Nun gut, der Tragödie zweiter Teil, dessen erster Teil gleichbleibt; zugleich habe ich am Ende noch ein weiteres Kapitel hinzugefügt:
Ich nehme für die Bemessungen für 2024 weiterhin methodisch die S. 12 ff.
https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/07/Referentenentwurf-des-BMI-zu-BBVAngG-Stand-v.-16.01.2023-1.pdf zum Ausgangspunkt. Dort sind das Grundsicherungsniveau sowie die Mindest- und die gewährte Nettoalimentation für das Jahr 2022 bemessen worden, und zwar in monatlicher Höhe von 3.238,45 € sowie 3.724,22 € und 2.531,85 €, womit sich ein absoluter monatlicher Fehlbetrag zum Grundsicherungsniveau von 706,60 € (21,8 %) sowie von 1.192,37 (32,0 %) zur Mindestalimentation ergeben hatte.
I. GrundsicherungsniveauZur Bemessung des Grundsicherungsniveaus sind für das Jahr 2024 zunächst die nach dem Alter differenzierten Regelsätze für die vierköpfige Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.806,- € heranzuziehen (
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/arbeit-und-soziales/regelsaetze-erhoehung-2222924). Darüber hinaus ist ab dem Juli 2022 der Kindersofortzuschlag in Höhe von monatlich 20 € je Kind laut Art. 1 Ziff. 2 § 72 G. v. 23.05.2022 (BGBl I 2022 S. 760) zu beachten.
Die kalten Unterkunftskosten sind anhand des von der Bundesagentur für Arbeit erstellten aktuellen 95 %-Perzentils als Summe der laufenden Unterkunfts- und Betriebskosten für das Bundesland Bayern als das Gebiet mit den entsprechend höchsten Kosten zugrundezulegen und haben 2021 monatlich 1.379,- € betragen. Nimmt man die durchschnittlichen Steigerungsraten der Jahre davor, dann ist 2024 von kalten Unterkunfstkosten in Höhe von 1.469,- € auszugehen. Die Heizkosten sind mit Blick auf die Einheitlichkeit der Bemessungsmethodik am selben Rechtskreis auszurichten und lagen laut dem aktuellen Heizspiegel für 2023 mit den Abrechnungsdaten des Vorjahrs bei 39,61 € je qm, wobei eine Wohnfläche von 90 qm zu Grunde zu legen ist (Ziff. 22.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren über die Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 (WFB 2012) v. 11.01.2012 (AllMBl. 2012 S. 20), die zuletzt durch Bekanntmachung v. 28.11.2019 (BayMBl Nr. 533) geändert worden ist). Da der Heizspiegel für das Jahr 2024 erst ab dem Herbst vorliegen wird, sind die Beträge des Heizspiegels für das Jahr 2023 heranzuziehen, sodass realitätsgerecht von monatlichen Kosten in Höhe von 297,08 € auszugehen ist.
Hinsichtlich der Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie des monetären Gegenwerts der Sozialtarife wird mangels einer hinreichenden Alternative auf die streckenweise bereits 2021 veralteten Datensätze des bislang vorliegenden Gesetzentwurfs aus dem letzten Frühjahr zurückgegriffen; dabei wird der Rundfunkbeitrag hier ebenfalls betrachtet (dort jeweils S. 56 f.). Als Ergebnis werden das folgende Grundsicherungsniveau und die entsprechende Mindestalimentation zugrunde gelegt:
Tabelle 1: Grundsicherungsniveau 2024, erstellt am Rechtskreis BayernRegelsätze: 1.806,- €
Kindersofortzuschlag: 40,- €
kalte Unterkunftskosten: 1.469,- €
Heizkosten: 297,08 €
Bedarfe für Bildung und Teilhabe: 151,22 €
Sozialtarife: 19,- €
Grundsicherungsniveau
Monatsbetrag: 3.782,30 €Jahresbestrag: 45.387,60 €
Mindestalimentation (115 % des Grundsicherungsbedarfs)
Monatsbetrag: 4.349,65 €Jahresbetrag: 52.195,74 €
Im Jahr 2024 liegen das heranzuziehende Grundsicherungsniveau und die entsprechende Mindestalimentation um monatlich rund 544,- € bzw. 625,- € höher als 2022 (vgl. den o.g. Link).
