dem Ergebnis kommt, dass eine gewährte Alimentation evident unzureichend und damit nicht amtsangemessen, also verfassungswidrig ist, bedarf es hier keiner Betrachtung ggf. weiterer Bedarfsposten, da eine verfassungswidrige Unteralimentation dadurch nicht noch verfassungswidriger werden würde. Die gerichtliche Kontrolle kann am Ende prinizipiell zu nur zwei Ergebnissen kommen: entweder ist eine gewährte Alimentation amtsangemessen und damit verfassungskonform oder sie ist es nicht, was zum Ergebnis führt, dass sie verfassungswidrig ist - auch eine ggf. gerade noch amtsangemessene Alimentation wäre noch verfassungskonform.

Dahingegen hat der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Alimentation zu gewährleisten. Er kann sich also nicht darum herumdrücken, seiner Verpflichtung zur Anpassung der Besoldung an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse  nachzukommen, indem er diese Entwicklung nicht sachgerecht zur Kenntnis nähme. Denn seine Pflicht ist es, die Besoldung der Beamten, Richter und Staatsanwälte zu der Einkommenssituation und -entwicklung der Gesamtbevölkerung in Bezug zu setzen, um so tatsächlich gewährleisten zu können, dass er ihnen eine amtsangemessene Alimentation gewährt. Im Hinblick auf diese prinzipielle Unterscheidung der gerichtlichen Kontrolle von der gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive führt das Bundesverfassungsgericht bezüglich der Sozialtarife entsprechend aus:

"Weil die gewährten Vorteile überwiegend regional und nach den Lebensumständen der Betroffenen höchst unterschiedlich ausfallen, ist es für Gerichte kaum möglich, hierzu – zumal rückwirkend – Feststellungen zu treffen. Hinzu kommt, dass noch aufzuklären wäre, inwiefern bei der Ermittlung der Regelsätze diese Vergünstigungen berücksichtigt worden sind. Solange aber auch ohne Berücksichtigung etwaiger geldwerter Vorteile feststeht, dass der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau nicht gewahrt ist, sind Feststellungen zu Art und Umfang der genannten geldwerten Vorteile mangels Entscheidungserheblichkeit entbehrlich. Auch insoweit ist in erster Linie der Besoldungsgesetzgeber gefordert, die Entwicklung der Lebensverhältnisse zu beobachten, um Art und Ausmaß der geldwerten Vorteile zu ermitteln und die Höhe der Besoldung diesen kontinuierlich im gebotenen Umfang anzupassen" (Rn. 71).
« Last Edit: 29.04.2023 10:11 von SwenTanortsch »

Kority

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5807 am: 29.04.2023 10:30 »
1.Wir wurden seit 2020 zu wenig bezahlt und unser Gehalt soll ab Juli 2023 laut Entwurf angepasst werden mit einem AEZ ( welcher sich danach richtet wo man wohnt und in welcher Besoldungsgruppe man sich befindet).
Richtig ... wobei die Unterbezahlung wohl schon länger im Argen liegt.
Wobei du das mit dem Juli 2023 streichen kannst. Das bekommt die Regierung und der Gesetzgeber bis dahin wohl eher nicht mehr hin.
2. Eine Nachzahlung für 21/22 und bis 23 Juli soll als Einmalzahlung steuerfrei irgendwann überwiesen werden?
Wo liest du hier steuerfrei?
3.Inwiefern hat das Tarifergebniss einfluss auf die Anpassung die noch im Entwurf ist?
Das ist leider noch nicht näher bekannt.
Wir hoffen mal keine.
4.Abschmelzungsbetrag heißt dieser wird abgezogen? Heißt man hat im Endeffekt als nicht verheirateter mit einem Kind weniger Familienzuschlag als vorher?
Für Neueingestellte mag das stimmen.
Für alle anderen gibt es eine Ausgleichszahlung in der Höhe des bisherigen Familienzuschlages.
Dieser schmilzt aber ab, bzw wird bei Besoldungserhöhungen nicht mehr erhöht.

