Hallo PolareuD, das mache ich gerne.
1) Die Regelbedarfe ergeben sich aus § 2 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2020 (RBSFV 2020) v. 15.10.2020 (BGBl. I 2019 S. 1452 - vgl.
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl119s1452.pdf%27%5D__1687377850750). Die Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 389,- € pro Monat gibt die Regelbedarfe für einen Erwachsenen, der mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenlebt. Für zwei entsprechende Erwachsene ergibt sich ein monatlicher Regelbedarf in Höhe von 778,- €. Die Regelbedarfe von zwei Kindern sind nach dem Alter auf Grundlage der Regelbedarfsstufen 4 bis 6 zu gewichten. Der Schlüssel zur Gewichtung sieht wie folgt aus:
- Regelbedarfsstufe 4 (Jugendlicher vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres):
4 x 328,- €
- Regelbarfsstufe 5 (Kind vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres):
8 x 308,- €
-Regelbedarfsstufe 6 (Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres):
6 x 250,- €
- gewichtete Summe pro Kind: 5276,- € : 18 = 293,11 €. Regelbedarf für zwei Kinder: 586,22 €
Der Regelbedarf für eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft beträgt 778,- € + 586,22 € = 1.364,22 € (die Differenz zu den am 07.06. herangezogenen 1.368,- € ist für mich auf die Schnelle nicht aufzuklären).
2) Die kalten Unterkunftskosten für das Jahr 2020 sind der von der Bundesagentur für Arbeit herausgegebenen "Aktualisierung der Auswertung zum Verfahren einer verfassungsrechtlichen Prüfung des Bundesbesoldungsgesetzes (Vorgang 2 BvL 4/18)" mit dem Erstellungsdatum vom 18.05.2021 zu entnehmen. Hier sind auf die "Laufenden Kosten der Unterkunft: 95 %-Perzentil der Größenklasse für Bedarfe an Partner-Bedarfsgemeinschaften mit zwei Kindern" abzustellen (die Statistik ist nicht öffentlich zugänglich). Die kalten Unterkunftskosten setzen sich aus dem 95 %-Perzentil der laufenden Unterkunfts- und dem 95 %-Perzentil der laufenden Betriebskosten zusammen.
Die niedrigsten kalten Unterkunftskosten wies 2020 Sachsen-Anhalt auf: Das erstgenannte 95 %-Perzentil betrug 500,- €, das letztgenannte 200,- €, was hier in der Summe zu kalten Unterkunftskosten in Höhe von 700,- € führt.
Die höchsten kalten Unterkunftskosten wies zunächst einmal Hamburg auf, wobei es hier zu einer Verzerrung der statistischen Daten im Gefolge überproportional hoher Kosten bei der Unterbringung von Grundsicherungsberechtigten in Flüchtlingsunterkünften gekommen ist, weshalb die Daten so nicht herangezogen werden können, vgl. für die Jahre 2017 bis 2019 VG Hamburg, Beschl. v. 29.09.2020 - 20 K 7506/17 -, Rn. 87 (
https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/MWRE200004703), dem hier ebenso für das Jahr 2020 gefolgt wird, da sich die statistische Verzerrung ebenfalls 2020 offensichtlich weiterhin fortgesetzt hat (das entsprechende 95 %-Perzentil der laufenden Unterkunftskosten ist von 2017 nach 2018 als einziges der 16 Bundesländer extrem angestiegen, nämlich um mehr 200 %, sodass die Beträge im Gefolge so nicht herangezogen werden können). Von daher sind der genannten Statistik als Höchstwerte die kalten Unterkunftskosten für Bayern zu entnehmen, die sich 2020 aus dem 95 %-Perzentil der laufenden Unterkunftskosten in Höhe von 1.150,- € sowie dem 95 %-Perzentil der laufenden Betriebskosten in Höhe von 250,- € zusammengesetzt haben, sodass ein Betrag in Höhe von 1.400,- € zu Grunde zu legen ist.