II. Gewährte Nettoalimentation und FehlbeträgeDem ist - nun korrigiert - die Nettoalimentation für das 2024 gegenüberzustellen, das sich derzeit wie folgt darstellt:
Der Grundgehaltssatz und die familienbezogenen Besoldungskomponenten betragen aktuell bis Ende des Monats in der Stufe 1 der Besoldungsgruppe A 3 nach Anhang 6 zu Art. 4 Nr. 2 und Anhang 7 zu Art. 4 Nr. 2 BBVAnpÄndG 2021/2022 v. 09.07.2021 (BGBl. I 2022 S. 2444) 2.370,74 € und 449,13 €, sodass für die ersten beiden Monate des Jahres 2024 eine Bruttobesoldung von jeweils 2.819,87 € zugrundezulegen ist.
Nach Anhang 1 zu Art. 1 Nr. 3 und Anhang 2 zu Art. 1 Nr. 3 BBVAnpÄndG 2023/2024 (BGBl. I 2023 Nr. 414) sind ab dem 01.03.2024 ein Grundgehaltssatz von 2.706,99 € und familienbezogene Besoldungskomponenten von 496,25 € zu gewähren. Im Ergebnis wird in den weiteren zehn Monaten des Jahres also jeweils eine Besoldung von 3.203,34 € gewährt. Das Besoldungsniveau im Jahr 2024 beträgt entsprechend 37.673,14 €.
Die Inflationsausgleichsprämie darf bei der Bemessung der 2024 gewährten Bruttobesoldung nicht herangezogen werden, da es sich bei ihr nach Art. 2 Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz v. 19.10.2022 (BGBl. I 2022 1743) um eine Leistung zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise handelt, die
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährt wird. Als zusätzlich gewährter Betrag geht er über die 2024 gewährte Besoldung hinaus, sodass er hier nicht betrachtet werden kann.
Der steuerliche Abzug kann bislang nur anhand des Steuerrechners für das vergangene Jahr erstellt werden und beträgt so 1.492,- € (mit den anzunehmenden neuen Freibeträgen wird die Steuerlast sich 2024 geringer darstellen). Hierzu werden weiterhin das Geburtsjahr 1994, Versorgungsbezüge 0 €, Steuerklasse 3, Zahl der Kinderfreibeträge 2, kein Kirchen- und Rentensteuerabzug, private Krankenversicherung ohne Arbeitgeberzuschlag, Pflegeversicherung ohne Zuschlag, monatlicher Beitrag zur PKV nach Abzug des steuerlich nach dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung v. 16.7.2009 (BGBl. 2009 S. 1959) zu berücksichtigenden Anteils von 526,82 € (Mitteilung des PKV-Verbands v. 14.8.2020; Stand 11.07.2023) herangezogen (
https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2023_01/resultbl2023_01.xhtml?acckey=true).