5. Heißt für mich als A6 Stufe 2 ledig mit einem Kind, Wohnmietgruppe IV (Familienzuschlag/Kindergeldberechtigt) Große Nachzahlung, da stark unter der Mindestlebensunterhalsgrenze? + der AEZ welche wenn ich mich nicht verlesen habe auch sehr hoch sein soll und wie lange bezahlt werden soll?
Ähh .. Entweder du hast dich verlesen oder ich mich verrechnet.
Nach dem derzeitigen Entwurf bekommst du den bisherigen Familienzuschlag als Ausgleichszahlung weiter.
Dazu kommt dann bei Mietstufe 4 ein Alimentativer Ergänzungszuschlag in Höhe von 7€.
Von diesen 7€ werden dann aufgrund deiner Besoldungsstufe 12€ abgeschmolzen, somit darfst du 5€ zahlen, Spaß beiseite, du bekommst 0€ nach dem Entwurf mehr als vorher.
Schlimmer noch, aktuell bekommst du gleich viel, ab der nächsten Gehaltserhöhung bekommst du mit dem neuen Entwurf weniger als nach dem aktuellen Gesetz.
Reden wir da von einer Nachzahlung im 5 stelligem Bereich für die Jahre und einer Gehaltsanpassung durch den Zuschlag um mehrere Hundert euro plus die Tarifeinigung nächstes Jahr?
Für Menschen in Stufe 4 mit 3 Kinder aufwärts mit Sicherheit.
Bei dir reden wir von einer Nachzahlung in Höhe von rund 0€.


Danke für die Antwort!

Aber soll die Grundbesoldung nicht angehoben werden was sogesehen ein höheres Gehalt bedeuten würde zzgl. der Tarifeinigung nächstes Jahr?

Ich hab das so verstanden dass die Grundbesoldung angehoben werden soll und dass die differenz dazu welche die letzten Jahre zu wenig gezahlt wordennist als einmaliger Ausgleichsbetrag gezahlt wird und danach das Gehalt durch den AEZ „angehoben“ wird dass es 15 % über dem Mindestlebensstandart liegen sollte?

Beamtix

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5808 am: 29.04.2023 10:38 »
Das denken viele, steht aber nicht in dem Entwurf. Faktisch bekommt man nur etwas, wenn man Kinder hat und in einem Gebiet mit höherer Mietstufe lebt.und der Betrag wird dann auch noch abgeschmolzen für die ersten beiden Kinder je nach Besoldubgsgruppe, Stufe egal.

Kority

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5809 am: 29.04.2023 10:53 »
Das denken viele, steht aber nicht in dem Entwurf. Faktisch bekommt man nur etwas, wenn man Kinder hat und in einem Gebiet mit höherer Mietstufe lebt.und der Betrag wird dann auch noch abgeschmolzen für die ersten beiden Kinder je nach Besoldubgsgruppe, Stufe egal.

Danke!

kimonbo

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5810 am: 29.04.2023 11:08 »
Das denken viele, steht aber nicht in dem Entwurf. Faktisch bekommt man nur etwas, wenn man Kinder hat und in einem Gebiet mit höherer Mietstufe lebt.und der Betrag wird dann auch noch abgeschmolzen für die ersten beiden Kinder je nach Besoldubgsgruppe, Stufe egal.

Danke!
Danke, das ist eine gute Zusammenfassung der fast 400 Seiten hier hahahaha hahaaaaaaaa

Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5811 am: 29.04.2023 11:38 »
Danke Swen für die nochmals dargestellte Differenzierung der Rollen des BVerfG und des Gesetzgebers. Alle soweit nachvollziehbar.
 Ich glaube zumindest was mich betrifft, ist der Frust und die Verzweiflung bei dem Thema so gross das vielfach dieser Unterschied nicht mehr ausreichend berücksichtigt wird. Dies ist für mich aber durchaus nachvollziehbar, da zumindest ich den Eindruck gewonnen habe das unsere BesGesetzgeber entweder die Entscheidung des BVerfG nicht verstehen, oder nicht verstehen wollen bzw mir drängt sich immer mehr der Eindruck auf das es in weiten Teilen den Damen und Herren schlichtweg scheiss egal ist. Sie wollen wiedegewählt werden und wie wir leider alle wissen wären entsprechende Änderungen und damit einhergehende Verbesserungen der Besoldung mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden und das kommt bei der Masse der Wähler nicht gut an. Liegt sicher zum Teil auch an der sachgerechten medialen Aufarbeitung. Als Folge dürften viele von uns Betroffenen mittlerweile den Glauben an den Gesetzgeber verloren haben. Was ja auch Battis vielleicht mit seinem Ausdruck der Verfassungskrise auf den Punkt gebracht hat.
Wenn der Polizeibeamte, der geltendes Recht umsetzen soll, erlebt wie das seine Person geltende Recht im Grunde mit den Füsse getreten wird nur weil es halt günstiger ist und nicht der Allgemeinheit vermittelbar ist, da kommen schon erhebliche Zweifel auf und der Glaube an unser Rechtssystem ist stark in Zweifel gezogen.

