Guten Morgen,
weiß denn einer auch schon, was der neue Referentenentwurf eigentlich zu der ständigen (jährlichen) Anpassung des Bürgergeldes oder des im Wandel stehenden Mietspiegels sagt?
Sprich wird das Amtsangemessenheitsgesetz stetig bzw. immer parallel zu solchen Anpassungen mitgeändert ??
Man kann doch nämlich nicht immer alle 20 Jahre eine neue verfassungsrechtliche unbedenkliche Alimentation schaffen? Das Gesetz müsste in der Hinsicht doch auch einen Passus enthalten, der perspektivisch für eine gewisse Sicherheit sorgt und stetig mit angepasst wird, wenn Bürgergeld, Mietspiegel usw. geändert werden, oder sehe ich das falsch?
Ich hoffe, die Frage ist verständlich 🤷♂️
Auch ein solches Verfahren ist verfassungsrechtlich nicht möglich (was nicht heißt, dass es nicht genauso kommt, Mecklenburg-Vorpommern ist bspw. als erstes Bundesland so vorgegangen, vgl. dort den § 73 im aktuellen Besoldungsgesetz). Denn eine Gesetzgebung ist kein Rechenverfahren, sondern hat insbesondere die Ämterwertigkeit zu beachten. Wenn man dem niedrigsten bewerteten Amt eine stetige Anpassung an veränderten Beträgen des Grundsicherungsniveaus verpasst, also eine Art Inflationsausgleich, dann wird das nicht dem Parlamentsvorbehalt im Besoldungsrecht gerecht, also insbesondere den prozeduralen Verpflichtungen - also den Begründungspflichten -, die der Besoldungsgesetzgeber zu erfüllen hat. So kann man im Sozialrecht vorgehen, aber nicht im Beamtenrecht, da Richter, Staatsanwälte und Beamte bislang weiterhin nicht im Grundgesetz Grundsicherungsempfängern gleichgestellt sind (was für nicht wenige Beamte offensichtlich mittlerweile ein echter Zugewinn wäre, da sie dann endlich nicht mehr unterhalb des Grundsicherungsniveaus alimentiert werden würden).
All diese Verfahren, die das Alimentationsprinzip weitgehend auf das Mindestabstandsgebot verkürzen und dabei übersehen, dass die Mindestalimentation materiell-rechtlich nichts weiter als nur den Teil der gewährten Nettoalimentation beschreibt, der vom absoluten Alimentationsschutz umfasst ist und in den also keine Einschnitte möglich sind, und dass sie darüber hinaus als Teil des vierten Prüfparameters ein Teil des indiziellen Prüferverfahrens ist, übersehen regelmäßig, dass das Alimentationsprinzip von sehr viel mehr hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums geprägt ist, die allesamt beachtet werden wollen, wenn man eine amtsangemessene Alimentation gewähren möchte. Beachtung heißt hier insbesondere: Begründung. Unbegründete Veränderungen im Besoldungsrecht, die ausschließlich mathematisch vollzogen werden und dabei den absoluten und relativen Alimentationsschutz nicht hinreichend beachten, sind verfassungsrechtlich verboten:
"Die Parameter sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen." (Rn. 30 der aktuellen Entscheidung)
@ Bastel
Verflucht, Du hast Recht - und zugleich sollte sich das SPD-geführte Innenministerium vielleicht an ihre gute Tradition aus den Zeiten der großen Koalition erinnern und das Gesetz einfach "Das gute Verfassungswidrigkeitsaufrechterhaltungsgesetz" nennen.