Zur so bemessenen Nettobesoldung ist das Kindergeld in Höhe von monatlich weiterhin 250,- € pro Kind zu addieren und sind die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 653.70 € für eine vierköpfige Beamtenfamilie zu subtrahieren, für die prinzipiell dasselbe gilt wie für den o.g. BEG-Betrag. Entsprechend ist von folgender Nettoalimentation sowie entsprechenden Fehlbeträgen auszugehen:
Tabelle 2: Nettoalimentation und Fehlbeträge 2024Jährliche Bruttobezüge: 37.673,14 €
- Einkommensteuer: 1.492,- €
- PKV: 7.844,40 €
+ Kindergeld: 6.000,- €
Jahresnettoalimentation: 34.336,74 €
Monatliche Nettoalimentation: 2.861,40 €Grundsicherungsbedarf: 3.782,30 €
Absoluter Fehlbetrag: 920,90 €
Prozentualer Fehlbetrag: 24,3 %
Mindestalimentation: 4.349,65 €
Absoluter Fehlbetrag: 1.488,25 €
Prozentualer Fehlbetrag: 34,2 %
Während 2022 von einem absoluten monatlichen Fehlbetrag zum Grundsicherungsniveau von 706,60 € (21,8 %) sowie von 1.192,37 € (32,0 %) zur Mindestalimentation auszugehen war, stellen sich die Fehlbeträge aktuell mit monatlich 920,20 € (24,3 %) und 1.488,25 € (34,2 %) um noch einmal um monatlich rund 214,- € und 295,88 € höher dar, was nicht verwundert, da das Grundsicherungsniveau seit 2022 deutlich angehoben werden musste, um die Grundsicherungsbedarfe sicherzustellen, während 2023 keine Besoldungserhöhung vollzogen worden ist und das ab März 2024 gewährte Besoldungsniveau deutlich nicht hinreicht, um die Differenz entsprechend zu verkleinern.
III. FazitAuch auf Basis dieser Beträge und Werte hat der Bundesbesoldungsgesetzgeber nun eine Gesetzgebung zu gewährleisten, die jedem Bundesbeamten eine amtsangemessene Alimentation gewährt. Bastels Darlegungen an dieser Stelle erhalten in den Fehlbeträgen ihre Begründung:
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,122894.0.html Ein Großteil der Bundesbeamten insbesondere in Ballungsräumen wird seit 2022 weiterhin und darüber hinaus seitdem noch einmal deutlich verschärft deutlich unterhalb des Grundsicherungsniveaus alimentiert und ein sehr viel größerer Teil der Bundesbeamten erreicht nach wie vor nicht das Mindestalimentationsniveau.
Da sich der Bundesgesetzgeber weiterhin nicht äußert und sich darüber hinaus offensichtlich in seinen maßgeblichen Verantwortungsträgern (oder zunächst denen, in den mit dem Thema befassten Ministerien), wie es Bal gestern dargelegt hat, in einer dem Grundgesetz wesensfremden Art und Weise formal-positivistisch verhält, bleibt es sein Geheimnis, wie er den seit mittlerweile mehr als drei Jahren eingestandenen verfassungswidrigen Gehalt der von ihm gewährten Besoldung rechtfertigen wollte. Dabei lässt sich hier weiterhin der indizielle Grad der Verletzung der Besoldungsordnung A aufschließen.
IV. MindestbesoldungLegt man nun über die Betrachtung der materiell-rechtlichen Verletzung der 2024 gewährten Alimentation hinaus das indizielle Mittel der Mindestbesoldung zugrunde, um so den Verletzungsgrad der Besoldungsordnung A am Ende des Jahres 2024 zu betrachten, dann lässt sich unter Beachtung der in der o.g. Quelle herangezogenen Methodik (S. 14 ff. unter
https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/07/Referentenentwurf-des-BMI-zu-BBVAngG-Stand-v.-16.01.2023-1.pdf) folgende Betrachtung anstellen:
Tabelle 3: MindestbesoldungMindestalimentation: 52.196,- €
- Kindergeld: 6.000,- €
+ PKV: 7.845,- €
Äquivalente Nettobesoldung: 54.041,- €
+ Einkommensteuer: 7.720,- €
Besoldungsäquivalent zur Mindestalimentation: 61.761,- €
- Familienzuschlag: 5.955,- €
Grundgehaltsäquivalent: Jahrsbetrag: 55.806,- €
Monatbetrag: 4.651,- €Tatsächlich gewährter Grundgehaltssatz
zum Jahresende 2024: 2.862,- €Indizieller Fehlbetrag: 1.789,- €
Indizieller Fehlbetrag: 38,5 %
Indizielle Verfehlung bis: A 12/2