DrStrange

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5812 am: 29.04.2023 13:58 »
Was mich beschäftigt, ist die praktische Umsetzung der Streichung der unteren Besoldungen.
Der Beamte x in A2 wird von heute auf morgen A4 Stufe 5. Wie wird das denn formal gemacht? Werden die befördert? Aber das geht doch nur aufgrund Eignung Leistung Befähigung. Oder wird da einfach der Lohnzettel angepasst?

Versuch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5813 am: 29.04.2023 14:07 »
@Sven:. Danke für deine Mühe.

Glaubst du jedoch ernsthaft, dass diese, ja dann wirklich massive, Erhöhung irgendwann kommen wird?
Gerade gesellschaftlich scheint mir das nicht darstellbar.
Kann es nicht sein, dass zuvor noch versucht wird gesetzlich etwas abzuändern, ganz nach dem Motto "was nicht passt, wird passend gemacht"?

Amtsschimmel

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« Antwort #5814 am: 29.04.2023 14:12 »
Rückwirkend wird man das GG nicht ändern können.  ;)
@Sven:. Danke für deine Mühe.

Glaubst du jedoch ernsthaft, dass diese, ja dann wirklich massive, Erhöhung irgendwann kommen wird?
Gerade gesellschaftlich scheint mir das nicht darstellbar.
Kann es nicht sein, dass zuvor noch versucht wird gesetzlich etwas abzuändern, ganz nach dem Motto "was nicht passt, wird passend gemacht"?

Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5815 am: 29.04.2023 14:56 »
Was mich beschäftigt, ist die praktische Umsetzung der Streichung der unteren Besoldungen.
Der Beamte x in A2 wird von heute auf morgen A4 Stufe 5. Wie wird das denn formal gemacht? Werden die befördert? Aber das geht doch nur aufgrund Eignung Leistung Befähigung. Oder wird da einfach der Lohnzettel angepasst?
Interessant ist in diesem Zusammenhang in meinem Geschäftsbereich wie das funktionieren soll. Mit der BesGrp ist ein Dienstgrad beibden Soldaten verbunden. Sollen alle Dienstgrade umgekrempelt werden ? Mit fehlt vllt auch nur Fantasie dafür.

Soldat1980

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5816 am: 29.04.2023 16:02 »
Was mich beschäftigt, ist die praktische Umsetzung der Streichung der unteren Besoldungen.
Der Beamte x in A2 wird von heute auf morgen A4 Stufe 5. Wie wird das denn formal gemacht? Werden die befördert? Aber das geht doch nur aufgrund Eignung Leistung Befähigung. Oder wird da einfach der Lohnzettel angepasst?
Interessant ist in diesem Zusammenhang in meinem Geschäftsbereich wie das funktionieren soll. Mit der BesGrp ist ein Dienstgrad beibden Soldaten verbunden. Sollen alle Dienstgrade umgekrempelt werden ? Mit fehlt vllt auch nur Fantasie dafür.

Siehe Referentenentwurf Seite 21:
„Bundesbesoldungsordnung A Aufsteigende Gehälter“.
k) Die Gliederungseinheit „Besoldungsgruppe A 3“ wird wie folgt gefasst: „Besoldungsgruppe A 3
Grenadier, Jäger, Panzerschütze, Panzergrenadier, Panzerjäger, Kanonier, Panzerkanonier, Pionier, Panzerpionier, Funker, Panzerfunker, Schütze, Flieger, Sanitätssoldat, Matrose

Wenn ich es richtig verstehe bleibt es bei Besoldungsgruppe A 3 als Beginn bei den Soldaten. Wie das aber vereinbar ist mit anderen Beamten, welche dann bei A 4 Stufe 5 eingestuft werden bleibt wohl abzuwarten.