3. Die angemessenen Heizkosten werden vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung anhand der von der co2online GmbH erstellten "Kommunalen Heizspiegel" bemessen, worin das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht ihm gefolgt sind. Es ist das Produkt zu bilden aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder ergibt (BSG, Urt. v. 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R -, Rn. 23 ff.). Diese Methode hat das Bundesverfassungsgericht wie gesagt in der aktuellen Entscheidung als realitätsgerecht betrachtet (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 62 f.), weshalb es wie das Bundesverwaltungsgericht den für das jeweilige Besoldungsjahr geltenden "Bundesweiten Heizspiegel" mit den Abrechnungsdaten des Vorjahrs herangezogen hat (BVerwG, Beschl. v. 22.09.2017 - 2 C 56.16 -, Rn. 170 und BVerwG, Beschl. v. 30.10.2018 - 2 C 32.17 -, Rn. 110 ff.). Als Heizkosten ist für das Jahr 2020 im Gefolge der Entscheidungen der genannten drei Gerichte auf den Heizspiegel 2020 mit den Abrechnungsdaten des Vorjahrs abzustellen (
https://www.heizspiegel.de/fileadmin/hs/heizspiegel/heizspiegel-2020/heizspiegel-2020.pdf). Hier ist auf der S. 4 der vergleichbare Höchstwert heranzuziehen, der sich entsprechend auf den Energieträger Fernwärme und die Gebäudefläche 100 bis 250 qm erstreckt und 22,61 € pro qm zu Grunde legt. Als Wohnfläche ist i.d.R. die Unterkunftsgröße heranzuziehen, die die Bundesländer aufgrund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgesetzt haben (WoFG v. 13.09.2001 BGBl. I 2001 S. 2376). Sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in Bayern ist entsprechend eine Wohnfläche von 90 qm für eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft heranzuziehen, vgl. für Sachsen-Anhalt die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MRS v. 23.02.1993 (MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1285); RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr v. 10.03.1995 (MBl. LSA Nr. 31/1995, S. 1133); vgl. a. LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17.12.2018 - L 4 AS 481/17 -, Rn. 30; vgl. für Bayern Ziff. 22.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren über die Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 (WFB 2012) v. 11.01.2012 (AllMBl. 2012 S. 20), die zuletzt durch die Bekanntmachung v. 28.11.2019 (BayMBl. 2019 Nr. 533) geändert worden ist.
Entsprechend ergeben sich in beiden Rechtskreisen jährliche Heizkosten in Höhe von 22,61 € x 90 = 2.034,90 € bzw. von monatlich 169,58 €.
4. Die Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie der monetäre Gegenwert für die Sozialtarife lassen sich weiterhin für beide Rechtskreise nicht hinreichend realitätsgerecht heranziehen, da sie bislang von der jeweiligen Landesregierung nicht hinreichend vorgelegt worden sind. Entsprechend können weiterhin nur die - deutlich zu geringen - Pauschalbeträge herangezogen werden, wie sie den gesetzlichen Bestimmungen entnommen werden können (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 64 ff.). Diese Methodik betrachtet das Bundesverfassungsgericht zur gerichtlichen Prüfung als sachgerecht, sofern auch ohne Berücksichtigung der realitätsgerechten Beträge feststeht, dass der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau verletzt ist (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 71), was hier der Fall ist. Der Betrag ist zwischen 2011 und 2020 mit 37,23 € je Kind unverändert geblieben (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 145 f.). Im Jahr 2020 wurde darüber hinaus nach dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz v. 30.06.2020 (BGBl. I 2020 S. 1512) ein steuerfrei zu stellender Bonus von 300,- € je Kind gewährt, der bei der Bemessung des Grundsicherungsniveaus entsprechend zu beachten ist.
Es ergeben sich (nicht realitätsgerecht) Kosten in Höhe von 2 x (37,23 € + 25 €) = 124,46 €.
5. Im Ergebnis muss wegen der in Ziff. 1 genannten Ungenauigkeit korrigiert von einem Grundsicherungsbedarf in Höhe von 2.358,26 € (und nicht von 2.362,04 €) in Sachsen-Anhalt und von 3.058,26 € (und nicht von 3.062,04 €) in Bayern ausgegangen werden.
Eventuell hört sich nun die Bemessung ob der Länge des Beitrags kompliziert an - tatsächlich ist sie ganz einfach, wenn man der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in der aktuellen Entscheidung ab der Rn. 50 folgt und sobald man auf Grundlage der genannten Quellen die jeweiligen Bemessungsposten zusammengestellt hat. Weiterführende Infos findest Du auch in dem bekannten DÖV-Beitrag aus dem letzten Jahr ab der S. 199, der Beitrag beginnt dort auf der S. 198.