Ende 2024 werden, sofern es bis dahin nicht zu besoldungsrechtlichen Veränderungen kommen sollte, indiziell sämtlichen Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen bis einschließlich der Besoldungsgruppen A 9, die siebte Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 10, die dritte Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 11 und auch noch die zweite Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 12 das Grundgehaltsäquivalent (vgl. die o.g. Besoldungstabelle für 2024) verfehlen. Die Verletzung des Mindestabstandsgebots würde dann indiziell mit zehn der 14 Besoldungsgruppen und mit 84 von 112 Tabellenfeldern drei Viertel der Besoldungssystematik umfassen. Die Grundbesoldung würde am Ende des Jahres indiziell um mehr als 38 % zu gering bemessen worden sein. Das Mindestabstandsgebot wäre damit indiziell, entsprechend wie es dem Berliner Gesetzgeber unlängst vom Bundesverfassungsgericht attestiert worden ist, ebenso im Bund deutlich verletzt (BVerfGE 155, 1 <49 Rn. 100>). Wie in Berlin missachtete die Verletzung offensichtlich nicht nur „die unterste[n] Besoldungsgruppe[n]“, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf einen neuen Ausgangspunkts und eine konsistente Besoldungssystematik hervorhebt (BVerfGE 155, 1 <25 Rn. 48>). Dahingegen würden auch 2024 im Bund sämtliche Besoldungsgruppen bis weit in den gehobenen Dienst hinein als indiziell verletzt zu betrachten sein. Eine solche Verletzung kann aber nicht ohne Folgen für das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen sein. Wenn indiziell 75 % der Besoldungssystematik sich als unmittelbar verletzt erweist, muss die Folge eine deutliche Anhebung der Grundgehaltssätze sein:
"Wird bei der zur Prüfung gestellten Besoldungsgruppe der Mindestabstand zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht eingehalten, liegt allein hierin eine Verletzung des Alimentationsprinzips. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation einer höheren Besoldungsgruppe, bei der das Mindestabstandsgebot selbst gewahrt ist, lässt sich eine solche Schlussfolgerung nicht ohne Weiteres ziehen. Eine Verletzung des Mindestabstandsgebots betrifft aber insofern das gesamte Besoldungsgefüge, als sich der vom Besoldungsgesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist. Das für das Verhältnis zwischen den Besoldungsgruppen geltende Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber dazu, bei der Ausgestaltung der Besoldung ein Gesamtkonzept zu verfolgen, das die Besoldungsgruppen und Besoldungsordnungen zueinander in Verhältnis setzt und abhängig voneinander aufbaut. Erweist sich die Grundlage dieses Gesamtkonzepts als verfassungswidrig, weil für die unterste(n) Besoldungsgruppe(n) die Anforderungen des Mindestabstandsgebots missachtet wurden, wird der Ausgangspunkt für die darauf aufbauende Stufung in Frage gestellt. Der Besoldungsgesetzgeber ist danach gehalten, eine neue konsistente Besoldungssystematik mit einem anderen Ausgangspunkt zu bestimmen. [...] Ob eine zur Behebung eines Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot erforderliche Neustrukturierung des Besoldungsgefüges zu einer Erhöhung der Grundgehaltssätze einer höheren Besoldungsgruppe führt, lässt sich daher nicht mit der für die Annahme eines Verfassungsverstoßes erforderlichen Gewissheit feststellen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist umso größer, je näher die zur Prüfung gestellte Besoldungsgruppe selbst an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt. Je deutlicher der Verstoß ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter dem Mindestabstandsgebot zurückbleiben, desto eher ist damit zu rechnen, dass es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen muss, um die gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen wahren zu können." (BVerfGE 155, 1 <25 f. Rn. 48 f.>)
@ Malkav
Mit dem Thema habe ich mich bislang noch nicht beschäftigt, was ich die Tage nachholen werde. Was Du schreibst, hört sich für mich wie immer schlüssig an!