Thema hatten wir schon mal etliche Seiten vorher: Besonderheit Freie Heilfürsorge, Pflicht zum Wohnen Gemeinschaftsunterkunft usw.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5817 am: 29.04.2023 16:23 »
@ Bundi

Die These, dass der Gesetzgeber die Verantwortung für unpopuläre Entscheidungen mehr oder minder gezielt an das Bundesverfassungsgericht delegiert, wird in der Literatur wiederkehrend diskutiert. Ich denke, für sie spricht einiges - wobei damit vom Gesetzgeber andererseits zum einen die politischen Folgekosten ausgeblendet werden würden: Denn mit jeder weiteren Entscheidung und den mit ihr verbundenen direktiven Einschränkungen des weiten Entscheidungsspielraums, über den der Gesetzgeber verfügt, wird das zu gewährende Besoldungsniveau tendenziell eher höher, wie nicht zuletzt die aktuelle Entscheidung gezeigt hat. Zum anderen ist das, was Du mit Blick auf Ulrich Battis' berechtigte Einwände hervorhebst, ebenso zentral: Der Legitimitäts- und der damit Hand in Hand gehende Vertrauensverlust der Beschäftigten in ihren Dienstherrn dürfte nicht zu unterschätzen sein. Zwar sind wir hier im Forum auf's große Ganze gesehen ein eher kleiner Haufen - aber wenn man bedenkt, wie groß die Skepsis gegenüber der These "alle Besoldungsgruppen müssen angehoben werden" hier nicht selten auch noch 2021 gewesen ist, und wenn man nun schaut, wie sich nicht nur hier, sondern zunehmend auch vonseiten der Gewerkschaften und Verbände die Sicht auf das Besoldungsthema gedreht hat (man betrachte nur die im hiesigen Gesetzgebungsverfahren in der Beteiligung eingegangen Stellungnahmen mit denen zum letzten), wenn man darüber hinaus in Rechnung stellt, dass sich also die Sicht auf die Thematik mehr und mehr auch bei bislang uninteressierten oder uninformierten Kolleginnen und Kollegen ändert - nicht zuletzt, da die Energie- und Inflationskrise deutliche Spuren hinterlassen -, dann geht von dem selbstgeschaffenen Legitimitäts- und Vertrauensverlust tatsächlich eine nicht geringe Gefahr aus. Auch von daher ist die hinsichtlich des Besoldungsrechts wissentlich und willentlich vollzogene Politik des konzertierten Verfassungsbruchs eine deutliche Gefahr für unser Gemeinwesen - unabhängig davon, dass sie die vom Dienstherrn zu garantierende rechtliche wie wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der den Beamten zugewiesenen Aufgaben untergräbt und damit bspw. Korruption als Folge wirtschaftlicher Not zunehmend die Türe öffnet. Dass ich mich in dieses Thema recht weitgehend eingearbeitet habe, hat - neben dem sachlichen Interesse am Thema und an der mit ihr verbundenen Politik - genau damit zu tun: Als eigentlich wiederholt historisch arbeitender Mensch habe ich gesehen, was eine Entfremdung der Beamtenschaft von ihrem Dienstherrn anrichten kann. Ich nehme das Handeln nicht weniger der politisch Verantwortlichen auch als Ausdruck einer Geschichtsvergessenheit wahr, die mich nicht unberührt lässt. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass auch Demokratiefähigkeit verlernt werden kann - und das kann schneller gehen, als manche denken. Ich war ab Anfang der 2000er Jahre vielfach in der Türkei; die AKP-Regierung zu Beginn ihrer Herrschaft hat mit der heutigen nicht mehr allzu viel zu tun. Die ab Ende der 2000er Jahre zunehmend vollzogene Transformation des Rechts- und politischen Systems hätte sich Anfang der 2000er Jahre in dieser Form kaum jemand vorstellen können. Die Normativität des Faktischen - also der Wertewandel, den (politisches) Handeln praktisch zwangsläufig anstößt - führt zu schleichenden Veränderungen, die insbesondere dann gefährlich werden, wenn die politisch Verantwortlichen sich (zunehmend) nicht mehr an das Recht gebunden sehen und dieses durch Moral ersetzen. Und genau das ist hinsichtlich des Besoldungsrecht in den letzten drei Jahren in streckenweise extremer Form vollzogen worden.

@ DrStrange

Du denkst weiterhin - zum Glück! - viel zu sehr als Beamter und gehst also davon aus, dass es entsprechende sachliche Begründungen (in der Vergangenheit) in hinreichender Form gegeben hätte. Das ist aber in den meisten Fällen mitnichten der Fall. Stattdessen ist wiederholt auch die Streichung unterer Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen vollzogen worden, ohne dass eine über wenige floskelhafte Sätze hinausreichende Begründung erfolgt wäre. In dem bekannten DÖV-Beitrag aus dem letzten Jahr wird in der Tabelle 7 auf der S. 206 auf die jeweilige Anhebung seit 2008 bis 2020 hingewiesen. Die meisten von ihnen sind wie gesagt offensichtlich kaum hinreichend begründet worden:

BW   zum 01.01.2011 von A 2/1 nach A 4/1
BY    zum 01.01.2011 von A 2/1 nach A 3/1 und zum 01.01.2020 nach A 3/2
BE    zum 01.01.2013 von A 2/1 nach A 4/1
BB    zum 01.01.2014 von A 3/1 nach A 4/1 und zum 01.01.2015 nach A 5/1
HB    zum 01.03.2010 von A 2/1 nach A 3/1
HH   zum 01.02.2010 von A 2/1 nach A 4/1
HE    zum 01.03.2014 von A 3/1 nach A 4/1 und zum 01.07.2016 nach A 5/1
MV   zum 01.01.2020 von A 2/1 nach A 4/1
NI    zum 01.03.2019 von A 2/1 nach A 5/1
NW   zum 01.08.2016 von A 3/1 nach A 5/1
RP    zum 01.07.2012 von A 2/1 nach A 3/1 und zum 01.01.2017 nach A 4/1
SL    zum 01.08.2019 von A 1/1 nach A 4/1
SN   zum 01.01.2019 von A 2/1 nach A 4/1
ST    zum 01.04.2011 von A 2/1 nach A 4/1
TH   zum 01.09.2015 von A 3/1 nach A 6/1

Als Folge der zumeist kaum hinreichenden sachlichen Begründung dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, dass hier in jenen Fällen jeweils eine Verletzung des Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen vollzogen worden ist. Das wird in dem genannten DÖV-Beitrag auf der S. 208 am Thüringer Beispiel exemplifiziert.

@ Versuch

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Besoldungsgesetzgeber eine Reihe von Möglichkeiten aufgezeigt, wie er mit einer sachgerechten Dienstrechtsreform ebenfalls die Personalkosten schlüssig begrenzen könnte - dazu werde ich mich hier aber nicht tiefergehend einlassen. Sowohl Ulrich Battis als auch Gisela Färber haben darauf gedrungen, dass sich alle 17 Gesetzgeber zusammensetzen sollten, um zu einem sachgerechten Besoldungsrecht zurückzukehren. Ich befürchte aber, dass das weiterhin nicht geschehen wird - zugleich halte ich es für wahrscheinlich, dass insbesondere Niedersachsen und ggf. auch Schleswig-Holstein nach der aktuellen Entscheidung die Zeichen der Zeit erkennen können und also versuchen werden (jedenfalls Niedersachsen; Schleswig-Holstein hat auch wegen personaler Kontinuitäten m.E. eine hinsichtlich des Besoldungsrechts ggf. so schwerwiegende Hypothek, dass ich es für wahrscheinlich erachte, dass man dort nach der anstehenden Entscheidung den Berliner Weg gehen möchte), einen Weg zurück zu einer verfassungskonformen Besoldungspraxis zurückzufinden - und wenn Niedersachsen diesen Weg dann bis zum nächsten Jahr nicht gehen wollte, wird es genauso wie weiterhin Berlin und Sachsen ein heißer Kandidat dafür werden, um ab dem kommenden Jahr mit einer Vollstreckungsanordnung belangt zu werden.

Ich gehe davon aus, dass spätestens im Herbst/Winter des Jahres das Konzert des verfassungsbrechenden Orchesters Fehltöne erkennen lassen wird - dabei wird der zunehmende Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst ebenfalls sein Übriges tun. Genauere Antworten werde ich Dir ggf. geben können, wenn ich die Begründung der anstehenden Entscheidungen lesen werde. Ich gehe weiterhin davon aus, dass die Dienstherrn sich nicht vorstellen können, was da sachlich auf sie zukommen könnte oder dürfte. Ich habe diesbezüglich ja schon mehrfach auf die begründeten Vermutungen hingewiesen, wie sie unlängst auf der Seite der Kollegen von der Berliner.Besoldung eingestellt worden sind: https://www.berliner-besoldung.de/weitere-normenkontrollantraege-vor-der-entscheidung/#

Die Karten werden nach der anstehenden Entscheidung neu gemischt werden - und die Entscheidungen treffen auf eine politisch und ökonomisch stark veränderte Gesellschaft, als das noch in der seeligen Zeit des Jahres 2020 der Fall gewesen ist ...

DeepBlue

  • Gast
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5818 am: 29.04.2023 18:10 »
Was mir gerade in dem aktuellen Entwurf noch so auffiel.
Der Entwurf wird ja mit einer Vergleichsberechnung A4/5 mit dem Grundsicherungsniveau verglichen.
Da fielen mir ja eigentlich auch gleich wieder 2 eklatante Fehler auf.
(Mir raucht der Kopf also fragt mich nicht nach dem Urteil)
Irgendwo sagte das BVerfG es muss von Stufe 1 ausgegangen werden und nicht nach irgendeiner anderen Stufe.

Was aber noch dazukommt. Die Berechnung das Nettogehalt wird mit der  Lohnsteuerklasse 3 durchgeführt.
Wie wir ja mittlerweile alle mitbekommen haben, soll ja die Lohnsteuerklasse 3/5 wegfallen und in 4/4 übergehen.
Nach kurzer Recherche ergibt das bei dem besagten A4/5 besoldeten Beamten/Soldaten einen Unterschied im monatlichen Netto von rund 360€.

Ich halte es für äußert fragwürdig das ein Beamter monatlich 360€ Kredit aufnehmen soll um über dem Grundsicherungsniveau zu liegen um den Kredit nach der Einkommenssteuererklärung zurückzuahlen.
Und diesen Punkt habe ich nicht mal in der Stellungnahme des Richterbundes gefunden.

Frommer Wunsch der Gleichstellungskrieger wird aber sehr sicher nicht kommen, da laut GG die Familie immer noch unter besonderen Schutz steht und somit aufgrund von Kinderbetreuung auch heute noch ein Elternteil kürzer treten muss und es ja nirgends geschrieben steht das es immer die Frau seinen muss die das übernimmt . Ich halte es auchfür fraglich das Familien erstmal monatlich Netto weniger haben um dann erst nach der Steuererklärung die Differenz zu erhalten, auch mit Freibeträgen wäre dies leider dann so die Regel! Aber wie so vieles in Deutschland gehört ja auch das gesamte Steuerrecht reformiert nicht nur die Besoldung!

DeepBlue

  • Gast
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5819 am: 29.04.2023 18:13 »
Was mich beschäftigt, ist die praktische Umsetzung der Streichung der unteren Besoldungen.
Der Beamte x in A2 wird von heute auf morgen A4 Stufe 5. Wie wird das denn formal gemacht? Werden die befördert? Aber das geht doch nur aufgrund Eignung Leistung Befähigung. Oder wird da einfach der Lohnzettel angepasst?
Interessant ist in diesem Zusammenhang in meinem Geschäftsbereich wie das funktionieren soll. Mit der BesGrp ist ein Dienstgrad beibden Soldaten verbunden. Sollen alle Dienstgrade umgekrempelt werden ? Mit fehlt vllt auch nur Fantasie dafür.

Das geht im Zweifel per gesetzt, hat man ja schon mal gemacht. Anfang der 2000er waren Schützen, Matrosen, etc noch in der A1 dann hat man das Eingangsamt einfach hochgesetzt damit fingen die Probleme ja schon an